[387] Hindustanische Sprache u. Literatur. Unter den neueren Indischen Sprachen (s.d. Art.), welche sich noch vor Ablauf des 10. Jahrh. u. Thr. nach dem Aufhören des Sanskrit als lebender Sprache aus den vom Volke gesprochenen verschiedenen Prakritmundarten im nördlichen Indien gebildet haben müssen, ist diejenige, welche sich im Hauptsitze der arabischen Inder u. des Sanskrit, dem eigentlichen Hindustan, entwickelte, die wichtigste geworden, weil sich vorzugsweise in derselben die Indische Literatur fortgesetzt hat. Man bezeichnet dieselbe nach Vorgang der Perser jetzt allgemein mit dem Namen Hindûi (d.i. Sprache der Hindu), sie ist nicht eine Tochtersprache, sondern nur eine Enkelsprache des Sanskrit u. vermittelt den Zusammenhang mit dem Prakrit der Sanskritzeit u. dem Hindustanischen od. Hindustani (pers., d.i. Sprache von Hindustan), od. der jetzigen Sprache des eigentlichen Hindustan. Das Hindui, auch Hindi (d.i. Sprache von Hind od. Indien) od. schlechthin Bhâkha, d.i. Sprache (gewöhnliche Sprache), genannt, wurde in verschiedenen Dialekten gesprochen, unter denen sich schon damals die Brâdsch-bhâkha, d.i. die Sprache der Landschaft Brâdsch, in der Spitze des Doab (zwischen Ganges u. Dschumna) vorzugsweise der literarischen Cultur zu erfreuen hatte. Das Hindui wurde stets mit Devanagarischrift geschrieben. Aus dem Hindui bildete sich seit dem 11 Jahrh. n. Chr. das Hindustani, in Folge der Eroberungszüge der Muhammedaner. Die siegreichen Fürsten ließen sich mit ihren Schaaren im eigentlichen Hindustan nieder u. gründeten hier bleibende Sitze. Sie sahen sich deshalb auch genöthigt die Sprache der Besiegten, das Hindui, zu adoptiren, doch wurden demselben durch diese Adoption einestheils eine große Anzahl persischer u. arabischer Worte zugeführt, während anderntheils die Sprache selbst in Bezug auf ihr inneres grammatisches Gefüge mancherlei Modificationen erfuhr. Auch wurde auf diese Mischsprache von den Muhammedanern das arabische Alphabet (zunächst in seiner persischen Modification) übertragen. Das Hindustani wurde zwar von Letzteren nicht sofort anstatt des Persischen zur Hof- u. Schriftsprache erhoben, doch werden schon in den ersten Jahrhunderten der muhammedanischen Herrschaft einige Dichter, wie Maçûd-i-Saad (um 1080); der berühmte Sadi (um 1250) u. im 14. Jahrh. Khusrau von Delhi, genannt, welche in der neuen Mischsprache dichteten. Eine eigentliche Literatur unter festen sprachlichen Formen entwickelte sich seit Begründung des Reiches der Großmoguls, bes. seit der Thronbesteigung Jehangirs, sowohl im eigentlichen Hindustan, als auch an den muhammedanischen Herrschersitzen im Dekan. Man unterscheidet jetzt zwei Formen des Hindustani: eine nördliche, im eigentlichen Hindustan, die gewöhnlich Urdu (türk., d.i. Heerlager, Sprache des Heerlagers, Zebân-i-urdu) genannt wird, u. vorzugsweise an den Höfen zu Agra, Delhi u. später Lucknow literarisch gepflegt wurde; u. eine südliche, das Dakhni (Sprache Dekans, Sprache des Südens), auch wohl Gnjrî (d.i. Sprache des Lagers), welches bes. an den Höfen von Golconda u. Hyderabad zur Ausbildung gelangte. Beide Formen zeigen nur einen lexikalischen Unterschied, insofern das Dakhni genöthigt war, für gewisse Hinduiworte[387] die entsprechenden Worte aus den Dravidischen Sprachen des Dekan zu substituiren. Grammatisch durchaus nicht verschieden von diesem Hindustani der moslemischen Indier ist das Hindî od. die Sprache der brahmanisch gebliebenen Hindu, nur hat sich dasselbe reiner von der Beimischung persischer u. arabischer Wörter erhalten, so wie die Nagarischrift beibehalten. Das Hindi ist demnach als das von den Hindus selbst modernisirte Neuhindui zu betrachten. Man unterscheidet bei dem Hindi das Kharî-bolî (d.i. die reine Sprache), das auch Fenth genannt wird, von dem Des-bhâkhâ (d.i. Sprache der Provinz); ersteres ist das reine Hindi, wie es in den gebildeten Hindukreisen von Delhi u. Agra gesprochen wird, letzteres hingegen bezeichnet die in sehr verschiedene Dialekte zerfallende Sprache der brahmanischen Hindus in den verschiedenen Landschaften Hindustans, s. Indische Sprachen.
Das Hindustani od. Urdu wird vielleicht von einer größeren Anzahl Indiern gesprochen, als jede andere der indischen Volkssprachen; allein es ist gewissermaßen nur schleierförmig über Indien ausgebreitet. Centren für dasselbe waren bisher nur die Residenzen der bedeutenderen muhammedanischen Fürsten, wie Delhi, Lucknow, Hyderabad. In den Landschaften, welche nicht zum eigentlichen Hindustan gehören, wie in Bengalen, wird es von den Moslems meist sehr verderbt gesprochen. Die eingeborenen Beamten, namentlich im Verkehr mit ihren europäischen Vorgesetzten, bedienen sich meist des Hindustani; auch wird es vom größten Theil der Handelswelt verstanden. Auch die Sipahis der Gangesprovinzen sind des Hindustani mächtig; die ackerbautreibende Bevölkerung ist jedoch nur wenig od. nicht vollständig mit dieser Sprache vertraut. Im Dekan bleibt letztere dem gewöhnlichen Volke völlig unbekannt, u. wird auch von den höheren Klassen nur sehr wenig angewandt. Die Civilbeamten in Bengalen müssen das Hindustani erlernen, wenn sie angestellt sein wollen. Wenn auch in der Präsidentschaft Bengalen das Bengali die eigentliche Volkssprache ist, so herrscht doch das Hindustani, abgesehen vom Gebrauche desselben in Calcutta u. den oberen Gerichtshöfen od. Sadr Courts, vor (in größerer od. geringerer Annäherung an das Hindi) in den Zilas od. Districten von Behar, Purnea, Tirhut, Sáran, Bhagalpur u. Sháhábad. Die Zahl der Indier, welche das Hindustani verstehen, wird auf 60 Millionen geschätzt. Wegen der großen Verbreitung, die es bereits genießt, wurde es von den Engländern vorzugsweise unterstützt, u. hat in neuerer Zeit das Persische als Sprache der Administration u. Diplomatie fast ganz verdrängt. Unter den zahlreichen Hülfsmitteln für das Hindustani sind hervorzuheben die Grammatiken von Garcin de Tassy, Par. 1829; Anhang, 1833; Ballantyne, Edinb. 1838; Shakespeare, 5. Aufl., Lond. 1846; Forbes, ebd. 1846; Eastwick, 2. Aufl., von Small, ebd. 1858, u. Williams, ebd. 1858; die Wörterbücher von Shakespeare, 5. Aufl., Lond. 1845; Forbes, ebd. 1848, u. Yates, Calc. 1847. Weniger bearbeitet wurde das Hindi; Grammatiken. lieferten Ballantyne, Lond. 1839, u. Adam, Calc. 1845; Wörterbücher, Adam, ebd. 1829, 1839, u. Thompson, ebd. 1846; das Bradsh-Bhâkha insbesondere bearbeitete Shree Luloo Lal Kuvi, Calc. 1811. Eine sehr brauchbare Arbeit über das Hindui hat; Garcin de Tassy, Par. 1848, geliefert.
Wie in Hindustan zwei Sprachformen (Hindustani u. Hindi) neben einander bestehen, so haben sich auch zwei Literaturen gebildet, nämlich eine Literatur der Hindus in Hindui u. Hindi u. eine der muhammedanischen Indier in Hindustani. Während die brahmanischen Hindu sich fast nur an einheimische Stoffe halten, verarbeiten die Moslems nicht nur einheimische Stoffe, sondern auch persische, arabische u. andere Gegenstände, welche überhaupt allerwärts in den Literaturen der verschiedenen muhammedanischen Völker. auftreten. A) Die Hindiliteratur ist reich an poetischen, theologisch-philosophischen u. historischen Werken. Fast alle Stoffe der Sanskrit-Dichtungen, welche volksthümlich geworden waren, wurden auch wiederholt in Hindui u. Hindi bearbeitet. Gegenwärtig häufiger gelesen als die gleichnamigen altindischen Dichtungen werden das Râmâyan (gedruckt zu Kizarpore 1811, 1822, 1828; Calc. 1832) von Tulçidâs (gest. 1624) u. das Mahâbharat von Gokulnath aus Benares. Letzter bearbeitete auch das Harivansa; die Geschichte des Rama wurde unter Anderen auch von Kêçavadâs u. von Rae-Singh behandelt. Nawâz Kabishwar dichtete eine Sakuntala, Surdas die Erzählung von Nal u. Damajanti, Jatamal u. Jaïçî wählten die Geschichte von der Padmavatî für ihre Gedichte. Sehr populär sind die Bailal Pachisi u. die Singhasan Battiçi, zwei Märchensammlungen, von denen die letztere in dem sanskritischen Sinhâsana dratrinçati, die erstere im Vetala pancarinçati ihr Original findet. Die Baital-Patîsî wurden von Sûrat-Kabîshwar (um 1631) in Bradsch-Bhakha gedichtet. öfter gedruckt (z.B. Calc. 1809; Agra 1843; Indore 1849; mit englischer Übersetzung von Eastwick u. Barker, Hertford 1855) u. von Wila u. von. Lallû ins Hindustani übertragen. Die Singhasan-Battiçi rühren von demselben Sûrat her (gedruckt Agra 1843; Indore 1849) u. wurden von Mirza Kazim Ali Imvan ins Hindustani übertragen. Auch von anderen altindischen Märchensammlungen, wie dem Totakahâni od. Papageienbuch, der Hitopadeça, Rajnîti etc. gibt es Bearbeitungen in Hindi u. Hindustani. Großer Beliebtheit erfreut sich auch Prem Sagar (d.i. Ocean der Liebe) von Srî Lallû Iî Lâl Kabi, welches die Geschichte des Krishna nach dem Bhagavat des Vyasudeva erzählt, bereits öfter gedruckt wurde (Calc. 1805, 1810, 1825, 1831, 1842; herausgegeben von Eastwick, Herts. 1851; übersetzt von demselben, Herts. 1851) u. in den Braj-vilâs des Brajbasîdâs, so wie in Dichtungen von Lalach (französisch von Pavie, Paris 1852), Krishnadâs, Bhupati, Priyadâs etc. weniger bekannte Seitenstücke erhalten hat. Andere gefeierte Dichtungen sind: die Sapta Satika, eine Bearbeitung der Saptaçati des Govardhana von Srî Lallû Iî Lâl Kabi, die Sabhâ vilâs (herausgegeben von Price, Calc. 1828) von demselben Dichter; Pandhâdhyâi von Nanddâs, eine Nachahmung der Gîtagovinda; die Sât-saï des Bihârî Lâl; das Bhaktamal, eine Sammlung von Legenden indischer Heiliger, von Nabhaji, zu Ende der Regierungszeit Akbars verfaßt. Unter den romanartigen. Dichtungen sind hervorzuheben: Mâdhonal von Motirâm, der von Wila u. Lallu Jî Lâl ins Hindustani übersetzt, u. [388] under Singar von Sundardâs (um 1631) verfaßt. Nicht ohne historischen Werth, wenn auch mit Kritik zu gebrauchen, sind eine große Anzahl erzählender Dichtungen, welche ihre Stoffe aus der Geschichte des neueren Indien wählen. Dahin gehört vor Allem die Prithvî-râjâ-caritra von Cand (Tschand), der zu Ende des 12. Jahrh. lebte; ferner die Chatra prakâsh von Lal Kavi; Gopacala-kathâ, eine Geschichte von Gwalior, von Vargaraya; des Pothi Mohammad Shahi von Harinath; ferner Raj Vilâs von Man Kabishwar, Hamir-raça, Haricandra Lila, Suruj Prakâsh von Karna, Garb cintamani, Raja battana, Rishabha caritra (Geschichte der Rishabha, einer der vorzüglichsten Heiligen der Dschainas), Vansaçuli von Bakuta, Kalpadruma von Jai-Singh etc. Wie sich schon in früherer Zeit die Buddhisten vielfach der Volksidiome, nicht des Sanskrit, bedienen, so auch die späteren Reformatoren u. Sectenstifter unter den Hindus. Viele Schriften der Jainas sind in Hindui abgefaßt, wie die Srîpâla-caritra von Paramalla u. das gleichnamige Werk von Vinayavijaya-gani; die Kriyâ kathâ kaustubh von Krishna-Singh (um 1728), das Arth Vipâk, die Kartikeyânu-preksha von Jayacandra, der Suniçâr von Bakhtawar etc. Hierzu kommen die Schriften, worunter sehr schöne religiöse Dichtungen, der Veishnawas, unter denen viele Reformatoren des Brahmanischen Cultus auftauchten. Der bedeutendste unter letzteren ist Kabîr (blühte unter Sikander-Shâh Lodî, 14881516), dessen Lehre unter dem Einfluß der Vedanta u. des moslemischen Sufismus sich entwickelte. Seine Schriften sind im Khâs Grantha vereinigt; unter seinen Anhängern (Kabîrpanthis) sind Dharmadas als Verfasser des sehr geschätzten Amarmâl u. Bhagodas als Verfasser des Bijak zu nennen. Aus den Kabîrpanthis gingen mehrere andere Secten, wie die Sikhs, die Sâdhs, die Satnâmî hervor. Stifter der Sikhs ist Nanak, doch ist ihre Heilige Schrift, das Granth od. Adigranth (d.i. das hohe Buch), auch Gurumukhî genannt, nicht von Nanak selbst, sondern zu Ende des 16. Jahrh. von Arjunmal aus den Schriften des Stifters u. seiner unmittelbaren Nachfolger zusammengestellt (das Granth ist nicht in Pendschabi od. der eigenthümlichen Sprache des Pendschab, sondern in dem Bhattidialekte des Hindui verfaßt). Die Sadhs wurden von Birbhân gestiftet, welcher seine Lehren im Adi-upades um 1658 niederlegte. Dem Stifter der Satnâmî, dem Jagjivandas, werden das Prathama grantha, das Inyân prakâs (um 1761) u. die Mahâ pralaya beigelegt. Von anderen Secten wurden gestiftet die Vallabhacharîs von Vallabha, welcher zu Anfang des 16. Jahrh. den Vishnupada schrieb; ferner die Râmsanehis, deren Stifter Ram-Charan (geb. 1719), welcher, wie seine Schüler Ramjan, Dulharam u. Catradas, eine große Anzahl von Hymnen dichtete; die Dâdûpanthî, gestiftet von Dâdûjî od. Dâdû (um 1600), welcher das Granth Patha od. das Dâdû-panthî-granth verfaßte. Der Sectenstifter Siva Nârâyan, welcher zur Zeit Mohammed-Shah's lebte, wird als Verfasser von elf Schriften genannt. Auch die Sivaiten haben verschiedene religiöse Schriften in Hindui u. Hindi aufzuweisen. Andere religiöse Schriftsteller, die nicht als Sectenstifter auftraten, sind noch: Bhartribari, Bhupati, Brajbâcidâs, Nabhaji, Chaturbuj, Dulha-Râm, Govind-Singh, Pryadâs, Rae-Sing, Râmjan, Râmpraçad, Srutgopaldas, Bilwa-Mangal, Dhana-Bhagat, Pipâ etc. Von philosophischen Schriften in Hindi sind die Amrita dhara, eine Exposition des Vedanta-Systems, von Bhavanandadâs, die Vijnyânvilâs von Gangapati etc. zu nennen. Astronomischen Inhalts ist Bhugola Saro Likhyate von Sri Unkara Bhât; die Parsiprakâs von Vedangaraya ist ein Kalenderwerk, die Bija-Ganita ein arithmetisches Werk. Die Rhetorik bearbeiteten u. A. in der Mitte des 16. Jahrh. Gangadas, später Kêcavadâs (um 1602) in der Kavipriya. Die Metrik ist behandelt in dem Bâsha Pingala. Die Anekartha manjari ist ein Wörterbuch ähnlich bedeutender Wörter; ein Hindiwörterbuch verfaßte Abd-ulwâçî aus Hânsaw.
B) Die Literatur des Hindustani od. der Muhammedaner in Indien ist zwar sehr reich (die einheimischen biographischen Werke zählen allein mehr als 2000 Dichter auf), besitzt aber nur sehr wenig originale Werke. Wie fast durchaus in der Form, so zum großen Theil auch in Bezug auf den Inhalt, ist sie eine Tochter der persischen. Von letzter unterscheidet sie sich unter Anderm dadurch, daß sie auch indische Stoffe in ihren Gesichtskreis zieht, wobei sie aber kaum auf die altindischen Originale, sondern meist nur auf moderne Bearbeitungen im Hindi zurückgeht. Diejenigen Stoffe, welche auch sonst in allen Moslemischen Literaturen beliebt sind, erleiden in der Regel eine Modificirung, indem sie mit indischen Verhältnissen in Einklang gebracht werden. Fast alle bedeutendere Werke der schönen Literatur der Perser sind auch dem Inder durch mehr od. minder freie Übertragungen od. Bearbeitungen zugänglich gemacht worden. Die Blüthezeit der Hindustaniliteratur (s. oben) fällt in das 18. Jahrh.; Mittelpunkt für dieselbe bildete erst Delhi, später Lucknow. Unter den Dichtern, welche sich im 16. Jahrh. des Urdu bedienten, sind zu nennen: Abulsazi, der Minister Akbar's, u. Bayazid Ansari, das Haupt der Secte der Roschanis od. Dschalalis; im Dakhni dichteten Afzal (Mohammed) u. Mohammed Culi Cuth Shah, König von Golconda (15821611). Im 17. Jahrh. dichteten im nördlichen Indien Hatim, Azad (Faquir-ullah) u. Mohammed Jiwan; im Dekan Wali (Oeuvres, herausgeg. von Garcin de Tassy, Par. 183739, 2 Bde.), welcher für den bedeutendsten Dichter im Dakhni gilt; ferner Schah Gulschan; Ahmed von Guzerat, Tana-Schah, Schahi von Bagnagar u. Mirza Abulkaçim; Awari (od. Ibn Nischati), Gauwas, Muhacquic, Rasmi, Ajiz (Mohammed) u. A. Unter der großen Anzahl von Dichtern des 18. Jahrh. sind für das Urdu Sauda, Mir u. Hacan als die drei bedeutendsten des eigentlichen Hindustan hervorzuheben; außer diesen sind noch Jur'at, Arzu, Dard, Yaquin, Figan, Amjad, Amin-uddin von Benares, Aschik von Gazipur zu nennen; im Dakhni dichteten um dieselbe Zeit Haïdar-Shah mit dem Beinamen Marçiya-go, ferner Abjadi, Siradsch von Aurengabad (gest. 1754) u. Uzlat von Surat, einer der berühmtesten Dichter des Dekan (gest. 175152). Im gegenwärtigen Jahrhundert werden mit Auszeichnung genannt: für das Urdu Mumin aus Delhi (gest. 1852), Nacir (gest. 1842 od. 43), Atasch (gest. 1847); ferner Mul-Chand der eine[389] abgekürzte Übertragung des Shah-nameh verfaßte, u. Mamnun, welcher für den bedeutendsten hindustanischen Dichter der Gegenwart gilt. Im Dekan sind Kamal von Heiderabad u. Abd-ulhak aus Madras am meisten gefeiert. Auch mehrere Dichterinnen sind aufgetreten, wie Amat-ul Fatima Bégam, gewöhnlich Ji Sahib genannt, ferner Champa (eine Gattin des Nabob Huçam uddaula), Fach Bakhsch, eine Bayadere, wie auch Jân aus Farrukhabad. Letztere wohnte vor dem letzten indischen Aufstande in Lucknow, wo sie 1846 ihren Diwan veröffentlichte. Andere Dichterinnen nennt Garcin de Tassy in Les femmes poètes de l'Inde (Revue de l'Orient, 1854).
Viele Dichter in Urdu u. Dakhni haben ihre Aoesleu unter dem Titel Diwan vereinigt. Nur wenige Diwane führen noch besondere Bezeichnungen, wie z.B. der des Sultans Wajid Ali (welcher unter dem Dichternamen Akhtar dichtete) von Oude, den Titel Faïz bunyan (Lucknow 1848) trägt; der Diwan des Josch od. Ahmad Hacan Khan heißt Guldastsa-i-sukhan, die beiden Diwane des Rascht sind Nazm mubarak u. Nazm guirani, der des Tapisch Gulzari Mazamin betitelt. Der berühmteste unter allen Diwans ist der des Wali. neben welchem die des Sauda, Mir, Dard, Jurat, Yaquin, so wie aus neuester Zeit die des Atasch, Zank, Nawed, Nazir am meisten geschätzt werden. Die Diwane bestehen nur aus kleineren Gedichten od. Ghazels. Sinnlich erotische Poesien enthalten die Kokschastar; in dieser Gattung haben sich Ali Aacan aus dem Dekan, Schihab-uddin u. Mati Ram (in Hindi) am meisten ausgezeichnet. Umlänglichere Gedichte sind die Mesnewis, welche irgend einen Gegenstand, eine Begebenheit, oft eine ganze Erzählung behandeln. Hat ein Dichter mehrere derselben verfaßt, so heißt eine Sammlung derselben, wenn sie fünf Stück umfaßt, ein Khamsa, u. wenn sie sieben enthält, eine Hafta. Die beliebtesten Stoffe für diese Dichtgattung sind auch im Bindostan: a) die Abenteuer berühmter Liebespaare, wie Jussuf u. Salikha (von Amin, Tapisch, Fidwi aus Lahore, von Mujib, der noch 1856 lebte, von Aschik od. Mahdi-Ali bearbeitet, wozu noch ein sechstes Gedicht im Ischq-nameh, Bomb. 1847, kommt); ferner Mejnun u. Leïla, von Tajalli, Azim, Hawas od. Razi, von Wila etc.; weiter die Geschichte von Farhad u. Schirin, von Wamiq u. Azra u. dgl. Hierzu kommen b) die Geschichten sagenhaft gewordener Helden, wie Iskander (Alexander der Große), dessen Thaten auf Grund des Sikander-nameh des Nizami im Urdu von Azam aus Agra u. Nakhat aus Delhi besungen wurden; ferner die Geschichte Rustem's, des Helden des persischen Schah-nameh, von Amir Hamza, dem Oheim Mohammeds (bearbeitet von Aschk u. von Galib aus Lucknow), von Hatim-Tai (Gedichte von Baidari, Siraj u. Gobindnath), von Bahram-Gor. Letzteren Stoff behandeln Haidari in den Heft-Païkar, ferner Tabi aus Golconde u. Haquicat aus Bareilly. Hieran schließen sich die romantischen Dichtungen Schah o Derwisch von Jahan, die über Ben-Hanifa, den Sohn des Ali (von Azad, Sewak u. Wahidi) etc. Außer diesen allerwärts im moslemischen Orient beliebten Stoffen wurden von den hindustanischen Dichtern auch einheimische indische Stoffe behandelt. Dahin gehört u.a. die Geschichte der Sakuntala (Gedichte von Nawaz, Jawan, Gulam Ahmad u. And.), von Padmavati (Gedichte von Ischrat u. Ibrat), von Krischna, von Nal u. Damajanti (bearbeitet von Mir Ali aus Bengalen u. Ahmed Ali aus Lucknow), etc. Hierzu kommen noch eine Anzahl eigenthümlicher Märchenstoffe, wie die Abenteuer des Kamrup, welche unter mehreren anderen von Tahçin-uddin bearbeitet wurden; ferner die anmuthige Erzählung von der Rose von Bakawali (behandelt von Nacim in Agra, von Rihan u. And.). Verwandter Natur sind die romantischen Dichtungen in Prosa od. Versen, od. in beiden zugleich, von Hir u. Ranjhan, von Saci u. Panun, von Phulban (berühmte Bearbeitung von Awari), von Gul o Sanaubar (Rose u. Pinie), welche sehr beliebt ist; ferner existiren im Hindustani auch Bearbeitungen der Geschichte von den vier Derwischen (unter dem Titel Bag-o-Bihar), von den Abenteuern des Gniu Paramartan u. anderen oben erwähnten indischen Fabel- u. Märchensammlungen. Außer diesen populären Sagen- u. Märchenstoffen wurden von den neueren indischen Dichtern auch minder bekannte gewählt. Am bekanntesten darunter sind die Geschichten des Buland-Akhtar von Mir Khan, des Rizwan Schab, des Dilaram u. Dilruba, des Pari Rukh o Mah Sima etc. Dahin gehört auch die sehr beliebte Façana-i ajaïb (die Wunderbare Geschichte) des Surur aus Cawnpore. Von didaktischen Dichtungen (eingerahmte Fabeln mit moralischem u. religiösem Zwischenwerk) hat die persische Dichtung Ikhwan ussafa durch die elegante Bearbeitung Ikram-Ali's viel Verbreitung gefunden. Auch haben sich in neuester Zeit mehrere indische Moslems im Drama, doch ohne Erfolg, versucht. In der eigenthümlichen Dichtgattung des Inscha (d.i. Epistel) haben sich in Hindustannus gezeichnet: Faïz, Khalic, Nizam-uddin, Chironji-Cal, Yussuf Dakhni u. And. Von geschichtlichen Werken hat die Hindustanische Literatur nichts Besonderes aufzuweisen; doch sind einige Werke erschienen, welche einen eigenthümlichen Werth besitzen. Dahin gehören die Städtegeschichten von Delhi, Agra u. Calcutta; ferner die Geschichte des Ali Adil Shah von Nusrati, die Annalen der Gurkhas; ferner eine Geschichte der englischen Herrschaft in Bengalen von Nur Muhammed, die Geschichte der Scindiadynastien Dharam Narayan etc. Hieran schließen sich einzelne Reiseberichte, wie der des Yussuf Khan aus Lucknow über Frankreich u. England (Delhi 1853). Einen Hauptbestandtheil der Hindustaniliteratur bilden die Übersetzungen sowohl aus den übrigen Sprachen des Orients, als auch, bes. in neuerer Zeit, die aus dem Englischen u. Französischen. Dahin gehören die Übersetzungen des Koran von Abdul-Kadir u. Rasi-'uddin; die der Geschichte des Abulfeda von Karim u. Irci, des Ibn-Challikan von Subhan-Bakhsch, der berühmten arabischen juristischen Werke Mischkat scharif u. Adab-ulkazi. Mehrfach übertragen (auch in Hjndi) wurden Tausend u. eine Nacht. Andere Übersetzungen aus dem Arabischen hat die Vernacular translation Society angekündigt. Am zahlreichsten sind die Übersetzungen aus dem Persischen (s. oben). So existiren meist in mehreren Bearbeitungen der Gulistan u. Bostan des Saadi, des Schahname, des Pendnameh, des Attar, des Mesnewi scherif, des Dschelal-eddin Rumi u. v. A. Umgekehrt wurden auch mehrere der beliebtesten neuern indischen Literaturwerke[390] in das Persische übertragen. Die Übersetzungen von Werken der schönen Literatur (Rasselas, Robinson Crusoe, Vicar of Wakefield, Bunyan etc.), sowie guter populärer wissenschaftlicher Arbeiten aus dem Englischen, zum Theil auch aus dem Französischen ist in steter Zunahme begriffen. Auch die Missionäre der verschiedenen Kirchen haben zahlreiche religiöse Schriften u. Schulbücher in Hindi u. Hindustani veröffentlicht. Die Vermehrung der Bücher durch den Druck, bes. aber durch die Lithographie wird immer gewöhnlicher. 1837 wurde die erste lithographische Presse für diese Zwecke in Delhi aufgestellt; 1853 waren in den Nordwestlichen Provinzen bereits 34 thätig. Mit dem Bücherdruck wurde auch die bis dahin unbekannte Zeitungsliteratur in Ostindien eingebürgert. Viele brauchbare Materialien zur Geschichte der neuern indischen Literatur haben die Indier selbst in ihren biographisch-anthologischen Sammelwerken (Tezkirah) zusammengestellt, wie in dem von Schesta (Delhi 1837), von Mir, Qáyim, Qásim, Lutf, Imam bhaksh (Delhi 1844), Karimeddin (Delhi 1848) u. A. Daraus schöpfte Garcin de Tassy in seiner Histoire de la literature hindoui et hindoustani (Paris 1839 bis 1843, Bd. 1 u. 2), die selbst wieder in das Hindustani (Agra 1853) übertragen wurde. Vgl. noch Garcin de Tassy, Les auteurs hindoustanis (Paris 1856); Sprenger, A Catalogue of the library of the hing of Oude (Lucknow 1854, Bd. 1); Bibliotheca orientalis Sprengeriana (Gießen 1857). In Europa finden sich reiche Sammlungen von Handschriften u. Drucken in Hindi u. Hindustani in Paris (in der kaiserlichen Bibliothek u. im Besitz Garcin de Tassy's) in London (Library of the East India House) u. Berlin (die Sprengersche Sammlung in der königlichen Bibliothek).
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