Wallfisch [1]

[817] Wallfisch (Bartenwall, Balaena), Gattung aus der Ordnung der Walle u. der Familie der Bartenwalle, sie haben keine Rückenflosse; nur zwei Arten: A) Nordischer W. (B. mysticetus s. borealis); Aufenthalt: im Meer, gewöhnlich kalter Gegenden; um des Speckes, aus welchem Thran gesotten wird, u. der Barten (Fischbeins) willen gefangen; mit dem Jupiterfisch das größte Thier auf der Erde, er wird ausgewachsen 60–80 Fuß lang, ist 40–50 Fuß breit u. wird 100,000 Pfund schwer. Der W. hat einen sehr großen, 1/3 der ganzen Größe des Thieres fast erreichenden, 20–23 Fuß langen Kopf, Sförmig gebogenen Rachen, oben auf dem Kopfe zwei gleichfalls Sförmige, 11/4 Fuß weite Spritzlöcher, aus denen er das mit der Nahrung in großer Menge aufgenommene Wasser in hohen Bogen wieder ausspritzt u. welche ihm zugleich zum Athmen dienen, Augen, von der Größe eines Ochsenauges, mit denen er bes. nach Oben sieht, was ihm auch wegen des Kriechens unter das Eis, wohin er sich vor den Menschen u. Schwertfischen oft flüchtet, am nöthigsten ist, von Außen nicht sichtbare u. mit einer Haut geschlossene Ohren, welche mit einer, eine Federspuhle weiten Röhre etwa 3 Fuß tief reichen, mit denen er sehr gut hört. Augen u. Ohren stehen über den Vordergliedmaßen, welche große Flossen bilden (vgl. Walle) u. welche ihm zur Umschlingung bei der Begattung u. dem weiblichen W. zum Fortziehen der beim Schwänze gepackten Jungen, so wie zum schnellen Schwimmen dienen. Schwanz horizontal liegend, 18–24 Fuß breit, an dem Außenrande etwas in die Höhe gebogen, fast gabelförmig, mit welchem er das Wasser, bes. vor einem Sturme, peitscht u. so seinen Fraß anlockt; er ist zugleich das Vertheidigungsmittel des W-es, u. er tödtet den Schwertfisch mit einem Schlage, zertrümmert auch, auf der Seite liegend u. gereizt, oft das stärkste Boot damit; doch wagt er sich nur selten an dasselbe heran. Unter dem Schwänze sitzen die Geschlechtstheile, bei dem männlichen W. eine 6–8 Fuß lange, nach Oben spitzig zugehende Ruthe, welche in einer besonderen Scheide, die durch einen eigenen Muskel verschlossen wird, verborgen ist, bei dem weiblichen eine gleichfalls verschlossene Ritze. Zu jeder Seite derselben liegt bei dem weiblichen W. eine Brust, mit denen die Jungen gesäugt werden. In dem ungeheuren Maul liegt in der Unterkinnlade die aus einem Fettklumpen bestehende Zunge, in der oberen Kinnlade[817] aber querüber gehend die 2–300, die unechten kleineren mitgerechnet selbst 700–1000 Barten, welche das Fischbein liefern. In der Mitte sind die Barten am längsten, nach beiden Seiten nehmen sie, aber, wie die Orgelpfeifen, ab, so daß die letzten Barten nur einige Zell lang u. zu kurz zum Fischbein sind. Sie wirken wie ein Sieb, indem dadurch das beim Öffnen des Mundes eindringende Wasser durch ihre Zwischenräume abstießt, die kleinen Weichthiere etc., von denen sich der W. hauptsächlich nährt, aber zurückgehalten werden. Die Barten passen in eine Art Rinne der unteren Kinnlade. Auf der Zunge bilden Zotten, Haare etc. eine Art Netz, in welches sich der Fraß fängt. Der Schlund ist sehr eng. Die Farbe des W-es ist nach dem Alter verschieden; die jungen sind grau marmorirt, die älteren schwarz u. die ganz alten schwarz u. weiß gefleckt. Der Unterkiefer ist fast immer weiß. Der Kopf ist von den Spritzlöchern bis zur Oberkieferspitze sehr geneigt. Die Haut wird fast stets als glatt geschildert, indessen ist sie es nicht, sondern ungefähr so rauh wie eine Baumrinde, die Falten nehmen die Wallfischläuse ein, welche in ungeheuerer Menge darauf sitzen u. nur mit Beschädigung der Haut losgerissen werden können. Sonst setzen sich Muscheln, Seeeicheln, Korallen etc. auf dem alten W. an u. bedecken ihn ganz. Der W. soll nach Buffon 1000 Jahre alt werden können; wie lange er zum Wachsthum braucht, ist unbekannt. Der W. wohnt am liebsten in den kalten Meeren von Grönland u. der Davisstraße, der Bassins- u. Hudsonsbai, dem Meere nordwärts von der Beringsstraße u. an der nördlichen Küste Asiens. Die häufige Jagd auf ihn hat ihn immer mehr nach dem Norden verscheucht; denn in alten Zeiten scheint er sogar bis in das Mittelmeer gekommen zu sein. Der W. thut zuweilen große Sätze (10–15 Fuß hoch) aus dem Meere u. fällt dann mit großem Getöse u. unter Schäumen der Wellen in dasselbe zurück. Zuweilen liegt er auch spielend auf dem Rücken u. schlägt mir den Finnen die Wellen, was dem Knall einer einpfündigen Kanone gleicht. Er schwimmt sehr schnell u. gewandt, schneller als irgend ein Vogel fliegt, 2–300 Meilen in einem Tage. Er kann 1/2 Stunde unter dem Wasser bleiben, verweilt aber gewöhnlich nicht über eine Viertelstunde. Die Jungen kommen häufiger heraus. Die Nahrung des W-es sind Seethiere, bes. das Wallfischaas u. kleine Krebse, welche selbst herzukommen, um mit den Haarfranzen im Maule zu spielen. Er schlürft Tausende von solchen auf einmal mit dem Wasser ein, zermalmt sie u. spritzt das Wasser durch die Luftlöcher wieder von sich. Sein Unrath ist zinnoberroth Die Grönlandsfahrer behaupten, daß sich der W., bei der Paarung ausrichte u. auf seinen Schwanz sich stütze; vielmehr legt sich das Weibchen auf den Rücken u. das Männchen gleitet über dasselbe hin; beide halten sich mit den Finnen fest. Sie sollen, sich im September begatten u. zehn Monate trächtig sein. Der W. gebiert nur ein, höchstens zwei Junge auf einmal, das Junge soll schon bei der Geburt 10–14 Fuß lang sein. Der W. säugt, auf der Seite liegend, die Milch ist weiß. Die weiblichen W-e lieben ihre Jungen zärtlich, verlassen sie in keiner Gefahr u. ziehen sie fliehend mit fort. Deshalb verwunden die Wallfischjäger stets das Junge zuerst, tödten es aber erst nach der Alten. Feinde: die Wallfischlaus, welche jedoch von Meven u. anderen Seevögeln, die ihn ohne Scheu besteigen, abgelesen wird; der Schwertfisch u. mehre Delphinarten verfolgen ihn, treiben in auf den Strand u. reißen große Stücken aus seinem Leibe, B) Südlicher W., (B. australis), Kopf niedergedrückt, sehr wenig nach vorn abschüssig, Farbe ganz schwarz od. mit einem weißen Flecke über dem Auge u. vorn auf dem Kopfe, Brust u. Bauchseite weiß. Ist immer kleiner als der nordische, gewöhnlich 40–50 Fuß lang, mit weniger ausgeschweifter Schwanz- u. längeren spitzigen Brustflossen. Er lebt im Südlichen Eismeere. Seitdem der nordische W. so selten geworden ist, wird auch auf den südlichen Jagd gemacht, doch bringt er weniger ein, da er kleiner ist u. die Reise längere Zeit erfordert, daher kostspieliger ist. Man benutzt von dem W. die Barten zu Fischbein, ferner den unter der Haut u. einer Schwarte sitzenden hellgelben Speck zu Thran, allenfalls auch das röthliche Fleisch (doch nur der Jungen), welches wie Rindfleisch schmeckt, auch wohl den Unrath zum Färben. Für die Bewohner von Kamtschatka, Nordwestamerika u. der dortigen Inseln ist der W. von der größten Wichtigkeit; sie gebrauchen alle Theile derselben, theils zur Kleidung, theils zu Geräth; die großen Unterkieferknochen stellen sie unter dem Namen Wallfischrippen als Thore vor ihre Wohnungen (in Hamburg u. a, Seestädten dienen sie zu Prellsteinen bei der Auffahrt vom Wasser), die Flechsen brauchen sie als Fäden, die Därme als Fensterscheiben.

Der Bau der Schiffe, womit man den Wallfischfang betreibt, unterscheidet sich von gewöhnlichen Kauffahrern blos dadurch, daß ihr Vordertheil gegen die Beschädigungen durch das Eis verstärkt u. mit eisernen Platten belegt ist. Ihre Besatzung besteht aus 30–40, auch wohl 50 Mann, nach Verhältniß der Größe des Schiffes (welches meist 100–150 Last hält), wornach sie auch vier bis sieben Schaluppen führen. Sämmtliche Geräthschaften auf ihnen zum Wallfischfang, Fässer, Leinen, Taue, Harpunen, Haken, Speckmesser, Brandraketen etc. heißen Fleth Der W. wird meist mir Harpunen (3 Fuß langen Wurfspießen mit Widerhaken, an deren Eisen sich hinten ein rundes Öhr befindet) erlegt. Die Wallfischfahrer nähern sich den Küsten u. senden Boote aus, welche, sobald ein W. bemerkt wird, die verabredeten Zeichen geben. Ein Theil der Mannschaft begibt sich in zwei bis drei Boote (sechs bis acht Mann in eins) u. rüstet sich mit Harpunen. Ist man bis auf 30 Fuß vom W. herangekommen, so wirst der Harpunier, welcher im Vordertheil des Bootes steht, die Harpune in den Leib des W-es, um aber glücklich zu sein, muß sie durch den Speck in das Fleisch dringen. In das Öhr der Harpune ist der Vorgänger (ein etwa 20 Klaftern langes Seil), an diesen aber die dünne, etwa 5–600 Ellen lange Wallfischleine gestochen, u. die letztere im Vordertheile der Schaluppe aufgewickelt, damit sie von dem Leinenschießer, einem dazu bestimmten Matrosen, schnell abgewickelt werden kann, wenn der mit der Harpune getroffene W. in die Tiefe geht, während ihm die Schaluppe durch Rudern folgt, bis er nach 10–12 Minuten, um Athem zu holen, wieder in die Höhe kommt. Geht er zu weit u. das Boot kann nicht nach, so muß die Leine abgehauen u. mit einem Korkknopfe od. mit einem Kürbis, welcher über dem Wasser bleibt, wo möglich versehen werden. Ost aber ist Alles verloren. Kann man sich[818] dem W. wieder nähern (eine Blutstraße zeigt gewöhnlich den vom Thiere eingeschlagenen Weg), so werden mehre Harpunen demselben eingeworfen, bis der zum Tode verwundete W. endlich stirbt. Statt der geworfenen, nicht tief genug eindringenden Harpunen gebraucht man auch Kanonenharpunen, gewöhnliche Harpunen, deren Schaft in den Lauf einer Kanone geladen wird, welche einem Doppelhaken gleicht, mit einem Schlosse versehen ist u. auf einer Laffete ruht. Der Widerhaken der Harpune ragt aus dem Laufe der Kanone hervor; nahe hinter dem Haken ist ein beweglicher Ring an der Harpune angebracht, an welchem das Harpunenseil befestigt ist, welches, in gehöriger Ordnung aufgewickelt, unter od. neben der Kanone liegt. Mit diesem Werkzeuge kann man den W. aus einer Entfernung von 60–100 Ellen angreifen, u. die Harpune dringt gewöhnlich ganz in den Körper des Thieres ein, so daß es leichter u. schneller gelobtet wird. Skoresby brauchte zuerst Brandraketen mit Erfolg. 1851 wurden von bremischen Wallfischfängern auch Versuche gemacht den W. mittelst einer galvanischen Batterie zu tödten, indem die Harpunirleine aus einer mit Gutta Percha überzogenen Kette bestand, der Tod des Thieres erfolgt im Augenblick der Verwundung. Ist der W. nun todt, so wird ihm ein großer, eiserner Haken (Nasenhaken) mit einer am großen Mast befestigten Gien (Nasengien) in die Nase gehakt u. vermittelst desselben der Kopf etwas in die Höhe gezogen; der Schwanz aber wird mit einem Takel am Vordermast festgesetzt, damit die Bank- od. Speckschneider (Speckhauer) auf einer Bank (Speckbank) mittelst eiserner, angeschnallter Spitzen auf dem Fische stehen u. mit großen Messern (Bank-, Speckmessern) rückwärts gehend, den zähen, sehnigen, porösen, schwammartigen, gleich unter der Schwarte liegenden, gelben, 6–12 Fuß dicken Speck (Bluwwerk) in 1 Fuß große Flensstücke (Flenswerk, Flensen) schneiden (abfliegen) können. Diese Flensstücke werden mit eisernen Haken (Speckhaken) an langen Stangen od. an großen Stricken (Speckstricken) mittelst einer Haspel (Speckhaspel) in das Schiff gezogen, wo sie, von den Strandschneidern nochmals durchschnitten, von den Farkentreibern im Specktroge fortgebracht u. von den Piekenierern (Hakjepieks) mit ihren kleinen Boots- (Flens-) haken durch das Flensgat (Flensloch) in den Raum hinuntergeworfen, von dem Speckkönig aber daselbst auf die Seite gezogen u. von dem Schiemann mit seinen Gehülfen in Tonnen verpackt (abgemacht) werden. Um das Spundloch des Speckfasses wird ein Kranz (Speckkranz) gelegt, damit beim Füllen nichts daneben fällt. Die Matrosen, welche in den beiden Schaluppen neben dein getödteten W. zum Beistände der Speckschneider sind, um ihnen das nöthige Geräthe hinzureichen u. die Schaluppe mit dem Bootshaken da fest zu halten, wo es die Speckschneider nöthig finden, heißen Malmocken. Auch die Zunge u. der Unterkiefer werden ausgelöst. Ein anderes Geschäft ist das Losbrechen der Barten; im Schiffe reinigt man dieselben vom Fleische u. spaltet sie mit Bartbeilen in Bündel, daraus wird das Fischbein gemacht.

Der Wallfischfang wurde wahrscheinlich zuerst von den Bewohnern Norwegens betrieben, jedoch die Anwendung eines regelmäßigen Verfahrens dabei geschah zuerst von den Biscayern, welche schon im 12., 13. u. 14. Jahrh. sich eifrig u. erfolgreich damit befaßten u. auch zuerst mit den Producten dieses Fanges größeren Handel trieben. Später jedoch verschwanden nach u. nach die W-e gänzlich aus dem Biscayischen Meerbusen, u. man sah sich daher genöthigt sie in entfernten Gewässern, bes. bei Neufundland u. Island, aufzusuchen. Eigentliche Handelsbedeutsamkeit erhielt jedoch der Wallfischfang erst im 17. Jahrh., nachdem Holländer u. Engländer gegen das Ende des 16. Jahrh. bei ihren Fahrten nach dem hohen Norden, wo sie eine Durchfahrt nach Indien suchten, in den Gewässern von Spitzbergen den eigentlichen Aufenthaltsort des W-es entdeckten, indem derselbe dort in großer Menge angetroffen wurde. Die erste, eigens für den Wallfischfang von den Engländern unternommene Fahrt geschah um 1610. Gesellschaften in London u. Amsterdam schickten bald zahlreiche Schiffe zum Wallfischfange nach Spitzbergen aus, u. auch andere Nationen singen jetzt an Schiffe dazu auszurüsten. Indem dabei eine jede der betheiligten Nationen das Recht auf jenen Seestrich für sich beanspruchte, kam es unter denselben zu feindlichen Berührungen u. häufigen Kämpfen, bis endlich die Engländer, Holländer, Franzosen, Dänen u. Hamburger die Insel Spitzbergen u. die dieselbe umgebenden Meerestheile unter sich vertheilten u. einer jeden einen bestimmten District zuwiesen. Die English-Muscovy-Compagny hatte hierauf noch einige Jahre hindurch ziemlichen Erfolg in ihren Unternehmungen; später aber wurden ihre Schiffe in den nördlichen Meeren seltener u. verließen solche endlich völlig, während dem die Holländer Jahr für Jahr reich beladen heimkehrten u. bald ein entschiedenes Übergewicht über alle ihre Mitbewerber erlangten. Der W. fand sich damals noch in einer solchen Unzahl dort, daß die Schiffsräume mitunter für das Ergebniß des Fanges nicht ausreichten, u. man somit einen Theil der getödteten Fische wieder ins Meer werfen mußte. Dieses führte nun dazu, den Wallfischspeck am dortigen Ufer auszukochen u. nur den Thran u. das Fischbein heimzuführen. Die Wichtigkeit des holländischen Wallfischfanges um die Mitte des 17. Jahrh. ergibt sich daraus, daß die Holländer auf der Insel Amsterdam (am nördlichen Ufer von Spitzbergen) ein Dorf, Namens Smeerenberg, gründeten, wo sich die für den Wallfischfang ausgerüsteten Schiffe versammelten u. die für die Gewinnung des Thranes u. Fischbeines nöthigen Veranstaltungen getroffen waren. In seiner höchsten Blüthe stand der Wallfischfang der Holländer ungefähr um das Jahr 1680, wo 260 Schiffe mit 14,000 Mann Besatzung dabei beschäftigt waren. Als jedoch mit der Zeit die W-e in den nördlichen Gewässern immer seltener wurden, verließen die Holländer Smeerenberg. Wie von Seiten Englands die Muscovy Compagny nicht glücklich gewesen war, ebenso sah sich auch die South Sea Compagny, nachdem sie die Sache acht Jahre lang (seit 1725) in beträchtlichem Umfange betrieben hatte, durch ansehnliche Verluste genöthigt ihr Unternehmen wieder aufzugeben. Die Wichtigkeit dieses Erwerbszweiges jedoch erkennend, suchte die englische Regierung denselben zu heben, indem sie 1732 für die dabei beschäftigten Schiffe eine Prämie von 20, 1749 sogar von 40 Schillingen für jede Tonne Lästigkeit aussetzte. Seit 1781 wurden diese Prämien herabgesetzt u. 1824 ganz aufgehoben. In Folge des Nordamerikanischen Freiheitskrieges hatte Hollands[819] Wallfischfang sich bedeutend (etwa um die Hälfte) vermindert, während dagegen die britische sich mehr u. mehr ausdehnte. Die Anzahl der britischen Wallfischfänger, welche Grönland u. die Davisstraße besuchten, war bis 1785 etwa 60; in den folgenden Jahren aber vermehrte sie sich so, daß es im Jahre 1788 235 waren. Zu Anfange des 19. Jahrh. war der Fischfang im grönländischen Meere noch immer der bedeutendste, indem zwei- bis dreimal mehr Schiffe dahin abgesandt wurden, als nach der Davisstraße. Seitdem aber haben die W-e, durch die starke Verfolgung, welcher sie sich in den Meeren um Grönland ausgesetzt sahen, vertrieben, sich nach der Davisstraße u. bis in die Baffinsbai zurückgezogen. Die Grönlandsfahrer betreiben daher den Wallfischfang jetzt fast ausschließlich in den westlichen Gewässern, wodurch aber auch derselbe zugleich sehr gefahrvoll geworden ist. Denn während z.B. vor 1778 die Zahl der verloren gegangenen Schiffe nur 40/0 ausmachte, ist in der neueren Zeit, wo sie sich bis in die Tiefen der Baffinsbai wagen müssen, mehrmals ein Fünftel der Flotte verloren gegangen. Jetzt ist es vor allem der Große Ocean, wo die zum Wallfischfang ausgesandten Schiffe kreuzen, demnächst der Atlantische Ocean, dann die Davisstraße u. bei Grönland, u. der Indische Ocean. Die meisten der dabei betheiligten Fahrzeuge aber gehören den Vereinigten Staaten. Im Jahr 1846 war die Gesammtzahl der mit dem Fange beschäftigten Schiffe circa 926; davon kamen auf die Vereinigten Staaten 718, auf England 88, auf die englischen Colonien 40, auf Frankreich 40, deutsche, dänische u. andere europäische Staaten 25, auf südamerikanische u. andere Staaten 15. Das Gesammtcapital aber, welches jährlich durch den Wallfischfang gewonnen wird, dürfte auf 9 Mill. Dollars zu veranschlagen sein, wenn man zur Ermittelung des Werthes die jährliche Einfuhr durch die zurückkehrenden Schiffe in den Vereinigten Staaten dabei zu Grunde legt. Unter dem Ausdruck Wallfischfang versteht man gewöhnlich den Fang aller Fische, welche dem Geschlechte der Cetaceen (Whales) angehören; jedoch werden hauptsächlich zwei Arten der Fischerei, nämlich der Fang des eigentlichen Walisisches (Balena Black-whale, Right-whale) u. der des Caschelots od. Pottfisches (Physeter Sperm-whale) dabei unterschieden. Außer diesen beiden Hauptarten wird dann auch mitunter noch nebenbei der Fang des Butzkopf (Phocaena, Humpback, Grampus) u. der einiger anderer Gattungen betrieben, u. zwar der Gewinnung des Thranes wegen. Der W. liefert an 60–180, ja selbst bis 200 Barrels (à 311/2 Gallons) Thran; die größten, welche an der Nordwestküste Amerikas gefangen werden, liefern häufig 150–180 Barrels, die bei Neuseeland circa, 60 Barrels u. die bei Chile u. dem Cap der Guten Hoffnung gefangenen circa 80 Barrels. Daneben kann man durchschnittlich 1000 Pfund Barten bei jedem 100 Barrels Thran rechnen. Der Caschelot, von welchem der Wallrath u. das Wallrath- od. Spermacetiöl gewonnen wird, liefert durchschnittlich 40–50 Barrels Ausbeute. Die Zähne dieses Thieres werden nicht zur eigentlichen Ausbeute gerechnet, sondern es ist Brauch, daß sie der Mannschaft zufallen. Die Hauptstation für die Wallfischjäger im Stillen Ocean sind die Sandwichsinseln, da ihre Lage u. das gesunde Klima, die Häfen u. der reichliche Vorrath an frischen Provisionen u. Materialien den dort anhaltenden Schiffen trefflich zu statten kommen. An der Nordwestküste Amerikas dienen den Wallfischfängern die Häfen Kaliforniens, bes. Monterey u. San Francisco, zu Anhaltepunkten. Ferner werden von den Wallfischjägern besucht die Häfen Perus u. Chiles; die Falklandsinseln, die verschiedenen Südseeinseln u. die Küsten des Festlandes von Australien, welche letzteren die südwestlichsten Stationen im Stillen Ocean für Wallfischfänger sind. W. Scoresby, Account of the Arctic regions and whalefishery, Edinb. 1850, 2 Bde.; Th. Brale, The natural history of the spermwhall and a sketch of a Soth-Sea whaling voyage, Lond. 1839; Bennett, Narrative of a whaling voyage round the Globe 1833–36, ebd. 1840, 2 Bde.; Gloger, Der Wallfischfang u. seine Beförderung in Deutschland, Berl. 1847.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 817-820.
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