Ceylon

[853] Ceylon (im Sanskrit nach dem Beinamen des arischen Eroberers Singhala [»Löwenwohnort«] oder Tamraparni, woher das griechische Taprobane, bei den Eingebornen Lankadiva, arabisch Serendib), britische Insel im Indischen Ozean, an der Südspitze von Vorderindien, von dem sie durch den Golf von Manaar und die 93 km breite Palksstraße getrennt wird, zwischen 5°55'- 9°51' nördl. Br. und 79°41'- 81°54' östl. L., von N. nach S. 445 km lang, 160–235 km breit und 65,610 qkm groß (s. das Kärtchen). C. bildete einst einen Teil des Kontinents. Jetzt zieht sich, wo Insel und Festland sich am meisten nähern, noch die sogen. Adamsbrücke (s.d.) hin. Fast das ganze nördliche Drittel der Insel ist eine prächtig bewaldete Ebene; ein breiter Gürtel von Tiefland umgibt das Bergland auch im südlichen[853] Teil, das in Ausläufern bis zur Süd- und Ostküste reicht und bei einer Länge von 95- 103, einer Breite von 75–90 km, im Durchschnitt 650 m hoch, rund 9000 qkm bedeckt. Auf der innern, 220 qkm großen Hochebene Neura Ellya erheben sich zahlreiche Gipfel, darunter der 2241 m hohe Adamspik (s.d.), der Pedrotallagalla (2538 m), der Kirigallpolla (2380 m), der Totapolla (2353 m). Zwischen den Bergen dehnen sich schöne und fruchtbare Täler aus. Die Nordküste, vor deren Nordende zahllose kleine grüne Inseln legen, und die mit Kokospalmen bedeckte Westküste sind flach, die Süd- und Ostküste steil und felsig; hier bietet der vorzügliche Hafen von Trinkomali Raum und Schutz für die größte Flolte.

Karte von Ceylon.
Karte von Ceylon.

Die zahlreichen Flüsse sind nur zur Regenzeit wasserreich, der bedeutendste ist der Mahavili Ganga, 330 km lang und zur Hälfte schiffbar. C. besteht in seiner Hauptmasse aus archäischen Gesteinen, nur in den ausgedehnten flachen Landstrichen im N. herrschen quartäre Bildungen (Meeressand, Madreporenkalk etc.) vor. Unter den Mineralschätzen nimmt Graphit als Lager im Gneis die erste Stelle ein; wichtig sind auch Eisenerze, berühmt die Lager von Edelsteinen (Saphir, Rubin, Zirkon, Spinell, Granat, Turmalin, Katzenauge etc.), die, den archäischen Gesteinen entstammend, vorwiegend im Schwemmlande der Flüsse gefunden werden. Salz, aus den Lagunen gewonnen und Regierungsmonopol, gibt einen Ertrag von 90,000 Pfd. Sterl. jährlich. Das Klima Ceylons ist gleichmäßiger und für den Europäer angenehmer als das Indiens. Im nördlichsten Teil, dem Distrikt von Dschaffna, herrscht Dürre; bei Trinkomali ist der Regenfall häufig, aber leicht, und im Innern bedürfen die Fel der der Bewässerung; im S. fallen auf der Westseite heftige Regen zur Zeit der Monsune (April, Mai und Oktober, November). Zu Kolombo ist die mittlere Jahrestemperatur 27,4'', kältester Monat der Januar mit 26,5°, wärmster der April mit 28,6°, mittlere Jahresextreme 32,8 u. 20,6°. Die Ebenen an der Ostküste sind trocken. Regenmengen: Kolombo Jahr 2240, Mai 350, Februar 40 mm; Neura Ellya Jahr 2510, Juni 410, Februar 50; Batticaloa Jahr 1480, Dezember 360, Juli 20 mm. C. besitzt die reiche Tropen flora Vorderindiens und ist die Urheimat der Zimtbäume (Cinnamomum ceylanicum), der Piper-Arten (Chavica Roxburghii) und vieler Kukurbitazeen, während zahlreiche Kulturgewächse andrer Länder zugleich eine fruchtbare Stätte gefunden haben. Ceylons Tierwelt bildet einen Teil der orientalischen Region, und zwar der Ceylon-Subregion, die außer C. selbst noch den südlichen Teil der vorderindischen Halbinsel umfaßt. Der im orientalischen Faunengebiet weitverbreitete Tiger fehlt, wahrscheinlich ausgerottet, der Panther ist vorhanden, der Lippenbär (Ursus labiatus) ist ein Charaktertier der Subregion. Der Elefant ist wild und gezähmt vorhanden und spielt als Last- und Reittier eine sehr wichtige Rolle. Von Reptilien ist die Familie der Schildschwänze (Uropeltidae) der Subregion eigen, von Amphibien die interessante Blindwühle (Ichthyophis glutinosus). Die Insektenwelt Ceylons steht der malaiischen Subregion nahe. Die Küsten werden manchmal von der indischen Seekuh (Halicore) besucht, im Golf von Man gar wird Perlenfischerei geübt.

Die Bevölkerung, die 1823 nur 750,000 Seelen betrug, stieg bis 1901 auf 3,576,990, darunter 2,334,817 Singhalesen, 952,237 Tamulen, 224,719 Mauren (Nachkommen arabischer Abenteurer), 23,312 Eurasier, 11,207 Malaien, 9583 Europäer und 21,115 Araber, Afghanen, Weddah (s. Tafel »Asiatische Völker II«, Fig. 12), Chinesen, gefangene Buren (ca. 5000) u. a. Die Eurasier, hier Burghers genannt, sind Mischlinge von Holländern, weniger von Portugiesen oder Engländern mit Singhalesinnen und mit den Europäern, die Tonangebenden. Die Singhalesen (s. Tafel »Asiatische Völker II«, Fig. 13) sind aus der Vermischung der ursprünglichen Drawida mit den vom Festland eingewanderten Hindu hervorgegangen, wie ihre mit indischen Elementen reich durchsetzte Sprache, das Ein, deutlich beweist (Weiteres s. Singhalesisch). Sie sind mittelgroß (1,6–1,7 m), mit seinen und regelmäßigen Zügen und hübsch gebaut, namentlich die Frauen oft überraschend schön. Die Hautfarbe wechselt von Hellbraun oder Olivenfarbe bis ins Schwarze; die Augen sind bisweilen lichtbraun, das Haar fast immer schwarz, lang und seidig. Polygamie ist selten. Man heiratet früh, ohne viel Feierlichkeiten, und trennt sich leicht wieder. Einfache Kleidung (Jacke, Schürze und Mütze aus Musselin), fast nur vegetabilische Nahrung (starke Getränke werden aus religiösen Gründen öffentlich gemieden), Wohnung in Hütten (oft hoch auf Bäumen). Die Toten werden beerdigt. Das Kastenwesen ist hier nie ausgebildet gewesen. Herrschende Religion ist der Buddhismus, während die Tamulen meist Verehrer Siwas sind, die Mauren Mohammedaner. Die Einführung des Buddhismus fällt in bie Mitte des 3. Jahrh. v. Chr.; eine glanzvolle Priesterschaft steht den reichen Tempeln und Klöstern vor, doch ist auch hier die ursprüngliche Lehre Buddhas verloren gegangen. 1891 zählte man 1,877,043 Buddhisten, 615,932 Siwaanbeter, 211,995 Mohammedaner, 302,127 Christen. Von letztern sind zwei Drittel Singhalesen, ein Drittel Tamulen. Die katholische Religion wurde schon seit 1505 durch die Portugiesen verbreitet; die Katholiken[854] haben jetzt einen Erzbischof, von Kolombo, und 2 Bischöfe, von Dschaffna und Kandi. Die Insel bildet die Diözese des anglikanischen Bischofs von Kolombo, die Arbeit der protestantischen Kirche besorgen meist die Missionen (4 englische und eine amerikanische mit 112 Stationen). Die heiligen und klassischen Schriften der buddhistischen Singhalesen sind in der gelehrten Pâlisprache abgefaßt. Eisenstift und die Blätter der Talipot- oder Schirmpalme haben jetzt der Feder und dem Papier weichen müssen. Die alten heiligen Werke sind Übertragungen aus dem Sanskrit; die neuere Literatur pflegt in hervorragender Weise die Dichtkunst und liefert zahlreiche Schriften des täglichen Bedürfnisses, vorzügliche linguistische und lexikographische Arbeiten sowie ethnographische Skizzen. Für Volksbildung sorgen (1900) 500 Regierungsschulen mit 48,642 Schülern, 1328 staatlich unterstützte Schulen mit 120,751, 2089 Privatschulen mit 38,881 Schülern. Es bestehen 11 höhere Schulen, außerdem Ackerbau- und Industrieschulen. Das Royal College bereitet zum Besuch englischer Universitäten vor, ein technisches College wurde 1893 begründet. Es erscheinen 16 Zeitungen und Zeitschriften, darunter 6 in den Sprachen der Eingebornen. Hauptbeschäftigung ist Ackerbau. Mit Reis, der mit Früchten, Fischen und Gemüse die Hauptnahrung der Eingebornen bildet, sind (1898) 753,872 Acres bestellt. Als Handelspflanze nahm früher Kaffee den ersten Platz ein, bis die Zerstörungen der Hemileia vastatrix die Pflanzungen empfindlich schädigten (jetzt etwa 19,000 Acres). An seine Stelle ist jetzt Tee getreten, dessen Kultur schnell zunimmt (424,856 Arres); 1900 wurde für 53,7 Mill. Rubel ausgeführt, während die Kaffeeausfuhr auf 594,000 Rubel sank. Außerdem sind von Bedeutung: Kakao, China rinde, Tabak, Zimt (Regierungsmonopol), Baumwolle, Kokosöl. Der Viehstand betrug 1899: 4599 Pferde, 1,357,800 Rinder, 84,215 Schafe, 163,987 Ziegen, 89,474 Schweine. Die Perlenfischerei, ehemals so ergiebig, ist jetzt im Sinken. Die Industrie ist unbedeutend, ansehnlich aber und schnell wachsend trotz verschiedener Krisen der Handel; 1900 betrug die Einfuhr (Reis, Kohlen, Baumwollenwaren, gesalzener Fisch, Spirituosen, Wein etc.) 122,339,758, die Ausfuhr (Tee, Zimt, Kokosöl und Kokosnüsse, Kaffee, Graphit, Chinarinde etc.) 108,926,257 Rupien. Deutschland war daran mit 2,053,930, bez. 4,751,798 Rupien beteiligt. Haupthafen ist Kolombo, den sechs Dampferlinien, darunter der Norddeutsche und der Österreichisch-Ungarische Lloyd, anlaufen; 1901 betrug der Schiffsverkehr 7,666,448 Ton. Die Hafenanlagen werden jetzt sehr erweitert. Vier englische Banken haben ihren Sitz auf C. Die Eisenbahnen hatten 1900 eine Länge von 480 km, weitere 310 km sind geplant oder im Bau; die Telegraphenlinien hatten 2300 km Länge; 1900 bestanden 312 Post- und Telegraphenämter; 320 km Telephondrähte und 270 km Kanäle. Die Landstraßen sind gut erhalten. Dem Gouverneur, der von der Königin ernannt wird, steht ein Kabinett aus 5 und ein Gesetzgebender Rat aus 17 Mitgliedern zur Seite. Eingeteilt wird die Insel in 9 Provinzen (Nord-, Süd-, Ost-, West-, Nordwest-, Zentral-, Nordzentral-Provinz, Uva, Sabaragamuva). Die Einnahmen der Kolonie betrugen 1900: 27,325.930, die Ausgaben 25,321,988, die öffentliche Schuld 3,239.585 Rupien und 3,419,451 Pfd. Sterl. Eine englische Truppenabteilung (Infanterie, Artillerie, Genie), 2982 Mann stark, bildel die Garnisonen für das stark befestigte Trinkomali, Hauptstation der englischen Flotte (15 Dampfer) in den indischen Gewässern, für das gleichfalls befestigte Kolombo u. a. Münzen, Maße und Gewichte sind die englischen. Jedoch werden die Zölle in Rupien erhoben; diese indische Münze wird hier nicht in Annas, sondern in 100 Cents geteilt, und es laufen auch mexikanische Dollars um. Landeserzeugnisse mißt man häufig mit einheimischen Größen: dem Amomatu von 8 Parrah zu 24 Sihr = 2,034 hl, dem Leaguer von 75 Welt = 5,678 hl, dem Kandi oder Bahar von verschiedenem Gewicht je nach der Ware. – Hauptstadt und Sitz der Regierung ist Kolombo (s.d.).

Schon die Griechen und Römer kannten das an Edelsteinen und Gewürzen reiche, von ihnen Taprobane genannte C. Die Insel wurde seit 543 v. Chr. von Fürsten beherrscht, die aus Nordindien stammten; die erste Dynastie hieß Mahawansa (wonach auch das große metrische Geschichtswerk der Singhalesen genannt wurde). Bis 1815 herrschten im ganzen 165 Fürsten. 250 v. Chr. wurde die Lehre des Buddha in C. eingeführt, und unter ihrer Herrschaft gedieh die Insel sehr. Von hier aus verbreiteten sich im 5. Jahrh. Buddhismus und indische Kultur nach Hinterindien. Im 8. Jahrh. ließen sich mohammedanische Araber auf C. nieder. Seit 1505 begannen die Portugiesen einen regelmäßigen Verkehr mit C., machten sich aber bei den Eingebornen so verhaßt, daß der König endlich die Holländer zu Hilfe rief. Die Portugiesen wurden 1632–58 verdrängt, und an ihrer Stelle besetzten die Holländer das Küstenland. Im Kriege zwischen England und Holland wurde C. von den Engländern besetzt und 1802 im Frieden von Amiens förmlich an sie abgetreten; 1815 wurde die ganze Insel nach Beseitigung des eingebornen Fürsten Eigentum der Briten. Vgl. Blue Book of C. (»Annual Report«); Tennent, Ceylon (5. Aufl., Lond. 1860); v. Ransonnet, C., Skizzen seiner Bewohner, seines Tier- und Pflanzenlebens (Braunschw. 1868, Prachtwerk); »C.: general description of the island« (vom Kapt. Suckling, Lond. 1876, 2 Bde.); Haeckel, Indische Reisebriefe (3. Aufl., Berl. 1893); Sarasin, Die Weddas von C. (Wiesbad. 1893); Cave, The ruined cities of C. (Lond. 1897; deutsch von Anna, Gräfin v. Zech: »Baudenkmäler aus ältester Zeit in C.«, Berl. 1901); Derselbe, Golden Tips, a description of C. and its great tea-industry (Lond. 1901); Emil Schmidt, Ceylon (Berl. 1897); Derselbe im 2 Bande von Helmolts »Weltgeschichte« (Leipz. 1902); W. Geiger, Tagebuchblätter und Reiseerinnerungen (Wiesb. 1897); van der Aa, Ile de C. (Löwen 1898); Bougas, Deux mois à C. (Lyon 1898); Ferguson, The C. Handbook (Kolombo 1901); Leclerq, Séjour dans l'isle de C. (Brüss. 1901); Lassen, Indische Altertumskunde (2. Aufl., Leipz. 1867ff.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 853-855.
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