Traum

1. An Druum as an Drek, diar't liawt as an Gek. (Amrum.) – Haupt, 363, 198.


2. Auch im Traum fängt die Spinne Fliegen.Altmann VI, 452.


3. Auffen Traum ist nicht zu bauen.Grubb, 160.


4. De Drôm ist 'n Drogg, dat îs he alltid wäsen un is he noch.

Vgl. Goldschmidt, Ueber den Alp, im Deutschen Museum von Prutz, 1857, S. 649; Beispiele aus mittelhochdeutschen Schriftstellern von Bech in Pfeiffer's Germania, II, 179.


5. Der hat schwere Träume, der vor der Höllenpforte schläft.Winckler, XX, 90.


6. Der Traum eines Weisen ist mehr werth als das Wachen eines Narren.


7. Der Traum trügt, der Furz fliegt; wer ins Bett scheisst, der findet was.

Von den Vorzügen des Wirklichen vor trügerischen Traumbildern.


8. Die fettesten Träume machen nicht satt.

Engl.: Golden dreams make men awake hungry. (Bohn I, 88.)


9. Die Träume warnen oft.

Lat.: Qui observat in somnia similis est persequenti umbram. (Sutor, 584.)

Schwed.: Drömmer winna tankar. (Grubb, 160.)


10. Dröäme sint Föäme.Schambach, II, 373.

Träume sind Schäume, inhaltslos, bedeutungslos, nichtig.


11. E Traum is allemol e Freud'. (Luzern.)

Ist er angenehm, so freut man sich im Traume; ist er schwer, so freut man sich beim Erwachen, dass es nur ein Traum gewesen ist.

Dän.: Drømme sige een, om han er nod eller god. (Prov. dan., 123.)


[1293] 12. Ein böser Traum bringt Gutes.Schlechta, 371.


13. Ein guter Traum trifft nicht ein, aber der böse bringt Pein.


14. Ein Traum gewährt, was man wachend begehrt.


15. Ein Traum ist alles hier auf Erden.Tiroler Haussprüche, 31.

An einem Wirthshause zu Olrans. »Ja, glaubet mir, ihr meine lieben Brüder, ein leerer Traum ist unsers Lebens Lauf. Gesund und frisch legt ihr des Nachts euch nieder und mausetodt steht ihr des Morgens auf.« (Witzfunken, Ib, 170.)


16. Ein Traum ist ein Dreck; wer dran glaubt, ist ein Geck.Simrock, 10452; Körte, 6043; Körte2, 7583.

Mhd.: Swer sich an troume keret, der ist wol gunêret. (Iwein.) (Zingerle, 150.)


17. Ein Traum ist ein halber Prophet.

Jüdisch-deutsch in Warschau: A Cholem is a halber Nuwij (Prophet). Während die meisten andern Sprichwörter die Träume für Schaum und Trug erklären, räumt ihnen das vorstehende ein Körnchen Wahrheit ein, schreibt ihm sogar etwas Prophetengabe zu.


18. Ein Traum ist ein Trug, aber was man ins Bett macht, das findet man wieder.Simrock, 10454.


19. En Draum is en Drôg, wat man in 't Bette döet, dat find't man wedder. (Westf.) – Körte, 6042.

20. En Drom is 'n Drog.Eichwald, 371.


21. En Drôm is ên Drôg1, dat was he vorm Jare, dat is he ok nôch.Richey, 41; Schütze, I, 250; Körte, 6041; Diermissen, 270.

1) Schalk von dregen = trügen.


22. Es ist alles nur ein Traum.

Lat.: Somnia omnia. (Egeria, 284.)


23. Es ist nicht auf die Träume zu sehen.

Holl.: Men seit, droom en bediet niet.


24. Es seynd nit alle Träum in Wind zu schlagen.Chaos, 933, 3.

Aber wie sind die, welche man zu beherzigen hat, von denen, welche man in den Wind hinein schlagen kann, zu unterscheiden?


25. Es sindt die träum ietz so war, als vor 100. jarn.Franck, I, 87b; Lehmann, II, 625, 24; Petri, II, 550; Eiselein, 601; Simrock, 10451; Körte, 6039.

Bei Tunnicius (451): Drome sint so wâr, als se waren ever hundert jâr. (Somnia deludunt amimos de more vetusto.) »Treum sein so war in diesen jaren, als sie vor etlich hundert waren.« (Loci comm., 185.)

Dän.: Drømme er un saa vis som for hundrede aar. (Prov. dan., 123.)

Holl.: Droom is also waer, als hi was over hondert jaer. (Tunn., 12, 18.)

Lat.: Deludunt multos nunc somnia, quod uetus est mos. (Loci comm., 185; Sutor, 584.) – Somnia fallacia ludunt temeraria nocte es pavidas mentes falsa timere cubent. – Tam vera nunc sunt somnia quem ante centum annos.


26. Et bräinjt net e jêd Drûm en Tärno. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 806.


27. Et gîd enem ned e jêd Drûm an Erfälunk. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 805.


28. Im Traum gewonnen, im Traum zerronnen.

Böhm.: Ve snách přišlo, ve snách i odešlo. (Čelakovsky, 60.)


29. Im Traum schlägt der Barbier Schaum.Altmann VI, 459.


30. 'N Drom is 'n Drog, we sich nich beschêten het, de beschitt sich nog. (Pommern.)


31. Nicht achte was treume bedeuten, denn sie betrügen offt die leute.

In Finnland sagt man: Die Träume fahren dahin mit den Nächten. (Bertram, 69.)

Lat.: Somnia ne cures, nam fallunt plurima plures. (Loci comm., 185; Sutor, 593.)


32. Nicht alle Träume sind Schäume.Dove, 504; Simrock, 10449.


33. Obgleich viel treum geschehn ohn ernst, so warnen sie doch offt von fernst.

Lat.: Interdum ueram praetendunt somnia causam. (Loci comm., 185.)


34. Traum ist Schaum.Körte, 6037.

»Ach, Traum, du bist ein böser Dieb an mir und meines Herzens Lieb.« (Liedersaal.)


35. Träum seind lügen vnd Triegen, wer ins Bett thut, muss drinn liegen.Lehmann, 753, 1;[1294] Eyering, III, 320; Gruter, I, 67; Petri, II, 550; Zinkgref, IV, 359.

»Das ist die breite Warheit«, fügt Petri hinzu. »Es sagen die Deutschen im Sprichwort vnd schertzweise: Trawme seynd trieger, wer ins bett thut, mus drin liegen, das ist gewisse warheit.« (Mathesy, 237b.)

Holl.: Droomen zijn bedrog; k ... je in je bed, je vindt het's morgens nog. (Harrebomée, I, 157a.)


36. Träume, die den Menschen verleiten, dass er vnrecht thut, seynd des Teuffel Blassbälg. Lehmann, 753, 6.

37. Träume machen weder reich noch satt.Masson, 326.


38. Träume sind bisweilen wahr.

Bei Tunnicius (760): Drome sint bytyden wâr. (Obveniunt cribro nobis quae somnia dicunt.)


39. Träume sind Fäume.Eiselein, 602; Närrinnen, II; Simrock, 10448; Körte, 6044.

Böhm.: Sen je sen, a pán bůh řídí noc i den. (Čelakovsky, 15.)

Poln.: Sen mara, bóg wiara. (Čelakovsky, 15; Lompa, 29.)


40. Träume sind Gäume (Schäume).Pred. Sal. 34, 5; Simrock, 10447; Gaal, 1558; Körte, 6038; Broma, I, 8; Eiselein, 602; Steiger, 465; Schulze, 173; Braun, I, 4575; Zehner, 285; für Waldeck: Curtze, 354, 500.

Mhd.: Swaz wir noch fröuden hân gesehen daz ist uns als ein troum geschehen. (Freidank.) – Ein meister las, troum unde spiepelglas daz si zem wirde bî der staete sin gezalt. (Walther.) (Zingerle, 150.)

Dän.: Drømme er skyggen liigest. (Prov. dan., 123.)

Frz.: Songes sont mensonges. (Kritzinger, 450b; Masson, 336.)

It.: I sogni non son veri, e i pensieri (disegni) non riescono. – I sogni non son veri, sono bugiardi (men zogne).

Lat.: Et pavidas mentes vana timere jubent. – Somnia fallaci ludunt temeraria nocte. (Tibull.) (Binder I, 1671; II, 3181; Gaal, 1558; Fischer, 217, 119; Seybold, 575; Philippi, II, 195.) – Somnia ne cures. ( Cato.) (Binder I, 1674; II, 3181; Philippi, II, 195.)

Poln.: Kto wierzy wczary, tego weżmie diabił stury.

Schwed.: Drömmar äre skuggen lijkast. (Grubb, 160.) – Drömmar äro strömmar. (Marin, 11.)

Ung.: Nem sokat kell az álmon épiteni. (Gaal, 1558.)


41. Träume sind Keime (Gäume).Körte, 6044; Körte2, 7586; Ramann, I, Pred., III, 1.

Ungefähr in demselben Sinne sagt eine jüdisch- deutsche Redensart in Warschau: A Chulem (Traum) is a Narr, Gott is a Harr.


42. Träume sind Lügen, die leichtlich betrügen. Agricola I, 623; Egenolff, 244b; Lehmann, II, 625, 25.

In Warschau jüdisch-deutsch: Chalojmes battlen (Träume vernichten, annulliren). Wird angewandt beim Anhören von ungereimten, unsinnigen Reden. »Ruben sprach: geswîg der rede! Treume sind trogin, slâf hab frede.« (Aus Johannes Rothe's Gedicht von der Passion, S. 4.) Wie im Karlm. (505, 13): »Trôme dat is drogenheit«, und in Keller's Erzählungen (292, 29): »Traum das sind trüge.«

Mhd.: Mîn herze in troume wunder siht, daz nie geschach und niemer geschiht. (Freidank.) (Zingerle, 150.)


43. Träume sind nit allemal zu verachten.Lehmann, II, 625, 27.


44. Träume sind Träume.Herberger, I, 198.

»Nicht achte, was Träume bedeuten, denn sie betrügen die Leute


45. Träume und Gedanken dulden (kennen) keine Schranken.

Aehnlich jüdisch-deutsch in Warschau: A Chulem is a Márschelek. Marszałek godów hiess bei den Polen der Spassmacher bei Hochzeiten, der ungestraft den ärgsten Unsinn treiben konnte. Diese bei den Polen längst verschwundene Sitte hat sich bei den polnischen Juden theilweise bis heute noch erhalten. Dieser Spassvogel stegreift Gedichte, gibt lustige Geschichten zum besten und hat überhaupt dafür zu sorgen, dass die Gäste sich gut unterhalten. Das obige Sprichwort sagt daher, dass ein Traum, gleich einem solchen Márschelek, die grössten Ungereimtheiten zusammenstellen könne.

Mhd.: Gedanke und troume sint sô frî, si sint den liuten swaere bî. (Freidank.) (Zingerle, 46.)


46. Träume versteht man nicht, biss sie wircklich erfolgt seyn.Lehmann, 753, 3.

»Wie kann jemand einen Traum verstehen, den er noch nicht gehabt hat.«


47. Trewme sind lugen.Agricola I, 623; Egenolff, 244b; Eyering, I, 254; Glandorp, 145; Suringar, LIII, 1, 5.

Engl.: After a dream of a wedding comes a corpse. (Bohn II, 88.)

Lat.: Ne nocturna tuam turbent in somnia mentem: permanet bis eadem quae fuit ante, fides. – Somnia, per noctem veros imitantia casus, nunc tam vera ut erant lustra uis ante decem. (Buchler, Gnomol., 306.)


[1295] 48. Wenn alle Träum vnd Wünsch war weren, so wer kein Nonn nicht.Lehmann, 753, 4; Opel, 375; Körte, 6040.

Dän.: Vare alle drømme og ønsker sarde saa var og ingen nonne incere. (Prov. dan., 123.)


49. Wenn alle Träume wahr wären, bliebe keine Nonne fromm.Simrock, 10453; Klosterspiegel, 18, 10; Braun, I, 4576.


50. Wenn man an seine Träume glaubt, schläft man sein ganzes Leben.Cibot, 163.


51. Wer auff Träum helt, der greifft nach dem Schatten, vnd wil den Wind haschen. Petri, II, 685.

Böhm.: Kdo snům vĕří stín lapá. (Čelakovsky, 15.)


52. Wer die eigenen Träume nicht versteht, muss nicht fremde auslegen.


53. Wer nur im Traume isst, der hungert, wenn er erwacht.


54. Wer seinen Traum nicht weiss, kann ihn nicht erzählen.

Dän.: Man skal og vide, hvem man fortæller sin drøm for. (Prov. dan., 123.)


55. Wer Träumen und Wahrsagern glaubt, ist nie ohne Sorge.Lehmann, II, 625, 29.

Mhd.: An tröume sol ein altez wîp gelouben und ein ritter niht. (Troj. Kr.)


56. Wo vil trawme seynd, da ist eytelkait vnd vil wort.Agricola II, 61; Henisch, 867, 44; Petri, II, 817.


57. Zu bösem Traume gehört ein guter Ausleger.


*58. Das komt jhm nicht im trawm für.Pauli, Postilla, 249b.


*59. Das war ein schwerer Traum.Eiselein, 602.


*60. Dös föllt m'r im Tram nît ei. (Franken.) – Frommann, VI, 325, 390.

Das thue ich in keinem Fall.

Dän.: Han maatte drømt det. – Jeg kunde ei engang drømme derow. (Prov. dan., 123.)

Lat.: Ne per somnium quidem. (Tappius, 107a.)


*61. Ein blinder traum.Franck, I, 52a.

Täuschung, Lüge.


*62. Ein guldiner traum.Franck, I, 51b.

Selbsttäuschung.


*63. Einem aus dem Traume helfen. – Für Oesterr.-Schlesien: Peter, 454.

Ihn über irgendeinen Gegenstand aufklären. » ... Wie hêsst a denn? Helf a mîr doch auss'm Trom.« (Keller, 162.) Die Redensart ist wol biblischen Ursprungs und erinnert an 1 Mos. 40, 12 und andere biblische Stellen. (Vgl. Laurillard, S. 89.)


*64. Einem seine Träume sagen.Körte, 6044a.

Die doch niemand wissen kann, als der Träumer selbst.

Lat.: Tuum tibi narro somnium. (Horaz.) (Erasm., 17.)


*65. Er kann diesen Traum nicht auslegen.

Um auszudrücken, dass man in dieser oder jener Sache ganz fremd sei, sagt man in Warschau jüdisch-deutsch: Er weiss nit vün kein Pisren, nit vün kein Chulem, d.h. er weiss weder Traum noch Auslegung.


*66. Es ist, als wenn er im Traum herumginge.

Von jemand, der ins Wesen hinein handelt, sich seines Thuns nicht klar bewusst ist.

Frz.: Il est étourdi comme le premier coup de matines. (Lendroy, 686.)


*67. Es ist mir als wär's ein Traum gewesen.

Holl.: Het is, alsof het en dromm geweest is. (Harrebomée, I, 157a.)


*68. Es ist mir noch so wie im Traum.

Ich erinnere mich dessen noch dunkel.

Lat.: Per caliginem: – Per nebulam. (Plautus.) – Per somnium. (Philippi, II, 93.)

*69. Ich wîl'm au'sm Trôm halfen. (Schles.) – Frommann, III, 414, 524; Robinson, 362; Gomolcke, 591.

Holl.: Ik zal u uit den droom helpen. (Harrebomée, I, 157a.)


*70. Wenn ich's im Traume finde, werde ich's geben.


[Zusätze und Ergänzungen]

71. Selbst im Traum ist das Gute schön.

Böhm.: Dobré i ve snách hezko. – Při dobrém se nikdy nesteskne. (Čelakovsky, 30.)


72. Wer kan vnd mag eim jeglichen sein Traum aussrechnen.Aventin, CXVb.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 1. Leipzig 1867.
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