[881] Italienische Kunst. 1) Die Baukunst entwickelte sich zunächst nach byzant. Muster; von Ravenna aus (San Vitale) gelangte bes. in Unteritalien und auf Sizilien (Dome zu Messina und Monreale) ein abgeänderter Basilikenstil und der Kuppelbau zur Herrschaft, während in Oberitalien lombard. und fränk. Elemente sich mit dem spätröm. Stil mischten. Beide Richtungen gingen im 11. und 12. Jahrh. in den roman. Stil über, in Italien noch bes. charakterisiert durch den den Kirchen getrennt angefügten Glockenturm (Kampanile [Tafel: Romanischer Stil I, 2]). Mit dem Eindringen des got. Stils im 13. Jahrh. entstanden zunächst zahlreiche Franziskanerkirchen (San Francesco zu Assisi) und Dominikanerkirchen in dieser Bauart, bei der allerdings für die senkrechten Flächen keine schlanken Stützen oder durchbrochene Verbindungswände zur Anwendung kamen; darauf (Ende des 13. Jahrh.) wurden bes. in Toskana berühmte Dombauten (zu Siena, Orvieto, Florenz) in diesem modifizierten got. Stil errichtet; der erst Ende des 14. Jahrh. begonnene Dom zu Mailand [Tafel: Gotik I, 6] schließt sich mehr den nord. Domen an; die got. Kirchen Unteritaliens sind mehr nach franz. Vorbildern erbaut. Bei den im got. Stil errichteten Palastbauten (Venedig: Dogenpalast, Cà d'oro [Tafel. II, 1]) wird durch Anbringung von Maßwerk eine bes. zierliche Schauseite erzielt. Die Baukunst des 15. Jahrh. (Quattrocento), die sich mehr im Palast- als im Kirchenbau äußert, charakterisiert sich als Frührenaissance; ihr brach Bruelleschi die Bahn. Zu nennen sind von diesen meist mit schönen Säulenhöfen [Tafel: Renaissance I, 2] ausgestatteten Palästen: Palast Medici, Strozzi u.a. zu Florenz, Piccolomini in Siena, Vendramin in Venedig [Taf. I, 1], ferner die Certosa zu Pavia; Architekten: Michelozzo, Alberti, Lombardo, G. und Ant. da Sangallo, Rossellino, G. und Ben. da Majano. Seit 1500 (Cinquecento) nahm die Renaissancebaukunst entwickeltere Formen (Hochrenaissance) an; unter den vorwiegend in Rom tätigen [881] Baumeistern leuchten hervor: Bramante, Peruzzi (Farnesina), Ant. da Sangallo d. J., Michelangelo, Raffael, ferner Giocondo, Falconetto und Sanmicheli in Verona, Sansovino (Markusbibliothek) [Taf. I, 3] und Palladio, der auch in Vicenza baute, Alessi in Mailand und Genua u.a.
Gegen Ende des 16. Jahrh. artete der Baustil in den verschnörkelten Barockstil aus, zunächst in Florenz und Venedig (Longhena), dann in Rom, wo diesen Stil noch maßvoll Maderna [Tafel: Barock und Rokoko I, 1], monumental grosartig Bernini, Borromini, Algardi [Taf. I, 2] u.a. anwendeten; in höchster barocker Überladung baute in Turin Guarini. Zu Anfang des 18. Jahrh. erfolgte der Rückschlag zum Klassizismus, der nun in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrh. herrschte, obwohl sich dabei die Einwirkung der Hochrenaissance weiterhin geltend machte. Eine moderne Baukunst entwickelte sich erst nach der Einigung Italiens; Privatpaläste, Bankgebäude, behördliche Gebäude, Denkmalsanlagen etc. wurden errichtet, und die Durchlegung neuer Straßen, das Niederreißen ganzer Stadtteile gab der Baukunst Gelegenheit, sich in moderner, großartiger Weise zu entfalten.
2) Der Bildhauerkunst bahnte im 13. Jahrh. Niccolo Pisano (Kanzel im Baptisterium zu Pisa) eine freiere Entwicklung an; dieselbe wurde dann im 14. und 15. Jahrh. weitergeführt durch Andrea Pisano, Orcagna, Jacopo della Quercia, Ghiberti (Reliefs an den Türen des florent. Baptisteriums), Donatello und die seiner naturalistischen Richtung [Tafel: Genrekunst II, 4] folgenden Künstler Verrocchio und Pollajuolo, ferner durch Luca della Robbia (Erfinder der »Robbien«, Terrakotten mit weißem oder farbigem Glasurüberzug) und die ihm verwandten Künstler Antonio Rosselino, Desiderio da Settignano, Mino da Fisole, Ben. da Majano u.a. Zur Vollendung gebracht wurde die ital. Bildhauerkunst im 16. Jahrh. durch Michelangelo, neben dem zu nennen sind: Bandinelli, Begarelli, Giov. da Bologna, Benv. Cellini, Giov. da Nola, Sansovino u.a. Nach diesen Meistern trat im 17. Jahrh. bald der Verfall ein; äußerliches Spiel mit Formen, Sucht nach Sinnenreiz und theatralischem Effekt wurde herrschend (Bernini, Maderna, Duquesnoy u.a.). Seit Mitte des 18. Jahrh. erweckten Canova mit seinen Schülern Marchesi und Bartolini [Taf. II, 6] einerseits und der Däne Thorwaldsen und sein Hauptschüler Tenerani andererseits die ital. Plastik zu neuem Leben. Die Bildhauer des 19. Jahrh., wie Balzico, Barbella, Barzaghi, Dupré, Fantacchiotti, Fedi, Ettore Ferrari, Marochetti, Marsili, Monteverde, Ercole Rosa, Tabacchi, Tantardini, Trentacoste, Vela, Zannoni, Zocchi u.a., haben vor allem zahlreiche Porträtstatuen geschaffen, dann aber auch Genreartiges, und zwar haben sie sich auf letzterm Gebiete in einer bes. stark naturalistischen Richtung bewegt.
3) Die eigentliche Malerei stand bis gegen Ende des 13. Jahrh. hinter der aus Byzanz herübergekommenen Mosaikmalerei zurück; als dann die Tafelmalerei anfing sich Geltung zu verschaffen, zeigte sich in den Bildern von Cimabue und Duccio schon ein selbständiger Stil. Ganz entschieden aber brach Giotto mit der byzant. Überlieferung; er ist der Gründer der ital. Malerei und beherrschte mit seiner Schule (Taddeo Gaddi) das 14. Jahrh. Eine zweite Periode mit Florenz an der Spitze, in welcher man die Formen naturgemäßiger durchzubilden suchte, umfaßt die Maler des 15. Jahrh., die Quattrocentisten: Masaccio, Fra Filippo, Fra Giov. da Fiesole, Gozzoli, Ghirlandajo, Castagno, Signorelli, Mantegna, Bellini, Perugino, Pinturicchio u.a. Es folgte im 16. Jahrh. die glänzendste Periode, die der Cinquecentisten Leonardo da Vinci [Tafel: Christus, 3], Michelangelo [Tafel: Historienmalerei I, 1], Raffael [Tafel: Madonna, 5 und Tafel: Porträtmalerei I, 1], Correggio, Giorgione und Tizian [Tafel: Porträtmalerei I, 3]; neben diesen glänzen Fra Bartolommeo, Lor. di Credi [Tafel: Madonna, 3], Andrea del Sarto, Palma Vecchio, Pordenone, Luini, Giulio Romano, Seb. del Piombo. In der zweiten Hälfte zeichneten sich noch Paolo Veronese [Tafel: Christus, 1], Tintoretto und Bassano aus, aber sie gehören schon der Periode der Nachahmer an. Einen mehr äußerlichen Aufschwung nahm die Malerei im 17. Jahrh. durch die Carracci und ihre Schüler Domenichino, Albani, Guido Reni [Tafel: Madonna, 8], Guercino, sowie durch Caravaggio und Pietro da Cortona. Unter deren Nachfolgern im 18. Jahrh. sind nennenswert: Sassoferrato, Dolci, Salv. Rosa, Giordano, Canaletto, Camuccini. Die künstlerischen Mittelpunkte Italiens sind auch noch heute Venedig, Florenz, Rom und Neapel; ihre Vertreter haben auf allen Gebieten der Malerei, bes. im Genre- und Landschaftsfach, Vortreffliches geleistet. – Vgl. Burckhardt, »Geschichte der Renaissance in Italien« (3. Aufl. 1890-9l); Philippi, »Kunst der Renaissance in Italien« (2. Aufl. 1905); Durm, »Baukunst der Renaissance in Italien« (1902); Bode, »Ital. Plastik« (4. Aufl. 1905); Crowe und Cavalcaselle, »History of painting in Italy« (1864 fg; deutsch 1869-76); Lübke, »Geschichte der ital. Malerei« (2 Bde., 1878).
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