Wolf [5]

[322] Wolf, 1) Hieronymus, geb. 1517 in Öttingen, studirte in Tübingen, war eine Zeitlang Schreiber am bischöflichen Hofe zu Würzburg, wurde 1543 Lehrer zu Mühlhausen in Thüringen u. 1545 in Nürnberg; er ging von da nach Strasburg u. 1548[322] als Begleiter vornehmer Jünglinge nach Paris, lebte dann in Basel, wurde später gräflich Fuggerscher Bibliothekar u. Professor in Augsburg u. st. dort 1580. Durch Hypochondrie, durch den Glauben an Zauberei, Astrologie u. Chiromantie schuf er sich selbst ein trauriges Leben. Er übersetzte u. erläuterte mehre Schriften des Cicero, den Demosthenes, Isokrates, Suidas, gab den Zonaras u. Niketas Choniatas heraus u. schr. lateinische Gedichte. Vgl. Mezger, Memoria H. Wolfii, Augsb. 1862. 2) Joh. Christoph, geb. 1683 in Wernigerode, war erst Adjunct der philosophischen Facultät in Wittenberg, wurde 1707 Conrector in Flensburg, 1710 Professor der Philosophie in Wittenberg, 1712 Professor in Hamburg, 1715 Prediger u. 1716 Hauptpastor an der St. Katharinenkirche u. st. 1739. Er schr.: Curae philol. et criticae in IV evangelia etc., 3. Ausg. Hamb. 1739; Curae philol. et crit. in IV priores Pauli epistolas, 2. Ausg. ebd. 1737; Curae etc. in X posteriores Pauli epistolas, 2. Ausg. ebd. 1738; Curae etc. in Jacobi, Petri et. Johannis epist. hujusque Apocalypsin 2. A. ebd. 1741, fortgesetzt von Köcher in seinen Analectis philol. et exeget., Altenb. 1766; Bibliotheca hebraica, Hamb. 1715–33, 4 Bde.; Anecdota graeca sacra et profana, ebd. 1722, u.a.m. 3) Jakob Gabriel, geb. 1684 in Greifswald, studirte daselbst 1702–5 Jurisprudenz, wurde 1716 Professor der Rechte in Halle u. st. 6. Aug. 1754; er gehörte zu den Pietisten u. schrieb geistliche Lieder, welche zum Theil im 2. Theile von Freilinghausens Gesangbuch stehen; von ihm ist z.B. Es ist gewiß ein köstlich Ding sich in Geduld zu fassen. 4) Nathanael Matthias von W., geb. 1724 zu Konitz in Westpreußen; war Leibarzt des Fürstbischofs von Posen, Th. Czartoryiski, u. später des Kronmarschalls Fürsten Lubomirski, welchen er auf mehren Reisen begleitete, ging 1769 als praktischer Arzt nach Danzig u. st. 1784. Er schr.: Genera plantarum vocabulis characteristicis definita, Danz. 1776, u.a. botanische u. medicinische Schriften. 5) E. W., geb. 1735 in Großen-Behringen bei Gotha, wurde 1761 Concertmeister, 1763 Hoforganist u. 1766 Kapellmeister in Weimar u. st. 1792; er schr. außer Kirchenmusik u. Kammermusik deutsche Opern u. Singspiele, unt. and.: Das Rosenfest, Der Eremit auf Formentera, Alceste (Text von Wieland), Erwin u. Elmire (Text von Goethe). 6) Friedrich August, geb. 15. Febr. 1759 in Hainrode bei Nordhausen, wo sein Vater Schullehrer war, studirte seit 1777 Philologie in Göttingen, wurde 1779 Collaborator an der Klosterschule in Ilefeld, 1782 Rector in Osterode u. 1783 Professor der Philologie u. Director des pädagogischen Instituts in Halle. Seine Prolegomenen. zum Homer u. die dort aufgestellten Ansichten von der Entstehung der Ilias u. Odyssee, welche er, in ihrer jetzigen Gestalt, nicht für das Werk Homers, sondern für das mehrer Homerischen Rhapsoden hielt, verwickelten ihn in vielseitige Streitigkeiten. Nach Aufhebung der Universität Halle ging er 1807 nach Berlin u. wurde Mitglied der Akademie; er nahm an der neuen Einrichtung der dortigen Universität Theil u. wurde Director der wissenschaftlichen Deputation u. Mitglied der Section für den öffentlichen Unterricht im Ministerium des Innern; doch legte er später seine meisten Ämter nieder. Auf einer Reise nach Südfrankreich st. er 6. Aug. 1824 an einem Lungenübel in Marseille. Mit W. beginnt eine neue Epoche in der Philologie, s.d. S. 67. Er gab heraus: Shakspeare's Macbeth mit Anmerkungen, Gött. 1778; Platons Gastmahl, Lpz. 1782, 2. Ausg. von G. Stallbaum, ebd. 1828; Hesiodi Theogonia, Halle 1783; Homer, ebd. 1784 f., 4 Bde., 2. Ausg. 1794; Demosthenis oratio advers. Leptinem, ebd. 1789, n.A. von Bremi, Zür. 1831; Luciani libelli quidam, Halle 1791; Herodian, ebd. 1792; Ciceros Tusculanae quaest., Lpz. 1792, 3. A. 1824; Dessen Reden post reditum in senatu, ad Quirites post red., pro domo et de harusp. responsis, Berl. 1801; Pro Marcello, ebd. 1802; Suetonius, Lpz. 1802, 4 Bde.; Platons Dialogorum delectus, Berl. 1812 u. 20; Aristophanes Wolken u. Acharnenser (mit deutscher Übersetzung), ebd. 1811 f.; u. schr.: Geschichte der römischen Literatur, Halle 1787; Prolegomena ad Homerum, ebd. 1795; Fünf Briefe an Heyne, eine Beilage zu den neuesten Untersuchungen über den Homer, Berl. 1797; Vermischte lateinische u. deutsche Schriften, Halle 1802; Erklärungen zu Platons Phädon, Berl. 1811; Literarische Analekten, ebd. 1817–20, 4 Bde.; auch gab er mit Buttmann heraus: Museum antiquitatis studiorum, ebd. 1808–11, 1 Bd., u. Museum der Alterthumswissenschaften, ebd. 1807–10, 2 Bde. in 6 Heften. Nach W-s Tode erschien: Consilia scholastica, Werth. 1829 f.; Encyklopädie der Philologie, herausgeg. von S. M. Stockmann (Bergk), Lpz. 1830; Vorlesungen über die Alterthumswissenschaft, herausgeg. von Gürtler, ebd. 1831–35, 5 Bde.; Vorlesungen über die 4 ersten Gesänge von Homers Ilias, herausgeg. von L. Usteri, ebd. 1831, 3 Bde.; Darstellungen der Alterthumswissenschaft, herausgeg. von S. F. W. Hoffmann, ebd. 1833; Ideen über Erziehung, Schule u. Universität, Quedl. 1835. Vgl. Hanhart, Erinnerungen an F. A. Wolf, Bas. 1825; W. Körte, Leben u. Studien W-s, Essen 1833, 2 Bde.; Gott. hold, F. Aug. Wolf, Königsb. 1843; Arnoldt, F. A. Wolf in seinem Verhältniß zum Schulwesen u. zur Pädagogik, Braunschw. 1861 f., 2 Bde. 7) Peter Philipp, geb. 1761 zu Pfaffenhofen in Baiern, lernte die Handlung, etablirte sich in Leipzig, studirte später, wurde Professor in München u. st. daselbst 1808; er schr.: Geschichte der Jesuiten, Zür. 1789–92, 4 Bde.; Geschichte der römisch-katholischen Kirche unter Pius VI., ebd. 1793–1802, 7 Bde.; Geschichte Maximilians I. u. seiner Zeit, Münch. 1807, 2 Bde., fortgesetzt von Breyer, ebd. 1811, 2 Bde. 8) Ludwig, geb. 1776 in Berlin, malte bes. Gegenstände aus der Zeitgeschichte, Friedrich II. in der Schlacht von Kunnersdorf, im Dom, im Potsdamer Garten etc., Abschied Alexanders I, von Friedrich Wilhelm III., den Einzug der Verbündeten in Paris etc., alle mehrfach gestochen. 9) Johann, geb. 1765 bei Nürnberg, wurde 1792 Lehrer an der Büchnerschen Lehr- u. Erziehungsanstalt, 1803 erster Lehrer an der Knabenindustrieschule in Nürnberg, 1808 Professor der Naturgeschichte an dem physiko-technischen Realinstitute daselbst, 1809 Inspector des dasigen Schullehrerseminars u. st. 1824; er schr.: Abbildungen u. Beschreibungen der in Franken brütenden u. zahmen Vögel, Nürnb. 1796 ff., 29 Hefte; Deutschlands Gemüse, ebd. 1805; Jugendkalender, ebd. 1804–8, 4 Thle.; Naturgeschichte für die Jugend, ebd. 1606; Taschenbuch der Vögelkunde für Deutschland, Frankf.[323] 1810; Abbildung u. Beschreibung der Kreuzotter, Nürnb. 1815; Abbildungen u. Beschreibungen merkwürdiger naturgeschichtlicher Gegenstände, ebd. 1818–22, 2 Bde.; Der Holz u. Zeit ersparende Kochherd, Erl. 1820; Jugendalmanach, Nürnb. 1820, u. v. a. 10) Aug. Bened., geb. 1787 in Laucha, wurde 1811 Conrector in Guben u. 1816 Professor in Pforte u. st. 1847. Er schr.: De actibus et scenis apud Plautum et Terentium, 1814 f.; De canticis in Rom. fabulis scen., 1823; u. gab heraus den Quintilian, 1816–21, 2 Bde. 11) Joseph, Sohn eines Landrabbiners, geb. 1795 in Weilersbach bei Forchheim in Oberfranken, ging mit seiner erblindeten Mutter nach München, studirte dort auf dem Gymnasium, lebte aber sehr locker u. mußte München verlassen. Ohne Vermögen, verließ er sich auf sein Glück, ging nach Göttingen, wo er sich unter den Studenten herum trieb, u. bald nach Halle, wo er 1812 nach katholischem Ritus getauft wurde, u. setzte dann in Leipzig, Jena u. Berlin seine linguistischen Studien fort. 1814 kam er als Lehrer der Hebräischen Sprache zum Grafen Leop. Stolberg nach Tatenhausen u. ging 1815 nach Rom, wo er, um Missionär zu werden, erst in das Collegium romanum, dann in die Propaganda trat; nachdem er Rom verlassen hatte, ging er nach der Schweiz in das Liguorianerkloster Val-Saint u. dann nach England, wo er 1819 Protestant u. Mitglied der Bibelgesellschaft wurde; er wurde ordinirt u. begann 1821 seine Missionsreisen, welche bes. die Bekehrung der Juden bezweckten. Er besuchte zuerst Ägypten, Syrien u. Kleinasien u. kehrte über Rußland nach England zurück. 1831 machte er seine zweite Reise dahin u. dehnte dieselbe bis nach Bukhara (wo er gefangen wurde u. in Lebensgefahr kam), 1834 bis nach Ostafrika u. 1837 bis nach Amerika aus, um dort das Reich der jüdischen Stämme zu suchen, deren Auffindung seine fixe Idee war. Nach seiner Rückkehr nach England trat er 1838 zur Anglikanischen Kirche über u. ging 1844 auf Betrieb der britischen Regierung nochmals nach Bukhara, um das Schicksal Stoddarts (s.d.) u. Conollys zu erforschen, u. kam dabei wieder in große Gefahr, welcher er durch den persischen Gesandten entging, u. kehrte 1845 über Teheran u. Constantinopel nach England zurück, wo er Pfarrer von Isle Brevers bei Taunton in der Grafschaft Bristol wurde u. im Mai 1862 starb. Vgl. Sengelmann, J. W. ein Wanderleben, Hamb. 1663. 12) Ferd., geb. 8. Dec. 1796 in Wien, studirte hier u. in Grätz Philosophie u. Jurisprudenz, wurde 1819 Scriptor u. dann Custos an der kaiserlichen Hofbibliothek; er schr.: Über die neuesten Leistungen der Franzosen für die Herausgabe ihrer Nationalheldengedichte, Wien 1833; Über die Lais, Sequenzen u. Leiche, Heidelb. 1841; Beiträge zur Geschichte der Castilianischen Nationalliteratur, Wien 1832; Über altfranzösische Romanzen u. Hofpoesie, ebd. 1834; Über Romanzenpoesie der Spanier, ebd. 1847; Über eine Sammlung spanischer Romanzen in fliegenden Blättern auf der Prager Universitätsbibliothek, Prag 1850; u. gab heraus: Die Sage vom Bruder Rausch, Wien 1835; Floresta de rimas modernas castellanas, Par. 1837; Rosa de romances, Lpz. 1846 u.a. 13) Rudolf, geb. 1816 in Zürich, studirte daselbst, sowie später in Wien u. Berlin Mathematik u. Astronomie, wurde 1839 Lehrer der Mathematik an der Realschule in Bern, 1647 Lehrer der Mathematik an der Hochschule u. Director der Sternwarte daselbst. Er entdeckte, daß die Periode von 1111/100 Jahren der Sonnenflecken ebenso groß ist, als die Periode der Veränderungen der magnetischen Declination, sowie daß die Ursachen, durch welche die Sonnenflecken u. die Veränderlichkeit des Lichtes der veränderlichen Sterne bedingt werden, wahrscheinlich dieselben sind. Er schr.: Über den Ozongehalt der Luft u. seinen Zusammenhang mit der Mortalität, Bern 1855; Biographien zur Culturgeschichte der Schweiz, Zürich 1858 ff., 3 Bde.; Die Sonne u. ihre Flecken, ebd. 1661; Taschenbuch für Mathematik u. Physik, Bern 1852, 3. A. ebd. 1861. 14) Johannes Wilhelm, geb. 1817, hielt sich längere Zeit in den Niederlanden auf, kehrte dann nach Deutschland zurück, wo er bes. in Darmstadt lebte. Sein Aufenthalt in den Niederlanden, sowie Streifereien im Odenwalde lieferten ihm reiche Beiträge zu seinen deutschen Märchen. Von Darmstadt zog W. nach Ingenheim an der Bergstraße, machte 1854 eine Reise nach Tyrol u. st. 28. Juni 1855 in Darmstadt. Er schr.: Untersuchungen über Wuotan; Niederländische Sagen, Lpz. 1843; Deutsche Märchen u. Sagen, ebd. 1845; Über den auf dem Rodenstein hausenden Geist, Frankf. 1848; Deutsche Hausmärchen, Lpz. 1851; Beiträge zur deutschen Mythologie, Gött. 1851 ff.; Die deutsche Götterlehre, ebd. 1852; Hessische Sagen, Gött. 1853. W. bearbeitete auch den historischen Theil von Hefners Prachtwerk Die Burg Tannenberg u. ihre Ausgrabungen, Frankf. 1850; u. gründete 1845 in Brüssel die Zeitschrift De Broederhand, Tydschrift voor hoogduitsche, nederduitsche en noordsche Letterkunde. 15) s. Wolff.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 322-324.
Lizenz:
Faksimiles:
322 | 323 | 324
Kategorien:

Buchempfehlung

Lewald, Fanny

Clementine

Clementine

In ihrem ersten Roman ergreift die Autorin das Wort für die jüdische Emanzipation und setzt sich mit dem Thema arrangierter Vernunftehen auseinander. Eine damals weit verbreitete Praxis, der Fanny Lewald selber nur knapp entgehen konnte.

82 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon