Cotta

[483] Cotta. I. Römer, Familie der Aurelia gens: 1) Cajus Aurelius C., er war 252 u. 248 v. Chr. Consul u. ließ von seinen Legaten Q. Cassius u. P. Aurelius, die gegen seinen Befehl die Insel Lipara angegriffen hatten, Ersteren absetzen, den andern zum gemeinen Soldaten degradiren u. mit Ruthen streichen. 2) Marcus Aur. C., der thätigste der drei römischen Gesandten, welche den König Philipp III. von Macedonien wegen seines vertragswidrigen Verfahrens in Griechenland zurechtweisen sollten; er st. 200 v. Chr. als Decemvir sacrorum. 3) Cajus Aur. C., Legat des Marcellus, focht 216 v. Chr. bei Nola glücklich gegen die Punier, wurde 204 Praetor urbanus u. 200 Consul; er erhielt als Proconsul die Provinz Italien. 4) Lucius Aur. C., Consul 119 v. Chr.; ihn wollte Marius, als Volkstribun, ins Gefängniß bringen lassen. 5) Cajus Aur. C., Redner u. akademischer Philosoph, geb. 114 v. Chr.; er ging nach Verlust des Volkstribunats (91 v. Chr.) wegen Verletzung der Varia lex in ein freiwilliges Exil, aus welchem er 82 zurückkehrte u. 75 Consul wurde.

II. Italiener: 6) Giovanni, geb. 1452 bei Verona; lehrte u. lebte in Lodi, Neapel u. Venedig; wurde 1509 in der Begleitung seines Gönners, des Generals Barth. d'Alviano, bei Ghiara von den Franzosen gefangen, später an den Papst Julius II. nach Viterbo geschickt u. starb dort 1510; er schr.: Epigrammata u. Orationes, Vened. 1527, dann mit anderen Dichtern in Carmina quinque poetarum, Vened. 1548, einzeln, ebd. 1760, Verona 1798, Bassano 1802.

III. Die Freiherren v. C. stammen aus Italien, u. ihre Ahnen erscheinen unter den mächtigsten Geschlechtern Mailands schon zur Zeit Kaiser Ottos I. im 10. Jahrh. Erst unter Sforza verloren sie ihre Lehen im Mailändischen u. wanderten nach Deutschland aus. Unter Kaiser Sigismund kamen die C. 1420 nach Sachsen, wo sie die Dörfer Cotta u. Cottendorf besaßen, weshalb sie sich auch C. von Cottendorf nannten u. zum Theil noch nennen. Die Gemahlin Conrads von C. zu Cottendorf, geb. v. Wasungen, war die bekannte Wohlthäterin Luthers in Eisenach. Von den beiden Zweigen der Familie erlosch der ältere 1733; der jüngere verpflanzte sich nach Baiern u. Schwaben u. wurde in ersterem Lande 1821 bei der Freiherrenklasse immatriculirt. In der Familie C. wurde in der neuesten Zeit ein Majorat gestiftet, bestehend aus der Herrschaft Plettenberg mit den Rittergütern Dotternhausen, Roßwangen, Oberhausen, Haußen am Thann, den Waldhöfen u. dem Hofe Wenzlau mit Wenzelstein im Oberamte Rottweil, u. dem Rittergute Hipfelbeuren etc. Einer der C-s erheirathete 1640 Brunsche Buchhandlung in Tübingen, von dort an die I. G. Cottasche Buchhandlung genannt. Von dieser Familie sind: 7) Joh. Friedrich, geb. 1701 in Tübingen; wurde 1725 Adjunct der philosophischen Facultät in Jena, 1733 Professor der Philosophie in Tübingen, 1736 Lehrer der Morgenländischen Sprachen in Göttingen, kehrte 1739 nach Tübingen zurück u. st. 1779 hier als Kanzler der Universität u. Propst in St. Georgen. Als Dogmatiker war er ein Anhänger des orthodoxen Lehrbegriffs, übersetzte den Josephus, Tüb. 1736, 2 Bde., Fol.; gab heraus Gerhards Loci theol., ebd. 1762–77, 4 Bde., u. schr. u.a.: Versuch einer Kirchenhistorie des N. T., ebd. 1768–73, 3 Bde., u.a.m. 8) Joh. Friedr., Freiherr C. von Cottendorf, geb. 1764 in Tübingen, Enkel des Vor.;[483] widmete sich Anfangs der Theologie, dann der Jurisprudenz, wurde in Tübingen Hofgerichtspraktikant u. übernahm 1787 die von seinem Onkel besessene, aber sehr herabgekommene Cottasche Buchhandlung. Mit Ordnung, Fleiß u. Ausdauer widmete er sich dem neuen Berufe, er entwarf den Plan zur Allgemeinen Zeitung 1794 (s. u. Zeitungen), verlegte dieselbe 1798 nach Stuttgart, 1803 nach Ulm u. 1816 nach Augsburg u. machte sie zur geachtetsten u. gelesensten Deutschlands. 1799 wurde C. von den württembergischen Ständen nach Paris geschickt, um dort unter der Hand einen Separatfrieden für Württemberg zu erlangen, der jedoch später nicht ratificirt wurde. 1807 begann das Morgenblatt, dem später das Kunstblatt u. das Literaturblatt beigegeben wurde. 1810 zog er nach Stuttgart, kaufte die Herrschaft Plettenberg u. mehrere andere Rittergüter. Auch wurde sein Reichsadel von Baiern u. Württemberg anerkannt u. er zum preußischen Geheimen Hofrathe, baierischen Kammerherrn u. endlich zum baierischen Geheimenrathe ernannt. In München gründete er eine neue Handlung (Literarisch-crtistische Anstalt). Beim Wiener Congreß führte C. mit Bertuch die Sache der deutschen Buchhändler, wurde 1811 württembergischer Landesstand. 1819 Abgeordneter der Ritterschaft im Schwarzwalde, unterzeichnete 1819 auch den württembergischen Verfassungsvertrag als Virilstimmenführer, wurde 1824 Vicepräsident der württembergischen Kammer u. widmete seine Thätigkeit außerdem mehreren öffentlichen Anstalten (Sparkasse, Landwirthschaftlicher Verein etc.). 1824 errichtete er die ersten Dampfschnellpressen in Baiern zu Augsburg u. führte 1825–28 die Dampfschifffahrt auf dem Bodensee ein. 1822 u. 1829 schloß er für Baiern u. Württemberg den Anschluß an den Preußischen Zollverband ab. Er starb 29. December 1832 in Stuttgart. Die Cottasche Buchhandlung hatte er zur ersten in Deutschland gehoben. Außer den schon genannten Unternehmen gingen aus ihr hervor: die Jahrbücher der Baukunst, die Hertha, das Ausland, das Inland, die Württembergischen Jahrbücher, die für wissenschaftliche Kritik, die Archives littéraires, die englischen, französischen u. italienischen Miscellen, der Miroir de la France, die Justiz- u. Polizei-Fama, Häberlins Staatsarchiv, Posselts Europäische Annalen, Dinglers Polytechnisches Journal, Andrés Hesperus, so wie die Werke der ausgezeichnetsten deutschen Dichter u. Gelehrten. Nach C-s Tode gingen seine großartigen Unternehmungen u. Etablissements an seinen Sohn, C. 9), seine Tochter Ida (geb. 1807, vermählt an den württembergischen Kammerherrn u. Rittmeister Freiherr v. Reischach), u. deren Stiefmutter Elisabeth, geb. v. Gemingen Guttenberg (geb. 1789, mit C. verheirathet 1824, nach dessen Tode wieder an den württembergischen Kriegsminister u. General v. Hügel vermählt), als Cottasche Erben über. Ersterer 9) Georg, Freiherr v. C., geb. 19. Juli 1796, studirte die Rechte, wurde 1821 königlich baierischer Kammerherr, auch Stallmeister des Königs von Württemberg, Legationssecretär u. Legationsrath u. zu drei verschiedenen Malen Deputirter bei der württembergischen Ständeversammlung für den Neckar- u. Schwarzwaldkreis. Er war vermählt mit Sophie geb. von Adlerflycht (st. 1838); sein älterer Sohn Georg ist geb. 1833. Für die Cottaschen Erben trat er nach seines Vaters Tode 1832 an die Spitze der Cottaschen Buchhandlung. Er setzte die meisten der größeren Unternehmungen seines Visors (die Allgemeine Zeitung, das Ausland, Dinglers Polytechnisches Journal) fort u. erweiterte seinen buchhändlerischen Wirkungskreis durch Anknüpfung neuer Verbindungen mit den hervorragendsten Schriftstellern seiner Zeit. Zugleich vergrößerte er das Geschäft durch den Ankauf der Göschenschen Buchhandlung in Leipzig, der v. Vogelschen Buchhandlung in Landshut u. der Bibelanstalt in Canstatt. Die Cottasche Buchhandlung ist gegenwärtig im Besitz folgender Etablissements: in Stuttgart: Verlagshandlung, Druckerei, Schrift- u. Stereotypengießerei; in München (Literarisch-artistische Anstalt) mit einer Zweigverlagshandlung. Stein- u. Farbendruckerei; in Augsburg: Redaction u. Druckerei der Allgemeinen Zeitung u. Cottasche Verlagsexpedition; in Leipzig: die Göschensche Verlagshandlung.

IV. Andere deutsche Gelehrte: 10) Heinrich, geb. 1763 in Klein-Zillbach im Eisenachschen, studirte in Jena Cameralia u. Mathematik u. wurde 1795 Förster in Zillbach, wo er eine Forstlehranstalt errichtete. 1801 wurde er Forstmeister in Eisennach u. Mitglied des dortigen Forstcollegiums, durfte jedoch in Zillbach bleiben, um sein Forstinstitut fortzusetzen; 1810 ging er nach Tharand, wohin er seine Forstlehranstalt mitnahm; diese wurde 1816 zu einer königlichen Anstalt erhoben u. er zum Director derselben ernannt. Er st. 25. Oct. 1844 als Oberforstrath in Tharand, wo ihm im Forstgarten 1851 ein Denkmal gesetzt wurde. Er schr.: Anleitung zur Taxation der Waldungen, Berlin 1804; Anweisung zum Waldbau, Dresd. 1815, 8. Aufl. 1856; Anweisung zur Waldwerthberechnung, ebd. 1818, 3. Aufl. 1840; Die Verbindung des Feldbaues mit dem Waldbau, ebd. 1819–22, 4 Hefte; Anweisung zur Forstentrichtung u. Abschätzung, ebd. 1820; Tafeln zur Bestimmung des Inhaltes u. Werthes ausgearbeiteter Hölzer, 2. A. ebd. 1825, 7. Aufl. 1854; Grundriß der Forstwissenschaft, ebd. 1838; Hülfstafeln für Forstwirthe u. Forsttaxatoren, 2. Aufl. ebd. 1841; Tafeln zur Bestimmung des Inhaltes der runden Hölzer, der Klafterhölzer u. des Reisigs, ebd. 1841, 6. Aufl. 1851; Grundriß der Forstwissenschaft, 3. Aufl., herausgegeben von seinen Söhnen, ebd. 1842. 11) Bernhard, Sohn des Vor., geb. 1808 auf der Kleinen Zillbach, studirte 1827–91 in Freiberg die Berg- u. 1832 in Heidelberg die Rechtswissenschaften, lebte dann in Tharand u. wurde 1941 Secretär der dortigen Forstakademie, 1642 aber Professor der Geognosie an der Bergakademie in Freiberg. Er schr.: Die Dendrolithen, Dresd. 1932; Geognostische Wanderungen, ebd. 1932 ff.; Anleitung zum Studium der Geognosie u. Geologie, ebd. 1839, 3. Aufl. 1849; Gedanken über Phrenologie, ebd. 1845; Grundriß der Geognosie u. Geologie, ebd. 1846; Briefe über Humboldts Kosmos, Lpz. 1848–51, 3 Thle., 2. Aufl. 1850; Leitfaden u. Vademecum der Geognosie, 3. Aufl. Lpz. 1849; Gangstudien od. Beiträge zur Kenntniß der Erzgänge, Freib. 1850; Geologische Briefe aus den Alpen, Lpz. 1850; Über den inneren Bau der Gebirge, ebd. 1851; Geologische Bilder, Lpz. 1852; Praktische Geognosie für Land- u. Forstwirthe u. Techniker, Dresd. 1853; Deutschlands Boden, sein[484] geologischer Bau u. dessen Einwirkung auf das Leben der Menschen, Lpz. 1853; Die Gesteinslehre. Freib. 1855; Die Lehre von den Erzlagerstätten, ebd. 1854; Die Lehre von den Flötzformationen, ebd. 1856; Kohlenkarten für das Königreich Sachsen, ebd. 1856. Mit Naumann arbeitete er 1832–42 an der Geognostischen Karte des Königreichs Sachsen u. gab Geognostische Karte von Thüringen, 1843–48, u. Geognostische Karten unseres Jahrhunderts, Freib. 1850, heraus. Durch die Bekanntschaft mit Noel mit dem Studium der Phrenologie vertraut geworden, übersetzte er Chenevix, Geschichte u. Wesen der Phrenologie, Dresd. 1838; u. gab Forst- u. Landwirthschaftliches Jahrbuch der Akademie zu Tharand, ebd. 1842–47, 4 Bände, heraus.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 483-485.
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