[454] Kalender (v. lat. calendae), das Verzeichnis der nach Wochen und Monaten geordneten Tage eines Jahres nebst Angabe der Feste, der Mondphasen, des Auf- und Unterganges der Sonne und verschiedener andrer astronomischer Ereignisse. Das Bedürfnis einer Einteilung der Zeit führte schon früh zu der Einführung der Zeiteinheiten: der Tag, bedingt durch den vom scheinbaren Sonnenumlauf veranlaßten Wechsel von Tag und Nacht; der Monat, bedingt durch den Wechsel der Lichtgestalten des Mondes; das Jahr, bedingt durch den beim jährlichen Sonnenumlauf erzeugten Wechsel der Jahreszeiten. Der Kalendertag ist der mittlere Sonnentag (s. Tag), dem Kalendermonat liegt der synodische Monat (s. Monat) von 29,53059 Tagen = 29 Tagen 12 Stunden 44 Minuten 2,9 Sekunden zugrunde, der sich durch Beobachtung der Lichtgestalten des Mondes leicht feststellen ließ. Das Kalenderjahr beruht auf dem mittlern tropischen Sonnenjahr von 365,2422 Tagen = 365 Tagen 5 Stunden 48 Min. 45,97 Sek. (s. Jahr). Durch Beobachtung des heliakischen Frühaufganges des Sirius war die Dauer desselben näherungsweise von 365 '/-Tagen schon im 14. Jahrh. v. Chr. den Ägyptern und Babyloniern bekannt. Außer dem Sonnenjahr kommt aber auch ein Mondjahr von 12 Monaten mit abwechselnd 29 und 30 Tagen, also von 354 Tagen.[454] vor. In Athen führte Solon dasselbe 594 v. Chr. ein; doch wurde, um eine Übereinstimmung mit dem Laufe der Sonne herbeizuführen, alle drei Jahre noch ein Monat von 30 Tagen eingeschaltet. Vollständiger erreichte dieses Ziel Kleostratos (um 540 v. Chr.) durch die Oktaeteris, einen achtjährigen Schaltkreis, in dem das 3., 5. und 8. Jahr einen Schaltmonat von 30 Tagen erhielt; da hier in 8 Jahren 90 Tage eingeschaltet wurden, so war die mittlere Dauer eines Jahres 354+111/4 = 3651/4 Tage. Die Tatsache, daß 235 synodische Monate nahezu gleich sind 19 tropischen Jahren, führte Meton 432 v. Chr. zu einem Zyklus von 19 Mondjahren (Enneadekaeteris) von 354 Tagen mit 7 Schaltmonaten von 30 Tagen, die auf das 3., 5., 8., 11., 13., 16. und 19. Jahr fielen. Bei den Römern war anfangs das alte Jahr der Albaner von 10 Monaten = 304 Tagen im Gebrauch; aber Numa führte 717 v. Chr. ein Mondjahr von 355 Tagen mit 12 festen Monaten (über Namen und Dauer vgl. Monat) ein, in das alle zwei Jahre nach dem Feste der Terminalien, 23. Febr., ein Schaltmonat Mercedonius eingeschoben wurde, der abwechselnd 22 und 23 Tage hatte. Vier aufeinander folgende Jahre hatten demnach 4.355+22+23 = 1465 Tage, die durchschnittliche Dauer eines Kalenderjahres betrug 3661/4 Tage.
Da 3651/4 Tage um 11 Min. 14 Sek. oder ungefähr 1/129 Tag größer sind als das tropische Sonnenjahr, so kann schon ein Jahr von 3651/4 Tagen nicht mit der Sonne in Übereinstimmung bleiben, infolgedessen muß z. B. die Tag- und Nachtgleiche nach 129 Kalenderjahren auf ein um einen Tag früheres Datum rücken. Bei einer Jahreslänge von 3661/4 Tagen tritt aber außerdem noch alljährlich eine Verschiebung um einen ganzen Tag ein. Dieser Umstand, zu dem noch allerhand durch die Pontifices verschuldete Unregelmäßigkeiten in der Einschaltung kamen, hatte den römischen K. im Laufe der Zeit in große Verwirrung gebracht, und im J. 47 v. Chr. war derselbe um 67 Tage vom tropischen Jahr entfernt. Mit Beihilfe des alexandrinischen Astronomen Sosigenes und des Scriba M. Flavius führte deshalb Julius Cäsar eine Reform des Kalenders durch, indem er zunächst dem Jahre 708 nach Roms Erbauung, d. h. 46 v. Chr., das bereits einen Mercedonius von 23 Tagen hatte, noch 67 Tage in zwei Monaten zusetzte, so daß dasselbe 445 Tage zählte. Dadurch kam der 1. Jan. auf den ersten Neumond nach dem Wintersolstitium, die Frühlings-Tag- u. Nachtgleiche aber auf den 24. März. Die mittlere Dauer des Jahres wurde zu 3651/4 Tagen angenommen und festgesetzt, daß immer auf drei gemeine Jahre von 365 Tagen ein Schaltjahr von 366 Tagen folgen solle. Das Gemeinjahr hatte die Monate Januar = 31, Februar = 28, März = 31, April = 30, Mai = 31, Junius = 30, Quintilis = 31, Sextilis = 31, September = 30, Oktober = 31, November = 30, Dezember = 31 Tagen; im Schaltjahr aber erhielt der Februar 29 Tage, wobei als Schalttag der 24. Febr., der Tag nach dem Feste der Terminalien, galt. Den ersten Tag eines Monats nannten die Romer Calendae; ferner hießen Nonae m den Monaten März, Mai, Juli (Quintilis) und Oktober der 7., in den übrigen der 5., endlich Idus in den vier erstgenannten Monaten der 15., in den übrigen der 13. Tag. Von diesen Tagen aus zählte man rückwärts, so daß man z. B. schrieb: pridie Calendas Martias, am Tage vor den Kalenden des März, statt: »am letzten Februar«, oder III (ante) Calendas Martias, am 3. Tage vor den Kalenden des März, statt: »am vorletzten Februar«, IV Nonas Januarias, am 4. vor den Nonen des Januar, statt: »am 2. Januar«; es wurde also sowohl der zu bestimmende Tag als der, von dem man rückwärts zählt, mitgerechnet. Dieser von Cäsar eingeführte julianische K. geriet nach Cäsars Tode wieder in Unordnung, da man irrtümlich alle drei Jahre die Einschaltung vornahm; Augustus beseitigte den hierdurch entstandenen Fehler, so daß von 757 nach Roms Erbauung (4 n. Chr.) der K. wieder in Ordnung war, er erhielt sich im Römerreich bis zum Ende desselben und ging auch in die christliche Kirche über. Da aber 129 Jahre dieses Kalenders um ungefähr einen Tag zu groß sind, so konnte derselbe auf die Dauer nicht mit dem Laufe der Sonne in Übereinstimmung bleiben, zur Zeit der Kirchenversammlung zu Nicäa 325 n. Chr. fiel schon das Frühlingsäquinoktium nicht mehr auf den 24., sondern auf den 21. März. Erst später erkannte man den wahren Grund dieses Zurückweichens aller festen Jahrespunkte, und im 15. Jahrh. rieten zuerst Pierre d'Ailly und der Kardinal Nikolaus von Cusa, eine Anzahl Tage aus dem K. auszuwerfen, um das Frühlingsäquinoktium auf den 21. März zu bringen. In der Tat wurde 1474 auch Regiomontanus vom Papst Sixtus IV. mit der Verbesserung des Kalenders betraut, der plötzliche Tod dieses Gelehrten trat aber hindernd dazwischen.
Ein Jahrhundert später berief Papst Gregor XIII. eine Kommission, zu welcher der Bamberger Mathematiker Clavius, der Spanier Petrus Ciaconius, der Italiener Ignatio Dann und der Kardinal Sirtelli gehörten, welche die von dem Italiener Luigi Lilio vorgeschlagene Reformation, den gregorianischen K., annahm. Da seit Julius Cäsars Zeit ungefähr 13mal 129 Jahre vergangen waren, so hatte sich das Frühlingsäquinoktium um 13 Tage rückwärts geschoben und fiel auf den 11. März. Um es nun den Bestimmungen des Konzils zu Nicäa gemäß auf den 21. zu bringen, ließ man 1582 zehn Tage ausfallen, und zwar wurde einer päpstlichen Bulle vom 24. Febr. d. J. gemäß auf den 4. Okt. gleich der 15. gezählt. Damit aber im Laufe der Zeit sich nicht wieder der alte Fehler einstelle, wurde bestimmt, daß zwar im allgemeinen, wie bisher, jedes Jahr, dessen Zahl durch 4 teilbar ist, ein Schaltjahr von 366 Tagen sein solle, daß aber von den Schlußjahren der Jahrhunderte, wie 1600, 1700 etc., den sogen. Säkularjahren, nur die mit 400 teilbaren Schaltjahre, die andern gemeine Jahre sein sollten. Es blieb also in dem gregorianischen K. das Jahr 1600 ein Schaltjahr; 1700, 1800, 1900 aber wurden gemeine Jahre und erst 2000 wird wieder ein Schaltjahr. Da 400 tropische Jahre = 146,096 Tagen 21 Stund. 7 Min., 400 gregorianische Jahre aber = 146,097 Tagen sind, so sind letztere um 2 Stund. 53 Min. oder ungefähr 1/8 bis 1/9 Tag zu groß. Lalande schlug deshalb vor, alle 3600 Jahre einen Schalttag auszuwerfen, Heis wollte dies, von 3200 an, alle 3200 Jahre tun; eine Bestimmung darüber ist aber zunächst noch unnötig. Zur festgesetzten Zeit eingeführt wurde der neue K. nur in Italien, Spanien und Portugal; auch in Frankreich, Lothringen und den katholischen Niederlanden geschah dies noch 1582, in dem katholischen Teil von Deutschland und den katholischen Kantonen der Schweiz 1583, in Polen 1586, in Ungarn 1587; 1699 nahmen auch die evangelischen Stände des Deutschen Reiches den neuen K. unter dem Namen des »verbesserten«[455] an, und infolgedessen wurde 1700 im protestantischen Deutschland auf den 18. Febr. gleich der 1. März gezählt. Gleichzeitig erfolgte auch in den Vereinigten Niederlanden die Annahme des neuen Kalenders, der schon 1699 in Dänemark eingeführt worden war; 1701 folgte die Mehrzahl der evangelischen Schweizerkantone, St. Gallen aber erst 1724, und in Glarus, Appenzell und einem Teil von Graubünden behielten die Protestanten bis zu der Staatsumwälzung von 1798 den alten K. bei. England führte den neuen K. 1752, Schweden 1753 ein. Der alte K. ist jetzt nur noch in Rußland, Griechenland, bei den Slawen griechischer Konfession und bei den mohammedanischen Wüstenbewohnern von Fezzan, Tuat etc. im Gebrauch. Da in diesem K. die Jahre 1700, 1800 und 1900 Schaltjahre waren, im gregorianischen nicht, so ist ersterer oder der K. alten Stils gegen diesen, den K. neuen Stils, gegenwärtig um 13 Tage zurück, es ist z. B. also jetzt 4. Mai alten Stils = 17. Mai neuen Stils. Will man das Datum auf beide Arten angeben, so schreibt man die gregorianische Angabe über die andre, z. B. 17./4. Mai, 3. Juni/21. Mai./ Zur Bestimmung des Wochentags, der auf jedes Datum eines Jahres fällt, dient der Zyklus der Sonntagsbuchstaben. Mit letzterm Namen bezeichnet man nämlich den Buchstaben, der auf den Sonntag fällt, wenn man die einzelnen Jahrestage, vom 1. Jan. anfangend, mit den sich immer wiederholenden sieben Buchstaben A, B, C, D, E, F, G bezeichnet. Da ein gemeines Jahr 52 Wochen 1 Tag hat, so schließt es mit demselben Wochentag, mit dem es anfing, und der Sonntagsbuchstabe rückt von einem Jahr zum nächsten um eine Stelle zurück; bei einem Schaltjahr beträgt dieses Zurückweichen 2 Tage, und man gibt hier dem 23. und 24. Febr. denselben Buchstaben, so daß ein Schaltjahr zwei Sonntagsbuchstaben hat, den ersten für die Zeit vor, den zweiten für die Zeit nach dem 23. Febr. Die Reihenfolge der Sonntagsbuchstaben wiederholt sich nach 4. 7 = 28 Jahren, und man nennt die Zahl, die angibt, das wievielte dieser 28jährigen Periode ein gegebenes Jahr ist, den Sonnenzirkel. Man findet denselben, indem man die Jahreszahl um 9 vermehrt und dann mit 28 dividiert; der Rest oder, wenn die Division ausgeht, die Zahl 28 ist der Sonnenzirkel. Im julianischen K. gehören zum Sonnenzirkel I stets die Sonntagsbuchstaben G F; im gregorianischen K. aber ist der Sonntagsbuchstabe um so viel Stellen vorwärts im Alphabet verschoben, als der Unterschied beider K. in Tagen beträgt, also gegenwärtig um 13 oder, da man 7 weglassen kann, um 6; dem Sonnenzirkel I entsprechen also im 19. Jahrh. die gregorianischen Sonntagsbuchstaben E D, im 20. Jahrh. F E. Folgende Tafel zeigt den Wechsel der Sonntagsbuchstaben:
Es läßt z. B. 1903+9 = 1912 bei der Division mit 28 den Rest 18, also ist im gregorianischen K. D der Sonntagsbuchstabe, d. h. der 4. Jan. (D) ist ein Sonntag, der 1. Jan. ein Donnerstag. Daraus er geben sich die sämtlichen übrigen Wochentage des Jahres. Bequemer und ohne weitere Rechnung kann man jedoch die nachstehenden Tabellen I-III benutzen, die den Wochentag für jedes Datum vom Anfang unsrer Zeitrechnung bis zum Jahre 3000 n. Chr. sowohl im gregorianischen als im julianischen Kalender direkt angeben.
[456] Aus Tabelle I entnimmt man mit den beiden letzten Stellen des betreffenden Jahres und dem Monat einen der Buchstaben p q....v. Bei Januar und Februar ist zu unterscheiden, ob das betreffende Jahr ein Gemein- oder ein Schaltjahr ist; die Schaltjahre sind fett gedruckt; es ist jedoch zu bedenken, daß im julianischen K. (alter Stil) alle Jahre, die auf 00 endigen, Schaltjahre sind, während im gregorianischen K. (neuer Stil) nur die Jahre 1600, 2000, 2400 und 2800 Schaltjahre sind. Aus Tabelle II entnimmt man mit den Hunderten des betreffenden Jahres eine Zahl, die man zu dem gesuchten Monatstag addiert. Mit diesem »korrigierten Monatstag« und dem aus Tabelle I gefundenen Buchstaben p q.... v findet man dann in Tabelle III direkt den gesuchten Wochentag. Da die Tabelle II für die spätern Jahrhunderte sich in leicht ersichtlicher Weise fortsetzen läßt, so gilt dieser K. für ewige Zeiten, daher nennt man solche Tabellen ewige oder immerwährende K. Zwei Beispiele werden den Gebrauch der Tafel am besten zeigen: 1) An welchem Wochentag ist Kopernikus gestorben, sein Todestag ist der 24. Mai 1543 alten Stils. Aus Tabelle I findet man in der fünften Horizontalreihe, in der die Zahl 43 steht, unter Mai den Buchstaben p. Aus Tabelle II für 15 Hunderte der Jahreszahl alten Stils die Zahl 1, diese zu 24 hinzu addiert, gibt als korrigierten Monatstag 25, hiermit findet man in Tabelle III unter p Donnerstag als gesuchten Wochentag. 2) Gesucht der Wochentag von Bismarcks Geburtstag, 1. April 1815. Aus Tabelle I folgt u; Tabelle II ergibt 0, Tabelle III mit 1 und u Sonnabend.
Einen wesentlichen Teil des christlichen Kalenders bildet die Angabe der kirchlichen Feste. Diese sind teils fest, wie Neujahr 1. Januar, Epiphanias 6. Januar, Johannis 24. Juni, Michaelis 29. September, Weihnachten 25. Dezember, teils beweglich. Die beweglichen Feste richten sich sämtlich nach dem Osterfeste. Das letztere aber soll einem Beschluß des nicäischen Konzils zufolge am ersten Sonntag nach dem Vollmonde, der auf das Frühlingsäquinoktium folgt, gefeiert werden; fällt dieser sogen. Ostervollmond auf einen Sonntag, so wird Ostern am nächsten Sonntage gefeiert. Die Berechnung des Ostervollmondes geschieht mittels der Epakten (s. d.). Da 19 julianische Jahre von 3651/4 Tagen nur um 11/2 Stunde größer sind als 235 synodische Monate, so fallen nach 19 Jahren die Mondphasen wieder auf dieselben Monatstage; weil aber anderseits 12 synodische Monate (354 Tage 8 Stund. 48 Min. 36 Sek.) um 10 Tage 21 Stund. kleiner sind als ein Jahr, so rückt jede Mondphase im nächsten Jahre um 11 Tage zurück. Epakte ist nun das Alter des Mondes am 1. Jan.; dieselbe wächst dem Erwähnten zufolge von einem Jahr zum andern um 11 Tage. Sechsmal, wenn die durch Addition von 11 entstandene Summe 30 übersteigt, wird 30 weggeworfen; nach der XIX. Epakte fallen aber bloß 29 Tage weg (Sprung der Epakte), damit man wieder auf die erste kommt. Dieser 19jährige Zyklus heißt der Mondzirkel, und die Zahl, die angibt, das wievielte in einem solchen Zyklus ein bestimmtes Jahr ist, wird die Goldene Zahl genannt. Dieselbe wird gefunden als der Rest, den die um 1 vermehrte Jahreszahl bei der Division mit 19 übrigläßt; geht die Division auf, so ist 19 die Goldene Zahl. Bei den Epakten, die in unserm K. als julianische verzeichnet sind, gehört zur Goldenen Zahl 1 die Epakte XI. Als aber bei der Kalenderreform 1582: 10 Tage ausfielen, reduzierte sich diese Epakte auf I, und als 1700 ein Schalttag ausfiel, wurde sie = 0, wofür man gewöhnlich * schreibt; diese Korrektion infolge des Ausfallens des Schalttags nennt man die Sonnengleichung. 1800 dagegen wurde die Epakte aus folgendem Grunde nicht geändert, trotzdem daß auch hier ein Schalttag ausfiel: Weil 235 synodische Monate um 11/2 Stunde = 1/2e Tag kleiner sind als 19 Jahre, was in 16. 19 = 304 Jahren einen Tag ausmacht, so muß die Epakte alle 300 Jahre um 1 vergrößert werden; man nennt diese Korrektion die Mondgleichung. Die sogen. julianischen Epakten können hiernach nicht richtig bleiben; sie stimmten aber zur Zeit der Kalenderreform mit Sonnen- und Mondlauf überein, und 1800 trat nun die Mondgleichung hinzu, die aber durch den Ausfall des Schalttages aufgehoben wurde. 1900 ist nur die Sonnengleichung aufgetreten, 2100 wird diese und die Mondgleichung auftreten. Nachstehende Tafel enthält die Goldene Zahl, die julianische und die gregorianische Epakte für die Zeit von 17002200:
Im J. 1903 z. B. ergibt sich bei der Division mit 19 in 1903+1 = 1904 der Rest 4, welches die Goldene Zahl dieses Jahres ist; seine julianische Epakte ist demnach XIV, seine gregorianische II. Um nun den Ostervollmond oder die sogen. Ostergrenze für jedes Jahr zu finden, hat man dieselbe im alten K. für die Goldene Zahl 1 direkt beobachtet und den 5. April gefunden; im gregorianischen K. ist für diese Goldene Zahl der 1. Januar ein Neumond (Epakte *), und da 31/2 Monate = 103,2 Tagen sind, so ist der 103. Tag des Jahres oder der 13. April der Ostervollmond. Da die Epakte von Jahr zu Jahr um 11 wächst, so geht die Ostergrenze um 11 Tage zurück, wobei aber jedesmal 30 Tage hinzuzufügen sind, wenn sie vor den 21. März kommt. Auf diese Weise erhält man die nachstehende Tafel der Ostergrenzen (S. 458).
Im J. 1903, dessen Goldene Zahl 4, ist also die gregorianische Ostergrenze der 11. April C, und da der Sonntagsbuchstabe D ist, so fällt diese Grenze auf einen Sonnabend, Ostern also auf den nächsten Sonntag, 12. April. Da der 21. März der früheste, der 18. April die späteste Ostergrenze im gregorianischen K. ist, so kann Ostern nicht vor dem 22. März und nicht nach dem 25. April fallen. Auf den 22. März fiel Ostern 1598, 1693, 1761 und 1818, auf den 25. April 1666, 1734 und 1886. In diesem Jahrhundert wird der früheste Ostertermin 23. März 1913 und der späteste 25. April 1943 sein.[457]
Für die nächsten 15 Jahre sind die Ostertermine:
Die julianische Ostergrenze stimmt nicht immer genau mit dem astronomischen Ostermonat überein, da die julianischen Epakten nicht vollständig richtig sind; aber auch die gregorianische Ostergrenze kann von der astronomischen um einen Tag abweichen, wie dies z. B. 1876 der Fall war, wo der Ostervollmond in Wahrheit auf Sonnabend, 8. April, fiel, daher der 9. April Ostersonntag hätte sein sollen. Im protestantischen Deutschland berechnete man auch anfangs den Ostervollmond nach den astronomischen Tafeln, und infolgedessen feierten 1724 und 1744 die Protestanten Ostern acht Tage eher als die Katholiken, die Ostern mittels der Epakten bestimmten. Durch einen Reichstagsbeschluß von 1776 wurde die letztere Berechnung allgemein eingeführt. Dasselbe Resultat wie die erläuterte zyklische Berechnung des Osterfestes gibt auch folgende von Gauß gegebene Regel: Ist n die Jahreszahl, und sind a, b, c, d, e die Reste der Division von n durch 19, n durch 4, n durch 7,19a+M durch 30, 2b+4c+6d+Q durch 7, so fällt Ostern auf den (22+d+e)ten März. Dabei ist M im julianischen K. stets 15, im gregorianischen oder gegenwärtig 24 und wächst um 1, wenn die Epakte um 1 kleiner wird; Q ist im julianischen K. stets 6, im gregorianischen jetzt 5 und wächst um 1 mit jedem gemeinen Schlußjahr eines Jahrhunderts.
Der jüdische K., für den weder aus der Bibel noch aus den Schriften der jüdischen Literatur bis Mitte des 4. Jahrh. n. Chr. sich übersichtliche Regeln aufstellen lassen, fand durch den Patriarchen Hillel den jüngern (um 344) die erste systematische Bearbeitung. Er brachte die als Geheimnis bewahrte Kalenderberechnung in festere Formen, indem er die Monatsdauer, das erste Novilunium nach der Schöpfung feststellte, den 19 jährigen Mondzyklus und die Festverschiebungsregeln einführte. Hierauf beruht im allgemeinen das jüdische Kalenderwesen noch heute. Als verschiedene Jahresrechnungen waren bei den Juden üblich: nach dem Auszug aus Ägypten, nach Regenten, die Seleukidische und die jetzt noch gebräuchliche Schöpfungsära Hillels. Der jüdische Monat ist nach der Umlaufszeit des Mondes berechnet. Das Gemeinjahr hat 12 Monate, von denen Nisan, Sivan, Ab, Tischri, Kislev, Schebat 30, Ijar, Tammuz, Elul, Marcheschwan, Tebet, Adar 29 Tage haben. Zur Ausgleichung mit dem Sonnenjahr wird von Zeit zu Zeit ein 13. Monat eingeschaltet, der auf den Adar folgt und Veadar, d. h. zweiter Adar, genannt wird (vgl. Monat). Der Schaltzyklus umfaßt 19 Jahre, worunter 7 (das 3., 6., 8., 11., 14., 17. und 19.) Schaltjahre sind. Das erste Jahr der Hillelschen Schöpfungsära, das im Herbst 3761 v. Chr. beginnt, war zugleich der Anfang des 19jährigen Schaltzyklus. Das mittlere oder regelmäßige Gemeinjahr hat 354, das mittlere oder regelmäßige Schaltjahr 384 Tage; ein überzähliges Gemein- oder Schaltjahr hat einen Tag mehr, ein mangelhaftes einen Tag weniger als ein mittleres. Hiernach haben die Juden sechs verschiedene Jahre von 353, 354, 355, 383, 384, 385 Tagen. Vgl. Lewysohn, Geschichte und System des jüdischen Kalenderwesens (Leipz. 1856); Schwarz, Der jüdische K. (Bresl. 1872).
Die Mohammedaner rechnen nach Mondjahren von 12 Monaten mit abwechselnd 30 und 29 Tagen; dazu kommt noch im letzten Monat des 2., 5., 7., 10., 13., 15., 18., 21., 24., 26. und 29. Jahres in einem 30jährigen Zyklus ein Schalttag. In Ägypten galt seit 25 v. Chr. der julianische K., doch fiel das Schaltjahr immer um ein Jahr früher als bei uns; seit 1879 ist dort der gregorianische K. eingeführt.
[458] Der französisch-republikanische K., durch Konventsdekret vom 5. Okt. 1793 eingeführt, begann mit dem Herbstäquinoktium (22. Sept.) 1792. Das Jahr bestand aus 12 Monaten (ihre Namen s. S. 458) zu 30 Tagen mit 5 oder im Schaltjahr 6 Ergänzungstagen (jours complémentaires oder sansculottides) am Ende; je 4 Jahre bildeten eine Franciade, in der das 4. Jahr ein Schaltjahr war, doch sollte von Zeit zu Zeit die Franciade einmal 4 gemeine Jahre enthalten. Das Jahr begann mit dem Vendémiaire und schloß mit dem Fructidor, worauf die 5 (im Schaltjahr 6) Jours complémentaires oder sansculottides folgten, nämlich: Fête de la vertu, Fête du génie, Fête du travail, Fête de l'opinion, Fête des récompenses und Fête de la Révolution. Der Monat zerfiel in 3 Dekaden mit je 10 Tagen, die nach verschiedenen, meist landwirtschaftlichen Gegenständen benannt waren, außerdem aber die Ordnungsnamen führten: Primidi, Duodi, Tridi, Quartidi, Quintidi, Sextidi, Septidi, Octidi, Nonidi und Decadi, letzterer und Quintidi Ruhetage. Durch Dekret Napoleons vom 9. Sept. 1805 wurde vom 1. Jan. 1806 an der gregorianische K. wieder eingeführt.
Immerwährender K. (s. oben) nennt man auch Tabellen, welche die einzelnen Tage des Jahres und daneben die sich wiederholenden Buchstaben A bis G sowie die Epakten oder die entsprechenden Goldenen Zahlen enthalten. Kennt man den Sonntagsbuchstaben und die Goldene Zahl eines bestimmten Jahres, so kann man mittels des immerwährenden Kalenders den vollständigen K. dieses Jahres finden. Für alle Zeiten gültig bleibt eine solche Tabelle nur beim julianischen K.; beim gregorianischen ist sie bloß für ein oder ein paar Jahrhunderte brauchbar. Der Ausdruck immerwährender K. bezeichnet auch überhaupt alle Tabellen und sonstigen Hilfsmittel, die zur Lösung kalendarischer Aufgaben für einen längern Zeitraum dienen; solche Tabellen sind Ch. A. Kesselmeyers »Calendarium perpetuum mobile« (s. dessen »Erklärungen und Beispiele zum Calendarium perpetuum mobile«, Manchester u. Dresd.); Schuberts »Panchronist« (Leipz.); Gratrex' »Perpetual daily calendar« (Oxford) u. a., die aber komplizierter sind als der oben abgedruckte ewige K. Vgl. Schubring in der »Zeitschrift für die gesamten Naturwissenschaften« (1875).
[Kalenderliteratur.] Der älteste gedruckte deutsche K. wurde 1439 von Johannes de Gamundia (Hans von Schwäbisch-Gmünd) herausgegeben; er ist auf zwei Holztafeln in Großfolio geschnitten, jetzt in der königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenfalls auf Holztafeln geschnitten, aber in Quart, ist der K., den 1474 Regiomontanus mit einer Anweisung zur Anfertigung des Kalenders herausgab, und von dem sich Exemplare in den königlichen Bibliotheken zu München, Berlin und Brüssel befinden. Ihnen folgte eine Reihe andrer K., so der Augsburger (1481 und 1483), der Straßburger von H. Knoblochtzer (1483), der Ulmer von J. Pflaum (1499), der Erfurter (1505) etc. Sie sämtlich sind sogen. immerwährende K. (s. oben). Den ersten eigentlichen, d. h. Jahreskalender gab Peypus in Nürnberg (1513) heraus, dem Arndes in Lübeck (1519), Diez in Rostock (1519) u. a. folgten. In allen diesen und den später erscheinenden Kalendern spielen, neben dem Verzeichnis der Feste, den Tagen der Märtyrer und anderm Beiwerk, die sogen. Kalenderpraktiken, d. h. Angaben, an welchen Tagen man zu purgieren, Ader zu lassen, Medizin zu nehmen, zu baden etc. habe, eine Hauptrolle. Hierher gehört auch der sogen. hundertjährige K., ein zuerst um 1700 vom Abt Knauer veröffentlichtes und oft ausgelegtes Volksbuch, worin mit Einmischung astrologischer und andrer abergläubischer Vorstellungen eine Übersicht der Witterung und des Kalenders auf ein ganzes Jahrhundert gegeben wird (vgl. Lostage). Als sich dann seit dem Ende des 18. Jahrh. in Deutschland das Streben geltend machte, gemeinnützige Kenntnisse und Aufklärung unter den niedern Volksschichten zu verbreiten, erkannte man den K. als das geeignetste Mittel dazu, und es bildete sich nach dem Vorgang von Chr. K. André (»Nationalkalender«, Brünn 1810 ff., der später als »K. für die deutschen Bundesstaaten« erschien) mit der Zeit eine förmliche Kalenderliteratur aus, die allgemeine Belehrung und Unterhaltung als Hauptzweck verfolgt (vgl. auch Almanach). Der Große Kurfürst überwies 1700 der neugegründeten Sozietät der Wissenschaften in Berlin (unter dem Präsidium von Leibniz) das Kalendermonopol; der »Verbesserte K.« wurde zu einem Staatshandbuch erweitert und erlangte durch seine exakten astronomischen Angaben (Kirch) auch im Ausland hohes Ansehen. Friedrich d. Gr. verpachtete das Kalenderwesen, 1809 erlosch das Monopol, und 1815 wurde Buchhändlern gegen Erlegung einer Steuer gestattet, eigne K. herauszugeben. 1820 übernahm Trowitzsch in Frankfurt a. O. den Verlag der sogen. Königlichen K., und 1874 wurde die Stempelsteuer aufgehoben. Von den neuern Kalendern erlangten die Volkskalender von Gubitz, Steffens, W. O. v. Horn (»Spinnstube«), Trewendt, Nieritz u. a. neben dem noch bestehenden von Trowitzsch, ebenso der »Schweizer Disteli-K.«, der sächsische »Ameisenkalender«, der »Lahrer hinkende Bote«, der »Volksbote« (Oldenburg), der »Münchener Fliegende Blätter-K.«, der »Daheim-K.«, »Gartenlaube-K.« u. a. weite Verbreitung. Daneben gibt es für alle möglichen Berufsarten K., von denen einige, wie z. B. der Universitätskalender, der Medizinalkalender, der Baukalender, der Ingenieurkalender, der K. für Eisenbahntechniker, z. T. mit Beiheften versehen, durch die Bearbeitung des Materials und die Gediegenheit ihrer Beiträge wissenschaftliche Bedeutung gewonnen haben. Eine Besonderheit in der Kalenderliteratur ist der zu Ende der 1870er Jahre unter dem Einfluß der Wiederbelebung der deutschen Renaissance entstandene »Münchener K.« von O. Hupp, der sich in seinem farbigen Bildschmuck, in der Form der Typen und in der Anordnung des Satzes an die deutschen Druckwerke des 16. Jahrh. anschließt, in seinen bildlichen Darstellungen aber vorzugsweise das Wappenwesen pflegt. Nach dessen Muster, jedoch mit erheblicher Erweiterung des illustrativen und textlichen Inhalts, sind 1902 der vom Verein für die Geschichte Berlins herausgegebene »Berliner K.« (mit Bildschmuck von G. Barlösius) und der »Thüringer K.« (mit Bildschmuck von Ernst Liebermann u. a.), beide redigiert von G. Voß, ins Leben gerufen worden, von denen der letztere ebensosehr das Interesse an der Vergangenheit zu beleben und die Liebe zur Heimat zu pflegen, wie für die Erhaltung des Volkstums in Sitte und Tracht zu wirken sucht. Eine besondere Gattung bilden die Hof- und Staatskalender, deren erster der »Status particularis regiminis Ferdinandi II.« (Wien 1637) war; ein Werk ähnlicher Art ist der seit 1763 erscheinende »Gothaische Genealogische Hofkalender« (s. Genealogie). Für besondere Zwecke erhielten die K. eigenartige Gestalt, wie die Kontor- und Wandkalender, die Abreißkalender, unter denen »Meyers Historisch-[459] Geographischer K.« wohl die erste Stelle einnimmt, die Taschen- und Notizkalender, die Portemonnaiekalender etc. Die Lehre von der Anfertigung der K. heißt Kalendariographie.
Vgl. außer den Lehrbüchern der Chronologie: Littrow, Kalendariographie (Wien 1828); Schmöger, Grundriß der christlichen Zeit- und Festrechnung (Halle 1854); v. Reinsberg-Düringsfeld, Katechismus der Kalenderkunde (Leipz. 1876); Drechsler, Kalenderbüchlein (3. Aufl., das. 1881); Kaltenbrunner, Vorgeschichte der gregorianischen Kalenderreform (Wien 1876); Knobloch, Die wichtigsten K. der Gegenwart (das. 1885); Fleischhauer, Kalenderkompendium der christlichen Zeitrechnungsweise auf die Jahre 12000 vor und nach Christi Geburt (Gotha 1884); F. Müller, Kalendertabellen (Berl. 1885); Wislicenus, Astronomische Chronologie (Leipz. 1895); Lersch, Einleitung in die Chronologie, 2. Teil: Der christliche K. (2. Aufl., Freiburg 1899); W. Foerster, K. und Uhren am Ende des 19. Jahrhunderts (Braunschw. 1899).
Brockhaus-1911: Kalender · Kalender [2] · Gregorianischer Kalender · Julianischer Kalender
DamenConvLex-1834: Kalender · Julianischer Kalender
Herder-1854: Julianischer Kalender · Kalender · Alter Kalender · Gregorianischer Kalender
Lueger-1904: Kalender [2] · Kalender [1]
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Inspiriert von den Kupferstichen von Jacques Callot schreibt E. T. A. Hoffmann die Geschichte des wenig talentierten Schauspielers Giglio der die seltsame Prinzessin Brambilla zu lieben glaubt.
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1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
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