[154] Genitalien (Genitalla, Anat.), die Geschlechtsorgane, deren Bestimmung ist, daß durch sie die Organismen der Art nach in neuen Individuen erhalten bleiben, wenn die lebenden Individuen, deren Dauer nach dem Gesetz der Natur nur auf eine bestimmte Zeit beschränkt ist, untergehen. Im thierischen Körper, dessen Organe sich nach drei Seiten des thierischen Lebens, der Sensibilität, Irritabilität u. Reproduction entfalten, gehören die G. zu den Organen der Reproduction u. haben daher auch in der tieferen Region des Körpers, welche zunächst Organen der Reproduction angewiesen ist (dem Unterleib), ihre Lage. Doch bilden sie mit den übrigen Reproductionsorganen hier darin einen Gegensatz, daß, während diese die Verrichtung haben, die verlorenen Stoffe des eigenen Körpers wieder zu ersetzen, die G. der Reproduction des ganzen Individuums von der ersten Entwickelungsstufe an zum nächsten Zwecke haben. Deshalb sind sie auch in der Unterleibshöhle von den übrigen Organen der Reproduction dadurch geschieden, daß sie nicht mit in dem, diese sämmtlich befassenden u. von dem Bauchfell gebildeten Sack aufgenommen sind. Außerdem haben sie die Eigenheit, daß sie bei den, in zwei Geschlechter geschiedenen Thieren in abweichender Bildung in beiden Geschlechtern sich darstellen u. eben dadurch zunächst den Geschlechtsunterschied begründen, obgleich dieser sich durch den ganzen Körper weniger scharf andeutet. Je höher ein organischer Körper in der Natur steht, desto bestimmter ist seine ganze Existenz an diese Bedingung der Geschlechtstrennung gebunden, u. desto entwickelter sind auch die G. So verschieden nun auch in thierischen Körpern männliche u. weibliche G. gebildet sind, so läßt sich doch für beide ein gemeinschaftlicher Typus aufstellen, nur mit Gegensätzen, so daß, was beim männlichen Geschlecht vereint, beim weiblichen getrennt, was dort nach außen, hier nach innen gelegen ist, daher sie auch von beiden Geschlechtern zusammen als ein Gesammtorganismus betrachtet werden können, indem ohne Zusammenwirken beider der Lebenszweck derselben (Fortpflanzung) nicht erreicht werden kann. Betrachtet man aber die Entwickelung der G. durch die verschiedenen Thierreihen insbesondere, so findet sich bei den Thieren der niedrigsten Ordnungen, bei Infusorien u. Pflanzenthieren, gar keine Andeutung derselben. Auch in den meisten Akephalen der Weichthiere zeigt sich nur eine geschlechtslose Fortpflanzung durch Eier, od. durch eine sehr einfache Zwitterbildung u. Selbstbegattung; eine ähnliche Zwitterbildung findet man auch bei Bandwürmern, Saugwürmern u. vielen frei lebenden Würmern. In den Bauchfüßlern u. unter den Würmern in den Hakenwürmern, bes. aber in den Spulwürmern, hat man bis jetzt zuerst in dem Thierreiche deutlicher eine solche Vertheilung der G. an zwei verschiedenen Individuen wahrgenommen, daß eine wechselseitige Begattung möglich ist. Bei den Kopffüßlern sind die getrennten G. noch mehr entwickelt, bei den Krustenthieren aber, z.B. den Krebsen, sind sie völlig gesondert, obgleich man in jedem Individuum doppelte Organe u. Geschlechtsöffnungen findet. Bei den meisten Insecten sind noch die inneren G. doppelt, die äußeren aber meist nur einfach. Bei den meisten Fischen findet man entschieden getrennte Geschlechter. Eben so sind die G. bei den Amphibien in zwei Geschlechtern ausgebildet u. noch mehr in Vögeln. In allen diesen Thierklassen bleiben aber einzelne Organe, welche bei Säugthieren zusammen die G. beider Geschlechte bilden, nur wenig entwickelt, od. auch nur angedeutet.
A) Männliche G. Sie haben die Bestimmung, im lebenden Organismus den männlichen Samen zu bereiten, aufzubewahren u. zu vervollkommnen u. bei der Begattung auszuführen. a) Samen bereitende Organe sind: aa) die Hoden (Testiculi). Sie fehlen bei keiner Thiergattung der drei höheren Klassen; auch bei vielen Fischgattungen sind gleiche Gebilde unterscheidbar; doch vertritt bei vielen Grätenfischen ihre Stelle die sogenannte Milch; bei Insecten u. Würmern werden nur analoge Organe von sehr mannigfaltigem Bau unterschieden, bei mehreren aber doch auch deutliche Hoden. Bei vielen Säugethieren haben sie, wie auch beim Menschen, ihre Lage außerhalb der Bauchhöhle in einem eigenen Behälter, dem Hodensack (Scrotum), der sich äußerlich aus der Fortsetzung der äußeren Haut bildet, die hier faltig u. runzlich, dunkler gefärbt, dünner, mit reichlichen Hautvenen versehen u. sparsam behaart, eine bedeutende Ausdehnung gestattet, einwärts aber dichter werdend, sich in Form einer eigenen Hoden haut (Dartos) gestaltet, die gefäßreich u. elastisch, doch ohne Muskelfasern, auf zutretende Reize einen hohen Grad von Contractibilität zeigt, im Innern aber mittelst der Hodenscheidewand (Septum [154] scroti), zwei besondere Abtheilungen bildet, in deren jeder ein Hode aufgenommen ist. Auch äußerlich zeigt sich von ihr eine Spur unterwärts am Hodensacke in einer linienförmigen Erhabenheit von etwas lichter Farbe (Hodennaht, Rhaphe). Die Hoden selbst sind beim Embryo bis gegen die Zeit der Geburt in der Bauchhöhle verborgen u. haben ursprünglich ihre Lage hoch an den Nieren, von wo sie durch einen eigenen, vom Bauchfell ausgebildeten, zelligen Apparat (Hodenleiter, Gubernaculum testiculi) allmälig durch die Bauchringe in den Hodensack gelangen. Bei sehr vielen Säugethieren bleiben sie immer in der Bauchhöhle, u. diese haben auch keinen Hodensack; bei Vögeln, Amphibien u. den übrigen Thieren ist dies allgemein der Fall. Jeder der beiden Hoden ist zunächst mit einer dünnen Fleischhaut (Hodenmuskel, Cremaster, Aufhebemuskel des Hodens), von breiten inneren Bauchmuskeln ausgehende Muskelfasern umgeben, die sich um den Samenstrang u. Hoden herumschlagen, u. wenn sie wirken, letztere aufwärts ziehen u. gelinde pressen. Über diesen liegt die gemeinschaftliche Scheidenhaut des Hodens u. des Samenstranges (Tunica vaginalis communis), als Fortsetzung des die äußere Fläche des Bauchfelles umgebenden Zellgewebes; dicht an ihr, doch innigst damit verbunden, liegt die besondere Scheidenhaut des Samenstranges (Tunica vaginalis propria funiculi spermatici), die sich abwärts in die gemeinschaftliche Scheidenhaut verliert; von ihr getrennt, umgibt jeden Hoden bes. die eigene Scheidenhaut des Hodens (Tunica propria testiculi), eine Fortsetzung des Bauchfelles. Alle diese Theile gelangen mit den Hoden aus der Bauchhöhle in den Hodensack. An dem Hoden wird nun aber noch eine eigene Haut unterschieden, mit der besonderen Bezeichnung Albuginea, mit welcher jene Haut an mehreren Stellen innigst verwebt ist. Sie bildet nach innen kleine Scheidewände (Septulatestis) u. einen im hinteren Rande eindringenden dreiseitigen Vorsprung (Corpus Highmori). Durch diesen festen Außentheil des Hodens wird die innere, lockere, eigentliche Hodensubstanz (Parenchyma testiculi), zusammengehalten u. geschützt; dies ist ein äußerst zartes, weiches Gefäßgebilde, in dem der Same durch eigene untermengte Samengefäße (Tubuli seminiferi) abgesondert wird; letztere machen den größten Theil der Hodensubstanz aus u. treten in höchst zarten Samenröhrchen (Caniculi seminales) zusammen, haben einen geschlängelten Bau u. bei der höchsten Feinheit eine bewunderungswürdige Länge, die sogar (nach Monro) bis über 5000 Fuß angeschlagen wird. An dem oberen hinteren Theile des Hodens, in dem oben erwähnten Corpus Highmori, in welchen die Samenröhrchen als Tubuli seminiferi recti eintreten, bilden sich größere, netzförmig vereinigte Röhrchen, als Samengefäßnetz (Rete vasculosum Halleri), aus dem mehrere Ausführungsgänge (Vascula efferentia) vielfach geschlängelt gehen u. kegelförmige Stränge (Coni vasculosi, 10–30 an der Zahl) bilden. Aus diesen bildet sich bb) der Nebenhode (Epididymis) u. zwar in seinem Anfangstheil (Kopf); alle vereinen sich in eine cylindrische, vielfach geschlängelte Röhre, Nebenhodengefäß (Canalis epididymidis), wodurch das Mittel- u. Endstück (Schwanz) des Nebenhoden gebildet wird. Das ganze Gebilde liegt vom oberen Ende des Hodens, an seinem hinteren Rande, abwärts bis zu seinem unteren Ende; wo er an den Hoden anliegt, bildet sich durch eine Falte der eigenen Scheidenhaut des Hodens das Nebenhodenband (Ligamentum epididymidis) zu seiner Befestigung. Das Nebenhodengefäß endigt sich in ein erweitertes, für sich verlaufendes Gefäß, cc) den Samengang (Ductus deferens), das vom Hoden zu dem Bauchringe aufsteigend, einen Theil des Samenstranges bildet, vom Bauchring aus zur hinteren unteren Fläche der Harnblase gelangt, wo die Samengänge beider Seiten sich einander nähern, so daß sie dicht an einander zu liegen kommen, hier aber unter einem sehr spitzigen Winkel mit dem Ausführungsgange des Samens sich vereinigen. Durch sie gelangt der Same, außer der Zeit der wirklichen Ausübung der Geschlechtsfunction, zu den Samenbläschen, bei Thieren aber, die (wie Hunde) dieser entrathen, wird der Same bei der Begattung unmittelbar durch sie zur Harnröhre geleitet; dd) der Samenstrang (Funiculus spermaticus) ist die strangartige, am männlichen Körper auch äußerlich vom Hodensack aus bis zu dem Bauchringe durch das Gefühl zu unterscheidende Verbindung der zu den Hoden gelangenden Gefäße u. Nerven. Er besteht, außer der gemeinschaftlichen Scheidenhaut des Hodens u. des Samenstranges u. einer diesem eigenen Scheidenhaut, aus den Samenarterien, den Samenvenen, vielen Saugadern, den Samennerven u. dem Samengange, der hinter den Blutgefäßen seine Lage hat; ee) die Samenbläschen (Vesiculae seminales), sind die Behälter des abgesonderten Samens von der Zeit der Pubertät an; sie finden sich als zwei längliche häutige Säckchen außerhalb des Bauchfelles an der hinteren Fläche des unteren Theiles der Harnblase Man unterscheidet an ihnen ein oberes, mehr nach außen gelegenes geschlossenes Ende als Grund Von diesem aus nähert sich jedes Samenbläschen dem der anderen Seite u. endigt sich in einem engeren Theile (Hals), der hinter dem Harnblasenhals seine Lage hat. Die innere Höhle ist in mehrere Fächer getheilt, die alle unter sich Gemeinschaft haben; sie werden aus einer äußeren Haut u. einer inneren Schleimhaut gebildet. Die Samenbläschen besitzen eine eigene Contractibilität, die bei der höchsten Aufregung der Geschlechtslust rege wird, wodurch dann der Same in den Ausführungsgang des Samens u. durch diesen in die Harnröhre gelangt. ff) Der Ausführungsgang des Samens (Ductus ejaculatorius), entsteht durch den Zusammentritt des Samenganges mit dem Halse des Samenbläschens, geht durch die Vorsteherdrüse u. öffnet sich an der hinteren Wand des in dieser Drüse liegenden Theiles der Harnröhre, zu beiden Seiten an einen kleinen Hügel, Schnepfenkopf od. Samenhügel (Caput gallinaginis) genannt; gg) die Vorsteherdrüse (Glandula prostata), umgibt den Hals der Harnblase u. den oberen Theil der Harnröhre, wird von den Samenausführungsgängen durchbohrt, öffnet sich mit 10–15 Ausführungsgängen neben dem Schnepfenkopf u. sondert eine schleimige Feuchtigkeit ab. b) Samenausführende Theile sind: das männliche Glied (Penis, Ruthe); es besteht wesentlich: aa) aus den beiden langen [155] schwammigen Körpern (Corpora cavernosa), eigenen Gefäßgebilden od. Erweiterungen des ihnen zum Grunde liegenden Zellgewebes, die mit den Venen dieses Theiles zusammenhängen, in die sich aber Blut nur in dem eigenen Lebenszustande der Erection ergießt; beide liegen neben einander, sind durch eine aus dichterem Zellstoff gebildete Scheidewand getrennt u. mit einer eben solchen Haut überzogen; das Glied selbst erhält dadurch eine cylindrische Form; dessen obere, etwas plattere Fläche wird auch als Rücken (Dorsum penis) bezeichnet; bb) aus der unterwärts an beide sich anfügenden männlichen Harnröhre; cc) aus der vorwärts sich anfügenden Eichel (Glans penis), einer Fortsetzung von beiden, daher auch in gleicher Art, wie die schwammigen Körper, organisch gebildet. Man unterscheidet an ihr hinterwärts einen wulstigen Rand, als Krone (Corona glandis), u. hinter dieser einen verengerten Theil als Hals. Bis hierher ist dieser Theil mit dd) einer Verdoppelung der äußeren Haut bedeckt, die eine Art von Scheide bildet u. als Vorhaut (Praeputium) bekannt ist; sie ragt, bes. in jüngeren Jahren, noch etwas über die Eichel hervor, läßt sich aber, bes. bei Erwachsenen, zurückziehen; bei Vielen bleibt (auch unbeschnitten) die Eichel von ihr unbedeckt. Zwischen der Vorhaut u. der Eichel wird aus Schleimhöhlen der Eichel um deren Hals herum eine schleimig-ölige Feuchtigkeit (Smegma) von eignem Geruch abgesondert, die zuweilen eine eigene Schärfe annimmt. Unterwärts befindet sich an der Eichel die Öffnung der Harnröhre; unterhalb dieser bildet die Vorhaut eine Falte (das Bändchen, Frenulum praeputii), weswegen sie hier sich nicht, wie in dem übrigen Umfang, zurückziehen läßt. Das männliche Glied erhält seine Befestigung an der unteren Fläche des Sitzbeines jeder Seite, indem hier die schwammigen Körper auseinander weichen u. mit ihren, als Wurzeln bezeichneten Endtheilen durch dichtes Zellgewebe daran angefügt sind. Diese Befestigung wird durch ein, von der Schambeinvereinigung ausgehendes, ebenfalls verdichtetes Zellgewebe verstärkt, welches als Aufhängeband (Ligamentum suspensorium penis) unterschieden wird. Ein eigener Muskel, Ausrichter des männlichen Gliedes (Musculus erector penis), der von der inneren Seite des Höckers des Sitzbeines auf jeder Seite zu den schwammigen Körpern hinterwärts herabgeht, verleiht dem männlichen Glied im Zustande der Erection einige Beweglichkeit.
B) Weibliche G. Die zur Aufnahme des männlichen Samens, Entwickelung des befruchteten Eies, Ernährung u. Ausbildung der Frucht bis zu deren Reise u. Geburt des reisen Kindes bestimmten Organe des weiblichen Körpers. Diese sind: a) äußere (weibliche Scham, Pudendummuliebre, Cunnus, Vulva), am untersten vorderen Theile des Unterleibes, zunächst unter dem, die Schooßknochenvereinigung bedeckenden, durch unterliegendes Fett etwas erhabenen, mit Haaren besetzten Schamberg (Mons veneris) gelegen. Sie besteht aus den Schamlefzen (Schamlippen, Labia pudendi), als längliche wulstige Falten der äußeren Haut, in der Richtung von oben nach unten u. von vorn nach hinten sich darstellend, bis zu dem zwischen den G. u. dem. After liegenden Mittelfleisch (Damm, Perinaeum) reichend. Man unterscheidet aa) äußere (größere) Schamlefzen u. an ihnen die dazwischen bleibende Spalte, als Schamspalte (Rima pudendi) ihre Verbindungen ober- u. unterwärts als Commissuren (Commissura superior et inferior), an der unteren eine dünne, von einer Lefze zur anderen ziehende Hautfalte, als Schambändchen (Frenulum labiorum), darunter eine kleine Vertiefung, als Schamgrube (Fossa navicularis); bb) innere od. kleinere Schamlefzen (Nymphen), durch zartere, kleinere Hautfalten innerhalb der vorigen gebildet. Nach hinten zu verschmälern u. verlieren sie sich allmälig; nach vorn spaltet sich jede in zwei; mit dem der anderen sich vereinigenden Schenkel, u. bilden dadurch nach vorn die Vorhaut, nach hinten das Bändchen der cc) von ihnen umschlossenen Klitoris (Clitoris, Kitzler), ein dem männlichen Glied analoges, so wie dieses mit Eichel u. schwammigen Körpern versehenes, aber nicht von der Harnröhre, deren Öffnung zunächst hinter ihnen liegt, durchbohrtes u. weit kleineres, schon im Embryo vorzugsweise ausgebildetes, gewöhnlich zwischen den Schenkeln der kleinen Lefzen verstecktes, bis auf das als Eichel bezeichnete Endstück zurückgezogenes, durch Geschlechtsreiz aber u. äußere Reibung einer kurzwährenden Erection fähiges Organ. Sie bekommt eigene Gefäße u. Nerven (Klitorisarterie, Klitorisvene, Klitorisnerv); dd) in dem Raume zwischen den kleinen Lefzen od. dem Boden der Schamspalte (Vorhof der Scheide, Vestibulum vaginae) befindet sich nach vorn die von strahlenförmigen Falten umgebene Öffnung der Harnröhre u. mehr nach hinten, der bei der Jungfrau mit einer dünnen, halbmondförmigen Haut (Scheidenklappe, Jungfernhäutchen, Hymen), nach dessen Zerreißung einige rundliche Wärzchen (Carunculaemyrtiformes) zurückbleiben, zum Theil verschlossene Eingang zur Mutterscheide. b) Innere weibliche G.: aa) Mutterscheide (Vagina), häutiger Kanal, der von den äußeren weiblichen G. zu den inneren, namentlich zur Gebärmutter, deren Hals sie mit ihrem oberen Theile so umgibt, daß der Muttermund bedeutend in sie hineinragt, u. rund um denselben eine Vertiefung: das Scheidengewölbe (Scheidengrund, Laquear s. Fundus vaginae), entsteht, den Übergang bildet Sie liegt zwischen der Harnblase u. dem Mastdarme Ihrer Richtung nach ist sie vorwärts leicht gekrümmt; ihre Länge beträgt unausgespannt etwa 4 Zoll. Im jungfräulichen Zustande ist sie enger, als nachdem mehrmaliger Beischlaf gepflogen worden, od. Geburt erfolgt ist. Sie besteht wesentlich aus zwei Schichten od. Häuten, einer äußeren dünnen, festen Zellhaut von eigenthümlichem Gewebe, mit vielen u. starken Venennetzen u. Venenhöhlen durchzogen, u. mit einer inneren Schleimhaut, die viele, größtentheils quere Falten bildet, von denen an der vorderen, wie an der hinteren Seite eine Reihe übereinander liegender, als vordere u. hintere Faltensäule unterschieden wird. Zwischen den. Falten findet sich eine große Menge Schleimhöhlen u. am Eingange, wie auch an den großen u. kleinen Lefzen, viele Talgdrüsen. Hier ist sie auch mit kreisförmigen Muskelfasern, Scheidenschnüren (Constrictores cunni) umgeben. Außer reichlichen Blutgefäßen ist die Mutterscheide[156] auch mit Nerven versehen u. daher ein empfindlicher Theil. Bei der Geburt ist sie einer bedeutenden, zum Durchgang des Kindes erforderlichen Erweiterung fähig; bb) Gebärmutter (Fruchthälter, Uterus), das Hauptorgan der weiblichen G., dessen Bestimmung ist, in seiner Höhle, nach erfolgter Schwängerung, den Fruchtkeim aufzunehmen u. denselben hier zu seiner Reise gelangen zu lassen, dann aber ihn durch eigene Thätigkeit aus sich u. dem Körper überhaupt gelangen zu lassen (zu gebären). Ihre Lage (in ungeschwängertem Zustande) ist in der Mitte des kleinen Beckens, zwischen dem Mastdarme u. der Harnblase. Sie ist länglichrund, von Flaschenform, am oberen Theile (Gebärmuttergrunde) breiter, am unteren (Gebärmutterhals), der im Inneren baumartig od. handförmig laufende Fallen (Plicae palmatae, Palmae plicatae) u. zwischen diesen größere Schleimbälge (Ovula Nabothi) enthält u. zapfenförmig (als Portio vaginalis uteri) in die Mutterscheide hineinragt, verschmälert, vorn u. hinterwärts etwas abgeplattet; aus einer eigenthümlich fleischartigen, doch nicht eigentlichen Muskelsubstanz gebildet, obgleich sie geschwängert für den Act der Geburt das Vermögen der Zusammenziehung, u. zwar mit größerer Energie als ein Muskel bekommt, u. auch dann in die Gebärmuttersubstanz eingewebte Muskelfasern unterscheidbar sind. Im Inneren befindet sich eine im Verhältniß nur kleine, dreieckige Höhle, kaum von der Weite, um einen Mandelkern zu umfassen. Nach der erfolgten Schwängerung dehnt sich aber die Gebärmutter so aus, daß sie zu Ende der Schwangerschaft den ganzen vorderen Theil der Unterleibshöhle einnimmt, die Bauchdecken nach außen drängt, sie wölbt u. bis gegen die Magengegend zu sich erhebt. Während zugleich die Gebärmutterwände nach allen Richtungen an Dicke abnehmen, erhält die Gebärmutterhöhle genug Räumlichkeit, um zur Zeit der bevorstehenden Geburt den reisen Embryo (ja zwei od. wohl gar drei) nebst der Nachgeburt u. dem Kindeswasser, womit der Embryo umflossen ist, zu umfassen. Die Gebärmutterhöhle läuft unterwärts in einen Gang aus, der durch die Mitte des Halses hindurchgeht, gewöhnlich aber fest verschlossen ist, jedoch während der Empfängniß u. für den Ausfluß der monatlichen Reinigung sich öffnet. Die Enden dieses Ganges unterscheidet man nach der Höhle der Gebärmutter zu als inneren u. nach der äußeren Mutterscheide hin als äußeren Muttermund. Dieser ist in der Mutterscheide in ungeschwängertem, wie in geschwängertem Zustande, fühlbar. In ersterem bildet er gewöhnlich eine längliche Spalte, indem man zugleich eine obere, etwas tiefere u. eine untere Lippe unterscheidet. Für die Schwangerschaft u. den Fortgang derselben, so wie die bevorstehende Gehurt, geben die fühlbaren Veränderungen des äußeren Muttermundes u. des Gebärmutterhalses Hauptzeichen ab, indem jener sich abrundet u. zuletzt immer mehr erweitert, letzterer aber sich verkürzt u. endlich ganz verschwindet. Die Gebärmutter ist durch eine Fortsetzung des Bauchfelles von außen überzogen u. wird dadurch, daß solches sich über ihren Grund u. Mitteltheil hinwegschlägt, in ihrer Lage erhalten. Zugleich bildet dasselbe seitwärts zwei große Falten als die breiten Mutterbänder (Ligamenta uterilata), in welche oberwärts zwei häutige, als Fallopische Röhren (Tubae Fallopianae) bekannte Gänge aufgenommen sind, die in der Gebärmutter, nahe an ihrem Grund, auf jeder Seite eine enge Mündung haben, mit ihrem anderen Ende aber frei in die Bauchhöhle sich öffnen, jedoch mit zarthäutigen Franzen (Fimbriae tubae) umgeben sind, die sich bei der Befruchtung an die Eierstöcke anlegen, von wo aus dann der Keim in sie u. weiter in die Gebärmutter gelangt. Auch die unter den Fallopischen Röhren liegenden Eierstöcke sind von den breiten Mutterbändern umfaßt. Ihre Form ist eirund, etwas zusammengedrückt, ihre Farbe röthlich grau, auf jeder Seite liegt einer neben der Gebärmutter, zwischen den Muttertrompeten u. den runden Mutterbändern. Sie enthalten in ihrem inneren Parénchyma 10 bis 20 mit einer eiweißstöffigen Flüssigkeit gefüllte Bläschen, Eier (Ovula s. Vesiculae Graafianae), von denen man annimmt, daß sie als Keime der künftigen Frucht, bei fruchtbarer Begattung aus dem Eierstocke abgeschieden, von dem dieselben in diesem Moment umfassenden Franzen der Fallopischen Röhren aufgenommen u. in die Gebärmutter geleitet werden. An ihrer Stellt findet man dann gelbe Körper (Corpora lutea), narbige Stellen von gelblicher Farbe (auch bei Thieren), deren Zahl meist der Zahl der empfangenen Früchte entspricht. Das zwischen beiden liegende Stück der breiten Mutterbänder hat den Namen Fledermausflügel (Alae vespertilionis). Als runde Mutterbänder (Ligamenta uteri rotunda) werden strangartige Gebilde unterschieden, zu denen das Bauchfell, von den breiten Mutterbändern aus, nur die äußere Umkleidung gibt u. die aus dichtem Zellstoff u. einem Convolut von Gefäßen bestehen, durch den Bauchring nach außen gehen u. in dem Schamberg sich verlieren.
Gefäße der G. A) Arterien: a) Samenarterien (Arteriae spermaticae): aa) innere Samenarterien, gewöhnlich aus der Aorta selbst hoch oben unter der Nierenarterie auf jeder Seite entspringend, bei dem männlichen Geschlecht zur Absonderung des Samens bestimmt u. daher zum Samenstrang herabgehend, beim weiblichen Geschlecht aber als Eierstocksarterie zu dem Eierstocke u. den Gebärmutterbändern; bb) äußere Samenarterie, Zweig der unteren epigastrischen Arterie, der beim männlichen Geschlecht mit dem Samenstrang zur Scheidewand der Hoden herabsteigt, beim weiblichen aber theils in das runde Mutterband geht, theils mit einem Zweig der Eierstocksarterie anastomosirt; cc) Äste aus der Blasenarterie, zu der Vorsteherdrüse, den Samenbläschen, der Scheide u. selbst bis zum Hoden herab längs des Samenganges; dd) gemeinschaftliche od. innere Schamarterie (Arteria pudenda communis), Ast der Beckenarterie, gibt Äste an den Rücken (Arteriae dorsales) u. an die schwammigen Körper des Penis u. der Klitoris, so wie auch an den schwammigen Körper u. die Wurzel der Harnröhre. B) Die Venen der Gebärmutter begleiten die gleichnamigen Arterien meist doppelt u. selbst dreifach, sind mit den zelligen Erweiterungen in den schwammigen Körpern u. der Substanz des Uterus u. der Vagina in Verbindung, bilden auch mehrere Geflechte, als: [157] a) Plexus pudendalis internus, umgibt die inneren Geschlechtstheile, beim Manne als Plexus pubicus impar (s. Labyrinthus Santorini), die Vorsteherdrüse, bei dem Weibe als Plexus uterinus et vaginalis, die Gebärmutter u. Scheide hängt mit den gemeinschaftlichen Schamvenen zusammen; b) das Rankengeflecht (Plexus pampiniformis), am Samenstrang, nimmt die Venen des Hodens auf, setzt sich in die innere Samenvene fort u. umstrickt die innere Samenarterie. C) Die Nerven der G. sind folgende: a) der Schamnerv (Nervus pudendus communis), welcher aus dem Schamastdarmgeflecht (s.u. Rückgrathsnerven, Kreuzbeinnerven) entspringt u. sich in einen unteren Zweig (Nervus perinaei s. pudendus internus) für Damm, Harnröhre, Scheide, Hodensack, Schamlefzen, u. einen äußeren (Nervus pudendus externus s. dorsalis penis) für den Rücken u. die schwammigen Körper der Ruthe u. Klitoris theilt; b) Samennerven (Nervi spermatici): aa) ein äußerer, der aus den ersten Lendennerven (s.d.) auf jeder Seite entspringt, durch den Bauchring (s.d.) durchgeht u. sich meist in den äußeren G. u. in der Leistengegend (s.u. Leiste) verzweigt; bb) ein innerer, der im Samennervengeflecht (Plexus spermaticus), welches unter dem Nierennervengeflecht sich bildet, in männlichen Körpern zum Hoden, in weiblichen zum Eierstock herabgeht; cc) mehrere Geflechte für die Vorsteherdrüse, die Gebärmutter, die Scheide, die schwammigen Körper, die aus dem unteren Beckengeflecht (s. Gangliennerv) entspringen. Die Saugadern gehen zu den Nieren- u. Leistengeflechten.
Pierer-1857: Weibliche Genitalien
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