1. Aus Rüben lässt sich kein Blut zapfen (pressen).
Was einer nicht hat, kann er nicht geben, kann man ihm auch nicht nehmen.
It.: Di rapa sangue non si può cavare. (Bohn I, 90 u. 114.)
2. Besser Rüben am eigenen Tisch, als an fremdem Fleisch und Fisch.
Die Russen: Besser eine eigene Rübe als eine fremde Ananas. (Altmann V, 98.)
Holl.: Beter altijd rapen aan eigen disch, dan elders fleesch of visch. – Beter t'huis rapen te eten dan elders gebraad. (Harrebomée, II, 208a.)
3. Blaue Rüben, rother Knoblauch, eine alte Frau, die den Kopf in die Höhe wirft und ein junger Mann, der ihn hängt, sind vier Dinge, die man meiden soll.
4. Der vor nit wolt die Rüben essen, muss endlich den Rübgräbel fressen. – H. Sachs, III, CVI, 1.
5. Eigene Rübe ist besser als fremde Ananas.
6. Ein Rüeb ist kein Rüeb; zwei Rüeben ist erst ein Rüeb; drei Rüeben sind a Rüebendieb. (8. Drei 34.) (Weingarten.) – Birlinger, 1151.
7. Eine welke Rübe stillt den Durst nicht.
8. Erst hat man eine Rübe gestohlen, zuletzt wird man dem Galgen befohlen.
Holl.: Eerst eene raap, en dan een schaap; daarna eene koe, dan de galg toe. (Bohn I, 313.)
9. Es ist bös Rüben graben mit Kappenzipfeln.
»Es is bös ruben graben mit kappen sypfeln, als man sait.« (Clara Hätzlerin, Liederbuch, Ausgabe von Haltaus, II, 72, 242.)
10. Je länger die Rüben im Boden stehen, je grösser werden sie.
Holl.: Hij gelijkt de radijzen, hoe langer de onder de aarde blijven, hoe grooter zij worden. (Harrebomée, II, 209a.)
11. Jeder schält sich die Rüben nach seiner Art.
Böhm.: Každý sobĕ řepku škrabe. (Čelakovský, 160.)
Poln.: Každy sobie rzepkę skrobie. (Čelakovský, 160.)
12. Jeder schält sich seine Rüben selber.
13. Man mag die Rübe schneiden, wie man will, Thalerstücke gibt sie nicht.
Die Russen: Schneide die Möhren, wie du willst, du wirst kein Imperialen daraus schneiden. (Altmann V, 127.)
14. Man muss bissweilen Rüben lassen birn seyn. – Gruter, III, 66; Lehmann, II, 408, 18.
[1747] 15. Man muss Rüben Birnen, vnd Birnen gut Rüben seyn lassen. – Lehmann, 76, 14.
Sich anbequemen, fügen.
16. Nicht jeder, der eine Rübe schabt, will sie auch essen.
Böhm.: Ne každý, kdož mrkev strouhá, také ji jída. (Čelakovský, 256.)
17. Räuwe (Rübe) un Talg, dat hört 'n (gehört dem) Bûer in'n Balg. (Eimbeck.) – Schambach, II, 342; Firmenich, III, 142, 14.
Dies Wort erinnert nach Schambach an eine frühere Sitte der Bauern, nach welcher diese neben dem warmen Muss (Maus) auch ein aus Rüben und Brotbrocken gekochtes und mit Talg gefettetes Gericht als gewöhnliches Magenbrot assen. Hierauf bezieht sich auch die Redensart: Hei let roüwen gud mous sein.
18. Röven givt gôt Moos (Gemüse).
D.h. Rübenblätter geben guten Kohl; so urtheilen blos Arme, wer Geld hat, wählt Rübenblätter nicht als Kohl.
19. Röven will'n de Närs nich töven. – Stürenburg, 203a; Hauskalender, IV; Körte, 995.
Rüben sind eine leichte und schnell verdauliche Speise.
20. Röwen achter Lichtmessen un Deern achter dartig (dreissig) Jahre hebbt allen Smack verlaren. (Oldenburg.)
21. Ruben bleiben Ruben. – Mathesius, Postilla, CCLXa.
22. Rüben gehen vorn ein und machen hinten auf.
Holl.: Het is met rapen goed reizen, zei Flip, want zij zijn vroeg voor de poort. – Rapen doen het gat gapen. (Harrebomée, II, 208b.)
23. Ruben helffen stomachum, fordern Windum, fördern vrinum. – Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 300.
24. Rüben in die Bauern, Heu in die Ochsen. – Körte, 5108.
Poln.: Jak cię widzą, tak cię piszą; jak ci wierzą, tak ci namierzą (Masson, 117.)
25. Rüben nach Christtag, Aepfel nach Ostern und Mädchen über dreissig Jahren haben den Geschmack verloren. – Simrock, 6729; Magazin, 1863, 603; Orakel, 991.
Es ist nicht alles zu allen Zeiten gut, sondern jegliches Ding nur eine gewisse Zeit. Der Hirsch und die Forelle sind, nach der Erfahrung der Franzosen, zu gleicher Zeit gut. Bei den Venetianern sind Lattich und Predigten nach Ostern zu Ende, während Lachs und Predigten in der Faste ihre Zeit haben. Von der Drossel sagt man in Toscana, dass sie nach Ostern so gut sei, wie vor Ostern, was aber weder von Karpfen noch Kapaun gelte.
It.: Nè carpion, nè cappone non perde mal stagione. (Magazin, 1863, 603.)
26. Rüben sind vnd bleiben Rüben, man koche vnd brate sie, wie man will. – Petri, II, 515.
27. Säjet me d' Rüebe vor Lorenzetag, so git's Rüeb, säjet me se-n-aber dernoh, so git's Rüebeli. (Solothurn.) – Schild, 167, 67.
28. Sollen die Rüben gedeihen, so wollen sie getreten sein.
Holl.: De knollen willen geschud zijn, indien zij gedijen zullen. (Harrebomée, I, 420b.)
29. Sünd de Röven rîp, so kümt de düre Tîd; ach wo krîg ik man, de mi versorgen kan? – Deecke, 13.
30. 'T is wol bewendt1 an de Röve, dat de Stengel vergüldt word. – Stürenburg, 16a; Bueren, 1154; Kern, 990; Hauskalender, III.
1) Wohl angewendet, der Mühe werth. – Das Sprichwort behauptet ironisch, es lohne sich der Mühe, die Kosten seien wol angewandt, den Stengel der Rübe zu vergolden.
31. Uem en Röw steiht de Grâp1 (Grâpen) nich leddig (leer). (Mecklenburg.) – Günther, III.
1) In Rendsburg steht dafür: Pott. – Eines Gastes Abwesenheit hebt die Gesellschaft nicht auf.
32. We will Raiwen iäten, mot Lawrenzjus nich vergiäten. (Westf.) – Boebel, 40.
Holl.: Die op zijn tijd knollen will eten, moet Sint Lourens niet vergeten. (Harrebomée, I, 420b.)
33. Wer gelbe Rüben schabt, braucht keine weisse Schürze.
34. Wer Rüben gegessen, der weiss nicht wie Spargel schmeckt.
Die Russen: Das ist ein glücklicher Mensch, der an der Rübe empfindet, wie der Spargel schmeckt. (Altmann VI, 388.) [1748] Es wird aber Altmann VI, 512 für Thorheit gehalten, an der Rübe kosten wollen, wie der Spargel schmeckt.
35. Wer Rüben säen will, muss den Pflug an den Kornwagen binden.
Holl.: Die knollen zaaijen wil, moet den ploeg aan den korenwagen binden. (Harrebomée, I, 420b.)
36. Wer (Stoppel-)Rüben will essen, muss Laurenz (10. Aug.) nicht vergessen. – Boebel, 40.
37. Wer sich mit Ruben vnd Kraut kan behelffen, der darff nicht grosser Herren genad. – Lehmann, 788, 21.
D.h. er »darff niemand auffwarten vnd Heucheln«. (S. ⇒ Behelfen 4.)
38. Wie die Rübe, so das Kraut.
Böhm.: Jaká řepa, taká nat', jaké plásti, taká mlád'. (Čelakovský, 405.)
39. Wo man Rüben gesäet, gehen oft Rettiche auf.
Vom Undank der Litauer: Kur setos repos Ridikkai Dygsta.
*40. Auf dem könnt' man Rüben anbauen. (Troppau.)
So schmuzig ist er.
*41. Da sind Rüben und Sack verloren. – Eiselein, 534.
Mhd.: Da sint rüeben und sac verlorn. (J, Grimm, Reineke Fuchs, S. 392.) – Swâ wesent tumbe liute, dâ sînt rüeben und sac verlorn. (Zingerle, 125.)
*42. Dem könnt' man Rüben ins Gesicht säen. (Schwäb.)
*43. Der lässt sich keine Rüben für Birnen verkaufen.
Holl.: Hij laat zieh geene knollen (appels) voor citroenen verkoopen. (Harrebomée, I, 421a.)
*44. Die Rübe ist zum Rettich worden.
Wortspiel mit Ribbe. Aus der guten Frau ist eine böse, eine Beisszange geworden. »Hüte dich, Rübe, dass man nicht sage: Die Rübe ist zum Rettig worden.« (Herberger, Ib, 155.) »Die Riebe wird zum Rettichte, wie ein gut Mann in Schlesien vber die Stiffmutter klagete.« (Herberger, II, 553.)
*45. Diese Rüben sind für ihn bestimmt.
Holl.: De rapen zullen je verteren. (Harrebomée, II, 208a.)
*46. Dör de Reiwen gohen. (Sauerland.)
Sterben. (S. ⇒ Empfehlen und ⇒ Löffel 89.)
*47. Einem die Rüben anzünden (versengen, verbrennen).
Als Spott über wirkungslose oder lächerliche Drohungen, in dem Sinne von Feindschaft 17, Fisch 176 und Fischteich 1, wo das nach Franck plattdeutsch aufgeführte und misverstandene Sprichwort heissen soll: Steck mir nicht den Fischteich an. (S. Berichtigungen zu Band 1.) »Dess muss ich lachen, dass ihr mir die Rüben verbrennen wollt.« (Köhler, 42, 15.) »Ist Wolfenbüttel hart bedrengt? Haben sie schier die rüben umher versengt?« (Schade, I, 58, 142.) »Er wird mir die Rüben nicht verbrennen, denn ich habe sie in das Wasser geseet.« (Fischer, Psalter, 116, 2.)
*48. Einem in den Rüben sitzen.
Holl.: Iemand wakker in de rapen zitten. (Harrebomée, II, 208b.)
*49. Er ist recht in seinen Rüben.
*50. Er lässt Rüben Birnen sein, wie ein Hofmann. – Fischart.
*51. Er lässt Rüben gut Mus (Gemüse) sein.
Von denen, die es nicht genau in einer Sache nehmen und sich vieles gefallen lassen.
*52. Er reibt grüne Rüben, um Feuer anzuzünden.
Von Jemand, der gleichgültige, kalte, erstarrte Menschen für eine Idee, einen Plan, Zweck begeistern will.
*53. Er sädt Rübe. (Luzern.)
Er schnarcht im Schlafe.
*54. He geit in de Röven. – Stürenburg, 203a; Kern, 991.
Er ist sterbenskrank.
*55. He kêrt sik an kên Röwen, êr se gar sünt. – Eichwald, 1606; Frommann, VI, 281, 354; Kern, 989; Hauskalender, III.
*56. He kriggt Röven (oder Stäkröven). – Kern, 994.
Wird ausgescholten, bekommt Rüffel.
*57. He kummt der mit in de Röven. – Kern, 992.
Er bringt sich dadurch in eine unangenehme Lage.
*58. He mag Röve schrapen1. (Holst.) – Schütze, IV, 69.
1) Schraper ist ein Geiger, der mehr scharrt als spielt. Der Barbier heisst in verächtlichem Sinne: Bartschraper; alter scharfer Käse, heisst man Magenschraper. Schaben, kratzen, scharren. – Dazu passt er nicht, er mag was Anderes, Schlechteres thun.
*59. Hei lätt Räuwen gued Maus sîn. (Marsberg.) – Firmenich, I, 321, 86; für Altendorn: Firmenich, I, 357, 19; für Meurs: Firmenich, I, 402, 159; Woeste, 88, 164, und in Kuhn's Zeitschrift, II, 209.
Ist sehr nachsichtig.
[1749] *60. Ich will ihm die Rüben schaben.
Holl.: Iemand de penen opscheppen. (Harrebomée, II, 175b.)
*61. Man muss die Rüben kochen, wenn das Feuer brennt. – Wahl, I, 173, 31.
*62. Nicht wissen, was die Rüben gelten. – Murner, Schelm., 24.
*63. Nu sag' mir, was die Rüben gelten.
Die Wahrheit, so wie es um die Sache steht. – »Ich beschwere dich, du wöllest mir sagen, was die rüben gelten.« (Albrecht von Eyba, Schimpft. Comedien.) »Darumb lond wir vns Doctor schelten vnd wissen nit, was die rüben gelten.« (Murner, Nb., 2, in Kloster, IV, 622.) »Sie lassen sich fürsichtig schelten vnd wissen nit, was die rüben gelten.« (Murner, Schelm., 24, in Kloster, I, 857.)
*64. Röven achter Fasselavend. – Kern, 993.
*65. Roven Bêren (Birnen) sin lâten. – Waldis, Verlorn Sohn, 566.
Hat denselben Sinn wie: Raüwen guet maus sin laoten = sich um die Welt keine Sorge machen, es gehen lassen, wie's geht. (Dr. Schiller's Ms.)
*66. Rüben auf den Markt führen.
Untergeordnetes auftischen. Die Rübe gehört zu den Dingen, welche das Sprichwort für seinen Zweck gern herbeizieht. So kommt sie auch in einem Reime vor, den man in Mecklenburg zum leichtern Behalten der Sonntage zwischen Ostern und Pfingsten gemacht hat und der dort häufig vernommen wird: »Quad Min Jung kann Roeben Eten.« (Wiechmann in dem Mecklenburger Jahrbuch, XXIII, 127.) Man gebraucht die Redensart: Er führt Rüben auf den Markt, um zu sagen: Er treibt Feldbau, Landwirthschaft oder er gehört einem niedern Stande an.
*67. Rüben für Citronen verkaufen.
Holl.: Iemand knollen voor citroenen verkoopen. (Kramer, Wörterbuch, S. 803.)
*68. Rüben für Rettiche kaufen. – Parömiakon, 18.
Sich täuschen, im Handel betrogen werden.
*69. 'T geit in de Röven. – Stürenburg, 203a.
Es zerbricht, geht entzwei, verloren.
*70. Versenge mir die Rüben nicht. – Luther's Ms., S. 8.
*71. Welke Rüben schaben.
Ein Geschäft nicht zweckmässig und fördernd verrichten.
*72. Wie kommen die Rüben in den Sack! – Blass, 22.
Ungefähr so, wie dieser oder jener Mitglied eines gelehrten Vereins, einer Akademie wird. Wie kommt der Orden an die Brust, das eiserne Kreuz an die Stelle?
73. Die Rüben sind dem Magen leicht, darvon der Windt im Leib entweicht, der Harn dazu, die Zên falln aus; seindts vbel kocht, kompt Krimmen drauss.
Lat.: Rapa iuuat stomachum, nouit producere ventum, prouocat vrinam, faciet quoque dente ruinam, si male cocta datur huic torsio tunc generatur. (Gartner, Dict. Prov., S. 2b.)
74. Wann die Rübe si, wie e Batze, do soll mer se kratze. (Rheinpfalz.)
Die Stoppelrüben soll man behacken, wenn sie noch ganz klein sind.
75. Wer nit mag Rüben essen, der muss zuletzt den Gräbel fressen.
»An jhm ist erfüllt an dem ort das alte warhafftig Sprichwort, das sagt: Wer nit u.s.w.« (Hans Sachs, III, XXIIII, 2.)
76. Wer Rüben will, recht gut und zart, sä' sie an Maria Himmelfahrt (15. August).
It.: Se vuoi la buona rapa, per Santa Maria sia nata. (Giani, 1444.)
*77. Auf Rüben gesteckt werden.
In einem Schreiben aus Wien heisst es mit Bezug auf den selbst herbeigeführten Tod eines tüchtigen noch dienstkräftigen, aber weil misliebig wider seinen Willen ausser Dienst gesetzten österreichischen General: »Mit 59 Jahren auf Rüben gesteckt zu werden und wie ein schlimmer Schilling in der Welt herum zu wandern, ist nicht jedermanns Sache.« (Niederschlesische Zeitung, 1874, Nr. 27.)
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