[847] Persien, 1) P. im weitern Sinne, das Persische Reich, Persia, bei den Persern selbst Eeriem, Erieman, das j. Iran. Das Reich der Perser umfaßte in seiner glänzendsten Periode die sämmtlichen Länder zwischen dem Persischen Meerbusen, der Arabischen Wüste, dem Mittel- u. Schwarzen Meere, von welchem eine Linie, schief hinüber bis an den Kaspischen See laufend, die Grenze bildete; von der andern Seite desselben lief die Grenze vom Einfluß des Oxos in das Kaspische Meer, schief nach dem Araxes hinauf, wendete sich an demselben aufwärts nach den Quellen des Indos u. lief dann auf dessen rechtem Thalrand fort bis zum Meere. Seine Bestandtheile waren: A) Ariana, hatte zu Grenzen in Osten den Indos (bis zu seiner Mündung), in Norden den Paropamisos u. Zweige des Antitauros, in Westen den Tauros u. Antitauros u. in Süden den Persischen Busen u. den Indischen Ocean; es begriff die Landschaft: Gedrosia, Drangiana, Arachosia, Paropamisos, Aria, Parthia u. Karmania; B) die nördlichen Provinzen jenseit des Paropamisos u. Antitauros waren: Baktriana, Sogdiana, Margiana u. Hyrkania; C) die westlichen Provinzen: Persis, Susiana, Media, Kleinarmenien, Assyria, Babylonia, Mesopotamia, Syria nebst Phönicia u. Palästina; D) die Halbinsel von Vorderasien. Es enthielt 10 Satrapien, von denen die drei westlichsten, Lydia, Mysia u. Karia, so wie die mittlern, Phrygia u. Kappadokia, ganz, die südliche u. nördliche nur zum Theil u. ungewiß der persischen Herrschaft unterworfen waren; Ägypten, auch wohl ganz od. theilweise Arabien, s.d.a. 2) (Im engsten Sinne Persis, Persike, Pars, Fars, Farsistan, bei den Hebräern Elam), Provinz des Persischen Reiches, der Ursitz der Perser, von welchem aus das Persische Reich gegründet wurde; wurde begrenzt in Osten von Karmania, in Norden gegen Media u. Parthia von der Karmanischen Wüste, dem Parachoathras u. dem Tauros, in Westen von Susiana u. in Süden von dem Persischen Meerbusen; Gebirge: Zweige des Parachoathras; Flüsse: Araxes, nebst Medos, Kyros, Bagrada, Areon, Sitakos, Padargos, Granis, Brizana, Arosis; der südlichste Theil des Landes, die Küste am Persischen Meerbusen, war eine sandige Ebene, durch Hitze u. Dürre u. giftige Winde, welche aus den Wüsten von Kerman herwehten, fast unbewohnbar; in der Mitte war P. gemäßigt heiß, wasserreich u. fruchtbar an Kräutern u. Bäumen. Der nördliche Theil war gebirgig u. wenngleich es einzelne fruchtbare Länder einschloß, doch im Ganzen nur für Hirten u. Nomaden (Parätakener u. Kossäer) bewohnbar. Einzelne Districte waren: Parätakene, Temisdia, Trokene;[847] die beiden wichtigsten Städte: Persepolis u. Pasárgada. 3) (m. Geogr.), in der ersten Periode der neuen Geschichte das Land zwischen Ostindien, dem Indischen Meere, dem Persischen Meerbusen, der Asiatischen Türkei, Armenien, den Kaukasusländern, dem Kaspischen Meer u. dem Turanischen Tiefland, ein ungeheures Plateau von 45,000 QM. mit etwa 2025 Mill. Ew., welches, durch Kriege neurer Zeit zersplittert in die Staaten Afghanistan, Beludschistan (zusammen Ostpersien) u. Iran (Westpersien) getheilt wird.
Zu der Zeit, als Kyros sein Reich stiftete, theilten sich die Perser, d.h. die Bewohner von Persis (s. Persien 2) in 10 Stämme: drei edle, die Pasargaden, Maraphier u. Maspier; drei Ackerbau treibende, die Panthialäer, Derusiäer u. Germanier, u. vier nomadische, die Daer, Marder, Dropiker u. Sagardier. Unter den Edeln, zu welchen später die aus Medien nach P. verpflanzten Magier kamen, war der Stamm der Pasargaden der vornehmste, u. unter diesen wieder die Familie der Achämeniden, aus welcher die Könige stammten. Mit der Zeit bildete sich seit Kyros dem Großen durch Eroberung von Persis aus das große Persische Reich. Kyros ließ in den eroberten Ländern Truppen zurück, um dieselben in Unterwürfigkeit zu erhalten; mit ihnen königliche Einnehmer, um die Tribute in Empfang zu nehmen, in den mächtigern Städten lagen Besatzungen; Völker, von denen man Auflehnungen befürchtete, wurden nach andern Gegenden verpflanzt. Allmälig nahmen die Sieger Sitten u. Gebräuche der Besiegten an, bes. der Meder, u. namentlich war die ganze Hofeinrichtung medisch. Darios I. wurde der Schöpfer der innern Organisation des Reiches; ein Hauptschritt dazu war die Eintheilung in Satrapien. Der König war Eigenthümer von Land u. Leuten, sein Wille Gesetz, gegen ihn alle Übrigen Sklaven. Die Weihe der Könige geschah seit Kyros zu Pasargada durch die Magier; sie bestand u.a. darin, daß der neue König mit einem Gewande des Kyros angethan wurde u. geweihte Speise u. Trank genoß. Der Hof des Königs bestand aus Hofbedienten u. einer zahlreichen Garde, meist Reiterei. Alles, was zum Hofe gehörte, wurde von der Tafel des Königs gespeist (täglich 15,000 Menschen). Die rechtmäßigen Gemahlinnen wurden gewöhnlich aus dem Stamm der Achämeniden genommen. Die Residenz wechselte nach Verschiedenheit der Jahreszeit, im Frühlinge war sie Ekbatana, im Sommer Susa, im Herbst u. Winter Babylon; als vierte Residenz kam zuletzt noch Persepolis dazu. Bei den Hauptstädten gab es Luftschlösser u. neben diesen große Parke (Paradise), denn das Hauptvergnügen der Könige bildete die Jagd. Der königliche Palast führte auch bei den Persern schon den Namen der Pforte. Die Könige hielten sich im Innern eingeschlossen; die strengste Etikette erschwerte den Zutritt; wer sich ihnen nahte, mußte sich auf die Erde niederwerfen. Die Erbfolge sollte zwar der erste Sohn haben, aber der König konnte auch einen andern wählen, u. dabei war der Einfluß der Königinnen sehr groß. Einen eigentlichen Staatsrath gab es nicht; öffentliche Geschäfte wurden im Innern des Serails verhandelt; dabei spielte der Eunuch als Minister eine wesentliche Rolle; nur in sehr wichtigen Fällen wurden auch die Satrapen, tributären Fürsten u. Feldherren zugezogen. Die Magier hatten als die Priester den größten Einfluß auf das Staatsleben. Sie machten den vornehmsten Theil des Hofes aus u. umgaben unmittelbar die Person des Königs; die Religion umfaßte auch die politischen Gesetze. Aus Magiern bestand auch das Collegium der königlichen Richter. Die persischen Gesetze bewiesen Menschlichkeit; wegen eines Verbrechens durfte Keiner zum Tode verurtheilt werden; Mörder wurden streng bestraft; auch einen Undankbaren konnte man vor Gericht belangen. Alles, was der König an Tributen bezog, bildete seine Privatkasse. Persis, als das Land des herrschenden Volkes, war allein von Tributen frei. Zu den Regalien des Königs gehörten auch noch die Einkünfte von den, Behufs der Bewässerung angelegten Kanälen u. Schleusenwerken, aus den Fischereien, die confiscirten Güter der Großen u. die freiwilligen Geschenke, welche insbesondere an seinem Geburtstage das ganze Reich schicken mußte. Belohnungen der Staatsbeamten geschahen durch Anweisungen auf Städte, ja ganze Landschaften, wovon sie die Einkünfte lebenslänglich genossen. Dagegen waren die Hofstellen u. die mit ihnen verknüpften Besitzungen erblich. In der innern Verwaltung der Provinzen war die Civilgewalt der Satrapen von der Militärgewalt getrennt, erst in der spätern Periode wurden Satrapen auch zugleich Befehlshaber der Truppen. Zu Satrapen nahm man gewöhnlich Prinzen aus der königlichen Familie, od. vermählte sie doch mit Prinzessinnen. Die Satrapen erhoben die Tribute u., sorgten für die Cultur des Landes. Der König stellte über die Befolgung der letztern Pflicht jährliche Untersuchungen an, u. jeder Perser konnte hier mit einer Klage über den Satrapen vor dem König erscheinen. Der Tribut wurde nach der Größe der Besitzungen eines Jeden regulirt u. bestand in Naturalien. Der Satrap bestritt davon seinen eigenen Aufwand, den Unterhalt der Truppen u. der Civilbedienten; das Übrige kam an den Hof. Bei jedem Satrapen befanden sich königliche Schreiber, welche ihm die Befehle des Königs einhändigten. Zur schnellen Communication mit dem Hofe waren reitende Eilboten (Angari) seit Kyros bestellt, deren Stationen immer eine Tagereise ausmachten. Alle Perser waren Krieger u. daher stets bewaffnet; eine Leibwache (die Unsterblichen, so genannt, weil die Zahl immer voll war u. auch im Kriege, wenn Einer fiel, sogleich ersetzt wurde) von 10,000 Personen umgab immer den König. Die Hauptstärke der Armee bestand in Reiterei; die leichte Reiterei stellten die nomadischen Völker, die persische Reiterei war gepanzert; die Infanterie war mit Speer od. mit Schild od. mit Bogen u. Pfeilen, auch mit Schleudern bewehrt. In. den Provinzen, bes. in den Grenzprovinzen, wurden stehende Corps unterhalten. Diese Truppen waren theils auf dem platten Lande vertheilt, theils lagen sie als Besatzungen in den Städten. Den Unterhalt bestritt die Provinz. Die Befehlshaber waren unmittelbar vom Könige abhängig, welcher auch jährliche Musterungen anstellte. Zu dem Ende war das Reich nach den Musterplätzen in militärische Cantons getheilt u. die Truppencorps darnach benannt. Die Besatzungen in den Städten gehörten nicht zu den militärischen Cantons, hatten ihre eigenen Befehlshaber u. brauchten bei den Musterungen nicht mit zu erscheinen. Beide Arten hießen königliche Truppen. Von ihnen waren die Haustruppen der Satrapen u. anderer Großen verschieden. Später nahm man fast durchgehends Miethstruppen, theils Griechen, theils aus den nomadischen[848] Reitervölkern der Süd- u. Ostseite des Kaspischen Meeres. Sold bekamen nur die griechischen Miethstruppen. Feldherrn waren meistens aus den Achämeniden od. doch mit ihnen durch Heirath verbunden. Wurde ein Krieg beschlossen, so geschahen allgemeine Aufgebote durch das ganze Reich, indem der König bestimmte, wie viel jedes Volk an Menschen, Pferden, Schiffen, Proviant etc. liefern sollte. Daher dauerten die Rüstungen zu einem solchen Kriege oft mehre Jahre. War Alles im Stande, so wurde eine allgemeine Musterung gehalten. Zur Proviantirung hatte man vorher schon in den Ländern, welche man durchzog, Getreide aufgehäuft, u. Schiffe mußten immer Lebensmittel nachführen. An der feindlichen Grenze erfolgte erst die Sonderung des Heeres nach den Nationen. Die Perser konnten mehre Frauen u. Beischläferinnen nehmen, selbst ihre Schwestern u. Töchter heirathen, u. den an Kindern Reichsten schickte der König jährlich Geschenke. Bis zum fünften Jahre waren die Kinder blos den Weibern überlassen; vom fünften bis zum zwanzigsten Jahre wurden die Knaben im Reiten, Bogenführen u. Wahrheitreden unterrichtet. Geld kannten die Perser erst seit der Eroberung Lydiens (vgl. Dareikos). Borgen wurde für schimpflich gehalten. Ihr wichtigstes Fest war eines Jeden Geburtstag. Über die Religion der Perser s. Parsismus.
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