Dünger

[275] Dünger und Düngung. Durch die Benutzung zur Pflanzenkultur erleidet der Boden in chemischer und physikalischer Beziehung derartige Veränderungen, daß er im Verlaufe der Zeit für die Kulturpflanzen ungeeignet, pflanzenmüde (s. Bodenmüdigkeit) wird. Am wirksamsten wird der Nährstoffvorrat im Boden und sein physikalischer Zustand wieder in Stand gesetzt durch Düngung, so daß er den Anforderungen der nach der Düngung anzubauenden Pflanze zu genügen vermag. Der Boden ist daher nicht um seiner selbst, nicht um der Bodenerschöpfung (s. d.) willen, wie man früher annahm, sondern um der Pflanze willen zu düngen. Die einzelnen Kulturpflanzen verlangen eine bestimmte Menge von Bodennährstoffen (Nährstoffbedürfnis der Pflanze) zu ihrer vollständigen Entwickelung, die sie sich je nach ihrer Art in sehr verschiedenem Maß aus Boden und Dünger anzueignen vermögen. Diese Nährstoffaneignungsfähigkeit wird zum Unterschiede von dem Nährstoffbedürfnis, das in der Nährstoffzusammensetzung der Pflanze zum Ausdruck kommt, als spezifisches Düngebedürfnis der Pflanze bezeichnet. Das eine deckt sich nicht mit dem andern, die Pflanze bedarf einer wesentlich größern Zufuhr an Pflanzennährstoffen im Dünger, als ihrem Nährstoffgehalt entspricht. Fehlen in einem Boden einzelne Nährstoffe oder sind sie nicht in richtigem gegenseitigen Verhältnis zueinander vorhanden, besteht ein Düngerbedürfnis des Bodens, so sinkt nicht nur der Ernteertrag, sondern auch der prozentige Nährstoffgehalt der Pflanze. Ist anderseits auf einem überreichen Boden der maximale Nährstoffgehalt der Pflanze erreicht, so läßt er sich durch weitere Düngung nicht mehr vermehren. Von den verschiedenen Nährstoffen werden den Pflanzen von Natur aus die Stoffe zur Bildung der organischen Substanz, d.h. Kohlenstoff, Sauerstoff, Wasserstoff und zuweilen auch Stickstoff in so reichen Mengen zur Verfügung gestellt, daß eine Zufuhr im Dünger überflüssig erscheint. Dagegen fließen die Quellen zur Bildung der anorganischen Substanz so spärlich, daß eine Zufuhr von Aschenbestandteilen, besonders von Phosphorsäure und Kali, die am ehesten im Boden zu fehlen beginnen, im Dünger geboten erscheint. Die Vermehrung des Stickstoffvorrats im Boden kann auch ohne Stickstoffdüngung durch Anbau stickstoffsammelnder [275] Hülsenfrüchte erreicht werden, die unter gewissen Bedingungen, besonders auf stickstoffarmem Boden, den Stickstoff der Atmosphäre entnehmen. Die verschiedenen Dungmittel sind je nach ihrer Wirkung absolute, relative und indirekt wirkende. Die absoluten Hauptdünger, wie Stallmist, Jauche, Abtrittsdünger und Kompost, enthalten alle erforderlichen Bodennährstoffe und werden in so großen Mengen angewendet, daß sie auch den physikalischen Zustand des Bodens beeinflussen. Relative Dungmittel: Kunst-, Handels-, Spezial-, Bei-, Neben- oder Hilfsdünger, sind nur durch einen oder einige wenige Nährstoffe wirksam und werden in der Regel in so geringen Mengen verwendet, daß sie den physikalischen Zustand des Bodens meist nur wenig beeinflussen. Die indirekt wirkenden Dungmittel, wie Kalk, Mergel, Gips, Dungsalz, Gründünger, wirken vornehmlich auf die physikalische Beschaffenheit des Bodens.

I. Hauptdünger.

[Stallmist.] Der Stallmist, Stall-, Vieh-, Hof-, Normaldünger, besteht aus einem in Zersetzung begriffenen Gemenge von Exkrementen der Haustiere mit Streumaterialien. Der Harn enthält die leicht löslichen, die Exkremente, die den unverdauten Teil der Na hrung bilden, die schwer löslichen Pflanzennährstoffe. Je reichlicher die Fütterung und je weniger von den Nährstoffen des Futters zum tierischen Ansatz in Wolle, Fleisch, Knochen, Milch etc. kommt, um so wertvoller werden die Exkremente für den Stalldünger. Im Mittel werden nach E. Wolff von 100 Teilen der im Futter enthaltenen Substanz wiedergefunden im:

Tabelle

Durch die beigemengte Streu wird je nach ihrem größern oder geringern Stickstoffgehalt die Zersetzung des Stalldüngers beschleunigt oder verzögert Das wertvollste Streumaterial ist das Getreidestroh, meist von Wintergetreide, das bei Mangel daran grob gehäckselt verwendet wird. Als Streusurrogate werden verwendet: verdorbenes Heu und Hülsenfruchtstroh, Maisstengel, Kartoffelkraut, Hackstreu (kleingehacktes Nadelholzreisig), Laub- und Nadelstreu, Waldstreu, Sägespäne, Holzwolle, humusreiche Erde (Erdstreu), Torfstreu u. dgl. Torfstreu übertrifft alle andern Surrogate, weil sie große Aufnahmefähigkeit mit geringem Gewicht verbindet.

Rindviehmist und Schweinemist sind am wasserreichsten und werden unter Mitwirkung von Mikroorganismen nur langsam zersetzt. Ihre Wärmekapazität ist eine hohe, weshalb sie als kalte Dünger bezeichnet werden und in großen Quantitäten für leichte, sandige Bodenarten zu verwenden sind. Pferde- und Schafmist sind trockner, von geringerer Wärmekapazität, zersetzen sich schnell und finden am besten als hitzige Dünger in geringern Mengen für gebundenen Tonboden Verwendung. Die jährliche Menge frischen Düngers ergibt sich, wenn die Trockensubstanz der verabreichten Futtermengen verdreifacht wird; für eine Kuh beträgt sie jährlich 100–150 dz, ein Schaf 6–8 dz, ein Pferd 60–85 dz, ein Schwein 13–25 dz.

Die Düngerbehandlung soll jeden Verlust an gasförmigen, flüssigen und festen Stoffen hintanhalten. Der geringste Verlust tritt ein, wenn der frische Stallmist unmittelbar vom Stall auf das Feld gebracht wird; da sich jedoch dieses Verfahren wegen der Bestellung der Felder für gewöhnlich nicht durchführen läßt, muß der Dünger im Stall oder auf einem vorbereiteten Platz, der Düngerstätte, aufgesammelt werden. Die Ansammlung im Stall findet regelmäßig bei Schafdünger, aber auch bei Rindvieh-Tiefstalldünger statt; sie erfordert bewegliche Krippen und etwas größere Stallhöhe, bietet aber den Vorteil, daß unter den Füßen der Tiere die Zersetzung sich unter viel geringerm Verlust vollzieht als auf der Düngerstätte. Die unter Mitwirkung von Mikroorganismen verlaufende fortschreitende Zersetzung bedingt eine Verminderung des Volumens und Gewichts des Düngers. Es entstehen der Reihe nach aus dem frischen strohigen Stallmist mäßig verrotteter, mürber und speckiger Stallmist, welch letzterer bei nicht sachgemäßer Konservierung zunehmend ärmer an Stickstoff und humusbildender Substanz wird und daher in seiner Wirkung auf die physikalische Beschaffenheit des Bodens gegenüber dem strohigen Dünger zurücksteht. Zu den wertvollsten Bestandteilen des Stallmistes gehört der Stickstoff, der daher bei einer rationellen Düngerbereitung möglichst vor Verlusten zu schützen ist. Man erzielt dies einigermaßen durch Feuchthalten und Durchschichten des Düngerhaufens mit humusreicher Erde, Torfmull etc. sowie durch Umwandlung der flüchtigen Ammoniakverbindungen in das minder flüchtige Ammoniumsulfat durch Gips. Viel wirksamer noch wird die Konservierung oder die Sterilisation des Stallmistes, wenn man die Bildung und Zerstörung des Salpeters durch Tötung der salpeterbildenden und -zerstören den Bakterien verhindert; dies geschieht durch alle sauren Stoffe, wie Superphosphat, hochprozentigen Superphosphatgips, Bespritzen mit Jauche, die mit 0,4 proz. Schwefelsäure angesäuert wurde, sowie durch eine Durchmengung mit Mergel. Gips, Superphosphat und Phosphatgips, deren lösliche und freie Phosphorsäure (8–9 Proz.) den Stickstoff schneller bindet, sind besonders für den im Frühjahr zu Rüben und Kartoffeln zu verwendenden Winterdünger und für bündigen, humusarmen, phosphorsäurebedürftigen Boden günstig, Kalirohsalze sind für den im Herbst auszuführenden Sommerdünger und für leichtern und kaliarmen Boden zu wählen. Erstere sind, weil sie den Mist austrocknen, nur im Stalle täglich auszustreuen, letztere, die den Mist feucht erhalten, allwöchentlich auch auf der Düngerstätte zu benutzen. Bei Verwendung des Stallmistes auf dem Felde kann überdies die Ausnutzung des Stickstoffvorrates im Boden sowohl durch eine Vermehrung der organischen Substanz (Energiequelle) als auch durch eine solche der Denitrifikationsbakterien ungünstig beeinflußt werden. Der Denitrifikationsprozeß oder die Entbindung elementaren Stickstoffs im Boden spielt im Vergleich zu andern, die mangelhafte Ausnutzung des Stallmiststickstoffs bedingenden Faktoren eine ganz untergeordnete Rolle.

Die rechteckige, auch halbkreis- oder kreisförmige Düngerstätte (Fig. 1) wird vor Wind und Sonne geschützt, am besten an der Nordseite des Stalles angelegt und mit diesem durch Schienenwege verbunden, die vertiefte oder erhöhte Sohle ist durch eine Tonschicht und Pflasterung möglichst undurchlässig zu machen, um ein Versickern der Jauche zu verhindern. Um die Düngerstätte werden Jaucherinnen angelegt, welche im Gefälle die Jauche der Jauchengrube zuführen, von wo sie mit Hebevorrichtungen (Faulers Patentpumpe, Noëls Universalpumpe, Kettenpumpe od. dgl.) nach Bedarf zur Feuchterhaltung des Düngers[276] über dieien verteilt wird. Die Größe der Düngerstätte entspricht gewöhnlich der Größe der Stallfläche. Große Düngerstätten sind in Abteilungen anzulegen, um verschieden alten Stallmist zu erhalten. Die Aufschichtung des Stallmistes erfolgt lagenweise mit dazwischen gebreiteter Erde, nach Erreichung von 1–2 m Höhe derselben ist der Dünger mit humoser Erde zu bedecken, um Stickstoffverluste zu verhüten. Soxhlet empfiehlt, Harn und Kot nebst Streu vollkommen getrennt voneinander zu gewinnen und aufzubewahren.

Der fertige Stallmist wird senkrecht herab abgeschnitten, aufgeladen und entweder am Rande der Felder in großen Haufen aufgeschichtet oder gleich in reihenweise gestellte Häuschen auf das Feld gebracht. Können diese nicht gleich untergepflügt werden, so sind sie zur Vermeidung von Geilstellen (s. Geilung) sofort gleichmäßig auszubreiten.

Fig. 1. Durchschnitt einer Düngerstätte. a Sohlenpflaster, b gepflasterter Damm, c Jauchengrube, g Tonbettung.
Fig. 1. Durchschnitt einer Düngerstätte. a Sohlenpflaster, b gepflasterter Damm, c Jauchengrube, g Tonbettung.

Stehen zur Zeit der Herbst- und Frühjahrsdüngung nicht genügende Stallmistmengen zur Verfügung, so läßt sich noch mit Stufen- und Kopfdüngung späterhin Mist auf die Felder bringen. Die Stufen-o der Lochdüngung findet z. B. gleichzeitig mit dem Legen der Kartoffeln statt, während die Kopfdüngung, bei welcher der Stallmist über die stehende Saat gebreitet wird, zur Aushilfe schwacher Getreidesaaten angewendet wird. Eine besondere Form der Düngung mit Schafmist ist das Pferchen oder Horden, bei dem Schafe über Nacht auf die zu diesem Zweck eingezäunten Felder getrieben werden (s. Pferch).

Die Stärke der Stallmistdüngung richtet sich nach der Tierart, von welcher der Dünger stammt, der Pflanze, die zu düngen ist, dem Boden und klimatischen Verhältnissen und der verfügbaren Düngermenge. Krafft bezeichnet eine Düngung auf 1 Hektar von 150–200 dz oder 25–34 Fuhren als schwache oder halbe, von 200–300 dz oder 34–50 Fuhren als gewöhnliche oder volle, mittlere, von 300–400 dz oder 50–67 Fuhren als starke und 400–600 dz oder 67–100 Fuhren als sehr starke oder übermäßige Düngung.

Zum Fortschaffen des Stallmistes auf die Felder kommen besonders auf größern Gutskörpern Feldbahnen zur Verwendung. Während des Sommers wird der Stallmist vom Hofe mit Gespannen zugeführt und an der Anwand des zur Herbstdüngung bestimmten Feldes in prismatischen Haufen aufgesetzt. Das Auseinanderfahren des Düngers mit der Feldbahn erfolgt dann entweder auf die Stoppel oder die abgewalzte Sturzfurche. Dies Verfahren ist erheblich billiger als das alte Düngerfahren mit Gespannen. Dabei spart man in der dringendsten Arbeitszeit an Gespannen, da nur ein Pferd erforderlich ist, das Feld wird nicht zertreten und der Stallmist in großer Gleichmäßigkeit auf dem Felde verteilt, wodurch das Einpflügen des Düngers wesentlich erleichtert wird.

[Jauche.] Die Jauche (Adel, Aadl, Odel, Hüll, Mistjauche, Gülle, Pfuhl) ist jene Flüssigkeit, die auf der Düngerstätte durch den Düngerhaufen durchsickert, aus diesem alles Lösliche aufnimmt und daher von größtem Dungwert ist, wenn ihrer Zersetzbarkeit durch Konservierungsmittel, wie sie oben beim Stallmist angegeben wurden, vorgebeugt wird. Sie wird vorteilhaft zum Bespritzen und Feuchterhalten des Stallmistes auf der Düngerstätte und des Komposthaufens benutzt oder, mit Wasser verdünnt, in fahrbare Jauchefässer gefüllt, zum Übergüllen von Wiesen, grünem Futter und Getreidesaaten etc. verwendet. Auf 1 Hektar gießt man 300 bis 400 hl. Zur gleichmäßigen Verteilung werden an den Jauchefässern Zungen- oder Nasenverteiler angebracht. In der Schweiz und in Bayern ist gebietsweise die Umwandlung sämtlicher Exkremente in flüssige Form für flüssige Düngung oder Güllendüngung in Gebrauch, indem die Exkremente in die Jauche geworfen und gemeinschaftlich nach einer 4–6wöchigen Gärung auf die Felder ausgegossen werden.

[Abtrittsdünger.] Latrinen-, Fäkaldünger, kommt ungeachtet seines hohen Wertes nur in beschränktem Maße zur Verwendung. Die menschlichen Exkremente enthalten wie der Stallmist die sämtlichen Nährstoffe der Pflanzen und sind in gleichem Grade wie diese zersetzlich, in der Regel aber zu sehr mit Wasser (90–96 Proz.), Kehricht u. dgl. vermischt, so daß die Landwirte nicht immer geneigt sind, sie abzunehmen. Der mittlere prozentige Gehalt der menschlichen Exkremente an Pflanzennährstoffen ist: 0,7 Stickstoff, 0,2 Kali, 0,26 Phosphorsäure. Nach Heiden produziert ein erwachsener Mensch jährlich an Fäces und Harn 486,75 kg; darin sind enthalten 34,45 kg feste Stoffe, 28,15 kg organischer Substanz, 5,15 kg Stickstoff, 1,14 Phosphorsäure und 1,07 kg Kali. Auf die Felder bringt man die Kloakenstoffe entweder frisch, entsprechend mit Wasser verdünnt, oder abgegoren, oder zu Kompost verarbeitet, oder als Kunstpräparat in trocknem, pulverförmigem Zustand (Poudrette). In der Gärtnerei, auf lockerm Ackerland und zum Berieseln von Grasland verwendet man flüssige Massen. In Japan und China bilden sie den Hauptdünger; Stallmist kennt man dort nicht.

[Kompost.] Zur Bereitung von Kompost-, Komst-, Kumpst-, Menge- oder Streudünger, dessen Wirkung vom Nährstoffgehalt, dem Einfluß auf die physikalischen Bodeneigenschaften und vom Bakteriengehalt abhängt, verwendet man alle Arten von Wirtschaftsabfällen, tierischen, vegetabilischen oder mineralischen Ursprungs. Man schichtet die zur Kompostbereitung dienlichen Materialien entsprechend übereinander zu Haufen, sorgt dafür, daß von diesen alles Wasser gut ablaufen kann, ohne aber wesentliche Dungstoffe mitzunehmen, befeuchtet sie fleißig mit Jauche, deren düngende Stoffe zurückgehalten werden, während das Wasser verdunstet oder abfließt, und bearbeitet solche Haufen mehrmals, bis alle Vegetabilien und Abfälle gut verwest sind und das Ganze eine homogene Masse darstellt. Solcher Kompost kann nach 1/2–1 Jahr zu allen Früchten und zu jeder Zeit angewendet werden; vorzüglich eignet er sich für Sandboden, zur Düngung der Reihensaaten, zur Lochdüngung, für Wiesen- und Futterfelder und für alle Gartenkulturen. Die Gärtner bereiten ihn mit verschiedener Grundlage je nach den Zwecken, für die er verwendet wird.

II. Hilfsdünger.

Die Verwendung von Hilfs- oder Kunstdünger neben oder an Stelle von Stalldünger beschäftigt die Landwirte schon seit Liebigs epochemachenden Lehren auf das lebhafteste und führte zur Ansicht, daß[277] der Stalldünger für die Erhaltung der Fruchtbarkeit der Felder allein keineswegs ausreicht. Findet kein Zukauf von Futter und Dünger in einer Wirtschaft statt, so muß der in der eignen Wirtschaft abfallende Stallmist stetig um jene Menge von Kali und Phosphorsäure etc. ärmer werden, die mit den verkauften Körnern und dem Vieh aus der Wirtschaft ausgeführt werden. Diese Entwertung des Stallmistes wird um so erheblicher, je weniger Nährstoffe durch die natürliche Verwitterung aus dem gebundenen Nährstoff vorrat des Bodens aufgeschlossen werden; sie kann nur durch die Zufuhr der mangelnden Nährstoffe mit Kunstdüngern hintangehalten werden. Da die Kunstdünger nur einen oder einige wenige Nährstoffe enthalten, so können sie anderseits den Stallmist, der alle Nährstoffe enthält und überdies durch seine organische Substanz auch physikalisch wirksam ist, niemals ersetzen; am ehesten ist dies noch auf leichtem Boden möglich, wenn für einen Ersatz der organischen Substanz durch Gründüngung (System Schultz-Lupitz) Sorge getragen wird.

Enthält ein Boden alle Pflanzennährstoffe in solchen Mengen und in solcher Konzentration der Bodenlösung, wie es dem Düngebedürfnis der Pflanze entspricht, so würde eine einseitige Vermehrung des einen oder andern Nährstoffes ohne Einfluß oder selbst nachteilig für die Vermehrung des Ernteertrages sein. Der Ernteertrag kann erst dann erhöht werden, wenn auch alle übrigen zum Pflanzenwachstum notwendigen Nährstoffe vermehrt werden. Fehlt dagegen im Boden ein Nährstoff oder ist die Konzentration der Bodenlösung durch forcierten Anbau einer Pflanze gestört, liegt somit ein Nährstoffminimum im Boden vor, so wird die Zufuhr des betreffenden Nährstoffes durch Kunstdünger entschieden die Ernteerträge steigern, weil dann auch die übrigen ausreichend vorhandenen Nährstoffe, die ohne jenen fehlenden nicht ausgenutzt werden, zur Ernährung der Pflanze herangezogen werden können. Besteht daher z. B. in einem Boden ein Phosphorsäureminimum, so werden die Ernteerträge durch Beidüngung von Phosphaten zur Stallmistdüngung höher steigen, als wenn dieses nur allein angewendet wird. Würde man dagegen in diesem Falle statt mit Phosphaten mit Kalisalzen düngen, so würde dies die ungünstige Zusammensetzung der Bodenlösung nur verschärfen.

Die Wirkung der Hilfsdünger hängt überdies nicht allein vom Boden- und Düngungszustand oder dem Nährstoffbedürfnis der Kulturpflanzen ab, sondern auch von dem Düngerbedürfnis der Pflanzen und der jeweiligen Witterung. Je günstiger die Vegetationsfaktoren (Wärme, Licht, Wasser, physikalische Bodeneigenschaften, Kulturzustand des Feldes etc.) sind, um so vorteilhafter werden die Kunstdünger zur Wirkung gelangen; unter entgegengesetzten Verhältnissen wird sie aber ausbleiben, oder wird selbst nachteilig werden.

Fig. 2. Schema der Mischungsfähigkeit der Dünger.
Fig. 2. Schema der Mischungsfähigkeit der Dünger.

Mit ━ verbundene Dünger dürfen nicht, mit = nur unmittelbar vor ihrer Verwendung und mit - jederzeit gemischt werden.


Es läßt sich daher von vornherein für einen gegebenen Fall nicht bestimmen, ob ein Kunstdünger wirksam sein wird oder nicht. Hier kann nur der zunächst im kleinen auszuführende praktische Düngungsversuch entscheiden, dessen Ergebnis jedoch keine allgemeine Bedeutung hat, sondern nur für das vorliegende Düngerbedürfnis des Bodens und die jeweilige Witterung gilt.

Die Mehrzahl der Kunstdünger werden in verhältnismäßig geringen Mengen angewendet. Deshalb werden sie möglichst zerkleinert, auch eventuell um ihre Masse zu vermehren, mit Erde vermengt und gleichmäßig mit der Hand oder einer Düngerstreumaschine (s. d.) ausgestreut und innig mit der Ackerkrume vermischt. Um Arbeit zu ersparen, werden die Dünger auch miteinander gemischt ausgestreut sofern durch die Vermengung nicht Zersetzungen eintreten; vgl. Fig. 2. Als Kopfdünger dienen nur Chilisalpeter und Gips.

Die Hilfsdünger können nach ihrem Gehalt an Pflanzennährstoffen gruppiert werden, und zwar entnehmen wir aus Kraffts »Lehrbuch der Landwirtschaft« (Bd. 1, 7. Aufl., Berl. 1899) folgende Übersicht über die zur Zeit in Verwendung stehenden Kunstdünger:


1) Stickstoff: I. Salpeterstickstoff (Nitrate): Chilisalpeter; II. Ammoniakstickstoff: Ammoniak, Ammoniumsalze, Gaswasser; III. organischer Stickstoff: a) Absälle tierischen Ursprunges: Wolle-, Gerberei-, Leder-, Leim-, Horn-, Tranabsälle, Fettschmelz rückstände, Wollumpen, Maschinenputzwolle, Federn, Haare, tote Puppen der abgehaspelten Seidenkokons, Maikäfer etc.; b) Fabrikate: Fleischmehl, getrocknetes Blut, Blut-, Horn-, Ledermehl etc.; c) Steinkohlenruß etc.

2) Stickstoff und Phosphorsäure (Stickstoffphosphate): Peru-, Fray Bentos-, Fisch-, Granat-, Robben-, Fledermausguano, Geflügelexkremente, Ölkuchenmehl, Blutdünger, Urate, Leimkäse etc.

3) Phosphorsäure (Phosphate): I. mit in Wasser unlöslicher Phosphorsäure: A. Rohphosphate: a) Guanophosphate: Baker-, Mejillones-, Maldenguano, Sombrero-, Bolivia-, Navassaphosphat; b) Mineralphosphate: Phosphorite, Apatit, Koprolithen, Osteolithen; c) Knochenphosphate: Knochenasche, Knochenkohle (Spodium); B. künstlich dargestellte Phosphate: a) Phosphatschlacken; b) präzipitierte Phosphate der Leim- und chemischen Fabriken; II. mit wasserlöslicher Phosphorsäure: a) Superphosphate; b) neben Stickstoff: rohes, gedämpftes und aufgeschlossenes Knochenmehl, Spodiumabfälle; c) Düngergemische: Ammonium-, Salpeter-, Blutmehl-Superphosphate etc.

4) Kali (Kalidünger): Pottasche, Schlempekohle (Kaliumkarbonat), kohlensaures Kaliummagnesium, Abfalllauge, Staßfurter Abraumsalze, Ausseeer-, Kaluszer Kaliumsalze, Seifensiederfluß (Chlorkalium), Rückstände der Weinsäurebereitung, Weintrestern, Melasse, Glntionslange, Wollschweiß etc.

5) Kali und Stickstoff: Kalisalpeter, Mistjauche, Osmosewasser etc.

6) Kali und Phosphorsäure: Holzasche, phosphorsaures Kalium, Kaliumsuperphosphate, Kalium-Ammonium-Superphosphate, Ruß etc.


[Chilisalpeter.] Der bekannteste Stickstoffdünger ist der Chilisalpeter (NaNO3), der die Ausnutzung eines Überschusses einer Phosphorsäure- und Kalidüngung am wirksamsten ermöglicht. Derselbe darf nicht zu früh für Getreide, Hackfrüchte, Wiesen angewendet werden, wenn er durch Regenwasser nicht in den Untergrund gewaschen werden soll, nachdem der Boden für Salpetersäure keine Absorptionsfähigkeit besitzt. Er wird in Mengen von 160–500 kg, entsprechend 25 bis 75 kg Stickstoff, auf 1 Hektar angewendet. Ähnlich in der Wirkung sind die Ammoniumsalze, die[278] in größerer Menge als rohes schwefelsaures Ammonium oder als Ammoniumkarbonat in den Handel kommen. Das Ammoniak wird durch die Feinerde absorbiert und unter Vermittelung von Mikroorganismen nitrifiziert, d.h. zu Salpetersäure oxydiert, weshalb Ammoniumsalze nicht so rasch und weniger als Chilisalpeter wirken. Das aus Gaswasser hergestellte Ammoniumsulfat enthält Rhodonammonium (NH4CNS), eine den Pflanzen giftige Verbindung.

[Blutmehl.] Blutdünger wird meist durch Eindampfen des Blutes aus Schlachthäusern etc. gewonnen und enthält 9–15 Proz. Stickstoff, 0,5–1 Proz. Phosphorsäure und wirkt wie alle organischen Dünger langsamer, aber anhaltend.

[Peruguano.] Der Guano, entstanden aus den Exkrementen von Seevögeln, enthält 4–7 Proz. Stickstoff, 14–20 Proz. Phosphorsäure (3–4 Proz. wasserlösliche) und 1–2 Proz. Kali. Er wirkt in hohem Grade zersetzend auf den Nährstoffvorrat im Boden, und diese Wirkung erfolgt mäßig schnell, aber anhaltend, weil der Stickstoff im Boden nur nach und nach in Salpetersäure übergeführt wird. Man streut den Peruguano, 2–5 dz auf 1 Hektar, für sich oder mit Erde, Kohlenpulver, Sand vermischt, vor und nach der Saat aus und pflügt ihn gleich unter. In Wasser im Verhältnis von 1: 20 gelöst, war er bei den Gärtnern sehr beliebt. Guano wird auch durch Behandeln mit Schwefelsäure auf Peruguanosuperphosphat (aufgeschlossener Peruguano) verarbeitet und enthält dann 7 Proz. Stickstoff, 7–9,5 Proz. wasserlösliche Phosphorsäure (Gesamtphosphorsäure 10–12 Proz.) und 1–2 Proz. Kali. Die gleichmäßige garantierte Zusammensetzung und die vor Verflüchtigung geschützte Form des Stickstoffs haben die Anwendung des aufgeschlossenen gegenüber dem rohen Peruguano wesentlich gesteigert. Guanoähnliche Dünger werden aus tierischen Abfällen in den Liebigschen Fleischextraktfabriken zu Fray Bentos in Uruguay hergestellt und mit 4–7,5 Proz. Stickstoff und 15–20 Proz. Phosphorsäure als Fray Bentos-Guano (Fleischdüngermehl) in den Handel gebracht, oder aus wertlosen Seefischen und Abfällen bei dem Herings-, Sardellen-, Sprotten- und Kabeljau-sowie Walfischfang als Fischguano (Fischmehl) verarbeitet. Die Exkremente der Vögel sind trocken und werden bald staubförmig; sie sind reich an Stickstoff und Phosphaten, gehören daher zu den kräftigst wirkenden Dungstoffen. Die der Gänse und Enten können frisch und für sich allein nicht verwendet werden, weil sie ätzend wirken; die der Hühner und Tauben mischt man am besten mit Erde, Gips, Asche etc. oder streut sie direkt auf den Boden.

[Phosphatdünger.] Die nicht in regenlosen Gegenden gebildeten Guanosorten sind durch Wasser ihrer löslichen Salze, z. T. auch ihrer organischen Substanz beraubt worden, wie der Bakerguano, und bestehen in der Hauptsache nur noch aus schwer löslichem Calciumphosphat, weshalb diese als Guanophosphate bezeichnete Guanosorten erst durch Aufschließen verwendbar gemacht werden (vgl. oben, Peruguano). Ihnen reihen sich die Mineralphosphate an, die ausgesprochenen Charakter eines Minerals haben und keine organische Substanz enthalten. Hierher gehören Apatit, Phosphorit, von denen die bekanntesten die nassauischen von der Lahn und Dill und das wenig wirksame belgische Delme- und Lotphosphat (Craie grise) sind, und die Koprolithen u. Osteolithen. Diese Phosphate werden wie die Guanophosphate auf Superphosphat verarbeitet, weil die in ihnen enthaltene Phosphorsäure zu langsam zur Wirkung gelangt. Das phosphorsäurereichste Dungmittel, das Thomasschlackenmehl (Thomasphosphat), bei der Verhüttung phosphorhaltiger Eisenerze gewonnen, enthält 10–25 Proz. Phosphorsäure nebst 38–60 Proz. Kalk. Bei Anwendung in sein gemahlenem Zustande wirken 3 kg seiner citratlöslichen Phosphorsäure auf den Ertrag der Kulturpflanzen wie 2 kg wasserlösliche Superphosphatphosphorsäure, aber mit andauernder Wirkung auf die Nachfrüchte. Am wirksamsten ist es (400–1200 kg auf 1 Hektar) im Herbst auf Wiesen und mehrjährigen Futterfeldern, auf Moor, Sand und allen kalkarmen Bodenarten. Aus der Thomasschlacke wird das noch wirksamere Thomaspräzipitat mit 30–35 Proz. Phosphorsäure dargestellt, wovon etwa 25–32 Proz. citratlöslich sind. Zu den Phosphatdüngern gehören auch die Knochen, die neben dem stickstoffhaltigen Knorpel und Fett besonders Calciumphosphat, neben Calciumsulfat und -Karbonat, Magnesiumphosphat und Fluorcalcium enthalten. Im gestampften, grobsplitterigen Zustand als rohes Knochenmehl kommt die düngende Wirkung wegen der langsamen Zersetzung im Boden nicht entsprechend zur Wirkung, es werden daher die Knochen mit hochgespannten Wasserdämpfen gedämpft (gedämpftes Knochenmehl), bei Luftzutritt geglüht (Knochenasche) oder das entfettete und unentleimte in aufgeschlossenes Knochenmehl, Knochenmehlsuperphosphat umgewandelt. In letzterer Form zeigen die Knochenpräparate die günstigste Wirkung auf Winter- und Sommerhalmfrüchte. Bei der Darstellung von Superphosphat aus den verschiedensten Guano-, Mineral- und Knochenphosphaten durch Behandlung mit Schwefelsäure oder mit Salzsäure, wie bei dem gefällten präzipitierten Kalkphosphat und dem Thomaspräzipitat, oder mit aus Phosphoriten hergestellter Phosphorsäure, wie bei dem Doppelsuperphosphat mit 40–45 Proz. löslicher Phosphorsäure, wird dabei das im Boden schwer lösliche Tricalciumphosphat in das leicht lösliche Monocalciumphosphat umgewandelt. Je nach dem Gehalt an wasserlöslicher Phosphorsäure ergeben sich »niedergrädige«, aus Phosphorit und Knochenmehl hergestellte Superphosphate mit 8–12 Proz., aus Knochenkohle und Knochenasche hergestellte mit 15–17 Proz., und »hochgrädige«, aus Guano- und Mineralphosphaten hergestellte Superphosphate mit 20 bis 22 Proz. Phosphorsäure. Beim Lagern der Superphosphate aus Lahnphosphoriten werden die Löslichkeitsverhältnisse beeinträchtigt, eine Erscheinung, die als Zurückgehen des Superphosphats bezeichnet wird. Die Superphosphate eignen sich besonders für Pflanzen mit kurzer Vegetationszeit und hohem Düngebedürfnis, überhaupt für hochintensive Kultur. Bei genügenden Stickstoffmengen im Boden befördert die Phosphorsäure die Körnerbildung, bei Wurzel- und Knollenfrüchten die Zucker- und Stärkebildung.

[Kalidünger.] Seit der fabrikmäßigen Verarbeitung der kalireichen Abraumsalze im Hangenden des Steinsalzlagers zu Staßfurt-Leopoldshall werden dieselben in der Landwirtschaft in stetig zunehmenden Mengen in Verwendung genommen, und zwar heute vorzugsweise die billigern rohen Kalisalze, der Rohkainit und auch der Carnallit, die reich an schwefelsauren, bez. an Chlorkaliumverbindungen sind. Für entlegene Orte werden wegen der Transportkosten auch die teuern drei- und fünffach konzentrierten Kalisalze verwendet. Am wirksamsten zeigen sich diese[279] bei gleichzeitiger Phosphorsäure- und Kalkzufuhr auf Moorboden und leichtern Bodenarten. Für sehr schweren und nassen Boden sind sie ungeeignet. Bei Zuckerrüben vermindert sich nach Kalidüngung der Zucker-, bei Kartoffeln der Stärkemehlgehalt, weshalb zu diesen kalibedürftigen Pflanzen am besten die Kalidüngung zur Vorfrucht zu geben ist. Die Stärke der Düngung, die am besten im Herbst zur Verhütung der Krustenbildung (Abbinden) des Bodens tief untergepflügt wird, beträgt für Getreide, Hülsenfrüchte, Klee, Raps und auf Wiesen 4–5 dz auf 1 Hektar. Weitere beachtenswerte Kalidünger sind die Holzasche, eingedicktes Osmosewasser, Asche der Melasseschlempe, das Kaliumphosphat, der Kalisalpeter und der Kalinatronsalpeter.

Seit dem Bestehen des Handels mit künstlichem Dünger (käuflicher, Handelsdünger) bot er ein ergiebiges Feld für Verfälschungen und Betrug. Bei der meist von den landwirtschaftlichen Versuchsstationen geübten Düngerkontrolle wird für jedes Prozent der zu liefernden Düngerbestandteile ein fester Preis für 1 kg vereinbart und der ermittelte Gehalt des Dungmittels mit dem Grundpreis (Kiloprozent; z. B. Stickstoff 120–160 Ps., wasserlösliche Phosphorsäure 42–70 Ps., Kali 32–40 Ps.) multipliziert, um den Preis des Dungmittels für 100 kg zu erhalten. Oder das Dungmittel wird zu fixem Preis für 100 kg verkauft unter Garantie eines festen Minimalgehaltes und einer Gehaltslatitüde von nicht mehr als 0,2–0,5 Proz., während darüber hinaus ein Mindergehalt voll zu vergüten ist. Der Mindergehalt des einen Bestandteiles ist durch den Mehrgehalt eines andern auszugleichen, und zwar bei stickstoffhaltigen Phosphaten der fehlende Stickstoff bis zur Höhe von 1 Proz. durch höchstens 2 Proz. lösliche Phosphorsäure und bei Knochenmehl nur 1/2 Proz. Stickstoff durch höchstens 1 Proz. Phosphorsäure und umgekehrt. Düngergemische enthalten häufig minderwertige Substanzen.

III. Indirekt wirkende Dünger.

[Gips.] Die Wirkung des Gipses oder wasserhaltigen Calciumsulfates ist eine indirekte, er erleichtert die Lösung der Pflanzennährstoffe im Boden und befördert die Wasseraufnahme durch die Pflanzen. Am wirksamsten zeigt sich der Gips (jedoch mehr auf die Blatt-als auf die Körnerbildung) bei schmetterlingsblütigen Pflanzen, wie Erbsen, Wicken, Bohnen, Kleearten. Zum Ausstreuen mit der Maschine oder mit der Hand, am besten auf die noch betauten Pflanzen, werden 2–6 dz auf 1 Hektar verwendet. Wiesen, besonders kleereiche, werden erfolgreich im Frühjahr mit Gips überstreut.

Der Kalkdüngung (Kälken) wendet man erhöhte Aufmerksamkeit zu, seitdem die Wechselbeziehung derselben zu dem Stickstoff des Bodens, bez. zu dem Anbau stickstoffsammelnder Pflanzen erkannt wurde. Die größte Wirkung zeigt der Kalk im gebrannten Zustand als Ätzkalk, eine geringere als gemahlener ungebrannter Kalkstein. Reiner Kalk (Fettkalk) ist dem magnesiahaltigen dolomitischen Kalk (Magerkalk) und dem Kalkmergel vorzuziehen. Die Wirkung des Kalkes beruht weniger auf der Zufuhr dieses Nährstoffes als auf der indirekten Einwirkung auf die Umsetzung der Bodennährstoffe, auf der Bindung des atmosphärischen Stickstoffes unter Mitwirkung von Spaltpilzen und auf der günstigen Beeinflussung der physikalischen Eigenschaften des Bodens. Der Kalk übt auf bindigen, zähen, nassen Tonboden eine mechanisch lockernde Wirkung aus, welche die Krümelbildung befördert und die Bindigkeit auf längere Zeit vermindert. Sandiger Boden, für den sich noch am ehesten rohes Kalksteinpulver eignet, wird dagegen bis zu einem gewissen Grade bindiger. In nassen, sauren Böden werden durch den Ätzkalk nachteilige Eisenverbindungen unschädlich gemacht und die Humussäuren neutralisiert. Das Absorptionsvermögen des Bodens für die wichtigsten Pflanzennährstoffe wird erhöht. Ein gekalkter Boden vermag sich in höherm Grade den atmosphärischen Stickstoff anzueignen als ein nicht gekalkter, weshalb die schmetterlingsblütigen Pflanzen für direkte Stickstoffdüngung durchaus nicht, dagegen für Kalkdüngung in hohem Grade dankbar sind. Damit im Zusammenhang dürfte die noch nicht sicher erklärte fördernde Wirkung einer Beigabe von Kalk zur Stallmistdüngung stehen.

Da die hauptsächlichste Wirkung der Kalkdüngung in der Beschleunigung des Nährstoffumsatzes im Boden besteht, so kann diese nur auf nährstoffreichem, aber kalkarmem Boden oder bei unmittelbar nachfolgender Stallmistdüngung große Wirkung erzielen. Fehlt es an Nährstoffen im Boden, so bleibt sie nach dem Gesetz des Minimums der Nährstoffe wirkungslos. Auf entwässertem Torfboden sind daher neben Kalk noch 4–6 dz Thomasschlacke und Kalisalze zu verwenden. Zweckmäßig überfährt man die Ackerfelder alle 4 Jahre mit 10–20 dz Kalk, wenn es dagegen bei Tonboden auf die physikalische Wirkung des Kalkes abgesehen ist, alle 6–8 Jahre mit 50 bis 80 dz auf 1 Hektar und zwar am besten im Herbst. Die wirtschaftlichste Art der Kalkdüngung besteht darin, daß man unmittelbar auf dem Felde den Kalk in Feldöfen, die aus Rasenstücken zusammengestellt werden, brennt und nach dem Brennen in Häufchen auf das Feld setzt, die leicht mit Erde bedeckt werden, damit sich der Kalk langsam durch die Luftfeuchtigkeit ablöscht. Ist der Kalk zu einem staubfeinen Pulver zerfallen, so muß er schnell so gleichmäßig wie nur möglich auf dem Felde verteilt und darauf sog leich mit dem Pflug in den Boden gebracht werden. Das einfache Eineggen des Kalkes ist zu verwerfen. Das Streuen und Unterbringen des Kalkes darf nur bei trocknem Wetter vorgenommen werden, weil bei nasser Witterung der Kalk mit den Bodenbestandteilen nicht innig genug vermengt wird und sich leicht zementartige Verbindungen bilden, wodurch der so gebundene Kalk für seine Wirkung im Boden verloren ist. Ist in einer Gegend Kalk schwer zu beschaffen, so ist als Ersatz die Verwendung des Scheideschlammes der Zuckerfabriken (200–400 dz auf 1 Hektar) und von durch Lagern abgetrockneten Calciumkarbid- (Acetylen-) Rückständen (40–53 Proz. Calciumhydroxyd) sehr zu empfehlen.

Ähnlich in ihrer Wirkung wie der Kalk sind die verschiedenen Mergel, deren Nachhaltigkeit aber nur dann gewährleistet ist, wenn gleichzeitig Stallmist angewendet wird, ohne den sonst ein »Ausmergeln« des Feldes zu befürchten steht. Zum Ausfahren des in großen Quantitäten verwendeten Mergels bedient man sich entweder der Handkarren oder einpferdiger kippbarer Mergelkarren oder transportabler Feldeisenbahnen. Die beste Zeit hierfür ist der Sommer.

[Kochsalz.] Das Kochsalz ermöglicht eine höhere Ausnutzung des im Boden zur Verfügung stehenden Kulis und wirkt lösend auf die Pflanzennährstoffe im Boden. Besonders empfiehlt sich die Düngung mit Kochsalz auf Wiesen zur Verdrängung des Mooses sowie zur Tiefdüngung für viele Futterpflanzen und für den Flachs. Nachteilig wirkt es durch Stärkemehlverminderung[280] bei Kartoffeln und durch Beeinträchtigung der Saftreinheit bei Zuckerrüben.

[Gründüngung.] Die Gründüngung besteht in der Einverleibung grüner Pflanzen (Düngerpflanzen) oder Pflanzenteile in den Boden, um damit die humusbildende Substanz zu vermehren und den Boden mit den in den Gründüngungspflanzen enthaltenen Stickstoff und Mineralsalzen zu bereichern. Eine unbeabsichtigte Gründüngung liefern die im Boden nach der Ernte zurückbleibenden Wurzeln und Stoppeln. Die eigentliche Gründüngung besteht dagegen darin, daß Pflanzen, die schnell wachsen, ihre Stengel und Blätter massenhaft entwickeln sowie aus der Luft Stickstoff sammeln, angebaut werden, um vor der Samenbildung als Dünger untergepflügt zu werden. Von stickstoffmehrenden Pflanzen eignen sich zur Gründüngung der Reihe nach: gelbe, weiße Lupinen, Serradella, Sandwicke, Wundklee, Inkarnatklee etc.; dann Buchweizen, weißer Senf, Raps, Rübsen, Ölrettich, bei denen jedoch die Stickstoffsammlung aus der Luft wegfällt. Die Wirkung der Gründüngung ist keine andauernde, sie hält meist nur ein Jahr an. Sie ist aber für entlegene Felder mit leichtem Boden zu empfehlen, wenn wegen der Entfernung der Felder vom Hofe sich die Transportkosten des Futters und Düngers zu hoch stellen würden. – Über Bodenimpfung s. Bodenmüdigkeit.

In der Forstwirtschaft wird die Düngung bei der Pflanzenerziehung in Kampen angewendet. Im Walde selbst wird bisher im allgemeinen nicht gedüngt, weil man annehmen darf, daß der Wald in der Bodenstreu sich selbst den Dünger in ausreichender Menge bereitet. Erst in neuester Zeit ist die Frage, betreffend Düngung der Bestände, angeregt und sind einige Versuche eingeleitet worden. Die Düngung wird voraussichtlich nur ausnahmsweise eintreten können, weil ihre Kosten gegenüber dem mög lichen Erfolge zu erheblich sind. Über Dünger für Topfgewächse (Blumendünger) vgl. Pflanzenpflege.

Literatur. Heiden, Lehrbuch der Düngerlehre (2. Aufl., Hannov. 1887, 2 Bde.); Derselbe, Leitfaden der gesamten Düngerlehre (3. Aufl., das. 1892); Heinrich, Dünger und Düngen (4. Aufl., Berl. 1899); Wolff, Praktische Düngerlehre (13. Aufl., das. 1897); Schriften von A. Stutzer: Leitfaden der Düngerlehre (7. Aufl., Leipz. 1899), Düngerlehre (13. Aufl., das. 1901), Behandlung und Anwendung des Stalldüngers (2. Aufl., Berl. 1903), Der Chilisalpeter, seine Bedeutung und Anwendung als Düngemittel (das. 1886); Schriften von P. Wagner: Düngungsfragen (4 Hefte, das. 1896 u. 1899), Anwendung künstlicher Düngemittel (3. Aufl., das. 1903), Anwendung künstlicher Düngemittel im Obst- und Gemüsebau (3. Aufl., das. 1893), Die Düngerfabrikation und Anleitung zur chemischen Untersuchung der Handelsdünger (Braunschw. 1877), Kurze Anleitung zur rationellen Stickstoffdüngung (2. Aufl., Berl. 1900), Anleitung zu einer rationellen Düngung mit Phosphorsäure, insbesondere mit Superphosphat und Thomasschlacke (Darmst. 1889), Der Düngewert und die rationelle Verwendung der Thomasschlacke (das. 1888); Rümpler, Die käuflichen Düngstoffe (4. Aufl., Berl. 1897); König, Wie kann der Landwirt den Stickstoffvorrat in seiner Wirtschaft erhalten und vermehren? (3. Aufl., das. 1893); Holdefleiß, Untersuchungen über den Stallmist (2. Aufl., Bresl. 1889); Derselbe, Das Knochenmehl, seine Beurteilung und Verwendung (Berl. 1890); Marek, Über den relativen Düngewert der Phosphate (Dresd. 1889); Schucht, Fabrikation des Superphosphats und Thomasphosphats (Braunschw 1894); Märcker, Die Kalidüngung (2. Aufl., Berl. 1892); Schultz-Lupitz, Die Kalidüngung auf leichtem Boden (4. Aufl., das. 1890); Lierke, Die Kalisalze (Staßfurt 1901); Pfeiffer, Handbuch der Kaliindustrie (Braunschw. 1887); Barth, Die künstlichen Düngemittel (2. Aufl., Berl. 1894); Orth, Kalk- und Mergeldüngung (das. 1896); Jaspers, Gründünger und Kunstdünger (Münster 1896); über Torfstreu vgl. die Schriften von Fleischer (2. Aufl., Brem. 1890), Jünger (Berl. 1890) und Fürst (2. Aufl., das. 1892).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 275-281.
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