[88] Schlesien ist ein ehemals zu Böhmen gehöriges Herzogthum, welches jetzt dem größern Theile nach zum Königreiche Preußen, dem kleinern Theile nach zum Kaiserstaate [88] Östreich gehört, daher auch in preuß. und östreich. Schlesien zerfällt. Nach der alten geographischen Eintheilung unterscheidet man Ober-und Niederschlesien und zwar rechnet man zu jenem die alten Fürstenthümer Oppeln, Ratibor, Neisse, Troppau, Jägerndorf, Teschen und Bielitz, die Standesherrschaften Pleß und Beuthen und die Minderherrschaften Loslau, Oderberg, Freistadt, Freudenthal, Friedeck, Deutschleuthen, Reichenwaldau und Roy; zu diesem die alten Fürstenthümer Breslau, Brieg, Schweidnitz, Jauer, Liegnitz, Wohlau, Glogau, Carolath, Münsterberg, Sagan, Öls und Trachenberg, die Standesherrschaften Militsch, Wartenberg und Goschütz und die Minderherrschaften Neuschloß, Freihan und Suhlau. Zu Östreich gehören von ganz S. nur noch ein Theil von Oberschlesien, nämlich die am rechten Ufer der Oppa liegenden Theile von Troppau und Jägerndorf, ein kleiner Theil von Neisse, ein Theil von Oderberg, ganz Teschen, Bielitz, Freudenthal, Freistadt, Friedeck, Deutschleuthen, Reichenwaldau und Roy. Der Umfang der preuß. Provinz S. ist noch durch Zurechnung mehrer zum Theil erst später von Preußen erworbener Gebietstheile vergrößert worden. Es werden nämlich jetzt zu S. gerechnet: die Grafschaft Glatz, ein Theil der Neumark, der an Preußen übergegangene Theil der Oberlausitz, mit Ausnahme der Herrschaft Hoyerswerda und der westl. von derselben gelegenen Ortschaften. Dagegen ist der frühere schwiebuser Kreis des Fürstenthums Glogau zur Provinz Brandenburg gezogen worden.
Die preuß. Provinz Schlesien umfaßt 7411/3 ! M. und enthält 2,514,000 Einw. Sie ist die wichtigste Provinz des preuß. Staates, indem mehr als ein Fünftheil sämmtlicher Staatseinkünfte aus ihr bezogen wird. Begrenzt wird sie im N. von den preuß. Provinzen Brandenburg und Posen, im W. von Brandenburg, Sachsen und Böhmen, im S. von Böhmen, Mähren und östreich. Schlesien und im O. von dem Freistaat Krakau, dem Königreiche Polen und Posen. Der Boden der Provinz S. bietet die größte Mannichfaltigkeit in Bezug auf Erhebung und Beschaffenheit dar, indem sich die Sudeten hier zum Thale der Oder abflachen. Oberschlesien, welches die Südhälfte des Landes bildet, besteht aus einer ungefähr 800 F. über der Meeresfläche liegenden Hochebene, die reich an Waldung ist, von der Oder durchflossen wird und sich nach Polen hinein bis zur Weichsel fortsetzt. Die Grafschaft Glatz ist eine mit Randgebirgen umgebene, durchschnittlich 1200 F. hohe Bergebene. Im Südwesten liegen die Heuscheuer, die hohe Mense (gegen 3300 F. hoch) und das Habelschwerdtergebirge, im S. das glatzer Schneegebirge mit dem großen Schneeberg, 4444 F. hoch, dem kleinen Schneeberg, gegen 4000 F. hoch, dem Mittelberg, 3600 F. hoch, und andere; im Nordosten das schles. Grenzgebirge und das von diesem durch den Warthapaß geschiedene Eulengebirge mit der bis zu 3100 F. aufsteigenden hohen Eule. Als eine Fortsetzung, durch niedrige Hügel vermittelt, ist der sich einzeln bis 2280 F. erhebende Zobtenberg zu betrachten. Das schweidnitzer und waldenburger Gebirge (mit dem 2900 F. hohen Heidelberge) bildet nach Nordwesten den Übergang zum bis nahe an 5000 F. sich erhebenden Riesengebirge (s.d.) und Isergebirge; in einzelnen kleinern Gebirgszügen zieht sich noch das lausitzer Gebirge nach S. berein. Der Hauptfluß ist die Oder (s.d.), welche eine Menge von Nebenflüssen hat, wie die Oppa, Neisse, Ohlau, Bartsch, Katzbach, den Bober u.s.w., und das Land seiner ganzen Länge nach durchzieht. An der südöstl. Grenze trifft man auf die hier noch unbedeutende Weichsel. Im Allgemeinen ist der Boden sehr fruchtbar, nach Brandenburg und Polen hin zum Theil sandig oder sumpfig, aber doch noch zum Anbau geschickt. Producte sind: Getreide jeder Art, als Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Spelz, Mais, Erbsen, Linsen, Haidekorn, Bohnen, Obst (besonders bei Niederbeuthen und Grünberg), Wein bei Grünberg, Holz, Wiesen (besonders in den Gebirgsgegenden), ausgezeichnete Gemüse bei Breslau, Liegnitz, Brieg und Neisse, Flachs und Färberröthe in großer Menge, Hanf, Hopfen, Scharte, Taback, Theer, Pech, Terpenthin und Kienruß; ausgezeichnetes Schafvieh, besonders um Öls und Namslau, Pferde, Rindvieh (doch wird noch Schlachtvieh aus Polen und Ungarn eingeführt), Ziegen (im Gebirge), Bienen (bei Muskau und in Oberschlesien), Wildpret, Fische; Eisen, Kupfer, Blei, Silber, Arsenik, Galmei, Vitriol, Schwefel, viele Steinkohlen. Kalk, Gyps, Mergel, Marmor, Schiefer, Mühlsteine, Schleifsteine, Jaspis, Achat, Chrysopras, Topas, Karniol, Onyx, Amethyst; viele Mineralquellen, wie in Warmbrunn, Salzbrunn, Reinerz, Flinsberg, Landeck, Altwasser u.s.w. Berühmt ist die schles. Leinwand, welche besonders in den Gebirgsgegenden fabricirt wird und immer noch bedeutenden Absatz findet, wenn derselbe auch in neuerer Zeit abgenommen hat. Bedeutend sind die Fabriken von Eisenwaaren und außerdem werden besonders noch Tuche, Baumwollenwaaren, Töpferwaaren, Fayence, Taback und Papier fabricirt. – Die größere Hälfte sämmtlicher Einwohner bekennen sich zur evangelischen Kirche, die übrigen sind fast sämmtlich Katholiken, doch haben auch Hussiten, griech. Christen, Herrnhuter, Schwenkfeldianer und Juden freie Religionsübung. Der Bischof von Breslau, welcher zugleich Fürst von Neisse ist, leitet die Angelegenheiten der katholischen Kirche S.'s, welche sich im Allgemeinen bisher durch Freisinnigkeit ausgezeichnet hat. Durch Einführung der Union sind in der protestantischen Kirche S.'s Spaltungen eingetreten, welche von einigen Predigern und Gemeinden ausgingen, die an dem alten lutherischen Bekenntniß streng halten wollten, aber durch policeiliche Maßregeln zur Union angehalten wurden.
Die Provinz zerfällt in die drei Regierungsbezirke: Breslau, Liegnitz und Oppeln. Im Regierungsbezirke Breslau liegt die Hauptstadt der ganzen Provinz, Breslau (s.d.). Neumarkt hat 3000 Einw.; in der Nähe liegt das Dorf Leuthen (s.d.), wo Friedrich der Große 1757 siegte. Namslau hat 3200 Einw. und ein stark befestigtes Schloß; Brieg an der Oder 10,600 Einw., ein Gymnasium, ein Zuchthaus, Fabriken in Leinwand, Tuch, Strümpfen, Vieh-und Wollmärkte und Handel auf der Oder Unweit liegt das Dorf Mollwitz, wo die Preußen 1741 siegten. Ohlau an der Ohlau unsern von der Oder hat 4300 Einw., ein Schloß und verschiedene Fabriken; Strehlen 3300 Einw. Öls (s.d.) ist zugleich Hauptstadt des gleichnamigen Fürstenthums. Trebnitz mit 3300 Einw. gehörte ehemals dem hiesigen fürstl. Cistercienser-Jungfrauenstift, dessen Güter der König 1815 dem Fürsten Blücher [89] von Wahlstatt schenkte. Die Standesherrschaft Wartenberg mit der Stadt gleiches Namens, auch Polnisch-Wartenberg genannt, gehört den drei Söhnen des 1821 gestorbenen Fürsten Gustav Calixt Biron; die Standesherrschaft Goschütz mit der Herrschaft Festenberg den Grafen von Reichenbach-Goschütz; das Fürstenthum Trachenberg mit der Stadt gleiches Namens dem Fürsten von Hatzfeld-Wildenberg-Werther; die Standesherrschaft Militsch mit der Stadt gleiches Namens dem Grafen von Maltzahn; die Minderherrschaft Neuschloß dem Grafen von Reichenbach-Neuschloß; die Minderherrschaft Freyhan dem Freiherrn v. Teichmann; die Minderherrschaft Sulau der Baronin von Troschke. Gurau hat 3500, Steinau 2500, Wohlau 1600 Einw. Beim Marktflecken Leubus ist eine große Heilanstalt für Geisteskranke. Zu Nimptsch wird Tuch fabricirt; Münsterberg mit 3000 Einw. hat starken Haferbau und Fabriken in Plüsch und Manchester; Frankenstein mit 5400 Einw. eine Salpeterhütte, Scheidewasserbrennerei und Fabriken in Tuch, Leinwand, Strohhüten und Strumpfwaaren. Bei der freien Bergstadt Silberberg liegt die Bergfestung gleiches Namens, welche ganz in Felsen gehauen und von Friedrich II. 1765–77 erbaut worden ist. Reichenstein mit 3000 Einw. ist Sitz eines Bergamts und hat ein Arsenikwerk. Bei dem Dorfe Baumgarten werden Chrysoprase gegraben. Reichenbach mit über 5000 Einw. hat Fabriken in Baumwollenwaaren, Leinwand u.s.w. In dem Dorfe Langenbielau mit 7900 Einw. sind über 1000 Raschweberstühle; in Peilau mit 4500 Einw. liegt die Herrnhutercolonie Gnadenfrei; in Peterswaldau mit 4000 Einw. ist gleichfalls eine Herrnhutercolonie. Die Festung Schweidnitz an der Weistritz hat über 9000 Einw., acht katholische Kirchen, ein protestantisches Gymnasium, ein Ursulinerinnenkloster, ein Correctionshaus, ein Waisenhaus, Fabriken in Tuch, Handschuhen, Papier u.s.w. Freiburg unterm Fürstenstein (einem schönen Schlosse des Grafen Hochberg) mit 3500 Einw. hat starken Leinwandhandel. Waldenburg, der Sitz eines Bergamtes, und Gottesberg treiben Bergbau. Bei Weistritz sind große Steinkohlenwerke. Salzbrunn (s.d.), Altwasser und Charlottenbrunn haben als Heilquellen benutzte Sauerbrunnen. Striegau mit 3500 Einw. hat Fabriken in Tuch und Leinwand. Glatz an der Neisse liegt zwischen zwei befestigten Bergen, der alten und neuen Festung, hat 8500 Einw., ein königl. Schloß, ein katholisches Gymnasium und Fabriken in Musselin, Plüsch, Leder u.s.w. Zu Reinerz ist ein stark besuchter Sauerbrunnen. Auch Neurode mit 4600 Einw. und Webereien, sowie Cudowa haben Gesundbrunnen. Albendorf ist ein besuchter Wallfahrtsort nach dem in der Nähe liegenden neuen Jerusalem, wo 94 Kapellen. Zu Habelschwerdt mit 3600 Einw. sind ein erzbischöfliches Commissariat und viele Fabriken. Landeck hat warme Bäder, Niederlangenau einen Sauerbrunnen. – Im Regierungsbezirk Liegnitz ist Liegnitz Sitz der Regierung, mit 10,000 Einw., an der Katzbach. Die Stadt hat ein Gymnasium, eine reich ausgestattete Ritterakademie, ein altes Schloß (zum Theil abgebrannt), verschiedene Fabriken, besonders in Tuch und Gemüsebau. Im J. 1760 lieferte Friedrich der Große in der Nähe eine Schlacht. Wahlstatt liegt auf dem Felde, wo 1241 die Mongolenschlacht geliefert wurde, durch welche die wilden Horden der Mongolen abgehalten wurden, weiter nach Deutschland einzubrechen. Bei Eichholz wurde 1813 die Schlacht an der Katzbach geschlagen. Bei Hohenfriedberg siegte Friedrich der Große 1745. Landshut mit 4000 Einw. treibt Leinwandhandel. Hirschberg in einem herrlichen Thale am Fuße der Schneekoppe mit 6700 Einw. hat ein Gymnasium, Fabriken, besonders von Leinwand und war früher Mittelpunkt des schles. Leinwandhandels. Schmiedeberg mit 5000 Einw. ist Sitz einer Gebirgsforstcommission und hat Leinwandfabriken und Bleichen. Warmbrunn (s.d.) hat starkbesuchte warme Bäder. In der Nähe liegt der Berg Kynast mit dem durch seine Sagen bekannten alten Felsenschlosse. Zu Fischbach hat der Prinz Wilhelm von Preußen (der Bruder des regierenden Königs) ein Lustschloß und ein anderes der König von Preußen zu Erdmannsdorf. Jauer mit 5000 Einw. hat ein Zuchthaus, Leinwandfabrikation und beliebte Bratwürste; Löwenberg hat 4000 Einw.; Flinsberg einen besuchten Sauerbrunnen. Zu Plagwitz ist ein Schloß mit einer Irrenanstalt. Bunzlau am Bober mit 4600 Einw. hat ein Waisenhaus, ein Schullehrerseminar, ein Denkmal des Fürsten Kutusoff (s.d.) und ausgezeichnete Töpferwaaren. Nahe dabei ist die Herrnhuter-Colonie Gnadenberg. Goldberg mit 6000 Einw. hatte einst bedeutende Bergwerke, welche eingegangen sind. Bei Hainau mit 3000 Einw. fiel 1813 ein blutiges Gefecht vor. In der Nähe der Gröditzberg mit den Trümmern eines alten Bergschlosses. Die Festung Glogau an der Oder mit 9000 Einw. ist Sitz eines Oberlandescollegiums, hat ein protestantisches und ein katholisches Gymnasium und verschiedene Fabriken. Sagan (s.d.) bildet ein eignes Fürstenthum. Sprottau hat 3000, Freistadt 3000, Neusalz, wo eine Herrnhuter-Colonie und mehre Fabriken, 2300 Einw. Das Fürstenthum Carolath, dem Fürsten Heinrich (Karl Wilhelm), geb. 1783, gehörend, enthält die Stadt Beuthen oder Niederbeuthen mit 2700 Einw. Um Grünberg mit 10,000 Einw. und starker Tuchfabrikation wird viel Obst und Wein gebaut. Görlitz an der Neisse, in der Oberlausitz, hat 11,000 Einw., ein Gymnasium, ein Zuchthaus, eine schöne Kirche (die Peterskirche) und mehre Fabriken. Sie ist Sitz der oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften, welche werthvolle Sammlungen besitzt. In der Nähe eine Nachbildung des h. Grabes (s.d.). Das Dorf Jauernick mit meist evangelischen Einw. gehört dem Kloster Marienthal und ist ein besuchter Wallfahrtsort. In der Herrnhuter-Colonie Niesky ist ein theologisches Seminar und eine Schule der Herrnhuter. Die Standesherrschaft Muskau gehört dem Fürsten Pückler von Muskau (s.d.), der bei dem Städtchen Muskau mit natürlichen Eisenschlammbädern und Dampfbädern und einem Alaunwerk einen schönen Park angelegt hat. Lauban am Queiß, auch zur Lausitz gehörig, mit 4500 Einw., hat ein Zuchthaus, ein Lyceum, ein Cisterciensernonnenkloster und Weberei. Die Standesherrschaft Seidenberg gehört dem Grafen von Einsiedel. – Im Regierungsbezirk Oppeln ist Oppeln Sitz der Regierung. Die Stadt hat über 6000 Einw., ein katholisches Gymnasium und starke Bienenzucht. Zu Karlsruhe ist ein Lustschloß nebst Park des Herzogs Eugen von Würtemberg. Bei Malapane sind ausgedehnte Eisenhüttenwerke. Nach St.-Annaberg geschehen viele Wallfahrten. Die Festung Neisse, welche 1741, 1758 und 1807 belagert worden ist, hat an 9000 Einw., ein fürstl. Schloß, ein Collegiat, ein Gymnasium, Fabriken, [90] Pulvermühlen und Handel und ist Sitz der fürstbischöflichen Regierung und des Hofrichteramts. Auch bei Patschkau sind Pulvermühlen. Die Festung Kosel an der Oder hat 3000 Einw. In der Nähe die Herrnhuter-Colonie Gnadenfeld mit einem theologischen Seminar und einer Lehranstalt. Löffelfabriken, Eisenwerke und Papiermühlen sind zu Jakobswalde, desgleichen zu Slawentzitz, wo ein Schloß mit Park des Fürsten von Hohenlohe-Ingelfingen. Das Fürstenthum Jägerndorf gehört dem Fürsten von Liechtenstein (s.d.); in ihm liegt Leobschütz mit 3700 Einw. und einem katholischen Gymnasium. Auch das Fürstenthum Troppau gehört dem Fürsten von Liechtenstein. Der District Katscher oder Preußisch-Mähren gehört dem Erzbisthum Olmütz. Die Standesherrschaft Beuthen oder Oberbeuthen gehört dem Grafen Henkel von Donnersmark, in ihm liegen Beuthen und Tarnowitz. Im letztern ist ein königl. Bergamt und dabei sind wichtige Eisen-, Galmei-, Silber- und Bleigruben. Bei Königshütte liegen drei Hochöfen und eine Zinkhütte. Die Standesherrschaft Pleß gehört dem Fürsten Ludwig von Anhalt-Köthen-Pleß und enthält die Stadt Pleß mit 3000 Einw., einem Schloß und Wollfabriken. Ratibor an der hier schon schiffbaren Oder, mit 5500 Einw., ist Sitz eines Oberlandesgerichts und hat ein evangelisches Gymnasium. Gleiwitz an der Klodnitz, welche durch einen Kanal mit der Oder verbunden, mit 4300 Einw., ist Sitz eines Oberbergamts und hat ein katholisches Gymnasium, ein Alaunwerk und eine königl. Eisen- und Kanonengießerei. In der Nähe ist zu Czarkow ein Mineralbad. Neustadt mit 4300 Einw. hat ein Hauptgrenzzollamt und ein Kloster der barmherzigen Brüder. Zu Ober- oder Kleinglogau ist ein katholisches Schullehrerseminar. Zu Raudten ist ein Hochofen und eine Drahthütte. Die Güter Ratibor-Raudten des Landgrafen Victor Amadeus von Hessen-Rothenburg wurden 1822 zum Mediatfürstenthum Ratibor erhoben. Die freie Minderherrschaft Loslau gehört dem Grafen von Strachwitz. Bei dem Dorfe Zowoda und dem Gute Kokoschiz sind drei heilsame Schwefelquellen. Kreutzburg, mit über 3000 Einw., ist Sitz eines Hüttenamtes und hat ein Armen- und Arbeitshaus für ganz Schlesien.
Östreichisch-Schlesien wird von demjenigen Theile des alten Schlesiens gebildet, welcher nach dem hubertsburger Frieden 1763 bei Östreich geblieben ist. Dasselbe wird von Preußisch-Schlesien, von der Grafschaft Glatz, von Mähren, Ungarn und Galizien begrenzt, und zerfällt seit 1784 in den troppauer und teschener Kreis. In Bezug auf politische Verwaltung ist es mit Mähren unter dasselbe Gubernium in Brünn gestellt. Dasselbe enthält 831/2 ! M. mit 428,000 Einw. Durch die im SO. liegenden Karpaten, in denen die Sigula sich bis zu 4400 F. erhebt, und das im NW. liegende mährische Gesenke, einen Zweig der Sudeten, wird das Land sehr gebirgig. Das im Ganzen rauhe Klima ist gesund, der Boden im teschener Kreise zum Theil steinig und wenig fruchtbar, übrigens ziemlich gut. Flüsse sind: Oder, Weichsel, Oppa, Mohra, Ostranitza, Olsa, Bielau, Steina, Biala u.a. Ausgezeichnet ist die Schafzucht. Producte sind übrigens namentlich: Ziegen, Schweine, Pferde, Rindvieh, Wild, Honig, Flachs, Klee- und Futterkräuter, Eisen, Steinkohlen u.s.w. Ausfuhrartikel sind: Leinwand, Zwirn, Tücher, Kohlen, Draht, Papier, Schwamm, Briefenkäse (aus Schafmilch, in den Karpaten), Flachs, Kupferwaaren, Rosoglio u.s.w. Außerdem bringt der Transitohandel aus den andern östreich. Staaten dem Lande Vortheil. Die gewerbfleißigen Einwohner bekennen sich größtentheils zur katholischen Kirche und sind theils deutscher, theils slawischer Abkunft. Das Land gehört in kirchlicher Beziehung theils zum olmützer Erzbisthum, theils zum breslauer Bisthum. Die ständische Verfassung des Landes beruht auf der Entschließung Kaiser Leopold II. von 1791. Im troppauer Kreise liegt zunächst das Fürstenthum Troppau, welches dem Fürsten von Liechtenstein gehört, mit der Hauptstadt Troppau. Dieselbe hat 11,000 Einw. ohne das mit ihr zusammenhängende Katharinendorf, wo noch 3000 Einw. wohnen. Troppau ist Sitz des Kreisamtes, einer Johanniter- und Teutschritter-Ordenscommende und noch mehrer Behörden, namentlich des ständischen Collegiums und eines lutherischen Superintendenten. Sie hat ein Museum, ein Gymnasium, eine Hauptschule, ein Theater, Fabriken besonders in Tuch, und nicht unbedeutenden Handel. Zu Johannisbrunn ist eine Trink- und Badeanstalt. Das Fürstenthum Jägerndorf, gleichfalls dem Fürsten von Liechtenstein gehörig, enthält die Hauptstadt Jägerndorf mit 5000 Einw. und Fabriken in Tuch und Leinwand. Zu Lichten und Wiese sind Sauerbrunnen. Im östreich. Antheil des Fürstenthums Neisse liegt Jauernick mit einem bischöflichen Schlosse und fürstbischöflichen Behörden. Im Flecken Weißwasser ist ein Piaristencollegium, ein Gymnasium, eine Hauptschule und ein katholisches Seminar. Dem deutschen Orden gehört die Minderstandesherrschaft Freudenthal, mit der Stadt gleiches Namens, welche der Sitz des Comthurs ist, ein großes Schloß und 3000 Einw. hat. Karlsbrunn oder Hinnewieder hat einen Sauerbrunnen, Schlackenbäder und andere Badeanstalten. Die Minderherrschaft Olbersdorf steht unter kais. Verwaltung. Die hotzenplotzer Enclave mit der Stadt Hotzenplotz, früher zu Mähren gerechnet, gehört zum Theil dem Erzbischof von Olmütz, der daher den Titel eines Herzogs von Hotzenplotz führt. Zum teschener Kreise gehört zunächst das Fürstenthum Teichen, welches der Erzherzog Karl besitzt. Die Stadt Teschen hat 6600 Einw., ein lutherisches Gymnasium mit dem scherschnick'schen Museum, ein katholisches Gymnasium, Spitäler der barmherzigen Brüder und der Elisabethinernonnen. Im Frieden von Teichen, 1779, wurde der bair. Erbfolgekrieg beigelegt. Bei Jablunka ist ein befestigter Paß nach Ungarn. Im Fürstenthum Bielitz, welches dem Fürsten von Sulkowski gehört, liegt die Stadt gleiches Namens an der Biala, mit 5400 Einw., welche Fabriken, besonders in Tuchen betreiben. Auch ist daselbst die Hauptniederlage des galizischen Steinsalzes für Mähren und S. Die Minderherrschaften Freystadt und Deutschbeuthen gehören dem Grafen Larisch-Mönich, die Minderherrschaft Friedeck dem Erzherzog Karl, die Minderherrschaft Oderberg dem Fürsten von Lichnowski.
S. war in den ersten Jahrhunderten n. Chr. von deutschen Völkerschaften bewohnt, namentlich von Lygiern und Quaden. Nachdem diese Völkerschaften aber ganz oder zum Theil durch die Völkerwanderung mit fortgerissen worden waren, wurde das Land von Slawen überschwemmt, welche sich mit den zurückgebliebenen Deutschen vermischten und [91] einen Theil des großen Slawenreiches bildeten, von dem sich nachher Polen mit S. absonderte. Der Name S. wird von einem slawischen Worte Zle abgeleitet, welches Quade, d.h. Böse bedeutete. Unter dem poln. Herzoge Mieczislaw wurde 966 das Christenthum eingeführt und ein Bisthum zu Schmoger errichtet, das 1052 nach Breslau verlegt wurde. Boleslaw III. theilte seinen gesammten Besitz unter seine Söhne und Wladislaus II. erhielt S. Derselbe hatte drei Söhne: Boleslaw der Lange, Mieczislaw und Konrad I., welche sich in das Land theilten und Stifter der verschiedenen fürstlichen Linien piastischen Stammes wurden, welche in den einzelnen Städten regierten. Dieselben machten sich 1169 von Polen unabhängig, riefen, um ihr Land zu bevölkern, deutsche Ansiedler nach S. und ertheilten ihnen deutsches Recht. Bald erlangten deutsche Sitten und deutsches Recht, sogar deutsche Sprache in dem größern Theile S.'s das Übergewicht. Neben den Fürsten piastischen Stammes herrschten in S., besonders in Oberschlesien, wie zu Troppau, Jägerndorf und Ratibor, auch noch Fürsten böhmischer Abkunft. Dies mochte zunächst die Veranlassung werden, daß der böhm. König Johann nach der Obermacht in S. strebte, welches ihm auch 1327 fast vollständig gelang, doch behielten die schles. Fürsten große Vorrechte. Nur Jauer und Schweidnitz blieben noch selbständig, aber König Karl IV. erhielt auch in diesen Fürstenthümern durch seine Gemahlin Anna das Erbfolgerecht und so wurde 1355 ganz S. unter Böhmens Oberherrschaft vereinigt. Mehre Male, namentlich 1356 und 1372, leistete Polen auf S. ausdrücklich Verzicht. Unter Karl IV. hob sich S. in jeder Beziehung, namentlich kamen die von ihm begünstigten Städte zu einem Wohlstande, der weit höher stand, als ihr gegenwärtiger ist. Desto mehr litt das Land unter Karl's Sohne Wenzel (1378–1419), es riß eine Auflösung aller bürgerlichen Ordnung ein. Im Allgemeinen befolgten die böhmischen Könige die Politik, daß sie beim Aussterben der einzelnen Fürstenhäuser entweder die erledigten Lehen ganz einzogen oder doch nur unter Aufhebung der den alten schles. Herzogen bewilligten Vorrechte wieder in Lehen gaben. Kaiser Sigismund, Wenzel's Nachfolger, standen die Schlesier gegen die Hussiten in Böhmen bei, obschon dieselben auch in S. einen Anhang gewonnen hatten. Dafür wurde das Land von den Hussiten wiederholt mit Schwert und Feuer auf das Schrecklichste verwüstet. Kaiser Albrecht II. verletzte die Rechte des Landes, als er Albrecht Achill, Markgrafen von Brandenburg, zum Landeshauptmann über S. 1438 einsetzte. Schon im folgenden Jahre starb der Kaiser und bis 1453 sein nachgeborener Sohn Ladislaus zur Regierung kam, herrschte in S. wieder die größte Verwirrung und fast ein Zustand völliger Gesetzlosigkeit. Georg Podiebrad, von den Böhmen 1458 zum Könige gewählt, ein Hussit, konnte nur durch Gewalt die Schlesier zum Gehorsam zwingen, und nachdem Breslau sich abermals gegen Georg empört, ihm aber nicht Widerstand zu leisten vermocht hatte, huldigte es mit Jauer, Schweidnitz und den oberschief Fürstenthümern dem Könige Matthias Corvinus von Ungarn. Der Kampf dauerte fort und als Georg 1471 gestorben und Wladislaw von Polen zum Könige von Böhmen erwählt worden war, hielt Niederschlesien an Ungarn, während sich Oberschlesien für Polen erklärte. Nach schrecklichen Verwüstungen kam es endlich 1478 zum Frieden von Olmütz, durch welchen der ungar. König Matthias S. erhielt. Als dieser 1490 starb, wurde Wladislaw auch noch König von Ungarn und erhielt S. Derselbe gab 1498 den schles. Fürsten und Ständen das große Landesprivilegium, nach welchem nur einem schles. Fürsten die Oberlandeshauptmannschaft ertheilt werden sollte, die Streitigkeiten der Fürsten untereinander und mit dem Landesherrn nur durch eine Versammlung der Stände, das Fürstenrecht genannt, ausgeglichen werden sollten, u.s.w. Es erlangten auch die Herzoge von Liegnitz, Teschen, Oppeln und Ratibor das Recht, ihr Land in Ermangelung männlicher Nachkommen an Fremde zu vererben, und auf dieses Recht stützten sich später zum Theil die Ansprüche Brandenburgs. Nach Wladislaw's Tode 1516 führte für dessen unmündigen Sohn Ludwig der Markgraf Georg von Brandenburg die Regierung. Der Bischof Jakob von Salza begünstigte die von Johann Heß mit Eifer betriebene Einführung der Reformation in S. und Markgraf Georg beschützte dieselbe. Als Ludwig 1526 starb, war bereits der größere Theil S.'s protestantisch. Ihm folgte sein Schwager Ferdinand I., Erzherzog von Östreich und König von Böhmen. Da Ferdinand die Hülfe der Schlesier gegen die Türken in Anspruch nahm, so mußte er sie bei dem protestantischen Bekenntniß lassen, doch wurde Kasper von Schwenkfeld, der eine neue Sekte stiftete, 1527 Landes verwiesen. Oppeln und Ratibor hatten 1535, Liegnitz 1537 mit Brandenburg Erbverbrüderungen gestiftet; diese erklärte Ferdinand, auf seine und seines Hauses Vortheile bedacht, für ungültig. Ihm folgten Maximilian II. (1564–76) und Rudolf II. (1576–1611). Unter dem Letztern begannen die Religionsverfolgungen, welchen auch der Majestätsbrief, den die Schlesier 1609 für 300,000 Gulden erwarben, kein Ende machte. Auf Rudolf folgte sein Bruder Matthias, der den Majestätsbrief gegen andere 100,000 Gulden bestätigte, aber auch nicht hielt. Nun schlossen sich 1615 die schles. Stände der protestantischen Union der deutschen Reichsfürsten an. Markgraf Georg von Brandenburg wurde zum Oberfeldherrn der Schlesier ernannt, und diese erkannten den von den Böhmen zum König 1619 erwählten Friedrich von der Pfalz an. Durch den sächs. Accord kam S. 1620 wieder an Kaiser Ferdinand II., der gegen 300,000 Gulden den Majestätsbrief bestätigen sollte, dies aber nicht that. Die Protestanten sollten durch die Liechtenstein'schen Dragoner zum Katholicismus gezwungen werden und wurden furchtbar bedrängt. Der Religionskrieg zog sich seit 1632 nach S. und das Land wurde aufs Neue verwüstet. Nach dem Frieden von Prag 1635 fiel S. ganz der Willkür des Kaisers anheim, und 1637 folgte Ferdinand III. Schweden und Kaiserliche kämpften seit 1639 wieder in S. miteinander, und jene würgten die Katholiken, diese die Protestanten; an 200,000 Bewohner fanden allmälig den Untergang. Zuletzt erhielten nur die Herzoge von Brieg, Liegnitz, Münsterberg und Öls und die Stadt Breslau freie Religionsübung und Schweidnitz, Jauer und Glogau 1653 die Erlaubniß, drei protestantische Kirchen, sogenannte Friedenskirchen, außerhalb der Stadtmauern zu bauen. Alle andere protestantische Kirchen wurden zum Vortheil der katholischen Kirche eingezogen. Leopold I. (1657–1705) setzte die Religionsverfolgungen fort, und 1675 starb mit Georg Wilhelm von Brieg der letzte Herzog piastischen Stammes, und statt nach der Erbverbrüderung an Brandenburg zu [92] fallen, wurden seine Besitzungen vom Kaiser eingezogen. Unter Betrieb der seit 1648 in Breslau einheimischen Jesuiten wurden die Religionsbedrückungen eifrig fortgesetzt. Joseph I. (1705–11) auf Vermittelung des schwed. Königs Karl All. erleichterte endlich das Loos der Protestanten, das sich jedoch unter Karl VI. (1711–40) wieder verschlimmerte, der auch die alten Vorrechte der Schlesier nicht achtete. Dennoch waren 1720 die Stände der pragmatischen Sanction beigetreten, und hatten Maria Theresia als künftige Landesherrin anerkannt. Kaum aber war Karl VI. gestorben, als der König von Preußen Friedrich der Große die alten Ansprüche Brandenburgs geltend machte und noch 1740 ganz S. eroberte. Durch den Frieden von Breslau 1742 wurde ganz S mit Ausnahme von Teschen, Troppau und Jägerndorf, und das kleine Gebiet jenseit der Oppa an Preußen abgetreten, welches das Land auch in den nachfolgenden schles. Kriegen behauptete. Seitdem fällt die Geschichte S.'s mit der von Preußen (s.d.) zusammen. S. ist seit seiner Vereinigung mit Böhmen zu Deutschland gerechnet worden, ist jedoch niemals ein Lehn des deutschen Reichs gewesen. Die Könige von Preußen haben daher S. auch stets als durchaus unabhängiges Besitzthum betrachtet und sich souveraine und oberste Herzoge von S. genannt. Vergl. Morgenbesser's »Geschichte S.'s« (2. Aufl., Berl. 1833).
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