1. Besser genug, als zu viel.
Das Wörtlein »genug« steht nicht im Wörterbuch eines Reichen.
Frz.: Assez vaut un festin.
2. Bu alles genunk es, do hesst me'1 mit Flâes2 ei, an mit Wârk3 brönnt me' ô4. (Meiningen.) – Frommann, II, 415, 138.
1) Heizt man.
2) Flachs.
3) Werch.
4) Zündet man an.
3. Der hat gnug, der mit wenig gesettigt ist. – Lehmann, 444, 2.
Frz.: Assez a qui se contente. (Bohn I, 5.)
It.: Assai ha, chi di poco si contenta.
Ung.: Sok van annak, a ki többet nem kiván. (Gaal.)
4. Der hat gnug, der sich benügen lässt. – Guttenstein, I, 31; Eyering, I, 475.
5. Der thut genug, der thut, was er kann.
Frz.: Assez fait, qui fait ce qu'il peut. (Kritzinger, 40a.)
6. Der thut gnug, der gehet vnd widerkehret. – Henisch, 1500.
7. Es hat jhm keiner selbst gnug. – Henisch, 1500, 31; Petri, II, 250.
Dän.: Ingen er sig selv nok; den eene haver altid den anden behov. (Prov. dan., 429.)
8. Es hat niemand gnug, ohn der jhm gnügen lasst. – Henisch, 1500, 32; Petri, II, 260.
9. Es ist bald genug, wenn's wohl will. – Kirchhofer, 138.
10. Es ist genug, dass man die Säue isst, sollte man auch ihre Speise essen, so würde einer gar zur Sau.
11. Es ist gnug, so man sich genügen lesst. – Franck, I, 54a; Körte, 2023; Simrock, 3406.
12. Es ist gnug, was man vmbsonst gibt. – Lehmann, 290, 42.
Dän.: Det er nok den man giver bort tages. (Prov. dan., 239.)
13. Es ist nicht gnug, dass einer Satteln vnd reuten kan. – Lehmann, 348, 10.
[1552] 14. Es ist nit genug, das gut wissen. – Gruter, I, 36.
15. Es ist nit genug, das man vntersetze, man muss auch mit ehren aussführen. – Henisch, 1500, 37.
16. Es ist nit genug, dass du fromm seyest, du werdest dann auch darfür gehalten. – Henisch, 1500, 35.
17. Es ist nit gnug, dass ein feind frieden bewilligt, wenn er nicht sein feindlich gemüth verbessert. – Lehmann, 214, 41.
18. Genuag hoab'n braucht loapen. (Unterinnthal.) – Frommann, VI, 36, 68.
Schon im 15. Jahrhundert gab es in Polen an den Höfen eine Menge Narren, im 16. Jahrhundert hielt man sie aber für so nothwendig zur Kurzweil, wie einen Arzt zur Krankheit. (Wurzbach I, 12.)
20. Genug geht viel in einen Sack. – Körte, 2022; Simrock, 3411; Braun, I, 729.
Holl.: Ghenoechs gaet vele in den sac.
Lat.: O concordemus et erit satis id quod habemus. (Fallersleben, 359.)
21. Genug, genug, sagte Lips, als der Scharfrichter anfing.
Holl.: Ik heb al genoeg, zei Joost de Plug op het schavot, en de beul was pas begonnen. (Harrebomée, I, 51.)
22. Genug haben ist mehr als viel haben. – Simrock, 3403.
Engl.: Enough is a good as a feast. (Bohn II, 90; Gaal, 675.)
Frz.: Assez il y a, si trop n'y a. (Bohn II, 90; Gaal, 675.)
Ung.: Jobb az elég, mint a sok. (Gaal, 675.)
23. Genug haben ist steter Festtag.
Holl.: Genoeg is even zoo goed als een feest. (Harrebomée, I, 229; Bohn I, 319.)
24. Genug hat der, der sich genügen lässt.
Die Nachtigall lebt nicht vom goldenen Käfig, sagen die Russen. Und die Neugriechen: Was hilft's, ein goldenes Becken haben, um Blut hineinzuspucken. (Reinsberg II, 115.)
Mhd.: Der hât genuoc.
Dän.: Nok er en stor rigdom. (Bohn I, 393.)
Lat.: Divitiae grandes homini sunt, vivere parce aequo animo. (Suiret.) (Philippi, I, 423.) – Quaestus maximus pietas cum sufficientia.
25. Genug ist besser als zu viel. – Steiger, 105; Simrock, 3402; Eiselein, 226; Körte, 2021; Braun, I, 728.
Mhd.: Genuoc ist bezzer dan ze vil. ( Freidank.) (Zingerle, 50.) – Genuog ist besser als ze vil, wenn man es recht merken will. (Eiselein, 226.)
Frz.: Assez n'y a, ai trop n'y a. (Leroux, II, 175.) – Mieux vaut assez que trop. (Leroux, II, 261; Bohn I, 38.)
Holl.: Genoeg is meer dan overvloed. (Harrebomée, I, 229.)
26. Genug ist ein schöner Sold.
27. Genug ist genug, hat der Geiger gegeigt. – Kirchhofer, 229; Simrock, 3407; Körte, 2024 u. 2493; Braun, I, 730.
Ein jeder lasse sich begnügen.
28. Genug ist genug, zu viel ist böses Spiel.
It.: Assai basta, e troppo guasta. (Bohn I, 73.)
29. Genug ist über einen Sack voll. – Eiselein, 226; Körte, 2022; Simrock, 3412; Siebenkees, 286; Gaal, 675; Bohn I, 149.
Wider die Ungenügsamen.
30. Genug macht vnruh. – Henisch, 1500, 39; Körte, 2025; Simrock, 3408; Braun, I, 731.
31. Ich habe genug gekriegt, sagte der Junge, als er aus der Kirmes nach Hause kam und blaue Augen und eine Beule mitbrachte.
Holl.: Ik heb volop gehad, zei de jongen tegen zijn vaâr, en hij kwam met twee blaauwe oogen en een' dikken neus t' huis. (Harrebomée, I, 343.)
32. Ich habe genug, wie die Mönche von Lübeck. – Klosterspiegel, 46, 16.
Diese erhielten nämlich bei der Pest im Jahre 1438 so viel Messgelder, dass sie dieselben nicht mehr abnehmen konnten und die Leute sie über die Mauer hineinwarfen.
33. Jeder hat genug für sich zu thun.
34. Man findet keynen der yederman genug kan thun. – Tappius, 209a.
35. Man hat genug an Einem Gott, mit Einem Freund wird man zu Spott.
36. Man hat genug an Gottes Wort, wenn mans nur recht lernen wil. – Petri, I, 71.
37. Man kann nicht allen genug thun.
[1553] 38. Niemand hat an jm selbs gnug. – Franck, I, 125a; Henisch, 1500.
Mhd.: Won der weis gesprochen hât: niemant ist im selber genuog in seiner sach mit rechtem fuog. (Ring.) (Zingerle, 195.)
Frz.: Nul, tant soit fort et vigoureux, ne peut à soy souffire seus. (Leroux, II, 271.)
39. Nu genôg, Antrien, kâk Kohl. (Ostfries.) – Hauskalender, IV.
40. Nur der hat genug, wer sich's genug sein lässt. – Sailer, 240.
Frz.: Assez y a, si trop y a.
41. Was man genug hat, dess ist man satt, sagte der Bauer, da war er drei Tage verheirathet.
42. Wass mann gnug hat, dessen hat man satt. – Lehmann, 348, 1; Eiselein, 226; Simrock, 3409.
Böhm.: Ćeho sám dosti máš, teho u jiného hledáš. (Čelakovský, 372.)
43. Wenn ieder gnug hett, so geb es keine Dieb. – Lehmann, 120, 12.
44. Wenn's genug ist, einen nur zu verklagen, dann ist niemand unschuldig. – Schamelius, 26, 7.
Lat.: Si accusasse sufficit, quis innocens erit? (Schamelius, 26, 7.)
45. Wer genug gethan, der hat gut (recht) gethan.
Mhd.: Swer genuog tuot, der tuot bas. (Reim. Zw.) (Eiselein, 226.)
46. Wer genug hat, dem fehlt nichts.
Frz.: A qui veut assez rien ne faut. (Leroux, II, 166.)
47. Wer nie genug hat, ist immer arm.
Engl.: They need much, whom nothing will content.
Frz.: Qui n'a suffisance, n'a rien. (Cahier, 1669.)
Lat.: Semper inops, quicunque cupit. (Claudianus.) (Binder II, 3068; Kruse, 1028.)
48. Wo genug ist, da darf eine Sau geuden. – Kirchhofer, 296.
49. Wo genug ist, da mestet man sich. – Henisch, 1500, 55; Petri, II, 804.
50. Wo gnug ist, che ne Sau kochen. (Luzern.)
*51. A hôt'sen genunk, as wenn a's mit Leffeln gefrassen hätte. (Schles.) – Frommann, III, 417, 634.
*52. Das ist kaum genug für seinen hohlen Zahn.
Von einem guten Trinker.
*53. Dem ist gnug, was er mag han. – Franck, I, 54b.
*54. Es gibt genug, weil einer lebt. – Agricola I, 439.
Ein unehrliches Gewerbe; der Dieb hat, bis er gehängt wird; das gestohlene Gut wird weggenommen. Wer etwas ehrlich erworben, hinterlässt es den Seinen.
*55. Es ist genug für einen hohlen Zahn.
Scherz- oder spottweise von sehr kleinen Portionen.
*56. Es ist gnug auff drei tag. – Franck, I, 54b.
*57. Es ist ihm einmal genug worden. – Kirchhofer, 152; Eiselein, 226.
Von einem Geizigen, der gestorben ist.
*58. Genug haben, bis die Stadt Bern bezahlt. (Schweiz.) – Kirchhofer, 60.
Hergenommen von den ungeheuern Schulden Berns, in die es durch Kriege am Ende des 14. Jahrhunderts gekommen war; Schulden, die so gross waren, dass niemand der Stadt mehr leihen wollte, weil man meinte, die Schuld werde nie getilgt werden. Viele sprachen den Wunsch aus: Ich wollte weiter nichts begehren, wenn ich nur so lange zu leben hätte, bis die Stadt Bern ihre Schulden bezahlt hätte, was zur Entstehung der obigen sprichwörtlichen Redensart Veranlassung gab, die aber bald ihre Bedeutung verlor, da die Bürger Berns solche Opfer brachten, dass wider Erwarten die Schuld früh genug getilgt ward.
*59. Hi hâ'r naagh fân. (Amrum.) – Haupt, VIII, 360, 156.
Er hat genug davon. Um zu sagen, dass jemand etwas Unangenehmes in hohem Grade erfahren habe, wofür die Nordfriesen auch noch folgende, an ihrem Orte mundartlich aufgeführten Redensarten haben: Ihm ist der Bart abgenommen, die Haut abgezogen, das Fell über die Ohren gezogen. Er hat seine Prügel bekommen. Er ist dagewesen. Er ist auf die Finger geklopft.
*60. Ich hab' so genug als der Hund, der zu viel Zieger gefressen. – Kirchhofer, 282.
*61. Ist dir's nit genug, stell dir e Stecken dabei. – Tendlau, 80 u. 525.
Um jemand, dem eine gereichte Gabe nicht genügt, barsch abzuweisen. (S. ⇒ Zufrieden.)
62. Es ist besser genug, denn alzit (allzu) vil, wann zu vil ist vngesunt. – Hoffmann, 87, 18.
63. Es ist nicht genug, dass das Haus voll Unglück ist, es steht auch noch ein Wagen voll vor der Hausthür. – Simrock, 10671.
64. G'nuag kriegt nie g'nuag. (Würtemberg.)
65. Wenn du genug hast, so lass die Krippe für deine Dienstboten und dein Vieh nimmer leer werden, sonst beissen die Schweine am Troge.
Altfries.: Heest nogh, da let do krebb (fua, Tiinsten en Tjug) nimmer leddig und fuar est idders, da bilt de swin bi de Trog. (Hansen, 10.)
66. Wo gnuag ist, brennt mer mit Flachs ein. – Nefflen, 469.
Wo Ueberfluss ist, da verschwendet man, wie wenn man Flachs zum Anzünden des Feuers verwendete.
*67. Noch lange nicht genug, sagt Bismarck.
Diese Redensart ist in der Altmark, wie Hesekiel's Buch vom Grafen Bismarck (S. 90) berichtet, seit alter Zeit mit dem Namen Bismarck fest verbunden. (Vgl. auch: G. Schwetschke, Bismarckias, Halle 1878, S. 134.)
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