[123] Rhodos, 1) (a. Geogr.), Insel des Karpathischen Meeres, 34 geogr. Meilen von der Küste Kariens. Der höchste Punkt der Insel war der Berg Atabyris (Atabyrios) mit Tempel des Zeus Atabyrios. Auf den drei Hauptküstenseiten (daher der Name Trinakria) lagen die Städte Lindos, Kamiros u. Ialysos, welche jedoch zu der Zeit des Peloponnesischen Krieges, da die Stadt R. erbaut wurde, ziemlich verödeten, außerdem Rhodos (s. unten 3) u. die Castelle Ixia u. Mnasyrion. Sie hatte ein gesundes Klima u. kein Tag verging, wo nicht die Sonne schien. R. war sehr fruchtbar an Holz (bes. zum Schiffsbau), Rosen, Wein, Feigen; es gab viele Hühner (Streithähne), das nahe Meer war reich an Fischen (bes. Stören), in der Mitte der Insel köstlichen Marmor u. feine Kreide; fabricirt wurden Schiffe, Waffen, Werkzeug, die berühmte Rhodische Salbe, Bleiweiß, Grünspan. Die Rhodier waren ernst, muthig, unternehmend, ausdauernd, freiheitsliebend, fest haltend an der Väter Sitte, begeistert für Wissenschaften u. Künste, geschickt als Waffenschmiede, Baumeister, bes. in dem Schiffsbau; die rhodischen Schiffe übertrafen an Schnelligkeit u. Leichtigkeit alle anderen (noch jetzt bauen Rhodier die türkischen Kriegsschiffe). Münzen mit dem Kopfe des Helios, auf dem Revers stets eine Rose u. die Umschrift ΡΟΔΙΟΝ. Die Hauptgottheit war Helios; 2) (n. Geogr.), noch jetzt heißt die Insel R., auf der Grenze des Mittel- u. Ägäischen Meeres; sie ist die östlichste der Sporaden, bildet mit einigen benachbarten kleinen Inseln das Liwa R. des türkischen Ejalets Dschesairi, steht unter dem Kapudan Pascha u. wird von einem Pascha verwaltet; hat 21 QM., das herrlichste Klima des Mittelmeeres, hinreichende Bewässerung, viele Waldungen, namentlich Fichtenwälder, welche für die Bewohner, so wie für auswärtige Schiffswerfte den Holzbedarf liefern, fruchtbaren u. gut angebauten Boden, mit reichlichem Gewinn von Getreide, Wein, Öl, Südfrüchten, Wachs, Honig; hat über 30,000 Ew., meist Griechen (21,000, außer Türken u. Juden), welche bes. Handel treiben. Außer der Hauptstadt R. gibt es auf der Insel noch 44 Dörfer, jedoch mit schwacher Bevölkerung. 3) Hauptstadt der Insel, im Nordosten derselben, gegründet 408 v. Chr., lag an der nordöstlichen Spitze u. war amphitheatralisch gebaut, durch frühen Seehandel reich, hatte ein Amphitheater, viele Tempel, darunter den prächtigen Tempel des Helios, u. Kunstschätze; in der Folge gab es besondere Rednerschulen zu R. (s.u. Rhetoren 2). Von R. aus wurden die meisten physisch-geographischen Beobachtungen angestellt, daher auch die Stadt der Sammelplatz vieler Gelehrten wurde; 2 Häfen, doch war nur der kleinere befestigt u. gewährte Sicherheit; an seinem Eingange stand der berühmte Koloß (s.d. 1), wovon die Rhodier auch Kolossäer genannt worden sein sollen. R. war die Vaterstadt des Philosophen Panätios, des Dichters Apollonios, des Rhetors Molo, des Malers Protogenes. Noch jetzt ist R. Hauptstadt der Insel u. befestigt, Sitz eines Paschas u. eines griechischen Erzbischofs; hat viele Moscheen, reinliche Straßen (Ritterstraße, an denen noch die Ritterkreuze u. Wappen der Rhodiserritter stehen), Arsenal, Schiffswerfte, 2 Häfen, ansehnlichen Handel, gegen 20,000 Ew., von denen aber die Christen nur in der Vorstadt Neomara, in welcher die Griechen eine neue Kirche besitzen, die Juden dagegen im Judenviertel, wohnen dürfen, wo sie seit Kurzem ebenfalls eine neue Synagoge haben Eine Stunde von der Stadt liegt das schöne Dorf Trianta, lauter Gärten u. Landhäuser, welche sich unter Ölbäumen, Terebinthen u. Eichen eine Stunde weit zu beiden Seiten der Straße hinziehen; die Häuser des Dorfes stammen zu einem großen Theile noch aus der Ritterzeit, sind aus behauenen Quadern erbaut u. mit Erkerthürmchen zur Vertheidigung versehen, an denen aber das große Erdbeben von 1856 beträchtlichen Schaden anrichtete.
Die Insel R. führte in der ältesten Zeit verschiedene Namen, R. bedeutet wahrscheinlich Roseninsel, weil die Griechen hier die Rosen zuerst kennen lernten. Nach der Mythe war Helios bei der Theilung der Erde unter die Götter vergessen worden, da stieg R. aus dem Meeresgrunde u. wurde nun Eigenthum des Gottes. Als Ureinwohner der Insel R. werden die mythischen Telchinen angegeben (daher der Name der Insel Telchinis); sie waren aus dem Grunde des Meeres aufgestiegen (über Cypern aus Kreta gekommen), bewandert in der Zauberkunst, verstanden aber auch Eisen u. Erz zu schmieden. Sie wanderten nachher in Folge einer Überschwemmung aus; einige zogen sich mit ihrer Schwester Rhodos auf einen Berg, wo Helios od. Apollo sie sah u. liebte. Aus den Umarmungen entstanden 7 Söhne, Heliadä, unter ihnen Ochimos (s.d.), welche die Insel nun bewohnten. Der älteste, Kerkaphos, hatte 3 Söhne, Lindos, Ialysos, Kamiros, welche jeder eine von sich benannte Stadt bauten u. sie beherrschten. Einst soll eine große Anzahl Schlangen (daher der Name der Insel Ophiusa, Schlangeninsel) eine große Verheerung unter den Bewohnern angerichtet haben, von welchen diese auf Apollos Geheiß durch den Thessalier Phorbas befreit wurden. Wahrscheinlich waren die ältesten Bewohner Karier, zu welchen später Phöniker u. Kreter u. auch eine Colonie äolischer Herakliden wanderte, nach der Sage, unter Tlepolemos u. Butes,[123] u. bemächtigten sich der Küstenstädte. In dem Trojanischen Kriege schlossen sich die Rhodier mit 9 Schiffen an die griechische Flotte. Nach dem Trojanischen Kriege kamen dorische Griechen aus Megara hierher u. blieben Herren der Insel. Der Argiver Althämenes bevölkerte die Städte Lindos, Kamiros u. Ialysos. Die dorischen Städte auf den nahen Inseln u. dem Festlande bildeten einen Sechsstädtebund, dessen Mittelpunkt der Tempel des Triopischen Apollo war. Die Rhodier, ein seefahrendes Volk, sendeten auch viele Colonien nach Westen aus, u.a. gründeten sie Gela auf Sicilien. Im Innern der Insel waltete die mächtige Dynastie der Eratiden, zu welchen der durch Weisheit u. Gerechtigkeit ausgezeichnete Diagoras u. Euagoras (s. b.) gehörten. Im Peloponnesischen Kriege standen sie gegen die Athener; diese aber vertrieben den Dorimos, Sohn des Diagoras II.; indeß riefen die Aristokraten 411 v. Chr. die peloponnesische Flotte herbei, u. Dorimos kehrte zurück, brachte das gährende Volk zur Ruhe u. vereinigte die drei Städte in einen Bund, welcher 408 die Stadt Rhodos anlegte, wohin die meisten Einwohner aus den 3 Städten zogen. Aber auch hier brachen die Kämpfe zwischen den Demokraten u. Aristokraten bald wieder aus, in denen die Demokraten siegten, aber eine gemäßigte Verfassung einführten, unter welcher R. blühend u. im Auslande geachtet wurde. Der Bund mit Athen wurde erneuert; als aber die Athener sich wieder übermüthig gegen die Rhodier benahmen, so fielen die Letzteren in dem Bundesgenossenkriege 358356 v. Chr. abermals von ihnen ab. Jetzt sank die Macht der Insulaner unter der Herrschaft einer rücksichtslosen Oligarchie, welche von den Herrschern Kariens unterstützt wurde, ja sie kamen bald in Krieg mit den Herren von Halikarnaß, wurden besiegt u. tributpflichtig. Alexander der Große legte auf seinem Zuge gegen Persien eine macedonische Besatzung in R. ein, welche aber nach Alexanders Tode wieder abzuziehen genöthigt wurde. Während der Streitigkeiten der macedonischen Feldherrn unter einander begünstigten die Rhodier den König Ptolemäos Lagi von Ägypten, deshalb forderte Antigonos von der Stadt Geißeln u. Aufnahme seiner Flotte in den Hafen. Da Beides abgeschlagen wurde, schickte Antigonos seinen Sohn Demetrios Poliorketes 304 nach R., um die Stadt zu belagern, welche jedoch die Belagerung so lange aushielt, bis Demetrios zufrieden mit Versicherungen der Neutralität abzog. Während der fortdauernden Kämpfe zwischen den Beherrschern von Syrien u. Ägypten hoben die Rhodier ihren Handel u. ihre Seemacht, denn Antigonos hatte durch Unglück seine Flotte verloren, Ägyptens folgende Könige vernachlässigten die ihrige. Sie hatten jetzt auch den gegenüberliegenden Theil Kariens besetzt u. führten mit Byzantium einen Krieg glücklich wegen des pontischen Handels. Von da an befestigte sich auch ihr Staatswesen, welches mehr aristokratisch als demokratisch war u. im ganzen Alterthum als musterhaft gerühmt wurde; namentlich galten ihre Gesetze rücksichtlich des Seewesens für die besten im Alterthum s. Rhodia lex). 232 v. Chr. verschüttete ein großes Erdbeben die Insel, wobei der Koloß umstürzte. Als die Römer zuerst in Asien erschienen, wurden sie von den Rhodiern begünstigt u. siegten durch sie über Philipp von Macedonien u. Antiochos von Syrien. Zum Lohn erhielten die Rhodier Karien u. Lykien. Da sie aber 168 v. Chr. übermüthig als Vermittler zwischen den Römern u. dem König Perseus auftreten wollten, nahmen ihnen die Römer, nach der Besiegung des Perseus, die Besitzungen in Kleinasien bis auf die Stadt Kaunos wieder. In den Mithridatischen Kriegen standen sie auf der Seite der Römer u. hielten eine kurze Belagerung ihrer Stadt durch die Pontier aus. Die Bürgerkriege nach Cäsars Tode vernichtete ihre Blüthe. C. Cassius, von einer Partei in die Stadt eingelassen, ließ einen Theil der Bürger ermorden u. plünderte die Stadt. Von Tiberius an stand R. unter Roms Herrschaft, regierte sich aber nach eigenen Gesetzen, aber auch diese Vergünstigung verlor es unter Vespasianus auf immer. R. war seit der neuen Eintheilung unter Constantin die Hauptstadt der zu einer Provinz vereinigten Küsteninseln u. theilte seitdem das Geschick des Römerreichs. 155 n. Chr. zerstörte ein Erdbeben von Neuem die Stadt R. Nach dem Verfall des Römischen Reiches kam R. 651 in die Hände des Khalifen Moawijah, wurde aber später von den Byzantinern zurückerobert. 1098 Seeschlacht bei R. zwischen Pisanern u. Venetianern, Letztere Sieger. 1379 nahmen die Venetianer auf der Höhe von R. eine Flotte der Genuesen. Die Genuesen nahmen R. den Byzantinern wieder ab, u. vergebens versuchte Vatakes durch Johannes Kantakuzenos sie 1249 ihnen wieder zu entreißen, es gelang später dem Theodoros Protosebastos. Bald machte sich aber der Gouverneur aus dem Hause Cualla unabhängig u. berief Sarazenen nach R., welche von da aus Seeräuberei trieben. Nachdem 1291 die Johanniter von den Sarazenen aus dem Heiligen Lande verdrängt worden waren, unternahmen sie sich der Insel R. zu bemächtigen, was ihnen auch am 15. Aug. 1310 durch Erstürmung der Stadt gelang, worauf sich die anderen festen Plätze der Insel ihnen ebenfalls ergaben. Seitdem setzten sich die Johanniter (nun Rhodiser genannt), auf R. fest, umgaben die Stadt mit starken Festungswerken u. organisirten auf der Insel einen Ritterstaat, dessen Anbau u. Handel sich bald zu hoher Blüthe erhob. Aber sie kamen nun in Kriege mit den Ungläubigen, in welchen sie 1454 fünf Jahre von den Ägyptiern u. 1480 von Mustapha belagert wurden (s.u. Johanniterorden). Am 24. Oct. 1522 ging die Insel nach tapferer Vertheidigung an Soliman II. verloren u. ist seitdem im Besitze der Türken geblieben. Von der früheren Anwesenheit der Ritter zeugt außer den zum Theil von Quadern erbauten sehr festen Häusern, namentlich die jetzt in eine Moschee verwandelte Hauptkirche der Ritter, dem St. Johannes geweiht, worin die Großmeister u. Ritter des Ordens begraben liegen. Von starken Erdbeben litt R. schon vielfach im Alterthume, wie bis in die neueste Zeit, zuletzt im März 1851 u. im Oct. 1856. Am 1. Nov. 1856 richtete die Explosion eines großen Pulverdepots in der Stadt bedeutenden Schaden an. Vgl. Meursius, Rhodus, Amst. 1675; Paulsen, Rhodus Macedonum aetate, Gött. 1818; Rost, Rhodos, Alt. 1823; Menge, Vorgeschichte von R., Köln 1827; Heffter, Abhandlung über die allgemeine Geographie der Insel R., Brandenb. 1827; Derselbe, Die Götterdienste auf R., Zerbst 182733; Rottiers, Description des monuments de Rhodes, Brüss. 1828; Roß, Reise nach Kos, Halikarnaß u. R., Halle 1852; Alb. Berg, Die Insel R., historisch, geographisch, archäologisch u. malerisch beschrieben, Braunschw., 1860ff.
Buchempfehlung
Die beiden Schwestern Julchen und Lottchen werden umworben, die eine von dem reichen Damis, die andere liebt den armen Siegmund. Eine vorgetäuschte Erbschaft stellt die Beziehungen auf die Probe und zeigt, dass Edelmut und Wahrheit nicht mit Adel und Religion zu tun haben.
68 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.
456 Seiten, 16.80 Euro