1. An kleinen Brunnen löscht man auch den Durst. – Simrock, 1357.
Frz.: A petite fontaine boit-on à son aise. (Leroux, I, 48.)
2. Aus einem trockenen Brunnen kann man keinen Labetrunk schöpfen.
3. Aus kleinem Brunnen trinkt man ebenso gut (sich ebenso satt) als aus grossem. – Simrock, 1356; Körte, 748; Sutor, 552.
4. Aus lautern Brunnen schöpft man lauteres Wasser. – Körte, 749.
5. Besser vom Bronnen als vom Brünnelein. – Sutor, 82.
6. Brunnen, die immer Wasser geben, schätzt man nicht.
7. Brunnen, die stets gebraucht werden, haben immer frisches Wasser. – Henisch, 536.
8. Den Brunnen schätzt man erst, wenn er kein Wasser mehr gibt. – Sailer, 184.
Frz.: Quand le puits est sec, on connaît la valeur de l'eau.
Lat.: Nescit homo vere, quod habet, nisi cesset habere. (Gaal, 262.)
9. Der beste Brunnen wird erschöpft.
10. Der eine gräbt den Brunnen und der andere löscht sich den Durst.
11. Dess brunnen, dess ich getrunken hab, kann ein ander auch zu schmecken kriegen. – Henisch, 536.
12. Die zum brunn gehet, der beschert Gott sobald ein Mann, als die zum tantz gehet. – Henisch, 175.
13. Eigener Brunnen gibt gutes Wasser.
14. Ein anders ist es, in den Brunnen fallen, ein anders in den Brunnen steigen.
15. Ein Brunnen, der stets gebraucht wird, versiegt nicht.
16. Ein Brunnen lässt sich nicht mit Thau füllen. – Burckhardt, 185.
So sagen die Aegypter, wenn hochgestellten Personen, die als habsüchtig bekannt sind, unbedeutende, winzige Geschenke gemacht werden.
17. Ein Brunnen viel gepumpt, gibt (desto mehr) reines Wasser. – Eiselein, 99.
18. Ein neuer Brunnen ist leichter gegraben, als ein alter ausgeräumt. – Winckler, XVI, 11.
19. Ein salziger Brunnen kann kein süss Wasser geben.
Holl.: Eene onreine bron kan geen rein water opgeven. (Harrebomée, I, 94.)
20. Es hilft nicht, den Brunnen verschliessen, wenn das Kind ertrunken ist. – Lehmann, II, 157, 166.
Lat.: Nil juvat amisso claudere septa grege. (Philippi, II, 27.)
21. Es ist ein böser (schlechter) Brunnen, in den man Wasser tragen muss. – Lehmann, II, 140, 129; Eiselein, 99; Körte, 750; Kirchhofer, 356; Henisch, 536; Sailer, 150; Tendlau, 783; Simrock, 1362.
Ein bei den meisten Völkern vorkommendes Sprichwort. Wenn man z.B. bei einem Geschäft zugesetzt hat und aufs neue Kapitalien aufnehmen muss; auch von einem Handwerker, der das, was er selbst hervorbringen sollte, erst einkauft, um vom Wiederverkauf desselben zu leben.
Holl.: Tis een quaet put, daer ment water indraghen moet. (Fallersleben, 667.)
[490] Lat.: Fons malus est, in quem latices aliunde ferendi. (Seybold, 187.) – Nullius pretii fons est, aqua si datur illi. (Fallersleben, 667.) – Raro laudatur fons, in quem lympha feratur. (Sutor, 1003.)
Ung.: Roszkút, melybe vizet kell hordani. (Gaal, 257.)
22. Es ist ein guter Brunnen, der stets klar Wasser gibt.
23. Es ist ein schlechter Brunnen, der keinen Durst löscht. – Körte, 750.
24. In tiefen Brunnen fehlt es nicht an Wasser.
25. Je mehr man auss einem brunnen schöpffet, je reichlicher er quillet. – Henisch, 536.
26. Je mehr man den Brunnen gebraucht (pumpt), je mehr (reiner) Wasser gibt er. – Simrock, 1351; Körte, 751.
27. Je näher dem Brunnen, je frischer (reiner) das Wasser, je weiter vom Brunnen, je trüber. – Henisch, 536; Körte, 752; Simrock, 1354.
It.: Chi vuol dell'acqua chiara, vada alla fonte. (Gaal, 260.)
Lat.: Purius ex ipso fonte bibuntur aquae. (Gaal, 260.)
Ung.: Jobb a viz tulajdon forrásábán. (Gaal, 260.)
28. Je weiter vom brunnen, je stärker ein wasser fleust. – Henisch, 536.
29. Kleine Brunnen sind bald (leicht) erschöpft. – Simrock, 1358.
Engl.: A little good is soon spent. (Gaal, 256.)
30. Lautre Brunnen such' ich eh', dann ich zu den trüben geh'.
31. Man bohrt (gräbt) leichter einen (neuen) Brunnen, als dass man verfallene aufdeckt. – Eiselein, 99; Simrock, 1364.
32. Man darf die Brunnen nicht decken. – Eiselein, 94.
33. Man deckt den Brunnen zu spät, wenn das Kind ertrunken ist. – Gaal, 258.
34. Man geht lieber (ebenso mehr) zum Brunnen als zum Bächlein (Brünnlein). – Seybold, 205.
Lat.: Gratius ex ipso fonte bibuntur aquae. (Sutor, 82.)
35. Man muss Brunnen decken. – Kirchhofer, 67; Eiselein, 99.
Ein Scherzwort, das gesagt wird, wenn ein Todesfall sich ereignet und die Freude über das Erbe grösser als die Trauer ist, weil ein lustiger Erbe nicht ins Wasser springen wird.
36. Man verwahrt den Brunnen, wenn das Kind (Kalb) ertrunken ist.
Lat.: Maxima pars pecore amisso praesepia claudit. (Binder I, 962; II, 1809; Palingen, 9, 828; Philippi, I, 244; Seybold, 300.)
37. Quillet auch ein brunnen auss einem loch süss vnd bitter. – Henisch, 402.
38. Soll der Brunnen nicht mehr fliessen, muss man die Quelle verstopfen.
39. Von lautern brunnen fliessen lautere wasser. – Franck, I, 27a; Simrock, 6244; Sailer, 162; Henisch, 536; Sutor, 684.
Lat.: A puro pura defluit aqua. (Philippi, I, 36; Binder II, 14.) – Ex puro fonte pura defluit aqua. (Gaal, 261.)
40. Wenn alle in den Brunnen springen, würdest du nachspringen? – Simrock, 1363.
41. Wenn der Brunnen trocken ist, schätzt man erst das Wasser. – Simrock, 1352.
42. Wenn der Brunnen trocken ist, weiss man wie gut das Wasser schmeckt.
43. Wenn der Brunnen trübe worden ist, muss man warten, bis er sich geläutert hat. – Lehmann, 4, 23.
Gegen das Handeln in Leidenschaft.
44. Wenn der Brunnen wenig Wasser gibt, dann achtet man ihn erst.
45. Wenn die Brunnen austrocknen, dann kann das Wasser wol theuer werden.
46. Wenn man den Brunnen verstopfen will, muss man die Quelle suchen. – Pistor., III, 29; Simrock, 1355; Körte, 754.
47. Wer alte Brunnen räumt, findet überall faule Luft (oder: der muss eine gute Nase haben).
Dän.: Hvo i alde brønde leder, finder edder i somme. (Prov. dan., 71.)
48. Wer den Brunnen erst gräbt, wenn er durstet, der muss verschmachten.
[491] 49. Wer in brunnen felt, will sich am mooss erhalten. – Henisch, 537; Gaal, 259.
50. Wer in den Brunnen gefallen ist, kommt schwer heraus.
Lat.: In puteo constrictus. (Erasm., 189.)
51. Wer keinen guten Brunnen hat, soll gar nicht schöpfen.
52. Wer selber in den Brunnen springt, dem geschieht recht, dass er ertrinkt. – Brandt, Nsch., 45.
53. Wie der Brunnen, so der Eimer. – Winckler, XVII, 95.
It.: A tal pozzo, tal secchia.
*54. Aus einem Brunnen in den andern fallen.
*55. Den brunnen schliessen (zudecken), so das kindt ersoffen (ertrunken) ist. – Franck, II, 47a; Tappius, 40a; Körte, 754a; Eiselein, 99.
Wie man bei den alten Römern, den Vejern, Kumanern und Utubern, in Spanien den Jobosern, in Frankreich den Gascognern, in Welschland den Trasteverinern, in Baiern den Hirschauern, in der Oberlausitz den Weissenbergern u.s.w. so manches andichtete, so hat man die Entstehung dieses Sprichworts nach Schilda verlegt. Es sei, erzählt man, einst ein Kind in einen offenstehenden Brunnen gefallen und ertrunken, worauf sofort ein Rathsdecret erschienen sei, welches das Zudecken der Brunnen, Röhrbütten und Wasserbehälter der Art in der Stadt bei namhafter Strafe im Unterlassungsfalle geboten habe. In ähnlicher Weise wurden z.B. in Frankfurt a.M. in den dreissiger Jahren die Thore erst dann durch Laternen erhellt, als die wegen demagogischer Umtriebe Verhafteten in der dicken Finsterniss entkommen waren. Schilda ist nämlich überall, wo solche Dinge vorkommen.
Engl.: When the steed is stol'n the stable door shall be shut. (Gaal, 258.)
It.: Dopo morte non val medicina. – Quando l'ucello e fuggito, poco rileva riservar la gabbia. – Serrar la stalla quando si han perduti i buoni.
Lat.: Accepto damno januam claudere. (Wiegand, 1166.) – Clypeum post vulnera sumere. (Ovid.) – Machinas post bellum adferre. (Tappius, 40; Seybold, 288; Sutor, 174.) – Nil juvat amisso claudere septa grege. (Gaal, 258.)
Ung.: Késő akkor bezárni az ajtót, mikor már oda a fakó. (Gaal, 258.)
*56. Einen Brunnen neben der Quelle (dem Flusse) graben.
Unnütze Arbeit. (S. ⇒ Aal 21.)
It.: Affacca ad sa funtana faghet su putu.
Lat.: Juxta fluvium puteum fodit. (Erasm., 20.)
*57. Er ist in einen Brunnen gesperrt.
In die Enge getrieben, sodass er sich in keiner Weise helfen kann.
*58. Güldne brunnen reden. – Lehmann, II, 232, 184.
*59. Man hat's aus einem tiefen Brunnen geschöpft.
zu1.
Engl.: A little stream may quench thirst as well as a great river. (Marin, 24.)
Schwed.: Små brunnar släcka ock törsten. (Marin, 24.)
zu4.
Lat.: A puro pura defluit aqua. (Faselius, 2.)
zu21.
»Das wirt ein böser Brunnen sein, da man muss wasser tragen ein.« (Loci comm., 97.) – Bei Tunnicius (1262): It îs ein quât sôt, dâr men dat water mot indrogen. (Est puteus pravus, toto qui siccus in anno.)
Dän.: Den brönd duer ey, deert som skal baeres vand udi. (Prov. dan., 92.) – Det or en slem brönd man skal baere vand udi, og en slom kilde, man ey kand slukke törsten af. (Prov. dan., 91.)
zu23.
Bei Tunnicius (960): It is ein quât borne, de neinen dorst leschet. (Fontis aquam sperno, qua nulla sitis cohibetur.)
zu41.
Frz.: Quand le puits est sec, on sait ce que vaut l'eau. (Cahier, 1496.)
60. Auch ein Brunnen schöpft sich aus. – Frischbier, I, 481.
Noch eher eine Geldtasche. Jüdisch-deutsch in Warschau: A Brünnen schoppt sich auch aus.
61. Aus einem versiechten Brunnen kann man kein Wasser schöpfen.
»Nymands auch keye Wasser zieweht auss dem Born der do ist verseycht.« (Werdea, Bi.)
62. Beim kleinen brunnen kan einer so gnug trincken als beim grossen. (S. ⇒ Brünnlein 1-3 u. ⇒ Eimer 1.) – Lehmann, 349, 12.
63. Bey einem Brunnen muss man einen Eymer haben. – Herberger, I, 770.
64. Der Brunnen ist für mich eine Hauptsache, das nächste Wasser ist eine Viertelstunde entfernt, sagte der Milchhändler, als man ihn fragte, warum er wegen desselben einen langen Prozess führe.
65. Der Brunnen muss Weg und Steg haben. (S. ⇒ Acker 82 und ⇒ Gut 42.) – Graf, 84, 99.
66. Der tiefste Brunnen ist zu erschöpfen.
Lat.: Dando fit effectus aliis licet ambro repletus. (Reuterdahl, 191.)
67. Dieweil der Brunnen stehet, höret das fliessen daraus nicht auf.
»Es ist bey den alten Heidnischen Künstlern, Hochgelarten vnd hocherfarnen Leuten ein altes gemeines Sprichwort: Dieweil der Brunnen stehet, höret das fliessen daraus nicht auf.« (Aventin, II b.)
68. Ein Brunnen ohne Sprung, ein Löwe ohne Zung, ein Mann ohne Mütz, ein Kirchthurm ohne Spitz, ein Bürgermeister ohne Witz haben in Mannheim ihren Sitz. (S. ⇒ Mannheim 2.)
Wenn dies Sprichwort jemandem in irgendeiner Schrift begegnet, den ersuche ich um Mittheilung der Quelle und der Anwendungsform.
69. Es ist nicht stets der Brunnen zu tief, wenn man kein Wasser erlangt, oft ist auch der Strick zu kurz.
[1070] 70. Es ist zu spät einen Brunnen zu graben, wenn der Hals dürr ist.
Lat.: Miserum est opus, demum fodere puteum, ubi sitis fauces tenet. (Plautus.) (Philippi, I, 252.)
71. Hast du aus dem Brunnen von Venia getrunken? – Sanders, 114.
72. In einen Brunnen, aus dem man getrunken hat, soll man keinen Stein werfen. – Günsburg, I, 137.
Den nicht beleidigen, der uns Gutes erwiesen.
73. In 'n goen Brunnen bruks man kên Water do brâgen. (Bremen.) – Köster, 253.
74. Je mehr man in einem trüben Brunnen stirlet, je trüber er wird. – Petri, II, 395.
75. Je tieffer Brunn, je heller Wasser. – Dietrich, I, 616.
76. Man grabt leichter ein Brunen von Newen, als das man ein Alten vernewert. – Lehmann, 549, 1.
77. Man kann auch einen tiefen Brunnen ausschöpfen.
78. Man muss den Brunnen so tief graben, bis er Wasser gibt. – Schlechta, 382.
79. Man muss den Brunnen vor dem Durste graben.
80. Speie nicht in den Brunnen, denn du weisst nicht, ob du nicht noch einmal daraus trinken musst.
Böhm.: Neplij v studánku, neviš, kdy z ní zase píti budeš. (Čelakovský, 51.)
81. Wenn sich einer in den Brunnen stürzt, so braucht der andere nicht nachzuspringen. – Petri, II, 648.
Dän.: Spriger een i en brönd, derfor gjör ey en anden det. (Prov. dan., 527.)
82. Wer aus allen Brunnen trinkt, kann leicht den Tod haben.
Dän.: Hvo i alde brönde leder, finder ädder i somme. (Prov. dan., 21.)
83. Wer aus einem Brunnen trinken will, muss sich bücken. – Herberger, I, 834.
84. Wer den Brunnen hat, braucht nicht zum Bächlein. – Caspari, 12.
85. Wer weiss, in welchem Brunnen am längsten Wasser ist!
Dän.: Man veed aldrig hvilken brönd der er laengst vandi. (Prov. dan., 91.)
*86. Du hast wol erst einen Brunnen gegraben. – Frischbier, II, 444.
Wenn jemand nach Wasser geschickt wird und ungebührlich lange wegbleibt.
*87. Einem den Brunnen1 beschauen.
1) Verhüllend für Harn, Urin. Also jemand untersuchen, weil in jener Zeit die Aerzte vor allen Dingen den Urin der Kranken beschauten. » ... so kumpt im sein köchin entgegen, die besieht im den prunnen im Seckel.« (O. Schade, Satiren und Pasquille, II, 139, 9.) Bei Hans Sachs, I, 475c (Ausgabe 1558) sagt ein Mann von der das Regiment im Hause führenden Frau eines andern: »ich meine, sie würd' dir 'n brunnen schauen, sie ist gleich als bös als mein weib.« (Vgl. auch Frommann, III, 68.)
*88. Einen Brunnen mit der Nadel graben. – Merx, 54.
*89. Er muss in den Brunnen gefallen sein.
In Oberösterreich von jemand, der, ausgeschickt, lange nicht zurückkommt.
*90. Er will aus jedem Brunnen schöpfen (trinken).
Dän.: Mange ville drikke af alde rönde. (Prov. dan., 28.)
*91. Es ist nicht in den Brunnen gefallen. – Frischbier, II, 445.
Um auszudrücken, dass es nicht verloren ist.
*92. Es sind Brunnen ohne Wasser. – 2 Petri, 2, 17; Fabricius, 81.
*93. Etwas in den Brunnen schlagen. – Grimm, Wörterbuch, I, 427.
*94. I will di zum Brunne fueren, 'ass vor em selber lehrsch sufe. (Solothurn.) – Schild, 81, 274.
*95. In den Brunnen fallen.
»Die Handlung fiel abermal in den Brunnen.« (Gottfried, 841b.) D.h. es wurde nichts daraus; auch von einer Krankheit (einem Fieber), sie sei in den Brunnen gefallen, wenn sie nach dem Gebrauche von Arzneimitteln schwand.
[1071] *96. Von den Brunnen zu den Pfützen gerathen. – Luther's Tischr., 295b.
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