[754⇒] Hanau, Stadtkreis und Kreisstadt im preuß. Reg.-Bez. Cassel, an der Mündung der Kinzig in den Main, (1900) 29.847 E., Garnison, Land-, Amtsgericht, Handelskammer, Goldschmiedeschule, königl. Zeichenakademie, Schloß; Bijouterie-, Goldwarenfabrikation, Diamantschleifereien. Dabei Schloß Philippsruhe, Kurort Wilhelmsbad und die königl. Pulverfabrik (die größte Deutschlands). 30. Okt. 1813 Sieg Napoleons I. über Österreicher und Bayern unter Wrede. – Die Grafsch. H., seit 1429 Reichsgrafschaft, fiel 1736 zum Teil an Hessen-Cassel, zum Teil an Hessen-Darmstadt, wurde 1803 zum Fürstent. H. erhoben, 1809 zum Großhzgt. Frankfurt geschlagen, 1813 an Hessen-Cassel zurückgegeben. – Vgl. Zimmermann (1897-1905). [⇐754]
[712⇒] Hanau, Stadt (Stadtkreis) im preuß. Regbez. Kassel, ehedem Hauptstadt der Grafschaft H., liegt am Einfluß des Krebsbaches und der Kinzig in den Main, 98 m ü. M., und besteht aus den durch den Paradeplatz getrennten Stadtteilen Alt- und Neustadt, von denen die letztere zu Ende des 16. Jahrh. von vertriebenen Niederländern und Wallonen gegründet ist. Unter den zu gottesdienstlichen Zwecken bestimmten Gebäuden (4 evangelische und eine kath. Kirche sowie eine Synagoge) sind nennenswert: die Johanniskirche (165879 erbaut), die sehr alte Marienkirche (früher Kollegiatkirche), mit der Gruft der Grafen von H., sowie die wallonisch-niederländische Kirche (1600 erbaut), ein eigenartiger Bau, dessen Grundfläche aus zwei ineinander gefügten Kreisen besteht.
Von andern Gebäuden sind bemerkenswert: das Schloß, ehedem Residenz der Grafen, mit Park, das 1733 erbaute Rathaus mit Turm, das Theater etc. Erwähnenswert ist der Marktbrunnen aus dem Jahre 1621 (s. Tafel »Brunnen«, Fig. 10). An Denkmälern befinden sich dort Denksteine zur Erinnerung an die Entsetzung der Stadt 1636 und an die Schlacht bei H. (30. Okt. 1813) sowie Denkmäler der Brüder Grimm u. des Grafen Philipp Ludwig II., des Gründers der Neustadt. Vom Main geht ein kurzer Kanal bis vor die Stadt und dient zugleich als Hafen. Die Zahl der Einwohner beträgt (1900) mit der Garnison (zwei Infanteriebataillone Nr. 166 und ein Ulanenregiment Nr. 6) 29,846 Seelen, davon 6305 Katholiken und 657 Juden. Der Haupterwerbszweig ist die Fabrikation von Bijouteriewaren in Gold und Juwelen, von goldenen Ketten und Silberwaren (1800 Arbeiter) sowie die Diamantenschleiferei. Außerdem hat H. Fabrikation von Tabak und Zigarren, Maschinen, Platina-, Aluminium- und Lederwaren, Hüten, Papier, Teppichen, Schokolade etc., Eisengießereien, Holzschneidereien, lithographische Anstalten, Gewürzmühlen, Bierbrauerei und in der Nähe eine große Pulverfabrik. Der Handel, unterstützt durch eine Handelskammer und eine Reichsbanknebenstelle, befaßt sich außer den Industrieerzeugnissen besonders mit Holz, Drogen, Kolonialwaren, Wein, Getreide und Spiritus. Für den Eisenbahnverkehr ist H. Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Frankfurt-Bebra, Friedberg-H., Frankfurt-Aschaffenburg u. a. An Bildungs- und andern ähnlichen Anstalten hat H. ein Gymnasium (1607 als Hohe Landesschule gegründet), eine Oberrealschule, Zeichenakademie, eine naturwissenschaftliche Gesellschaft, einen Geschichtsverein, in dessen Hause die Funde der Ausgrabungen in der Umgegend und die des Totenfeldes bei dem nahen Rückingen aufgestellt sind, einen Kunst-, Kunstindustrie- und Kunstgewerbeverein, Landkrankenhaus, Diakonissenhaus, Waisenhaus etc. Von Behörden haben in H. ihren Sitz: ein Landgericht, das Landratsamt für den Landkreis H., Hauptsteueramt und eine Spezialkommission. Die städtischen Behörden setzen sich zusammen aus 14 Magistratsmitgliedern und 36 Stadtverordneten. Zum Landgerichtsbezirk H. gehören die 22 Amtsgerichte zu Bergen, Bieber, Birstein, Burghaun, Eiterfeld, Fulda, Gelnhausen, Großenlüder, H., Hilders, Hünfeld, Langenselbold, Meerholz, Neuhof, Orb, Salmünster, Schlüchtern, Schwarzenfels, Steinau, Wächtersbach, Weyhers und Windecken. In der Nähe das Schloß Philippsruhe und das Wilhelmsbad mit Eisenquellen.
Die in der Umgebung Hanaus aufgefundenen zahlreichen Urnen, Münzen etc. deuten darauf hin, daß der Gründung der Stadt wahrscheinlich eine römische Ansiedelung vorherging. 1393 wurde H. zur Stadt erhoben, von dem Grafen Philipp 1528 befestigt und mit einem neuen Schloß geziert. Bedeutung erhielt die Stadt erst, als gegen Ende des 16. Jahrh. eine aus ihrem Vaterlande der Religion wegen vertriebene Kolonie von Niederländern sich hier niederließ. Im Dreißigjährigen Kriege 1636 von den Kaiserlichen unter General Lamboy belagert, wurde die Stadt 13. Juni 1636 durch ein schwedisches Korps unter dem Landgrafen Wilhelm V. von Kassel entsetzt, was einem nahen Walde den Namen Lamboywald und Veranlassung zu dem jetzt noch jeden 13. Juni gefeierten Lamboyfest gab. Im Februar 1638 wurde H. von den Kaiserlichen unter dem Grafen Wilhelm von Nassau-Dillenburg doch erstürmt, welcher der abenteuerlichen Herrschaft, die der schwedische Befehlshaber, ein Schotte namens Ramsay, führte, ein Ende machte. Vgl. Wille, H. im Dreißigjährigen Krieg (Hanau 1886).
In der neuern Kriegsgeschichte ist H. durch die Schlacht vom 30. und 31. Okt. 1813 denkwürdig geworden. Nach dem Abschluß des Vertrags von Ried (8. Okt. 1813) zwischen Bayern und Österreich zog der bayrische General Wrede an der Spitze eines bayrisch-österreichischen Heeres über Würzburg nach H., um den nach der Leipziger Schlacht dem Rhein zueilenden Franzosen den Rückzug abzuschneiden, und erreichte 28. Okt. mit seiner Vorhut H. Seine ganze Streitmacht zählte nach den Entsendungen, die er gemacht, noch etwa 40,000 Mann. Die Franzosen aber, 60,000 Mann stark, warfen 29. Okt., nachdem sie den Engpaß zwischen Schlüchtern und Gelnhausen ohne Hindernis passiert, die vereinzelten Abteilungen Wredes östlich von H. zurück und nahmen Langenselbold mit Sturm. Als Napoleon 30. Okt. aus dem Lamboywald, der vor Wredes Front lag, hervorbrach, ward er zwar vom feindlichen Geschütz mit wirksamem Feuer empfangen und erlitt große Verluste; indes Drouet brachte Wredes Artillerie durch 50 Kanonen zum Schweigen, und ein Angriff der französischen Kavallerie durchbrach die bayrisch-österreichische Schlachtreihe. Wrede zog sich unter großen Verlusten über die Lamboybrücke auf das linke Ufer der Kinzig zurück. Am Morgen des 31. Okt. nahm Napoleon H., und der größte Teil seiner Armee konnte auf der freien Straße nach Frankfurt abmarschieren. Wrede schritt nun zu einem Angriff, um den Nachtrab der Franzosen abzuschneiden. Die Verbündeten nahmen das noch von zwei französischen Regimentern besetzte H. mit Sturm wieder, wobei Wrede selbst schwer verwundet ward; doch gelang es ihnen nicht, sich der Kinzigbrücke zu bemächtigen und dadurch den französischen Nachtrab abzuschneiden. Derselbe marschierte, 14,000 Mann stark, unter Mortier während der Nacht über die Lamboybrücke nach Frankfurt ab. Der Kampf der beiden Tage hatte den Verbündeten gegen 9000 Mann gekostet. Vgl. Dörr, Die Schlacht von H. (Kassel 1851); »Die Schlacht bei H. am 30. und 31. Oktober 1813« (Hanau 1863); Junghans, Geschichte der Stadt und des Kreises H. (das. 1887); Zimmermann, [⇐712][713⇒] Hanauer Chronik mit Kultur- und Sittengeschichte (das. 1897 ff.); Winkler u. Mittelsdorf, Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt H. (das. 1900). [⇐713]
[922⇒] Hanau, 1) kurhessische Provinz, zwischen Frankfurt a.M., dem baierschen Kreise Unterfranken u. Aschaffenburg, dem Großherzogthum Hessen u. dem Herzogthum Nassau; enthält die vormalige Grafschaft H., das vormals Fuldasche Amt Salmünster u. das kurhessische Amt Isenburg; 271/2 QM., durch Zweige des Spessart u. der Rhön etwas gebirgig, aut angebaut, vom Main, der Kinzig, Nidda u.a. bewässert; man treibt Acker-, Garten-, wenig Weinbau, ergiebige Viehzucht, etwas Bergbau, einigen Handel, zieht Flachs u. Hanf, hat gute Salinen; gegen 121,000 Ew., meist Evangelische. 2) Hauptstadt der Provinz, wie eines Kreises u. Landgerichts; theilt sich in Alt- u. Neustadt, letztere nahe am Einfluß der Kinzig in den Main; Sitz der obersten Landesbehörden, eines Militärcommandos, großer Marktplatz mit dem Rathhaus, Paradeplatz mit Kaserne, Zeughaus u. Schauspielhaus u. die sogenannnte Französische Allee; H. hat 5 Kirchen (lutherische, reformirte, katholische u. deutsch-katholische, sowie die unter gemeinschaftlichem Dache befindliche wallonische u. niederländische) Synagoge, Residenzschloß, in dessen Rayon sich die Kanzleien befinden, Gymnasium, Wetterauer Gesellschaft für die gesammte Naturkunde (mit Bibliothek u. Sammlungen) ist, städtische Bibliothek; Zeichenakademie (300 Schüler), Handwerksschulen, Bürger- u. Realschule, Schulen der holländischen u. katholischen Gemeinden, Armen- u. Freischulen, Waisenhaus, Hospital, Armenanstalt, Leihbank; Fabriken in Wolle (bes. werden Teppiche gefertigt), Sammt u. Seide, Filz- u. Seidenhüten, Gold- u. andere Stickereien, seinen Eisengußwaaren, Wagen, Handschuhen, Licht, Seife, musikalischen Instrumenten, Schnupf- u. Rauchtabak (bes. Cigarren), Gold- u. Silberwaaren; Handel mit diesen Dingen u. mit Holländer- u. Farbholz, Safran u. Gewürzen, Farbewaaren, Wein, Öl- u. Hafenbälgen, 2 Messen, große kurfürstliche Mühle mit 14 Gängen (außer mehreren Mahlmühlen Schneide-, Gewürz-, Gyps-, Tabaks-, Papier-, Öl- u. Walkmühle); Eisenbahn nach Frankfurt a.M. einer- u. über Aschaffenburg nach Bamberg (Bairische Westbahn) andererseits; 16,500 Ew. worunter 600 Juden zum Theil in einer eignen Gasse. Dabei das Bad Wilhelmsbad, 1/2 Stunde entfernt, Vergnügungsort mit Spielbank u. englischen Parkanlagen; Eisensäuerling, entdeckt 1709 (hier der Freimaurercongreß 1782, s.u. Freimaurerei, Gesch.) u. das Lustschloß Philippsruhe, mit Lustgarten. Die Stadt H. steht auf der Stelle einer römischen Ansiedelung, wie zahlreiche, in der Umgegend gefundne Urnen, Münzen etc. zeigen, vielleicht war es ein Castell, aus dem die Burg entstand, um welche die nachmalige Altstadt H. angelegt wurde. Schon im 11. Jahrh. kommen Grafen von H. vor. 1528 befestigte Graf Philipp H., baute auch ein neues Schloß. Die Neustadt wurde erst 1597 von, der Religion wegen flüchtigen Niederländern erbaut u. befestigt. 1630 wurde die Stadt von den Kaiserlichen blockirt, 1631 von den Schweden überfallen u. 1635 u. 1636 wieder von den Kaiserlichen unter General Lamboy blockirt, am 13. Juni aber durch Landgraf Wilhelm V. von Kassel entsetzt; zur Erinnerung an diese Befreiung feiert man hier alljährlich am 13. Juni in dem sogenannten Lamboywalde das Lamboyfest. Hier am 30. Octbr. 1813 Schlacht zwischen den Baiern u. Österreichern unter Wrede u. den nach der Schlacht von Leipzig sich nach Mainz zurückziehenden Franzosen unter Napoleon. Letztere durchbrachen die Stellung der Verbündeten u. erreichten so Frankfurt u. Mainz glücklich, s.u. Russisch-deutscher Krieg von 181215. H. wurde am 1. Novbr. 1850 von den Baiern unter Fürst Thurn u. Taxis besetzt. Vgl. Hundeshagen, Belagerung u. Entsetzung der Stadt H. im Dreißigjährigen Kriege, Han. 1812; Darstellung der Schlacht bei H. am 30. Octbr. 1813, ebd. 1814; Plan der Schlacht bei H., entworfen vom Major Humbert, 1858; Arnd, Geschichte der Provinz H., ebd. 1858. [⇐922]
[217⇒] Hanau, bis 1736 Reichsgrafschaft, jetzt kurhess. Provinz mit 127000 E. auf 271/2 QM.; gleichnam. Hauptstadt an Main u. Kinzig mit 17000 E., kurfürstl. Schloß, sehr lebhafter Industrie, die Bijouteriewaaren, Teppiche, Hüte, Leder, Tapeten, Wolle-, Baumwolle- und Seidezeuge liefert. [⇐217]
[322⇒] Hanau ist gegenwärtig eine Provinz des Kurfürstenthums Hessen (s.d.) und war ehedem eine selbständige Grafschaft, welche nach dem Aussterben des Mannsstammes der Reichsgrafen von H. an Hessen kam und 1803 zum Fürstenthum erhoben wurde. Nachdem die Franzosen das Kurfürstenthum Hessen in Besitz genommen, kam H. 1809 größtentheils zum Großherzogthum Frankfurt, bis es 1813 an Hessen-Kassel zurückgegeben wurde. Die Hauptstadt H., mit fast 14,000 Einw., liegt an der Kinzig und ist mit dem Main durch einen Kanal in Verbindung gesetzt. Sie besteht aus der alterthümlichen Altstadt und aus der schön gebauten Neustadt, hat zahlreiche Fabriken und Handel mit Holzwaaren, Gemüse, Obst und Wein. Unmittelbar bei der Stadt liegt ein kurfürstl. Schloß und in der Nähe sind die kurfürstl. Schlösser zu Rumpenheim und zu Philippsruh. Der Badeort Wilhelmsbad hat gleichfalls ein Schloß und mancherlei Anlagen, und steht mit H. durch eine Kunststraße in Verbindung. – Bei H. wurde von Napoleon am 30. Oct. 1813 die letzte Schlacht in Deutschland geschlagen. Napoleon eilte mit seinem flüchtigen Heere nach der Schlacht bei Leipzig Frankreich zu und bereits am 8. Oct. war Baiern der deutschen Sache beigetreten. Der bair. General Wrede, unterstützt von östr., würtemberg. und russ. Truppen, warf sich den Franzosen bei H. entgegen, um ihn aufzuhalten. Von beiden Seiten wurde mit großer Tapferkeit gekämpft, und obgleich sich Napoleon Bahn brach, so hatte er doch einen Verlust von 15,000 M. an Verwundeten und Todten und 10,000 M. an Gefangenen, während die Verbündeten nur 9000 M. einbüßten. Die Stadt H. wurde anfangs von den Baiern besetzt, nachher von den Franzosen genommen und zuletzt wieder von den Verbündeten im Sturm erobert, wobei General Wrede selbst schwer verwundet wurde. [⇐322]
[144⇒] Hanau, Stadt im Kurfürstenthum Hessen, mit 14,000 Ew., am Flusse Kinzig und dem burgen- und rebenreichen Maine gelegen, aus welchem in die schöngebaute Neustadt ein für den Handel bequemer Canal führt. Es besitzt kunst- und wissenschaftliche, bürgerliche und Wohlthätigkeitsanstalten, und zeichnet sich [⇐144][145⇒] aus durch seine Gold-, Silber-, Tabak-, Seiden- und Wollmanufakturen, und liefert vorzüglich schönes Porzellan. Sein blühenden Handel veranlaßt zwei lebhafte Messen. In der Umgegend von Hanau, deren romantische Natur eine Reihe Vergnügungsorte bietet, befindet sich das reizende Wilhelmsbad. In dem Park, dessen vortreffliche Anlagen durch eine Allee mit dem Schlosse Philippsruhe verbunden sind, sieht man stets die schöne Welt der Stadt.
* [⇐145]
Hanau, s. Hessen.
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