Aachen

[2] Aachen (franz. Aix-la-Chapelle, lat. Aquae, meist unflektiert Aquis, Aquisgranum; hierzu der Stadtplan mit Registerblatt), die uralte Krönungsstadt der deutschen Könige, Hauptstadt des gleichnamigen Regierungsbezirks der preuß. Rheinprovinz und Stadtkreis, 162 m ü. M., liegt in einem Kesseltal, das von der Wurm bewässert und von den Vorhöhen des Hohen Venn umgrenzt wird. A. besteht aus der innern alten und der äußern neuen Stadt, wozu noch neue Stadtteile außerhalb der ehemaligen Ringmauer und die 1897 einverleibte Nachbarstadt Burtscheid kommen. Die meisten Straßen erinnern mit ihrer breiten Flucht und modernen Gebäuden nur selten an das Mittelalter.

Wappen von Aachen.
Wappen von Aachen.

Als die schönsten sind die Wilhelms-, Hoch-, Theater-, Bahnhofs-, Komphaus- und Großkölnstraße und die sogen. Gräben (Templer-, Alexianergraben etc.), welche die Mittelstadt von den ehemaligen Vorstädten trennen, anzuführen. Neue schöne Straßen sind: die Lousbergstraße, die Ludwigs-, Monheims- und Heinrichsallee, der Adalbertstein weg, der Boxgraben etc. Von den Plätzen sind zu nennen: der Große Markt mit der Bronzestatue Karls d. Gr., der Friedrich-Wilhelmsplatz, der Theaterplatz mit dem Reiterstandbild Kaiser Wilhelms I. (modelliert von Schaper), der Münsterplatz, der Bahnhofsplatz mit dem Kriegerdenkmal von Fr. Drake, der Kaiserplatz mit monumentalem Springbrunnen, der Hansemannplatz mit dem Denkmal David Hansemanns von H. Hoffmeister etc. Von den ehemaligen Toren der Stadt stehen nur noch das Ponttor im NW. und das Marschiertor im S., zwischen A. und dem Stadtteil Burtscheid.

[Bauwerke.] Unter den kirchlichen Bauwerken ist zunächst das Münster zu nennen, ein architektonisches Konglomerat aus den verschiedensten Perioden christlicher Baukunst. Der älteste Teil ist die byzantinische Pfalzkapelle Karls d. Gr., ein achteckiger, 32 m hoher Bau mit Kuppel. Dieses Oktogon, das eigentliche Schiff der Kirche, wurde 796 nach byzantinischen Mustern begonnen, von Meister Udo von Metz vollendet und 805 durch Papst Leo III. eingeweiht. Die Mosaikbilder, welche die Kuppelwölbung bedeckten, gingen verloren; nur eins derselben, die Majestas Domini mit den 24 Ältesten der Apokalypse, ist wiederhergestellt worden. Westlich von dem Oktogon steht ein Glockenturm, flankiert von zwei runden (karolingischen) Treppentürmen, die nach der im Mittelalter entstandenen gotischen Reliquienkammer führen. Das 34,5 m hohe, 25 m lange und 12,5 m breite Chor, der zweitälteste Teil des Münsters, 1353–1413 im gotischen [2] Stil ausgeführt, schließt sich an die Ostseite des Oktogons und interessiert besonders durch seine 26,7 m hohen, 5 m breiten Fenster, die mit prachtvollen modernen Glasmalereien geschmückt sind. Mehrere reichdekorierte, gotische Kapellen, im Innern restauriert, darunter die Karlskapelle und die Annakapelle, flankieren beide Seiten des Achtecks und Chors. Die Entfernung von Teilen einer dritten Bauperiode (18. Jahrh.), die das damals schon planlos erweiterte Gebäude verunzierten, so der im Zopfstil wieder aufgeführten Ungarischen Kapelle, die jetzt den Domschatz birgt, sowie geschmackloser Stuckaturen und Übermalungen im Innern und die Wiederherstellung der Kirche in ihrer ursprünglichen Gestalt hat sich der 1849 gegründete Karlsverein zur Aufgabe gemacht. In der Mitte des Oktogons bezeichnet eine Steinplatte fälschlich die Stelle, an der Kaiser Karl bestattet ist. Die Grabstätte ist indessen noch nicht gefunden. Seit 1215 ruhen seine Gebeine im schönen Karlsschrein. (Vgl. Käntzeler, Karls d. Gr. Behälter, Aach. 1858, und in den Bonner »Jahrbüchern«, Heft 33.) Über der vermeintlichen Gruft hängt ein großer Kronleuchter aus vergoldetem Kupfer, eine kunstvolle Arbeit des Aachener Meisters Wibert und vom Kaiser Friedrich I. geschenkt. Außer Karl d. Gr. wurde auch Otto III. im Münster bestattet. – Reich sind die Schätze, die das Münster birgt, an Reliquien und kostbaren Altertümern, unter letztern das angebliche Hifthorn Karls d. Gr., der weißmarmorne, später mit Gold plattierte Kaiserstuhl, die prachtvolle, mit Gold überzogene und mit Gemmen und Elfenbeinreliefs verzierte Evangelienkanzel, ein Geschenk Heinrichs II., etc. Die Reliquien werden alle sieben Jahre in der Zeit vom 10.–24. Juli (zuletzt 1902) dem Volke gezeigt. Vgl. Quix, Historische Beschreibung der Münsterkirche zu A. (Aach. 1825); Debey, Die Münsterkirche zu A. und ihre Wiederherstellung (das. 1851); Schervier, Die Münsterkirche zu A. und deren Reliquien (das. 1853); Floß, Geschichtliche Nachrichten über die Aachener Heiligtümer (Bonn 1855); Bock, Karls d. Gr. Pfalzkapelle und ihre Kunstschätze (Köln 1866–67); Kessel, Geschichtliche Mitteilungen über die Heiligtümer der Stiftskirche zu A. (Köln u. Neuß 1874); Beissel, Die Aachenfahrt. Verehrung der Aachener Heiligtümer (Freib. 1902).

Außer dem Münster besitzt A. noch 41 Gotteshäuser, darunter 10 kath. Pfarrkirchen, 3 evang. Kirchen und eine Synagoge im maurischen Stil. Nur vier dieser Kirchen sind mittelalterlichen Ursprungs: die St. Foillans-Pfarrkirche (aus dem 15. Jahrh.), die spätgotische Kirche zu St. Paul (mit einer Himmelfahrt von Schadow), die Adalbertskirche und die Nikolauskirche. Unter den übrigen sind die gotische Marienkirche und die im romanischen Stil erbaute Redemptoristenkirche als moderne Bauwerke sowie die Michaeliskirche (1628 geweiht) wegen ihres Altarbildes (einer Pieta von Honthorst) und die neue Jakobskirche im romanischen Stil hervorzuheben.

Das historisch wichtigste profane Bauwerk Aachens ist das an der Stelle der karolingischen Kaiserpfalz im 14. Jahrh. erbaute gotische Rathaus. An beiden Seiten der Nordfront erheben sich nach Vernichtung ihres Dachwerks durch die Feuersbrunst von 1883 zwei jetzt wiederhergestellte Türme, von denen der eine (östliche), der gewaltige Granusturm, zum größten Teil noch der alten Pfalz angehört. Vgl. Kessel, Das Rathaus zu A. (Aach. 1884); Rhoen, Die karolingische Pfalz zu A. (das. 1889); v. Reber, Der karolingische Palastbau (Münch. 1892). Im obern Geschoß enthält das Rathaus den schönen, fast 45 m langen und 19 m breiten Kaisersaal, der einst zur Abhaltung der Krönungsfeierlichkeiten diente und mit Wandgemälden von Rethel und Kehren geschmückt ist. Eine durchgreifende Restauration des ganzen Baues ist jetzt vollendet. Von den übrigen öffentlichen Gebäuden sind zu nennen: das Kurhaus mit großem Konzertsaal, das Suermondt-Museum, der in griechischem Stil nach Schinkels Plänen 1822–24 ausgeführte Elisenbrunnen, das Theater, das Regierungsgebäude, das gotische Karlshaus, das städtische Verwaltungsgebäude, das städtische Archiv- und Bibliotheksgebäude etc.

[Bevölkerung und Erwerbszweige.] Die Zahl der Einwohner, die 1799: 23,699, 1867: 67,923 betrug, belief sich 1900 mit der Garnison (ein Füsilierregt. Nr. 40) auf 135,245 Seelen, darunter 9354 Evangelische und 1580 Juden. In der Industrie ist besonders die Textilbranche von hervorragender Bedeutung. 1900 bestanden dort 159 Fabriken mit 13,152 Arbeitern, die Spinnerei, Weberei, Tuchfabrikation (78 mit 10,365 Arbeitern) und Färberei betrieben. Hauptprodukt sind namentlich Herren- und Damentuche. Demnächst nimmt die Nadelfabrikation einen hervorragenden Rang ein (1900: 29 Fabriken mit 4022 Arbeitern), desgleichen die Herstellung von Kratzen, Maschinen und Dampfkesseln, Wagen und Waggons, Möbeln und Zigarren sowie die Buchdruckerei. Sonst sind noch vorhanden: Fabriken für Samt-, Leinen- und Posamentierwaren, Farben, Handschuhe, Messer, Regenschirme, feuerfeste Steine, Ton- und Steingutwaren, Zement, optische und physikalische Instrumente, Knöpfe, Glocken, Tapeten, Feuerspritzen, Eisengießereien, große Brauereien und Brennereien etc. A. ist mit vier Bahnhöfen Knotenpunkt der Staatsbahnlinie Köln-Herbesthal und zahlreicher andrer Linien. Eine elektrische Straßenbahn von 83 km Betriebslänge sowie ein ausgedehntes Fernsprechnetz (1710 Sprechstellen) erleichtern den Verkehr. A. ist ein wichtiger Stapelplatz des preußischen Handels. Außer den Erzeugnissen der Textil- und Nadelfabrikation, mit starker überseeischer Ausfuhr, sind namentlich Wolle, Getreide und Wein, Steinkohlen, Leder, Holz etc. wichtige Handelsartikel. Zugleich ist A. Sitz der A.-Münchener Feuerversicherungsgesellschaft (gegr. 1825 von Hansemann), der Rückversicherungsgesellschaft, der A.-Höngener Bergwerksgesellschaft und der Aktiengesellschaft für Bergbau, Blei- und Zinkfabrikation zu Stolberg und in Westfalen. Den Geldverkehr vermitteln die Reichsbankstelle (Umsatz 1901: 1153,5 Mill. Mk.), die Filiale der Bergisch-Märkischen Bank, die Aachener Diskontogesellschaft, die Bank für Handel und Gewerbe etc. Ferner ist A. Sitz einer amtlichen Konditionieranstalt sowie Verwaltungsstelle einer Reihe berufsgenossenschaftlicher Organe und Sitz namhafter gewerblicher Vereinigungen (z. B. des Berg- und hüttenmännischen Vereins im Aachener Bezirk, des Vereins deutscher Nadelfabrikanten, des Tuchfabrikantenvereins etc.).

[Anstalten, Behörden.] An Bildungsanstalten besitzt A. eine technische Hochschule (1900: 421 Studierende), 2 Gymnasien, ein Realgymnasium, eine Oberrealschule, eine Lehrerinnenbildungsanstalt, eine höhere Fachschule für Textilindustrie, eine gewerbliche Zeichen- und Kunstschule, eine Baugewerkschule, eine höhere Maschinenbauschule, eine Fachschule für Heizer und Maschinenwärter, eine Taubstummenbildungsanstalt etc. Daneben bestehen mehrere öffentliche Bibliotheken und zahlreiche Kunst- und naturhistorische[3] Privatsammlungen, darunter namentlich die Stadtbibliothek mit über 80,000 Bänden, das Stadtarchiv, das Suermondt-Museum (für Altertümer, Gemälde und Kupferstiche), das Stadttheater, zahlreiche wissenschaftliche Vereine etc. Von Wohltätigkeitsanstalten sind zu nennen: das Mariahilfspital (unter Leitung von Elisabethinerinnen), die Alexianer-Irrenanstalt, das Vincenzspital für Unheilbare, die Mariannen-Entbindungsanstalt, die Annunziatenanstalt für weibliche Irre (Mariabrunn und Mariaberg), das Luisenhospital, die Augenheilanstalt für den Regierungsbezirk A., das Arbeiterinnenhospiz, ein Armen- und Waisenhaus etc.

A. ist Sitz der Regierung, eines Landratsamts (für den Landkreis A.), eines Landgerichts, einer Oberpostdirektion, eines königlichen Polizeipräsidiums, eines Hauptzollamts, des Stabes der 29. Infanteriebrigade sowie einer Handelskammer. Die städtischen Behörden zählen 7 Magistratsmitglieder und 30 Stadtverordnete. Die städtische Jahresrechnung umfaßte 1901: 8,144,000 Mk. in Einnahme und Ausgabe; die Schuld belief sich auf 17,7 Mill. Mk. Der Landgerichtsbezirk umfaßt die 16 Amtsgerichte zu A., Aldenhoven, Blankenheim, Düren, Erkelenz, Eschweiler, Eupen, Geilenkirchen, Gemünd, Heinsberg, Jülich, Malmedy, Montjoie, St. Vith, Stolberg und Wegberg. – Die Stadtfarben sind Schwarz und Gelb.

[Mineralquellen.] Die Aachener Mineralquellen (schon von den Römern benutzt) gehören zur Klasse der warmen Schwefelquellen. Man unterscheidet drei Quellgruppen, die am Abhang der das Rathaus tragenden Höhe auf der Hof- und Büchelstraße (obere Gruppe) und der Komphausbadstraße (untere Gruppe) hervorbrechen, sowie die Quellen im Stadtteil Burtscheid. In der obern Gruppe ist die mächtigste und heißeste (55°) die Kaiserquelle (vgl. die chemische Analyse in der Tabelle bei Art. »Mineralwässer«, VII) im Gebäude des Kaiserbades, die außer den eignen Bädern und dem Elisenbrunnen auch das Bad Zur Königin von Ungarn und das Neubad speist; bei dem Neubau des erstern in der Edelstraße wurden die Fundamente eines von der 6. römischen Legion zwischen 71 und 91 n. Chr. in der Nähe der Kaiserquelle errichteten Badegebäudes ausgegraben. In Verbindung mit dem Kaiserbad steht ein Inhalationssaal. Zu der obern Quellgruppe zählt auch die Quirinusquelle (50°), die das gleichnamige Bad versieht. Zu der untern Quellgruppe auf der Komphausbadstraße gehört die von allen Thermen Aachens wasserreichste, das Rosenbad und das für Unbemittelte bestimmte Komphausbad versehende Rosenquelle (47,5°); sehr wasserreich ist auch die Corneliusquelle (45,7°), die das Cornelius- und Karlsbad speist. Im Stadtteil Burtscheid befinden sich 25 Thermen (Kochsalzquellen), die mehr oder minder nach Schwefelwasserstoffgas riechen, und von denen 9 zu Heilzwecken benutzt werden, darunter die Schwertbadquelle (74,6°), die heißeste Quelle von Mitteleuropa, der Viktoriabrunnen (60°), der gewöhnlich zum Trinken benutzt wird, der Kochbrunnen (72,5°; vgl. Tabelle bei Art. »Mineralwässer«, VII). Übrigens befindet sich dort auch eine kalte Eisenquelle. Die Thermen werden zu Bädern benutzt, auch getrunken und zerstäubt eingeatmet. Sie wirken besonders auf das Pfortadersystem und die Schleimhäute und werden angewendet gegen Gicht, Hautkrankheiten, Rheumatismus, Unterleibsbeschwerden, Syphilis, Neuralgien, Lähmungen, Folgezustände von Verletzungen und Entzündungen, Metallvergiftungen, Rückenmarksschwindsucht, Skrofulose. Aus dem Thermalwasser wird auch ein Tafelwasser hergestellt (Versand jährlich 3,8 Mill. Flaschen). Zahl der Kurgäste jährlich über 40,000. Vgl. Liebig, Chemische Untersuchung der Schwefelquellen Aachens (Aach. 1851); Lersch, Geschichte des Bades A. (das. 1870); Derselbe, Die Thermalkur zu A. und Burtscheid (das. 1870); Schuster, Die Aachener Thermen. Verhaltungsregeln etc. (3. Aufl., das. 1876); Reumont, Die Thermen von A. und Burtscheid (6. Aufl., das. 1888); Derselbe, Winterkuren an Schwefelthermen (Wien 1877); Beissel, Der Aachener Sattel und die aus demselben vorbrechenden Thermalquellen (Aach. 1886); »A. als Kurort« (hrsg. von Beissel, das. 1889); Fromm, Die Literatur über die Thermen von A. (das. 1890).

Umgebung. Rings um die Stadt sind vortreffliche Promenaden angelegt (Stadtgarten in Verbindung mit einem botanischen Garten). Der nahe Lousberg, ein 250 m hoher Hügel nördlich von der Stadt, bietet herrliche Aussicht. Vom Lousberg, zugleich einem ergiebigen Fundort für Petrefakten der Kreideformation, durch einen Einschnitt getrennt, erhebt sich der Salvatorberg, mit romanischer Kapelle, 1883 bis 1884 in der frühern Gestalt neu aufgebaut. Weiterhin bildet der über 1000 Hektar große Aachener Wald (mit Aussichtsturm) schöne Partien. Ein neues. im Bau befindliches Stadtviertel, überwiegend auf Burtscheider Gebiet, umgrenzt die Frankenburg, den sagenhaften Lieblingsaufenthalt Karls d. Gr. und Fastradas, in parkartiger Umgebung.

[Geschichte.] A. ist in der Römerzeit entstanden; seine mittelalterliche Bezeichnung Aquisgrani (Aquisgranum) weist auf den Kult des Apollo Granus hin, den die Römer bei Thermen verehrten. Schon unter König Pippin bestand daselbst um 765 eine königliche Pfalz, an deren Stelle Karl d. Gr. 777–786 einen prächtigen Neubau ausführen ließ, in dem er und seine Nachfolger häufig Hof hielten. Erst 1172 bis 1176 wurde der Ort (die jetzige Altstadt) auf Geheiß Kaiser Friedrichs I. mit einer Mauer umgeben und dadurch Stadt. Um 1300 entstand der äußere Mauerring. Schon 1166 gewährte Friedrich I. und 1215 Friedrich II. A. wichtige Privilegien. Wilhelm von Holland erteilte 1250 den vom Rate beschlossenen Statuten seine Zustimmung; doch bestanden als königliche Beamte Vogt und Schultheiß fort. A. hieß »des heiligen römischen Reiches freie Stadt« und spielte im Landfriedensbund zwischen Maas und Rhein (1351–87) eine hervorragende Rolle. Von Ludwig dem Frommen bis auf Ferdinand I. (813–1531) wurden hier 32 Kaiser und deutsche Könige gekrönt. 1450 erzwangen die Zünfte durch einen Aufstand Anteil am Stadtregiment. Die Reformation fand schon früh Eingang, ja 1580 wurde der katholische Magistrat verdrängt, worauf 1598 die Reichsacht über A. ausgesprochen und von dem Kölner Kurfürsten Ernst von Bayern vollstreckt ward. Als während des jülichschen Erbfolgestreites die Protestanten abermals die Oberhand gewannen, wurden spanische Truppen unter Spinola 1614 aus den Niederlanden herbeigerufen und durch sie das im Jahre vorher erlassene Restitutionsmandat Kaiser Matthias' vollzogen. Die Verlegung der Krönungen nach Frankfurt, die Religionsstreitigkeiten und eine große Feuersbrunst 1656 führten Aachens Verfall herbei. 1801 wurde es durch den Lüneviller Frieden französisch und Hauptstadt des Roerdepartements. 1815 fiel es an Preußen. Das Bistum A., 1802 gegründet, wurde 1821 aufgehoben und bei dem Münster wiederum ein Kollegiatstift eingerichtet.[4] Von A. führen zwei Friedensschlüsse den Namen. Der erste Friede von A. beendete 2. Mai 1668 den sogen. Devolutionskrieg (s. d.) Ludwigs XIV. gegen Spanien. Ludwig XIV. mußte sich mit einigen Städten Flanderns, wie Charleroi, Douai, Tournai und Lille, begnügen, wogegen Spanien die Franche-Comté zurückerhielt. Der zweite Friede von A., 18. Okt. 1748 zwischen Österreich, England, den Niederlanden und Sardinien einerseits und Frankreich und Spanien anderseits abgeschlossen, beendigte den Österreichischen Erbfolgekrieg. Österreich trat die italienischen Herzogtümer Parma, Piacenza und Guastalla an den spanischen Infanten Philipp ab; dafür erkannten Frankreich und Spanien die Pragmatische Sanktion Kaiser Karls VI. an. Auf dem Aachener Kongreß (1. Okt. bis 14. Nov. 1818), zu dem die Monarchen von Österreich, Rußland und Preußen persönlich erschienen, trat Frankreich der Heiligen Allianz bei, worauf es 9. Okt. die sofortige Räumung seines Gebietes durch die verbündeten Truppen und die Festsetzung der noch zu zahlenden Kriegskosten auf 265 Mill. Frank zugestanden erhielt. Ferner erklärte der Kongreß das Großherzogtum Baden, von dem Österreich einen Teil an Bayern versprochen hatte, für unteilbar und gestand den Grafen von Hochberg das Recht der Nachfolge in Baden zu. Vgl. Schjerning, A. und seine Umgebung (Aach. 1895); Führer von Lersch (6. Aufl., das. 1900), Thissen u. a.; Wagner, Beschreibung des Bergreviers A. (Bonn 1881); Quix, Geschichte der Stadt A. (Aach. 1841, 2 Bde.); Haagen, Geschichte Achens (das. 1874, 2 Bde.); »Festschrift zur 72. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte, Aachen 1900«; Rhoen, Die ältere Topographie der Stadt A. (das. 1891); Derselbe, Die Befestigungen der freien Reichsstadt A. (das. 1894); Pick, Aus Aachens Vergangenheit (das. 1895); »Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins« (seit 1879); »Aus Aachens Vorzeit«, Mitteilungen des Vereins für Kunde der Aachener Vorzeit (seit 1887).

Der Regierungsbezirk A. (s. Karte »Rheinprovinz«) umfaßt 4155 qkm (75,46 QM.) mit (1900) 614,964 Einw. (148 auf 1 qkm), darunter 24,763 Evangelische, 585,717 Katholiken und 4325 Juden, und besteht aus den 11 Kreisen:

Tabelle

Über die fünf Reichstagswahlkreise des Regierungsbezirks s. Karte »Reichstagswahlen«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 2-5.
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