Reptilĭen

[813] Reptilĭen (Reptilia, »Kriechtiere«), früher allgemein mit den Amphibien vereinigte und als R. oder Amphibien bezeichnete Klasse der Wirbeltiere, mit Charakteren, die sie in nahe Verbindung mit den Vögeln bringen, dagegen von den Fischen und Amphibien scharf trennen. Solche Kennzeichen sind die Atmung ausschließlich durch Lungen, die Drehung des Kopfes auf der Wirbelsäule mittels nur eines Gelenkhöckers (wie bei den Vögeln, während Amphibien und Säugetiere zwei Höcker haben), die Entwickelung im Ei unter Auftreten von Embryonalhäuten (Allantois und Amnion) etc. Wegen dieser gemeinsamen Merkmale vereinigt man die R. und Vögel häufig zu der Gruppe der Sauropsiden. Allen R. gemeinsam ist die Beschuppung der Haut. In der äußern Gestalt haben sie dagegen wenig Gemeinsames. Von den wurmförmigen Blindschleichen und Schlangen führen die mannigfachsten Formen zu den vierfüßigen Eidechsen, den Flugeidechsen der Vorzeit und zu den Schildkröten. Mit Ausnahme der letztern ist bei allen R. der Leib langgestreckt, entweder ganz fußlos (Schlangen) oder mit zwei oder vier Gliedmaßen versehen, die häufig nur als Stützen und Nachschieber des mit der Bauchfläche auf dem Boden dahingleitenden Körpers wirken. Immerhin gibt es zahlreiche laufende, kletternde und grabende R.; viele schwimmen und tauchen geschickt, und in der Vorwelt gab es fliegende R. Die Haut ist derb und fest, die allgemein vorkommenden Schuppen und Schilder sind Erhebungen der Lederhaut und entweder durch weichere Zwischenräume voneinander getrennt oder wie Dachziegel übereinander gelegt. Über die Schuppen hinweg zieht die oft verhornte Oberhaut, die bei den Schlangen und vielen Eidechsen periodisch (bei den heimischen Formen allmonatlich) abgestreift wird (Häutung). Bei den Schildkröten liegen in der Rücken- und Bauchhaut Knochenplatten, die zusammen mit den Knochen des Skeletts einen knöchernen Panzer bilden; in diesen können sich Hals, Kopf, Schwanz und Beine zurückziehen. Oft sind auch noch die Knochenschilder von Hornschildern (Schildpatt) überdeckt. Auch bei den Krokodilen finden sich Knochenplatten. Die Färbung der Haut rührt von Pigmenten her, die den Tieren einen Farbenwechsel gestatten (s. Chromatophoren), was besonders für das Chamäleon erwähnenswert ist. Drüsen kommen vor allem bei Eidechsen an der Innenseite des Oberschenkels und in der Nähe des Afters, bei den Krokodilen neben dem After und an den Seiten der Unterkieferäste, auch bei den Schildkröten vor, und oft sondern sie ein nach Moschus riechendes Sekret ab. Das Skelett ist fast gänzlich knöchern, steht also auf einer höhern Stufe als das der Amphibien, bei denen es viele knorpelige Teile aufweist. An der Wirbelsäule treten bereits Hals-, Brust-, Lenden-, Becken- und Schwanzteil schärfer hervor. Die Wirbelkörper sind bei den fossilen R. noch bi konkav, wie bei den Fischen, sonst aber in der Regel vorn mit einer Gelenkpfanne, hinten mit einem Gelenkkopf versehen. Rippen finden sich fast allgemein und oft über die ganze Länge des Rumpfes verbreitet. Bei den Schlangen und schlangenähnlichen Eidechsen, denen ein Brustbein fehlt, sind falsche Rippen an allen Wirbeln des Rumpfes, mit Ausnahme des ersten Halswirbels, eingelenkt und zum Ersatz der fehlenden Beine zu sehr freien Bewegungen befähigt. Der Schädel ist bis auf wenige knorpelig bleibende Teile völlig verknöchert und hat in mancher Beziehung Ähnlichkeit mit dem der Vögel. Beine und die sie stützenden Knochenstücke (Schultergürtel und Becken) fehlen den meisten Schlangen vollständig, bei einigen (Riesenschlangen) finden sich in der Aftergegend Spuren von Hinterbeinen, die aber bis auf das nageltragende Endglied ganz unter der Haut versteckt bleiben. Bei den Eidechsen können sie gänzlich fehlen oder stummelförmig sein, sind jedoch meist gut ausgebildet und mit fünf Zehen versehen. Die letztern sind mitunter durch Schwimmhäute verbunden, oder es werden sogar die Beine selbst zu Ruderfüßen (Seeschildkröten). Zu Flugorganen waren die Vorderbeine bei den fossilen Pterosauriern (s. d.) umgebildet. Zur Unterstützung der Bewegung wird ausnahmsweise auch der Schwanz benutzt, wie bei einer Eidechse, Lygodactylus-Arten, bei denen er an der Unterseite der Schwanzspitze eine aus zahlreichen Platten gebildete und als Haftorgan beim Klettern dienende Saugplatte trägt.

Das Nervensystem erhebt sich entsprechend dem Fortschreiten der Intelligenz über das der Amphibien. Am Gehirn sind die Hemisphären ansehnlich groß und beginnen das Mittelhirn zu bedecken. Das kleine Gehirn zeigt eine von den Schlangen bis zu den Krododilen fortschreitende Entwickelung und erinnert bei den letztern an das der Vögel. Auch die Sinneswerkzeuge sind im allgemeinen seiner gebaut als bei den Amphibien. Bei Schlangen und andern R. fehlen die Augenlider und sind durch eine durchsichtige Kapsel ersetzt; bei den übrigen R. sind aber zwei vorhanden, und dann wird das untere über den Augapfel hin nach oben gezogen. Meist findet sich auch am innern Augenwinkel eine besondere Nickhaut. Die Pupille ist in der Regel rund, bei den Krokodilen stets eine senkrechte Spalte. Viele R. haben außer den Paaren Augen noch ein drittes, mehr oder weniger reduziertes sogen. Scheitelauge (s. d.), mit dem sie aber wohl kaum sehen können. Das Ohr hat eine nicht gewundene Schnecke, meist auch eine Paukenhöhle mit Eustachischer Röhre und Trommelfell. Als erste Anlage eines äußern Ohres kann eine Hautklappe über dem Trommelfell der Krokodile gelten. Die Nase ist besonders bei Schildkröten und Krokodilen gut entwickelt. Die Zunge dient bei zahlreichen Schlangen und Eidechsen zum Tasten, andern R. dagegen als Fangorgan und ist dann wohl kaum Träger des Geschmacksinnes; doch finden sich außerdem eigentümliche Sinneswerkzeuge bei Schlangen und Eidechsen in der Mundhöhle.

Da die R. fast sämtlich von tierischen Stoffen leben, so ist der Darmkanal bei fast allen gleich gebaut. Zahnlos sind nur die Schildkröten, haben dafür aber auf den Kiefern scharfe Hornschnäbel wie die Vögel. Die übrigen R. sind mehr oder weniger reichlich mit konischen oder hakenförmigen Zähnen versehen, welche die Beute festhalten, aber nicht zerkleinern können. Selten haben die Zähne gezähnelte Kronen sowie Faltungen des Schmelzes oder der Zahnsubstanz und sind auch nur bei den Krokodilen und den nächstverwandten R. in die Kiefer fest eingekeilt, sitzen dagegen in der Regel denselben nur auf. Auch noch auf andern Knochen der Mundhöhle können Zähne stehen. Bei den Giftschlangen werden bestimmte Zähne des Oberkiefers zu Giftzähnen (s. Schlangen). Die Zunge ist bei vielen Eidechsen breit und weich, bei andern hat sie an dem freien Ende Schuppen, bei Schlangen ist sie in zwei Hornspitzen ausgezogen und in einer Scheide[813] verborgen, aus der sie hervorgeschnellt werden kann. Bei den Krokodilen ist sie flach und kurz. Vorschnellbar ist sie auch beim Chamäleon (s. d.). Speicheldrüsen haben Eidechsen und Schlangen. Die Speiseröhre, im allgemeinen kürzer als die der Vögel, ist verhältnismäßig weit und kann bei den Schlangen zugleich mit Mund und Rachen außerordentlich erweitert werden. Der Magen ist bei den Krokodilen durch seine rundliche Form und die Stärke der Muskelwandung dem Vogelmagen ähnlich. Durch eine Pförtnerklappe ist er vom Darm geschieden. Der Dünndarm ist verhältnismäßig kurz; nur bei den pflanzenfressenden Landschildkröten übertrifft er die Körperlänge um das Sechs- bis Achtfache. Der weite Enddarm beginnt in der Regel mit einer ringförmigen Klappe, oft auch mit einem Blinddarm und führt in die Kloake, die mit runder Öffnung oder (bei Schlangen und Eidechsen) als Querspalte unter der Schwanzwurzel mündet.

Die Atmung besorgen stets, auch im jugendlichen Alter, Lungen, die als lange, geräumige Säcke mit maschigen Vorsprüngen der Wandung oder mit weiten, schwammigen Hohlräumen meist sehr weit nach hinten reichen. Bei den Schlangen und schlangenartigen Eidechsen verkümmert oft die Lunge der einen Seite, während die der andern Seite sich um so mächtiger entwickelt. Allen R., mit Ausnahme der Geckonen und Chamäleontiden, fehlt die Stimme. Der Kreislauf des Blutes weicht dadurch wesentlich von dem der Vögel und der Säugetiere ab, daß in den Gefäßen der R. zum Teil gemischtes Blut fließt. Die Vorkammern des Herzens sind zwar völlig getrennt, die Kammern dagegen gewöhnlich durch eine weite Öffnung in der Scheidewand miteinander verbunden und nur bei den Krokodilen ganz selbständig. Die R. gehören zu den wechselwarmen Tieren, den sogen. Kaltblütern, denn die Körpertemperatur erhebt sich infolge langsamer Atmung nur wenig über die der Umgebung. Die Nieren liegen hinten in der Leibeshöhle zu beiden Seiten der Wirbelsäule; die Harnleiter münden stets in die Kloake, doch sammelt sich von dieser aus bei den meisten Eidechsen und Schildkröten der Harn noch in einer besondern Harnblase an. Die Schlangen scheiden festen, an Harnsäure ungemein reichen Harn aus. Die Geschlechtsteile stimmen am meisten mit denen der Vögel überein. Die Geschlechter sind getrennt, und Begattungsorgane sind vorhanden. Äußere Geschlechtsunterschiede kommen bei einigen Eidechsen in der Form von Hautkämmen vor. Die Eier werden durch Begattung im Körper der Mutter befruchtet. Hoden und Eierstöcke sind paare Organe von einfachem Bau. Die Eier erhalten in einem besondern Abschnitt des Eileiters eine häutige oder verkalkte Schale und werden dann meist nach außen abgelegt; doch gebären Schlangen und Eidechsen auch lebendige Junge. In der Regel vergraben die Weibchen die Eier in feuchter Erde an warmen Plätzen, ohne sich weiter um das Schicksal der Brut zu kümmern; nur bei den Riesenschlangen hat man Brutpflege beobachtet. Die Entwickelung trennt die R. ganz besonders von den Amphibien und schließt sie den Vögeln an; charakteristisch ist in dieser Hinsicht vor allem das Auftreten der den Embryo umschließenden Schafhaut (Amnion) und des Harnsackes (Allantois), nicht minder aber auch der Ausfall der Kiemenatmung während der Jugendstadien sowie der Mangel einer Metamorphose. Bei den Schlangen und Eidechsen öffnen die Embryonen die Eischale mit einem zahnartigen Fortsatz am Zwischenkiefer, wie dies auch die Jungen der Vögel tun.

Bei weitem die meisten R. sind Landbewohner und lieben bald mehr feuchte Plätze, bald das trockne Land, selbst die Wüste; manche klettern geschickt und leben ganz auf Bäumen. Auch die im Wasser lebenden (wie die Seeschildkröten und einige andre Schwimmer) kommen, wenn sie nicht lebendige Junge gebären, wohl alle aus Land, um ihre Eier abzusetzen. Ihr Wachstum ist außerordentlich langsam und dauert, wie es scheint, zeitlebens fort; auch die Geschlechtsreife tritt erst spät ein. Sie erreichen ein hohes Alter, haben ein überaus zähes Leben, können lange ohne Nahrung auch bei beschränkter Atmung existieren und, obgleich in geringerm Grad als die Amphibien, verstümmelte oder verloren gegangene Körperteile wieder ersetzen. Viele von den in gemäßigten Klimaten wohnenden R. verfallen zu Beginn des Winters in eine dem Winterschlaf ähnliche Erstarrung, aus der sie erst mit der wiederkehrenden Wärme erwachen. Umgekehrt halten manche Formen der Tropen einen Sommerschlaf und erwachen mit dem Eintritte der Regenzeit. Fast alle R., mit Ausnahme einiger Schildkröten und Eidechsen, sind Fleischfresser; die kleinern Formen nähren sich großenteils von Insekten, die größern dagegen von Wirbeltieren und zum Teil Warmblütern; viele finden ihren Lebensunterhalt besonders im Wasser und bevölkern die Lagunen und Mündungen größerer Ströme. Das psychische Leben der R. erhebt sich im ganzen nur wenig über das der Amphibien. Lebhaft und beweglich werden sie hauptsächlich beim Hunger, den z. B. viele Schlangen nur selten, aber dann gleich für lange Zeit stillen. Man kennt etwa 3000 Arten R., darunter 500 fossile.

Geographische Verbreitung der Reptilien.

(Hierzu Karte: »Verbreitung der Reptilien, Amphibien, Fische«.)

Da die ganze Klasse der R. wärmeres Klima bevorzugt, fällt ihr Hauptverbreitungsgebiet in die Tropen und Subtropen, auf der nördlichen Halbkugel ist der 60.° nördl. Br. die Nordgrenze der Verbreitung, die aber in Europa nur die Kreuzotter und die Bergeidechse erreichen. Auf der südlichen Halbkugel finden sich R. aber auch nur in wenigen Arten, bis zur Südspitze von Feuerland und bei Neuseeland. Einen scharfen Unterschied in der Verteilung der R. zeigen Alte und Neue Welt, indem eine ganze Anzahl von Familien auf die eine oder andre der beiden Hemisphären beschränkt ist, wobei zum Teil verwandte Familien sich gegenseitig vertreten, wie z. B. die altweltlichen Agamen und neuweltlichen Iguanen. In der Verbreitung der einzelnen Ordnungen der R. machen sich große Verschiedenheiten geltend. Die Schildkröten sind fast universell verbreitet, wenngleich die einzelnen Familien eine begrenztere Verbreitung haben; besonders reich vertreten sind die Schildkröten in der äthiopischen und orientalischen Region sowie in Nord- und Südamerika. In Australien leben nur Lurchschildkröten. Auf kleinen Inseln, wie den Maskarenen und Galapagosinseln, finden sich riesige Schildkröten, die früher sehr zahlreich waren, aber immer mehr ausgerottet werden. Die Seeschildkröten sind über die wärmern Teile aller Ozeane verbreitet. Die Ordnung der Krokodile gehört vorwiegend der heißen Zone an. Die Alligatoren oder Kaimans (Alligator) sind vorzugsweise amerikanisch, doch kommt eine Art auch in Yangtsekiang in China vor; auf die orientalische Region beschränkt ist die Gattung Gavial (Gavialis). während die Gattung Krokodil (Crocodilus) sowohl der östlichen Halbkugel (Afrika, orientalische Region, Nordküste Australiens) als auch der westlichen (Amerika und Westindien) angehört. Von der reichen Ordnung[814] der Echsen sind zwei Familien absolut kosmopolitisch, soweit es sich um wärmere Gegenden handelt, nämlich die Geckos und die Skinke; wie die Mäuse und Ratten werden besonders die lichtscheuen insektenfressenden Geckos sehr viel durch Schiffe verschleppt und sind bis auf die kleinsten Inseln des Großen Ozeans gelangt. Von den übrigen Familien gehören mehrere ausschließlich der Alten, andre ausschließlich der Neuen Welt an. Zu erstern gehört die Familie der eigentlichen Eidechsen (Lacertiden), die Europa, Asien und dem kontinentalen Afrika zukommt, Madagaskar und Australien aber fehlt; in Amerika wird sie ersetzt durch die Tejiden. Die entsprechende Verbreitung wie Eidechsen und Tejiden haben die Agamen und Iguanen. Altweltlich sind ferner die Waranen, die bis Australien gehen, und die Chamäleoniden, die der äthiopischen und orientalischen Region, in einer Art auch Südeuropa angehören, deren Verbreitungszentrum in Madagaskar liegt. Der Alten wie Neuen Welt gehören gemeinschaftlich an die Blindschleichen (Aguidae) und die in der Erde wühlenden Amphisbänen (Amphisbaenidae). Von beschränkterer Verbreitung sind andre Familien, so die Krustenechsen Mexikos, die Helodermiden, die einzigen giftigen Eidechsen. Ganz isoliert steht in der heutigen Lebewelt die Ordnung der Rhynchokephalen, die nur durch die einzig auf Neuseeland sich findende Kammeidechse (Hatteria) repräsentiert wird. Die Ordnung der Schlangen hat eine ähnliche Verbreitung wie die der Eidechsen, fehlt jedoch Neuseeland und vielen Inseln; die Alte Welt ist weit reicher an Familien als die Neue; eine Reihe Familien ist der Alten wie der Neuen Welt gemeinsam, und wie bei den Eidechsen, so vikarieren verwandte Familien: die neuweltlichen Riesenschlangen (Boa) vertreten die altweltlichen Abgottschlangen (Python). Von Giftschlangen sind nur altweltlich die Vipern, in beiden Hemisphären heimisch die Grubenottern. Sehr verbreitet sind die Nattern. Die Seeschlangen finden sich in tropischen Teilen des Stillen und des Indischen Ozeans, fehlen aber völlig im Atlantischen Ozean.

Geschichte und Einteilung.

Die ältesten R. erscheinen in der paläozoischen Zeit im Rotliegenden und Kupferschiefer und waren Landtiere, die eine gewisse Übereinstimmung mit der noch jetzt auf Neuseeland lebenden Hatteria zeigen; sie gehören zu den Rhynchokephalen (s. unten). In der mesozoischen Zeit erlangten dann die R. eine weit stärkere Verbreitung, besonders im Trias und Jura. Damals lebten hauptsächlich Eidechsen und verschiedene größere, seither ausgestorbene Gruppen, so die Ichthyosaurier, Enaliosaurier, Dinosaurier etc., von denen viele eine kolossale Größe (bis zu 25 m) erreichten. Auch die nach Art der Fledermäuse sich bewegenden Pterosaurier sind auf jene Zeit beschränkt. Eidechsen, den heutigen Formen naheverwandt, treten erst in den obersten Schichten des Jura auf und nehmen von da ab an Menge zu. Schlangen beginnen im Tertiär, echte Krokodile in der Kreide, Schildkröten vereinzelt im Keuper, häufiger erst im Jura und im Tertiär. Unsre Kenntnis von den fossilen R. ist jedoch, trotzdem viele zum Teil abenteuerliche Gestalten beschrieben worden sind, noch sehr unvollständig, namentlich mit Bezug auf die Verwandtschaft der einzelnen Gruppen zueinander und zu andern Wirbeltieren, obwohl die Funde in Nordamerika (vgl. Dinosaurier) neuerdings manche Kluft überbrückt haben. Die Klassifikation der R. ist daher zurzeit noch mehr provisorisch. Man unterscheidet folgende zum Teil ganz isoliert dastehende Ordnungen:


1) Enaliosaurier oder Seedrachen mit den Unterordnungen der Sauropterygier und Ichthyopterygier, seit dem Ende der Sekundärzeit ausgestorben (s. Enaliosaurier).

2) Plakodonten (Placodontia), aus der Trias von Mitteleuropa, mit Mahl- und Schneidezähnen in den Kiefern und Gaumenbeinen, im übrigen wenig bekannt (s. Placodus auf Tafel »Triasformation II«, Fig. 4), früher zu den Fischen gerechnet.

3) Pterosaurier oder Flugeidechsen, eine gleichfalls isolierte Gruppe, die von der Lias bis zur Kreide reicht (s. Pterosaurier).

4) Theriodonten (Theriodontia), aus der Trias vom Kap der Guten Hoffnung und Nordamerika sowie aus dem Perm von Rußland, mit Zähnen ähnlich denen der Säugetiere. Hierher Lycosaurus, Galesaurus etc.

5) Anomodonten (Anomodontia), aus triassischen und andern Schichten von Südafrika, Südasien und Rußland, vielleicht die Stammeltern der Schildkröten; Tiere mit bikonkaven (Fisch-) Wirbeln, Gehfüßen und einem starken Schnabel ohne Zähne oder mit einem Paar mächtiger Stoßzähne im Oberkiefer. Lebten wahrscheinlich im Süßwasser oder auf dem Lande. Hierher Dicynodon etc.

6) Krokodile, von der Lias bis zur Gegenwart, im Wasser lebende R. mit langem Ruderschwanz und knöchernen Hautschilden (s. Krokodile).

7) Rhynchokephalen (Rhynchocephalia), früher zu den Leguanen gerechnet, mit dem einzigen lebenden Vertreter Hatteria punctatus, der Kammeidechse von Neuseeland, ausgezeichnet durch Fischwirbel und andre Eigentümlichkeiten des Baues. Hierher gehörige Versteinerungen aus ältern Schichten bis zum Eocän sind in Europa, Südafrika, Brasilien, Ostindien gefunden worden; so z. B. Proterosaurus, Rhynchosaurus, Palaeohatteria, Telerpeton.

8) Pythomorphen oder Mosasaurier (Mosasaurii) oder Maaseidechsen, aus der Kreide und dem Jura, von manchen Forschern als Vorfahren der Schlangen, von andern als schwimmende Eidechsen angesehen (s. Pythomorphen).

9) Eidechsen oder Saurier, vom Jura an bis zur Gegenwart, auf dem Land lebende, beschuppte R., in der Regel mit vier Beinen (s. Eidechsen).

10) Schlangen oder Ophidier, vom Eocän bis zur Gegenwart, beschuppte R. ohne Beine, meist Landbewohner (s. Schlangen).

11) Schildkröten oder Chelonier, vom Keuper ab bekannt, R. mit eigentümlichem Panzer, der Rücken und Bauch bedeckt, und mit zahnlosen Kiefern (s. Schildkröten).

12) Dinosaurier oder Lindwürmer, von der Trias bis zur Kreide, ausgestorbene, riesengroße R. (s. Dinosaurier).


Vgl. Laurentius, Synopsis reptilium emendata (Wien 1768); Daudien, Histoire générale et particulière des Reptiles (Par. 1802–04, 8 Bde.); Oppel, Ordnungen, Familien und Gattungen der R. (Münch. 1811); Schlegel, Abbildungen neuer oder unvollständig bekannter Amphibien (Düsseld. 1837–44,5 Dekaden); Holbrook, North-American Herpetology (Philad. 1836–43, 5 Bde.); Günther, The Reptiles of British India (Lond. 1864); Hoffmann, Die R. (Bd. 6 von Bronns »Klassen und Ordnungen des Tierreichs«, Leipz. 1879–90, 3 Tle.). Vgl. auch die Literatur bei Art. »Amphibien«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 813-815.
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