1. Besser geschworen als verloren. – Petri, III, 2; Henisch, 322, 26; Eiselein, 230; Simrock, 3002; Soltau, Goethe's Reineke Fuchs, 6. Ges.
Mhd.: Beter gesworen wan vorloren. (Lübben, Reinke de Vos, 2973.)
2. Es kann einer nicht leicht schwören, dass er getauft ist.
Frz.: Il fait grant serement qui jure le baptesme qu'il a reçu. (Leroux, I, 3.)
3. Es schwert einer sänffter ein Eyd, als das man Holtz hawet. – Lehmann, 929, 31.
4. Eyn jeder sol schweren nach seinem gewissen. – Lünig, I, 262; Graf, 374, 479.
Ob ein Eid wahr und rein oder ob unwahr und falsch, d.i. »mein« sei, ist nicht sowol nach der thatsächlichen Wahrheit oder Falschheit des beschworenen [481] Sachverhältnisses zu prüfen, in welcher Richtung die menschliche Wahrnehmung den mannichfachsten Irrthümern unterliegen kann, sondern nach der redlichen Ueberzeugung des Schwörenden zu beurtheilen. Der Eid ist wahr, wenn er mit dem Gewissen übereinstimmt.
5. Hoch schwören zeigt tiefe Lügen. – Luther, 20; Sailer, 80; Simrock, 4793; Körte, 5513; Petri, II, 384; Braun, I, 4055.
Frz.: Qui par trop jure, se damne. – Tel jure qui se parjure. (Masson, 310.)
6. Je mehr einer schwört, desto weniger ist ihm zu glauben.
It.: A chi più giura è meno da credere. (Pazzaglia, 152, 2.)
7. Man muss auf nichts schwören.
Man soll nie betheuern, etwas thun oder nicht thun zu wollen, nichts verreden, nicht behaupten; von diesem Wasser trinke ich nicht.
Engl.: We must swear to nothing.
8. Man schwört die Wahrheit ohne Sünde. – Graf, 469, 596.
Wer beschwört, was wahr ist, der sündigt nicht.
Mhd.: Man sweret der wârheit ân sünde wol. (Wackernagel, 141, 28.)
9. Néi, swéären un flauken dau ek nich, sagte der Kohlentreiber; mä hâl mek éiwig un éiwig der Döüwel, de Kualen sid guod. (Grafschaft Mark.) – Frommann, V, 46, 49.
Die Kohlenvertreiber in den märkischen Steinkohlenbezirken stehen in dem Rufe, Ausserordentliches im Fluchen zu leisten, wovon das obige Sprichwort als Beispiel gelten kann. (S. ⇒ Fluch 13 und ⇒ Teufel.)
10. Schwören ist edelmännisch, halten bäurisch. – Seybold, 524.
Frz.: S'il ne tient qu'à jurer, la vache est à nous. (Kritzinger, 406a.)
11. Schwören ist ehrlich, Halten beschwerlich. – Blass, 18.
Es ist viel leichter, eine Sache zu versprechen, als auszuführen.
12. Schwören ist kein Scherz und Kinderspiel. – Graf, 374, 482; Graubünden, 52 u. 56.
13. Schwören muss des Krämers Gut (Waare) verkaufen. – Schottel, 1117a; Sailer, 168; Körte, 5512; Simrock, 5897; Braun, I, 4054.
Engl.: A tradesman, who cannot lie, may shut up his shop. (Masson, 365.)
14. Schwören und Fluchen heisst des Teufels Gemeinschaft suchen.
Mhd.: So mêr gesworen, so mêr verloren. (Reinaert.) (Zingerle, 138.)
15. Schwören und Fluchen machen ins Glück nur Fugen. (Leipzig.)
16. Sonst schwur er: »er wolle seine rechte Hand verlieren«; jetzt schwört er: »er wolle all sein Gold den Armen geben«. – Burckhardt, 550.
Von denen, die sonst arm waren und nun reich geworden, plötzlich den Ton reicher Leute annehmen, denn der Arme betheuert, indem er sagt: »Ich will mir die rechte Hand abhauen«, und der Reiche: »Ich will, wenn dies nicht so ist, mein ganzes Vermögen den Armen geben.«
17. Wenn es blos aufs Schwören ankommt, sagte der Jude, so habe ich das Spiel gewonnen.
18. Wenn's aufs Schwören ankommt, ist die Kuh unser.
Holl.: Als het maar op zweren aankomt, hebben wij het spel gewonnen. ( Harrebomée, II, 285a.)
19. Wer einmal geschworen hat, darf (braucht) danach nimmer (zu) schwören. – Graf, 470, 611.
Sowol der Zeugen- als Parteieneid kann wegfallen, wenn die betreffende Person einen Amtseid geleistet hat und auf ihn Bezug nimmt.
Mhd.: Wer auch eynmal geschwört, der darf danach nicht me schwören. (Grimm, Weisth., I, 706.)
20. Wer falsch schwört, sein Heil (Glück) zerstört.
Böhm.: Bůh, kdo křivĕ přisáhne, před rokem na soud táhne. (Čelakovsky, 352.)
Poln.: Kto krzywo przysięże, rzadko rok przeżyje. (Čelakovsky, 352.)
21. Wer leicht schwört, der lügt auch. – Chaos, 1024.
Böhm.: Hustá přísaha, řídka pravda. (Skolo, III, 149.)
Lat.: Qui facile jurat, facile pejerat. (Philippi, II, 132.)
22. Wer offt schwert, der sündiget offt. – Petri, II, 747.
23. Wer recht schwört, der betet recht. – Eisenhart, 547; Blum, 72; Hassl., 11; Pistor., 37; Sailer, 252; Simrock, 9426; Graf, 374, 476.
Die Ausleger des päpstlichen Rechts wollen den Eid [482] als einen Theil des Gottesdienstes, als ein Gebot betrachtet wissen, durch welche dem Volke beigebrachte Lehre es ihnen gelang, auch die weltlichen Sachen vor die geistlichen Gerichte zu ziehen. Den weltlichen Richter wies man ab, weil er, wie man ihm bemerkte, in gottesdienstlichen Sachen nichts zu sagen habe.
24. Wer schlecht schwört, fällt von der Sache. – Graf, 469, 601.
Dem altdeutschen Rechtsverfahren lag der Glaube zu Grunde, dass Gott keinen Meineid zu Stande kommen lasse oder er bezeichne doch denselben; daher die feierlichen Formen beim Schwören und die Folgen des Eidfalls. Die Männer stiessen das Schwert in die Erde, die Frauen fassten den rechten Zopf und die linke Brust. In der christlichen Zeit legte man die Hand auf einen Heiligenschrein oder ein Kreuz, zu welchem man bisweilen unter dem Gerichtstisch durchkriechen musste (vgl. Grimm, Weisth., II, 344), und sprach die vorgesprochenen Worte nach. Bei Markstreitigkeiten mussten die Bauern zum Eide, an manchem Orte bis aufs Hemde entkleidet, in einer ellentiefen Grube knien und einen Erdkloss auf dem Kopfe halten. (Teschner, Weisthum; Weingarten, III, 326, 5.) Der Jude stand auf einer Schweinshaut, die Hand bis zum Ellenbogen entblösst, den Daumen auf der Bibel und sprach eine schaurige Eidesformel. (Lichner, 115, 195.) Wurde nun vom Schwörenden dabei das geringste Versehen gemacht, stotterte er oder verrückte die Hand vom Heiligen, so fiel er vom Eide und von der Sache. (S. ⇒ Eid 6, ⇒ Jungfrau 25 und ⇒ Weib.)
Holl.: Die qualyken swert, die valt van der saeke. (Mieris, I, 232, 488.)
25. Wer schwört ein falschen eid, versagt jhm selbst die seligkeit. – Henisch, 823, 33.
26. Wer schwört, er will nicht eher in die Schüssel langen, bis er wird zu seinem Recht gelangen, dem kann vorm Verhungern bangen.
27. Wer viel schwört, bricht auch viel Schwüre.
28. Wer viel schwört, dem ist auf sein Wort nicht viel zu trauen.
It.: Distrugge la sua fede chi spesso giura. (Pazzaglia, 152, 1.)
29. Wer viel schwört, der lügt viel.
It.: Chi giura, è bugiardo. (Bohn I, 81.) – Sovente giurare fa sovente spergiurare.
*30. A schwört Stên vnd Bên. – Robinson, 312; Gomolcke, 217.
Bei Frommann (III, 246, 175) mit dem Zusatz: dass nich woar is.
*31. Das heisst nicht hoch geschworen. – Braun, I, 4057.
*32. Er schweret, lieget vnnd trieget, dass wol möchten die Balcken biegen. – Mathesy, 172a.
*33. Er schwert nit thewer, jm ist nit ernst. – Franck, II, 131a; Gruter, I, 29; Egenolff, 143; Eyering, II, 424.
Es ist ihm nicht Ernst.
Lat.: Deos absentes testes facit. (Binder I, 303; II, 742; Philippi, I, 115; Seybold, 119.)
*34. Er schwört beim Schwein des heiligen Antonius.
Holl.: Hij zweert bij den tand van Sint Pleun. (Harrebomée, II, 269b.) – Hij zweert bij Sint Anthonies zwijn. (Harrebomée, II, 267a.)
*35. Er schwört Bocksdarm und Bockslung.
»Ich schwür bocksdarm vnd auch bockslung, der prediger hat eine falsche zung.« (Murner, Schelm., 2, in Kloster, I, 829.)
Holl.: Hij zweert bij kris en kras. ( Harrebomée, I, 451.)
*36. Er schwört das Blaue vom Himmel herunter.
Lat.: Per solis radios, Tarpejaque fulmina jura. (Juvenal.) (Philippi, II, 93.)
*37. Er schwört, dass der Himmel sich aufthun möchte.
Frz.: Il jure comme un marinier qui est engravé. (Kritzinger, 273a.)
*38. Er schwört, dass die Balken brechen.
*39. Er schwört, dass einem die Haare zu Berge stehen.
Lat.: Phocensium execratio. (Erasm., 282; Philippi, II, 94.)
*40. Er schwört dem Teufel ein Ohr ab. – Eiselein, 589.
Engl.: He'll swear a dagger out of sheath. – He'll swear the devil out of hell. – He'll swear through an inch board. – He'll swear till he's black in the face. (Bohn II, 179.)
Holl.: Hij zal zweren, dat de duivel Henrik heet. (Harrebomée, II, 165b.)
*41. Er schwört des Henckers Grossmutter ein Bein ab. – Grimmelshausen, Vogelnest, I.
Dän.: Svær saa meget at ingen troer ham. (Prov. dan., 557.)
*42. Er schwört, es regne Brennholz. – Gottsched, Beiträge, Hft. 13, S. 235.
[483] *43. Er schwört um ein Stück Butterbrot. – Tendlau, 325.
*44. Er schwört wie ein alter Soldat. – Dove, 738.
*45. Er schwört wie ein Landsknecht.
Frz.: Il jure comme un chartier embourbé. (Kritzinger, 126b.)
*46. Er schwört wie ein Spieler.
Holl.: Hij zweert als een Turk. (Harrebomée, II, 349a.) – Zweren als een schaker. (Harrebomée, II, 242a.)
*47. Er schwüre einen Eid um eine Taube, wenn ihm auch der Schwanz aus dem Aermel hervorguckte.
*48. Har schwärt Schtän un Bän. – Lohrengel, II, 316.
*49. Hi swaret ham a Êrs üb't Haad. (Nordfries.)
*50. Ich schwer be-Nekitas-Chephez. (Jüd.-deutsch.)
Ich schwöre bei dem Kleinode, das ich in der Hand habe. Es ist dies ein sehr feierlicher Schwur, bei welchem der Schwörende etwas besonders Werthgehaltenes, z.B. eine Thorarolle oder die Phylacterien zur Hand nimmt. (Tract. Schewuos, 38.)
*51. Ich schwör's bei meiner grossen Zehe.
Die Zehe ist dem Haupte entgegengestellt und somit wird das Haupt durch diesen scherzhaften Schwur parodirt. Moritz Haupt in Neidhart (Anm. zu S. 44) theilt auch einen Beleg mit, nach welchem es heisst: »Des han ich gesworn bî mînem schuo.«
*52. Ich will es schwören bei der Weide. – Liedersaal.
*53. Schwören als ein Ketzer. – Stritzerius, 66b.
*54. Unt wenn e schwîrt, dass ich (euch) de Ôgen blutten, so glêb ich's nich. (Schles.) – Frommann, III, 243, 43; Keller, 169b; Gomolcke, 1036; Robinson, 59.
*55. Wenn's bei ihm zum Schwören kommt, so verliert der Teufel ein Ohr.
56. Für schweren hüt dich aller ding, was dich angeht, acht' nicht gering.
Lat.: A iureiurando abstine. Audi quae ad te pertinent. (Spangenberg, 3.)
57. Wer schwört, soll wissen, was.
Er soll sich über die Sache völlig klar sein, und sich nicht auf Möglichkeiten und Ungewissheiten einlassen.
*58. Er schwert dirs auss den augen. – Hans Sachs, IV, XII, 1.
*59. Er schwört einem Läuffer-Botten seinen Spiess entzwei. – Simplic., Vogelnest, 548.
[1725] *60. Es schwür einer tausend Eide drauff. – Mathesius, Postilla, CCLXb.
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