Stern

1. Acht' nicht sehr der Sterne Schein, wenn dir die Sonne will gnädig sein; wer aber ohne Sonne muss sein, der nehm' in Acht der Sterne Schein.


2. Der Stern führt den Schiffer, aber Gott den Stern.


3. Die kleinen Sterne bleiben hell, die grosse Sonne kann verfinstert werden. (Abyssinien.)


4. Die Sterne des Himmels, den Sand am Meer und die preussischen Orden kann niemand zählen.


5. Die Sterne folgen dem Monde, wie die Küchlein der Henne. (Afrika.)


6. Die Sterne glänzen, wenn auch Wolken sie bedecken.


7. Die Sterne müssen in der dunkelsten Nacht am hellsten scheinen.


8. Die Sterne regieren die Menschen, aber Gott regiert die Sterne.Parömiakon, 2857.

Lat.: Astra regent homines, sed regit astra Deus.


9. Die Sterne sieht man nicht, wenn die Sonne scheint.Lehmann, 428, 32.


10. Ein Stern auf der Brust macht keiner Seele Lust.


11. Ein Stern leuchtet stärker (glänzt mehr) als der andere.

Böhm.: Nepodobna hvĕzda hvĕzdč a človĕk človĕku. (Čelakovsky, 279.)


12. Es gibt tausend Sterne am Himmel, aber nur Sonne und Mond werden verfinstert.


13. Es leucht offt ein Stern gar schön vnd vergehet wider.Lehmann, 176, 16.


14. Es wird offt einem sein Stern mit einer Wolcken verdeckt.Lehmann, 176, 16.


15. Et huot net e jêder en gäldene Schtärn af der Schtirn. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 807.


16. Flimmernde Sterne bringen Wind recht gerne. (Brandenburg.) – Boebel, 121.


17. So viel Stern' am Himmel stehen, so viel Mädchen in Rom gehen.Deutsche Romanzeitung, III, 45, 713; Hesekiel, 35.

18. So viel Sterne in der Altfassnacht-Nacht, so viel Schnitter in der Ernte. (Luzern.)


19. Stêr (Stern) en Krützer open Hetz mache noch net Wiss us Schwarz. (Aachen.) – Firmenich, III, 233.


20. Sterne, die Gott hält, schieben nicht.


21. Sterne gläntzen, ob sie schon schwartze wolcken decken.Lehmann, 301, 18.

Lat.: Bonus vir non laeditur malis sermonibus. (Lehmann, 301, 18.)


22. Sterne leuchten wol, wärmen aber nicht.


23. Was können die Sterne dafür, dass sie mit Wolken bedeckt sind.

Böhm.: Kdo na kvĕzdy laje, tomu zuby vypadaji. (Čelakovsky, 324.)

Ill.: Ko na zvĕzde laje, izpast će mu zubi. (Čelakovsky, 324.)


24. Wem alle Sterne gram sind, den wird der Mond nicht lieb haben.Körte, 5736; Simrock, 9887.


25. Wenn das ein Stern ist erster Grösse, dann ist's der grosse Bär.


26. Wenn die Sterne ein Concert spielen, so muss einer sein, der den Chor regiert und die Melodie ersann.Sailer, 135.

Sailer bemerkt zu diesem Sprichwort: »Wie die Nation in ihrer Bildung fortschreitet, so werden auch die Sprichwörter als ein Spiegel der Bildung, wie an Inhalt tiefer, so am Gepräge feiner. Aber dann sind sie auch weniger Sprichwörter des ungebildeten Volks als Sprichwörter der gebildeten einzelnen.«


[840] 27. Wenn man einen Stern1 fallen sieht, so hat man Glück.Steiger, Sitten, I, 27.

1) Sternschnuppe schiessen sieht.


28. Wenn tausend Sterne von der Decke des Himmels fielen, würde Allah zehntausend neue anheften. (Aegypten.)


29. Wer nach einem Stern sieht, löscht die Lichter aus.


30. Wer seinen Stern zählt, auf den fällt er nieder und verbrennt ihn.

Beruht auf einem oberösterreichischem Volksglauben. »Wenn du nachts gehst und das Firmament anschauest, sollst du ja nicht die Sterne zählen; denn jeder Mensch hat seinen Stern, und wenn du zufällig deinen mitzählst, so bist du todt.« (Baumgarten, 10.)


*31. An Ste'n treiben.Baumgarten, 14.

»Vielleicht von den Sternsingern herrührend«, bemerkt Baumgarten.


*32. Das wollte sein guter Stern.


*33. Die Sterne des Himmels zählen.

Von vergeblicher, überflüssiger Arbeit.

Mhd.: Der die sterne hât gezalt. (Parzival.)

Lat.: Stellas numerare. (Bovill, I, 2.)


*34. Er hat es in den Sternen gelesen.Braun, I, 4284.


*35. Er hat keinen guten Stern am Himmel.

Dän.: Har ingen god stierne paa himmelen. – Her er en stor formørkelse ondt veyr, mørk skye for haande. (Prov. dan., 181.)


*36. Er hat nicht vil stern.Aventin, LXXXVIb.


*37. Er ist unter keinem guten Stern geboren.


*38. Er liess ihn die Sterne am hellen Tage sehen.Burckhardt, 86.

Von denen, die aus argem Geiz ihre Leute so hungern lassen, dass sie ganz kraftlos werden und ihren Augen daher jeder Gegenstand als schwarz erscheint.

*39. Er will Sterne an den Himmel setzen.Eiselein, 579.

Holz (s.d.) in den Wald, Wasser (s.d.) in den Rhein, ins Meer tragen.


*40. Es ist ein guter Stern ihm günstig.

Die Sache, das Unternehmen nimmt einen günstigen Verlauf.


*41. Es ist ein Stern erster Grösse.

Hervorragend in seinem Beruf.

Holl.: Het is eene ster van de eerste grootte. (Harrebomée, II, 305a.)


*42. Ihn treibt sein guter (oder böser) Stern. Neithard, Die beiden Gemsjäger.


*43. Länger de Steren tellen as up den Bodden kiken. (Wolfenbüttel.)

Man kann länger die Sterne zählen als auf den Boden gucken, um zu sagen, die Frau halte den Beischlaf länger aus als der Mann.


*44. Mein Stern ist noch nicht aufgegangen.


*45. Potz (zum) Stern!

»Es mag befremden«, sagt Cholevius (12), den Stern, diese liebliche Erscheinung, unter den Sinnbildern und Vertretern des Teufels (s. Henker, Kukuk, Tausend, und Velten) zu finden. Es ist jedoch ohne Zweifel Lucifer, der gefallene Lichtgeist, gemeint. In Gebrauch tritt zuerst wieder der Ausruf der Verwunderung und Ueberraschung hervor. In Sophiens Reisen finden sich folgende Beläge: »Potz Stern, wie stachen mir die schönen Finger in die Augen (1, 601). Potz Stern, ein harter Gulden (4, 359). Potz Stern, wie riecht das schön« (4, 650). Zuweilen wird damit auch eine unwillige Abweisung ausgedrückt, als: »Ei zum Stern, mein (2, 284). Zum Stern, die vermaledeiten Robinsons (4, 125). Wo, zum Stern, kommt der Kerl her.« (4, 70). Sogar mit einer Steigerung wird der Ausdruck gefunden, als: »Wer zum Fixstern« (6, 326).


*46. Sein Stern erbleicht.

Als Vasco de Gama den Seeweg nach Ostindien aufgefunden hatte, erbleichten Genuas und Venedigs Sterne. (Meyer, Universum, V, 62.)


*47. Sein Stern ist untergegangen.Braun, I, 4285.


*48. Stern an Himmel heften.Eyering, III, 317.


*49. Tausend Stern, wie staunt die Kuh über das ne ue Stadtthor.Mayer, II, 191.


*50. Zum finstern Stern wallfahrten.

»Wie der gemeine Mann redet.« (Mathesius, Sarepta, II, 3.)

Lat.: Ad finis terrae.


[Zusätze und Ergänzungen]

51. Die stern vnd kreuter sein grosser krafft, noch ist in worten die meiste macht. (S. Stein 134.)

Lat.: Stellis ac herbis uis est, sed maxima uerbis. (Loci comm., 182.)


52. Die Sterne scheinen fort, wenn auch der Hund sie anbellt.

Böhm.: Bůh neslyší, když pes na hvĕzdy laje. (Čelakovsky, 15.)


53. Wenn die Sterne vor heiligen drei Königen glänzen, gerathen die weissen Lämmer. Prager Kalender, 1877.


*54. Das hat kein stern nit.Aventin, LXXIIIa.

Kein Glück.


*55. Er schlägt die Sterne vom Himmel. (Würtemberg.)


*56. Sieh nicht zu streng (starr) in die Sterne. Harssdörffer, 505.

D.i. mach dich nicht gemein mit grossen Herren.


*57. Stern singen.

Am Dreikönigstage ziehen die heiligen Dreikönige herum, von der Geburt des Erlösers singend.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876.
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