Portugal

Portugal

[538] Portugal (das Königreich) nimmt in Form eines länglichen Vierecks die südwestl. Ecke der pyrenäischen Halbinsel und Europas ein, hat auf ungefähr 1750 ! M. etwas über 3 Mill. Einw. und wird nördl. und östl. von Spanien, südl. und westl. vom atlant. Meere begrenzt. Seine frühesten Bewohner wanderten vermuthlich von O. her ein und mußten sich um 900 v. Chr. den eindringenden Kelten unterwerfen; aber schon seit 1000 v. Chr. besuchten die Phönizier und nachher die Griechen auf ihren Handelsreisen zur See diese Gegenden, wo die Karthager in der Folge die von jenen gegründeten Niederlassungen einnahmen. Im heutigen P. fanden diese namentlich die tapfern und freiheitsliebenden Lusitanier, von denen P. auch Lusitanien heißt und die unter Hannibal als ihre Bundesgenossen Rom in Italien bekämpfen halfen. Als die siegreichen Römer sich später die pyrenäische Halbinsel unterwarfen, setzten ihnen die Lusitanier den hartnäckigsten Widerstand entgegen und trotzten mehre Jahre der ganzen röm. Macht. Diese behauptete sich hier vier Jahrhunderte, bis seit Anfang des 5. Jahrh. die Völkerwanderung german. Völker, Sueven, Alanen und Vandalen hierher führte und P. endlich eine Provinz des westgothischen Reiches wurde, von dem es 714 die aus Afrika kommenden Mauren (Araber) abrissen. Der nördl. Theil ward jedoch schon 770 der arab. Herrschaft [538] wieder entzogen, allein im übrigen P. bestand dieselbe bis ins 11. Jahrh., wo Ferdinand I. von Castilien und Leon den größern Theil eroberte. Diese Eroberungen wurden von Alfons VI. von Castilien erweitert und befestigt und von ihm dem tapfern Grafen Heinrich dem Jüngern von Burgund, welcher zur Bekämpfung der Mauren nach Castilien gekommen war, mit der Hand seiner Tochter 1094 als Statthalterschaft, 1109 aber als erbliche Herrschaft überlassen. Heinrich und noch mehr sein Sohn Alfons I. erweiterten ihr Gebiet durch Eroberungen von den Arabern und der Letztere wurde nach dem Siege von Ourique im J. 1139 von seinem Heere auf dem Schlachtfelde zum Könige von P. ausgerufen, welchen Titel er aber erst 1142 annahm. Die Versammlung der Cortes (Stände) zu Lamego bestätigte ihn 1143 feierlich, und nachdem der Papst das neue Reich anerkannt hatte, ordneten sie 1181 die Thronfolge und die Verfassung. Lissabon wurde erst 1147 mit Hülfe deutscher und niederländ. Kreuzfahrer, welche auf ihrer Seefahrt nach Palästina in den Tajo einliefen, den Arabern entrissen. Alfons I. war sonach der Stifter der ersten und sogenannten echten burgund. Regentenlinie. Von seinen Nachfolgern erwarb Alfons III. (1248–79) Algarbien und Dionys (1279–1325) verdiente die ruhmvollen Beinamen des Gerechten, des Anbauers und Vaters des Vaterlandes. Durch die zu Lissabon 1290 von ihm gestiftete, 1308 nach Coimbra verlegte Universität beförderte er die Wissenschaften, und durch Verbesserung in allen Theilen der Verwaltung, Ermunterung von Ackerbau, Kunstfleiß, Handel und Schiffahrt und den von ihm den Städten gewahrten Schutz, legte er den Grund zu der Bedeutsamkeit, welche P. im folgenden Jahrhundert erreichte. Mit Ferdinand I., dem Sohne Pedro I. oder des Strengen (1357–67), aus dessen erster Ehe mit Constantia, der Tochter eines vornehmen castilischen Hauses, starb 1383 der Mannsstamm der echten burgund. Linie aus und mit Übergehung seiner Schwester gelangte, vom Volke begünstigt, Johann I. zur Regierung. Dieser war ein Sohn Pedro I. aus dessen zweiter, jedoch heimlich geschlossenen Ehe mit der schönen und unglücklichen Hofdame Ines de Castro, welche mit dem castilischen Königshause verwandt war, dessenungeachtet aber auf Befehl von Alfons IV., des Vaters ihres Gemahls, welchen feindselige Höflinge wider dieselbe eingenommen hatte, 1355 in einem Kloster zu Coimbra ermordet wurde, während ihr Gatte Pedro sich auf der Jagd befand.

Mit König Johann I., gest. 1433, beginnt die zweite sogenannte unechte burgund. Regentenlinie, unter der P. seine höchste Bedeutung unter den europ. Staaten erreichte. Ein langer Kampf mit Castilien, welches Ansprüche auf die Krone von P. machte, wurde von Johann I. vortheilhaft beendigt, unter seiner und seiner drei tapfern Söhne Eduard, Heinrich und Pedro persönlichen Mitwirkung durch die Einnahme von Ceuta (1415) der Anfang zu den portug. Eroberungen in Afrika gemacht. Die Rechtspflege wurde verbessert und mit Benutzung des einheimischen und des röm. Rechts ein Gesetzbuch hergestellt, welches bis auf die neueste Zeit Geltung behalten hat. Die Auffindung der westafrik. Inseln Porto-Santo, Madeira und der Azoren durch die vom erd- und schiffahrtskundigen Prinzen Heinrich, mit dem Beinamen der Seefahrer (gest. 1463), anfangs auf eigne Kosten unternommenen Entdeckungsreisen, hatte die Begründung der ersten portug. Colonien (1418) zur Folge. Allein dabei ließ es der vom gegebenen Beispiele mächtig angeregte und von Gewinnsucht angespornte Unternehmungsgeist nicht bewenden; die Küste von Guinea wurde 1452, im Verfolge der Entdeckungen an der Westküste von Afrika, 1486 das südlichste Vorgebirge dieses Erdtheils von Bartolomeo Diaz (s.d.) erreicht, welches derselbe König Johann II. (1481–95), welcher Christoph Colombo (s.d.) mit seinen Entwürfen abwies, die Folgen dieser Entdeckung ahnend, das Cap der guten Hoffnung nannte. Bei der ungemeinen Ausdehnung. welche der portug. Handel zu gewinnen anfing, war die Aufnahme von 83,000 aus Castilien vertriebenen Juden, unter denen sich auch viele Gelehrte befanden, eine wohlüberlegte Maßregel, nur hätten ihr nicht bald Bedrückungen der Fremdlinge wegen ihres Glaubens folgen dürfen. Die sehr gewachsene Macht des Adels schränkte Johann II. wesentlich ein und als er auf Widersetzlichkeit stieß, wurde das Haupt der Widerspenstigen, der Herzog von Braganza, hingerichtet, den Herzog von Viseu aber, welcher sich zu Anschlägen wider des Königs Leben hergab, erstach derselbe mit eigner Hand. Unter Emanuel dem Großen (1495–1521) entdeckten die Portugiesen in rascher Folge verschiedene Punkte der Ostküste von Afrika, und Vasco de Gama (s.d.) fand 1498 den Seeweg nach Ostindien. Besitznahme und Entdeckungen bisher nicht gekannter Länder in Asien folgten dort einander bis 1542, wo portug. Fahrzeuge nach Japan verschlagen wurden. In Ostindien, wohin schon 1500 Peter Alvarez Cabral mit einer zweiten Flotte abging, um Handelsverbindungen anzuknüpfen und auf der Reise dahin zufällig Brasilien (s.d.) entdeckte, eröffnete sich nun dem Unternehmungsgeiste und dem Heldenmuthe der Portugiesen ein unermeßlicher Schauplatz. Unter den zahlreichen Helden, welche sich bei den Eroberungen in Indien auszeichneten, glänzten vornehmlich Franz von Almeida, welcher Ceylon (s.d.) entdeckte und erster Vicekönig von Indien war; sein Nachfolger, Alfons von Albu querque (s.d.), der Goa zum Mittelpunkt der portug. Macht in jener Erdgegend machte, und Lopez Soarez, welcher 1513 an dessen Stelle trat und mit China Handelsverbindungen eröffnete. Minder glücklich, allein ebenso ruhmvoll, kriegte um dieselbe Zeit König Emanuel gegen die Mauren in Afrika, wozu die Schätze, welche aus den Colonien nach P. flossen, die Mittel lieferten. Wissenschaften, Künste und Handel befanden sich in P. nie auf einer blühendern Stufe als damals, wo Lissabon der belebteste Handelsplatz in Europa wurde, und diese Lage der Dinge erhielt sich auch so ziemlich unter Johann III. (1521–57). Indessen bereitete derselbe durch Einführung der Inquisition, welche vor Allem die auch seines Vorgängers Regierung verdunkelnde Verfolgung der Juden grausamer fortsetzte, sowie durch Aufnahme der Jesuiten den Verfall P.'s vor, dessen innere Entwickelung nun plötzlich gehindert wurde. Es fing dadurch an, seine Überlegenheit über die auswärts gelegenen Quellen seines Wohlstandes zu verlieren, und als der von den Jesuiten zum fanatischen Schwärmer erzogene Enkel und Nachfolger Johann III. Sebastian (1557–78), in einem wider allen klugen Rath begonnenen Kriege mit den Mauren in Afrika, in der Schlacht bei Alcassar geblieben war, und mit seinem bejahrten Oheim[539] dem Cardinal Heinrich, welcher die Krone erbte, 1580 auch der unechte burgund. Königsstamm erlosch, ohne daß etwas über die Erbfolge festgesetzt war, fiel es Philipp II. von Spanien nicht schwer, durch den Herzog Alba P. 1581 mit Gewalt in Besitz zu nehmen, auf das er unter allen vorhandenen Thronbewerbern die entferntesten Ansprüche aufzuweisen hatte. Es blieb hierauf bis 1640 mit allen seinen Nebenländern ein Theil der span. Monarchie und wurde von den verblendeten Beherrschern in kurzer Zeit um Wohlstand und Ansehen gebracht. Die Niederländer, welche jetzt nicht mehr nach Lissabon kommen durften, segelten selbst nach Ostindien und rissen nicht blos den indischen Handel an sich, sondern eroberten auch eine portug. Besitzung nach der andern. P. selbst sank unter dem Drucke der Spanier immer tiefer, die planmäßig ihm die Kraft zu benehmen trachteten, je zur Herstellung seiner Unabhängigkeit einen Versuch zu machen, ohne das Geringste zum Wohl des Landes zu thun. Mehre Mitglieder vornehmer Familien verbanden sich daher, des Beistandes des Volkes gewiß, zur Vertreibung der Spanier und durch die am 1. Dec. 1640 in Lissabon begonnene und in einem Tage beendigte Revolution, welche schnell im ganzen Lande durchgeführt wurde, gelang es, der span. Herrschaft ein Ende zu machen. Zugleich wurde der Herzog von Braganza, welcher durch seine Vorfahren Ansprüche auf die Krone besaß und außerordentlich reich war, als Johann IV. zum König von P. ausgerufen. Auch die portug. Colonien folgten dem Beispiel des Mutterlandes und nur Ceuta blieb im Besitz der Spanier.

Die nach langer Zeit im Jan. 1641 wieder versammelten Stände billigten feierlich die Revolution, durch welche das noch regierende Haus Braganza auf den portug. Thron gelangt war. Spanien unternahm vergeblich die Wiedereroberung von P. und mußte 1668 im Frieden von Lissabon dessen Unabhängigkeit anerkennen. Auch mit den Niederlanden kamen unter Johann IV. (gest. 1656) Nachfolger, Alfons VI. (1656–67) und nachdem dieser geistig und leiblich zur Regierung unfähige Prinz die Regierung und seine Gemahlin Elisabeth von Savoyen an seinen Bruder Pedro hatte abtreten müssen, unter engl. Vermittelung Verträge zu Stande, durch die P. wenigstens Brasilien ganz wieder erhielt. Der nun eintretende Friedenszustand würde dem Lande wol erlaubt haben, unter Begünstigung mancher äußerer Umstände, wie z.B. die Entdeckung der reichen Goldminen (1698) und später der Diamantgruben in Brasilien, sich schnell wieder empor zu arbeiten, wenn seine Regierung außer dem guten Willen auch die Kraft und Einsicht besessen hätte, das gesunkene Volk geistig wieder zu heben und den Unternehmungsgeist wieder zu beleben. Bigoterie und Jesuiten verhinderten aber, daß irgend eine darauf abzielende Maßregel zur Reise gelangte und mit England eingegangene und bis auf die neueste Zeit beibehaltene Handelsverträge wendeten diesem die Vortheile des Verkehrs mit P. und seinen Colonien fast allein zu. Von England genöthigt, mußte es auch am span. Erbfolgekriege Theil nehmen, erhielt aber im Frieden von Utrecht (1713) von Spanien und Frankreich vortheilhafte Zugeständnisse über streitig gewesene Colonialbesitzungen. Die lange Regierung Johann V. (1706–50), von welchem mit ungeheuren Summen in Rom die Erlaubniß zur Errichtung eines Patriarchats zu Lissabon erworben und zum Bau des Klosters Mafra (s.d.) 125 Mill. Thlr. verschwendet wurden, endigte mit der grenzenlosesten Verwirrung in allen Zweigen der Regierung. König Joseph I., 1750–77, fand jedoch an dem Marquis von Pombal (s.d.) einen Minister, der fähig war, den seiner Auflösung nahen Staat wieder zu heben und sich nicht scheute, die seinen Zwecken entgegentretenden Hindernisse selbst auf gewaltthätige Weise aus dem Wege zu räumen. Die Umstände führten ihn dabei zwar oft zu weit, aber P. hatte unter seiner auch durch Vertreibung der Jesuiten denkwürdigen Verwaltung den Weg zu Wohlstand und Ansehen bereits mit Erfolg betreten, als nach Joseph I. Ableben Pombal durch dessen Tochter und Nachfolgerin Maria I. Franziska Isabella, 1777–1816, sogleich entlassen und ein großer Theil seiner Einrichtungen aufgehoben oder unwirksam gemacht wurde. Der an seinen Vorrechten festhaltende Adel und die bigotte Geistlichkeit theilten sich in die Leitung der Regierung und der Staat sank in den Zustand von Ohnmacht zurück, aus dem Pombal ihn kaum geweckt hatte. Nachdem wegen Gemüthskrankheit der mit Don Pedro III., einem Bruder Joseph I. vermählt gewesenen Königin der Kronprinz Johann Maria Joseph, geb. 1767, die Regierung 1792 übernommen hatte, welche er jedoch erst seit 1799 als Prinz-Regent im eignen Namen führte, mußte P., dem Einflusse Großbritanniens nachgebend, am Kriege mit Frankreich seit 1793 Theil nehmen, was die größten Verwickelungen herbeiführte. Mit dem Waffenglücke der Franzosen zwischen England und einer von der franz. Republik theuer erkauften Neutralität hin und her schwankend, ward endlich vom Kaiser Napoleon und Spanien zu Fontainebleau die Theilung von P. beliebt und Napoleon erklärte, weil der Prinz-Regent die Wegnahme der engl. Waaren verweigert habe, 1807 das Haus Braganza in P. für abgesetzt. Ein franz. Heer unter Junot (s.d.) rückte in P. ein und da dieses keine Mittel besaß, um sich gegen Frankreich und Spanien zu vertheidigen, so schiffte sich der Prinz-Regent mit dem Hofe und seinen Schätzen am 29. Nov. 1807 nach Brasilien ein, wo er in Rio Janeiro seine Residenz aufschlug, und am 30. Nov. besetzten die franz. Truppen bereits Lissabon. Indessen behaupteten sie sich nicht lange in P., da ein engl. Corps unter dem nachherigen Herzoge von Wellington die nach Spaniens Beispiele gegen die Fremdlinge sich erhebende Bevölkerung unterstützte, sodaß Junot 1808 P. wieder räumen mußte. Auch spätere Angriffe der Franzosen wurden abgewehrt und die portug. Truppen nahmen bis 1814 unter Anführung des Lord Beresford thätigen Antheil an der Bekämpfung der Franzosen in Spanien. Endlich brachte jedoch der Friede 1814 das Haus Braganza wieder in den sichern Besitz von P., wohin aber der Prinz-Regent erst nach seiner Mutter Tode als König Johann VI. 1821 zurückkehrte.

Die Versetzung des portug. Hofes nach Brasilien, welches 1815 zu einem Königreiche erklärt worden war, hatte inzwischen für die Verhältnisse desselben zu P. die wichtigsten Folgen, indem es die Gestaltung des erstern zu einem besondern Staate begünstigte, welcher sich zugleich dem (in P. fortdauernden) engl. Einflusse zu entziehen anfing und von dem P. jetzt abhängig zu sein schien. Hier war der schon genannte Lord Beresford Oberbefehlshaber der Armee, in welcher viele der höchsten Stellen mit brit. Offizieren besetzt blieben und die nicht einmal ihren Sold richtig erhielt. [540] Die Abwesenheit des Hofes und Adels zog alles baare Geld nach Rio Janeiro und der immer tiefer sinkende Verkehr bot nach keiner Seite dafür Ersatz. Schon 1817 verband sich daher der General Freyre d'Andrada in Lissabon mit mehren Gleichgesinnten zur Entfernung der Engländer und Verbesserung der Regierung; allein ihre Anschläge wurden entdeckt und die Haupttheilnehmer mit dem Tode bestraft. Die Stimmung in P. wurde jedoch immer schwieriger, zumal nach Ausbruch der span. Revolution im Jan. 1820, und Lord Beresford reiste im Apr. selbst nach Rio Janeiro, um Geld für die Armee und den Auftrag zur Verbesserung der Verwaltungsform für die Regentschaft auszuwirken. Bevor er aber damit zurückkam, war am 24. Aug. zu Oporto ein Aufstand für Herstellung einer neuen Verfassung unter Leitung des Obersten Sepulveda ausgebrochen, welchem sich ohne Blutvergießen das ganze Land schnell anschloß. Die span. Constitution der Cortes von 1812 ward als Grundlage der neuen Verfassung angenommen, die bisherige Regierungscommission in Lissabon durch eine provisorische Regierung ersetzt, dem im Oct. mit ausgedehnten Vollmachten aus Brasilien anlangenden Lord Beresford das Landen verwehrt und ihm von den versammelten außerordentlichen Cortes nebst den andern brit. Offizieren der Abschied ertheilt. Sie hoben ferner die Inquisition auf, beschlossen, daß die Cortesverhandlungen nur in einer Kammer stattfinden sollten und sprachen die Souverainetät der Nation aus. In gleichem Sinne wiederholte sich seit Jan. 1871 diese Revolution in Brasilien, wo vorher ebenfalls schon mancherlei Volksbewegungen stattgefunden hatten, und am 16. Febr. wurden der König und der Kronprinz Dom Pedro von den Truppen genöthigt, dem Lande eine constitutionnelle Regierungsform zu verbürgen. Johann VI. schiffte sich hierauf am 26. Apr. mit seinem Hofe, den Ministern und diplomatischen Corps, den Abgeordneten von Rio Janeiro zur Cortesversammlung und einem Gefolge von 3000 Personen nach Lissabon ein, ließ aber den Thronerben Dom Pedro als Regenten in Brasilien zurück.

Anfangs Juli traf der König in P. ein, wo er jedoch mehre Beschlüsse der Cortes noch am Bord seines Schiffes annehmen und sofort nach der Landung die Grundlagen der neuen Verfassung beschwören mußte, was nach völliger Ausarbeitung derselben am 1. Oct. 1822 mit dieser selbst erfolgte, von der die königl. Gewalt sehr beschränkt wurde. Johann VI. wollte aber dessenungeachtet die redliche Beobachtung derselben, und wie schon während der Berathung dieser Verfassung mancherlei Bewegungen und Umtriebe zu Gunsten des frühern Zustandes entschieden unterdrückt wurden, auch unter Anderm die Aufhebung der diplomatischen Verbindungen mit dem östr., russ., sardin. und neapol. Hofe und die Verbannung des Patriarchen von Lissabon zur Folge gehabt hatten, so wurde von den seit 1. Dec. 1822 versammelten ordentlichen Cortes auf Antrag des Königs sogar beschlossen, daß die Königin Charlotte, eine geborene Infantin von Spanien, da sie den Eid auf die Constitution verweigerte, P. verlassen solle, sobald ihr Gesundheitszustand dies erlaube. Die Unruhen im Innern wiederholten sich aber dessenungeachtet und namentlich in den nördl. Provinzen stand Graf Amarante an der Spitze des Aufstandes, den er nach seiner Vertreibung aus P., von Spanien aus in Verbindung mit dem verbannten Patriarchen und der auf dem Lustschlosse Ramalhao verweilenden Königin beförderte. Die Hoffnung dieser Partei auf den Beistand der Franzosen, welche um dieselbe Zeit in Spanien zur Herstellung der königl. Gewalt einrückten, wurde zwar durch die vom engl. Minister Canning gegebene Erklärung zunichte, daß Großbritannien der bedrohten Unabhängigkeit von P. jeden Beistand leisten werde. Dessenungeachtet gelang aber eine von der Königin mit mehren vornehmen Edelleuten und Geistlichen angesponnene Verschwörung gegen die Constitution von 1822, und die Aufhebung derselben wurde Anfangs Jun. 1823 durch einen Militairaufstand bewirkt, an dessen Spitze des Königs jüngerer Sohn Dom Miguel stand. Die wegen Widersetzlichkeit gegen die erloschene Verfassung Verbannten wurden nun zurückgerufen, auch der Beschluß wider die Königin und andere Maßregeln zurückgenommen und vom Könige, welcher die Übernahme einer unumschränkten Regierungsgewalt entschieden ablehnte, unter dem Vorsitze des Herzogs von Palmella (s.d.) eine Junta zur Entwerfung eines neuen Staatsgrundgesetzes angeordnet, welches sich, was auch Wunsch des engl. Cabinets war, denen der monarchischen Repräsentativstaaten Europas anschließen sollte. Jetzt begann ein Ringen der versöhnlichen Absichten des Königs mit der gewaltthätige Rückschritte fodernden Partei der Königin und Dom Miguel's, der auch die Ermordung des Marquis von Loulé (1. März), welcher Johann VI. Vertrauen besaß, aus politischem Parteihaß zur Last fällt. Ja im Apr. 1824 trat Dom Miguel abermals an der Spitze der Truppen dem Könige offen entgegen, der sich jedoch dem Bereiche der Empörer entzog, indem er auf ein im Hafen liegendes engl. Kriegsschiff flüchtete und das Beginnen derselben für unrechtmäßig erklärte. Hierauf wurde Dom Miguel auf Reisen außer Landes geschickt und der König versuchte auf den Grund der alten ständischen Verfassung P.'s eine der Gegenwart angemessenere zu bilden, was aber der Widerstreit politischer Ansichten sowol in seiner Umgebung als im Lande, und der Einfluß des Auslandes, besonders Spaniens, bis zum Tode Johann VI. (10. März 1826) nicht zu Stande kommen ließ.

Der rechtmäßige portug. Thronerbe Dom Pedro befand sich in Brasilien, welches sich, zum Theil von den dasselbe gegen P. zurücksetzenden Beschlüssen der außerordentlichen Cortes bewogen, zu Ende 1822 unabhängig erklärt hatte und dessen Staatsoberhaupt jener mit dem Titel eines Kaisers von Brasilien geworden war. Die Umstände hatten P. genöthigt, das neue Kaiserthum im Nov. 1825 anzuerkennen; für Dom Pedro aber war die Wiedervereinigung beider Kronen unthunlich, daher er P. am 26. Apr. 1826 ein neues Grundgesetz gab, eine allgemeine Amnestie zur Beruhigung des Landes erließ und darauf am 2. Mai der portug. Krone zum Besten seiner unmündigen Tochter Mariada Gloria, geb. 1819, entsagte, für die er zugleich. Dom Miguel, geb. 1802, zum künftigen Gemahl bestimmte und nachdem dieser die Verlobung in Wien vollzogen hatte, ihm im Jul. 1827 die Regentschaft von P. übertrug, auf dessen Verfassung er in Wien und bei der Ankunft in P. im Febr. 1828 nochmals vor den Cortes feierliche Eide leistete. Miguel fand die engl. Truppen noch im Lande, welche der von Johann VI. vor seinem Ableben zur Regentin bestimmten Infantin Isabella, auf ihren Wunsch gegen eine von Spanien unterstützte [541] Empörung zur Hülfe geeilt waren, die zu Anfang 1827 Dom Pedro's Verfassung umstürzen und Dom Miguel zum unumschränkten König machen wollte, aber schnell unterdrückt wurde. Diese Pläne nahm Dom Miguel, zum Theil von der Königin, seiner Mutter, veranlaßt, sogleich wieder auf, als die engl. Truppen P. verlassen hatten und die von ihm berufenen sogenannten alten Cortes huldigten ihm im Jun. 1828 als unumschränktem König. Der bald nachher aus Brasilien anlangenden Königin Donna Maria da Gloria wurde die Landung verwehrt und sie kehrte nach kurzem Verweilen in England zu ihrem Vater zurück, welcher gegen die Usurpation seines Bruders feierlich protestirte. Die Azoren blieben ebenfalls der Königin treu und die Insel Terceira, welche 1828 einen Angriff der Miguelisten tapfer abwehrte, wurde 1829 der Sitz einer von Dom Pedro im Namen der Königin ernannten Regentschaft, deren Präsident der Graf Palmella war, während Graf Villaflor (nachheriger Herzog von Terceira) den Oberbefehl über die sich dort versammelnden Streitkräfte führte und 1829 einen abermaligen Miguelistischen Angriff zurückschlug.

Dom Miguel's Regierung mochte inzwischen keineswegs vergessen, daß er die Krone usurpirt hatte und tyrannische Verfolgung wegen politischer Meinungen blieb auch nach dem Tode der Königin-Mutter (6. Jan. 1830) an der Tagesordnung. Freche Beleidigungen gegen engl. und franz. Unterthanen führten engl. und franz. Escadren nach Lissabon, welche die verweigerte Genugthuung erzwangen und bei welcher Gelegenheit die Franzosen im Jul. 1831 acht portug. Kriegsschiffe als Unterpfand mit fortnahmen. Bloßer Argwohn reichte hin, um eingekerkert und durch den Spruch von Ausnahmegerichten verbannt zu werden, ja das Leben zu verlieren. Furcht und Schrecken erhielten jedoch so ziemlich die Ruhe in dem zerütteten Lande, bis endlich Dom Pedro, welchen eine neue Revolution genöthigt hatte, der Krone von Brasilien zu Gunsten seines Sohnes zu entsagen, persönlich als Verfechter der Rechte der Königin Donna Maria in Europa auftrat. Mit einem in England und Frankreich angeworbenen kleinen Truppencorps begab er sich zuerst im März 1832 nach Terceira und erschien hierauf am 8. Jul. mit mehren Fahrzeugen vor Oporto, das ihm seine Thore öffnete. Hier behauptete er sich mit seinen Anhängern gegen die Angriffe der Miguelisten mit großer Tapferkeit, sandte von dort aus im Jun. 1833 den Grafen Villaflor mit 3000 M. zur See nach dem südl. P., wo sie zwischen Cacella und Montegardo in Algarbien landeten und von der Bevölkerung rasch verstärkt, gegen Lissabon vordrangen, während Dom Pedro's von dem tapfern engl. Capitain Napier befehligte Seemacht am 3. Jul. beim Cap. St.-Vincent die überlegene der Miguelisten entscheidend besiegte und zum Theil eroberte. Der Kampf um Oporto dauerte inzwischen fort und Dom Miguel genoß sogar des Beistandes des franz. Marschalls Bourmont (s.d.), während am 24. Jul. nach unbedeutenden Gefechten Lissabon von Villaflor besetzt und Donna Maria du Gloria dort zur Königin ausgerufen wurde, für welche nun der am 28. Jul. in der Hauptstadt eintreffende Dom Pedro die Regentschaft übernahm. Vergeblich machten jetzt die noch einige Zeit von Bourmont commandirten Miguelisten Versuche zur Wiedereroberung von Lissabon, wo seit Sept. die Königin selbst verweilte, doch gelang es erst im Mai 1834, und nachdem die im Apr. zur Aufrechthaltung der neuen Thronfolgeordnung in Spanien und Portugal zwischen diesen und England und Frankreich zu Stande gekommenen Quadrupelallianz die Mitwirkung eines span. Hülfscorps gestattete, Dom Miguel's Macht zu vernichten und ihn, sowie den zu ihm geflohenen span. Kronprätendenten Don Carlos (s.d.), vertragsmäßig zur Entsagung und Räumung P.'s zu nöthigen. (S. Dom Miguel.)

Dom Pedro war nun eifrig bemüht, das Ansehen der Regierung, Ordnung und Ruhe herzustellen und zu begründen. Mit Beifall wurden die Aufhebung der Privilegien der Weinhandelsgesellschaft zu Oporto aufgenommen, weil dadurch der portug. Handel der Bevormundung durch die Engländer entzogen ward, die Aufhebung aller Klöster und Mönchsorden aber zum Besten des Staatsschatzes sollte den Credit des Landes heben helfen und zugleich der Aufklärung dienen. Die versammelten Cortes bestätigten ihn am 17. Aug. als Regenten, willigten in die Vermählung der Königin mit einem Nichtportugiesen und erklärten dieselbe am 20. Sept., auf den Betrieb des lebensgefährlich erkrankten Dom Pedro, der schon am 24. Sept. starb, für volljährig. Die Herzoge von Palmella und von Terceira waren nebst dem Finanzminister Silva Carvalho jetzt die treuesten und als gemäßigte Anhänger der Verfassung, auch die geeignetsten Rathgeber der jungen Königin, welche sich am 26. Jan. 1835 mit dem Herzoge August von Leuchtenberg (s. Beauharnais), dem Bruder der Witwe Dom Pedro's, vermählte. Der Prinz hatte bereits bewiesen, wie richtig er sowol seine persönliche Stellung als auch die Verhältnisse des Landes zu würdigen wisse, als sein Tod am 28. März 1835 an einer durch Erkältung auf der Jagd entstandenen Halsbräune, die auf ihn gebauten Hoffnungen plötzlich zunichte machte. Jetzt trat ein lebhaftes Schwanken der Verwaltung in Bezug auf innere Angelegenheiten ein, das von den Bestrebungen ehr- und habsüchtiger Höflinge ausging, welche die jugendlichen Launen der Königin für ihre Absichten schlau zu benutzen verstanden. Sie entzog den schon von ihrem Vater erprobten Ministern zum Theil ihr Vertrauen und ließ sich sogar zu einem entfremdenden Benehmen gegen ihres Vaters Witwe verleiten. Indessen blieb der Zustand von P. ziemlich befriedigend, Handel und gewerbliche Betriebsamkeit erholten sich etwas und man konnte sogar Spanien bewaffnete Hülfe zur Beilegung seiner innern Wirren schicken. Allein noch vor Ende 1835 gewann Alles wieder ein besorglicheres Ansehen; Ministerwechsel brachten die Leitung der Angelegenheiten in ziemlich unfähige Hände, und in den Provinzen singen die Anhänger der Geistlichkeit und Dom Miguel's an, sich merklicher zu regen als bisher. Diese Lage der Dinge dauerte auch 1836 fort, nachdem die Königin am 9. Apr. ihre zweite Vermählung mit dem Prinzen Ferdinand von Sachsen-Koburg-Kohary, geb. 1816, zu Lissabon vollzogen hatte, der als ihr Gemahl den Titel Dom Fernando von P. erhielt. Die sofortige Ernennung desselben zum Generalissimus des Heeres fand lebhaften Widerspruch bei den Cortes, welche deshalb zweimal aufgelöst wurden. Am 10. Sept. sollten sie sich abermals versammeln, aber ein den Tag vorher stattfindender Volks- und Soldatenaufstand nöthigte die Königin zur Annahme der aus Umbildung der span. Cortesconstitution hervorgegangenen, vom 23. Sept. 1822 datirten Verfassung (daher die Anhänger derselben Septembristen genannt werden) mit einer Kammer [542] und Veränderung der Minister, und ihr Gemahl legte den Oberbefehl des Heeres nieder. Gewaltthätige Versuche zur Herstellung der umgestoßenen von Dom Pedro 1826 gegebenen Verfassung oder Charte (deren Anhänger in P. vorzugsweise Charlisten heißen), welchen die Königin selbst nicht fremd gewesen zu sein scheint, mislangen zwar, führten aber den Beschluß herbei, die Constitution von 1822 einer neuen Prüfung zu unterwerfen. Ein neuer Versuch des Herzogs von Terceira und des portug. Marschalls Marquis Saldanha, welche mit einem Truppencorps aus dem nordl. P. gegen Lissabon anrückten, um die Septembristen mit den Waffen zu bezwingen, hatte nach einem unentschiedenen Treffen am 28. Aug. 1837 einen Waffenstillstand zur Folge. Nach dessen Ablauf wurden aber die Charlisten von ihren Gegnern mit Hülfe der aus Spanien zurückgekehrten Truppen geschlagen und ihre Anführer mußten, wie früher schon der Herzog von Palmella und andere Anhänger dieser Partei, das Land verlassen. Dieses hatte fortwährend mit neuen Verlegenheiten zu kämpfen; die Regierung vermochte nicht, den in den Südprovinzen Alemtejo und Algarbien von einer geringen Anzahl kecker Parteigänger im Namen Dom Miguel's begonnenen Raubzügen ein Ende zu machen, die auch nach der Gefangennehmung und Hinrichtung des gefürchtetsten Führers derselben (des ältern Remeschido) im Aug. 1838 noch bis jetzt, jedoch im mindern Grade, fortdauern. Auch die große Verwirrung der Finanzen und der daraus hervorgegangene Geldmangel scheint erst in der jüngsten Zeit etwas gehoben worden zu sein. Die Geburt eines königl. Prinzen (16. Sept. 1837), welcher den Titel eines Herzogs. von Braganza erhielt, brachte vertragsmäßig den Gemahl der Königin in den Besitz des Titels König, und nachdem die Königin am 31. Oct. 1838 von einem zweiten Prinzen entbunden worist, welcher zum Herzog von Oporto ernannt wurde, scheint die Thronfolge gesichert. Was die Verfassung anlangt, so wurde diese von den Cortes unter stürmischen Verhandlungen umgebildet und am 4. Apr. 1838 in der neuen Gestalt feierlich beschworen. Nach derselben bestehen zwei Kammern, allein die erste oder die der Senatoren wird ebenfalls vom Volke, und blos auf bestimmte Zeit, gewählt, während die Charte Dom Pedro's eine erbliche Pairskammer verordnete. Dem Könige ist jedoch die unbedingte Verweigerung seiner Zustimmung zu den Kammerbeschlüssen eingeräumt. Die vorgenommenen Änderungen beabsichtigten offenbar Versöhnung der Parteien, was aber freilich nur unter Mitwirkung der Zeit gelingen kann, und beinahe hätte ein Tumult, welcher bei Gelegenheit der Fronleichnamsprocession am 14. Jan. 1838 in Lissabon stattfand, wieder eine Umwälzung der Regierungsform bewirkt. Auch in den seit Dec. 1838 versammelten Kammern sprachen sich verschiedene Meinungen heftig aus, doch haben die Umstände die Rückkehr gemäßigter und einsichtsvoller Männer, wie der Herzog von Palmella, neuerdings erlaubt, und die Regierung scheint ernstlich bedacht, durch Einschränkung von Ausgaben, Beförderung von Handel und Industrie und Verbesserung der Verwaltung der Colonien den Wohlstand und den Credit P.'s emporzubringen.

In seinen klimatischen und Bodenverhältnissen ist P. nur die westl. Fortsetzung von Spanien und auch die Bevölkerung ist wie die span. aus der Vermischung der ältesten Bewohner, der Kelten, mit den eingewanderten Karthagern Römern, Deutschen, Arabern und Juden hervorgegangen. Auch seine Hauptflüsse kommen aus Spanien, von denen der Minho die nördl. Grenze gegen Galicien macht, der Douro (span. Duero) bei Oporto, der Tejo (span. Tajo) unterhalb Lissabon ins Meer fällt und die Guadiana zum Theil die südöstl. Grenze bildet. Zu den wichtigern Küstenflüssen gehören von N. nach S. der Lima, Cavada, Vouga und Mondego. Nördl. vom Douro ist Berg-und Hochland, und der schneebedeckte Gaviarra erhebt sich in der Serra de Suazo bis 7400 F.; die Serra Gerez, zum Theil Grenze gegen Spanien, und die Serra Montezinho steigen bis 7000 F. empor. Zwischen Douro und Tejo verbreitet sich die bis 7200 F. hohe Serra de Estrella, aus schroffen Granit- und Sandsteinmassen bestehend und erstreckt sich nördl. als Serra de Alcoba bis in die Nähe von Coimbra, nach S. aber begleiten ihre steilen Abfälle den Tejo bis ans Meer, in welches das Granitgebirge von Cintra seinen Fuß mit dem Cabo de Roca versenkt. Es befinden sich auf derselben einige merkwürdige Bergseen, welche lauwarmes Wasser haben, überhaupt tragen die portug. Gebirge einen vulkanischen Charakter und Erdstöße kommen in mehren Gegenden alle Jahre vor. Südl. vom Tejo macht die Provinz Alemtejo die allmälige Abdachung des span. Estremadura und wird durch die 4000 F. hohe Serra de Monchique, die mit dem Cabo St.-Vincent am Meer endigt, von Algarbien, dem südl. Theile P.'s getrennt, der eine terrassenartige, gegen S. offene Loge, sehr warmes Klima und afrikanische Producte hat. Im Ganzen ist der Boden in P., wo es nicht an Bewässerung fehlt, sehr fruchtbar, was auch von den Thälern und Ebenen des N. gilt. Es gedeihen alle europ. Obst- und Getreidearten, Reis, viele edle Weine, von denen die von Porto (Portweine) die bekanntesten sind und vorzüglich nach England ausgeführt werden, Orangen, Feigen, Oliven, Kastanien, im S. die Dattelpalme und der Pisang; die Korkeiche (s. Eiche) und die immergrüne Eiche mit eßbaren Früchten sind hier heimisch und die amerik. Agave und einige Cactusarten bilden im mittlern und südl. P. die Umzäunungen. Die Hochebenen und Berge sind aber meist dürr und nicht bewaldet, und die Vernachlässigung aller Waldwirthschaft hat in manchen Gegenden fühlbaren Mangel an Feuerung herbeigeführt. Freilich gehört, die höhern Gebirge ausgenommen, ein Schneefall zu den seltensten Erscheinungen und der Winter gleicht mehr einer Regenzeit, die große Hitze im Sommer aber wird durch Seewinde gemäßigt. Die weiten, besonders in Alemtejo häufigen Haidegegenden P.'s sind mit vielerlei immergrünen Gesträuchen und in lebhaften Farben blühenden Gewächsen bedeckt, die während der nassen Jahreszeit sich prächtig ausnehmen. Wichtig ist die Schafzucht; ausgezeichnetes Rindvieh wird nur in wenigen Gebirgsgegenden angetroffen, und Pferde werden wenig, dagegen mehr Esel und Maulesel gehalten. Wölfe kommen blos in den nördl. Gebirgen vor, außerdem sind Kaninchen und Rebhühner das vorzüglichste Wild; der Fischfang liefert einen erheblichen Ertrag. Von den Producten des Mineralreiches wird etwas Gold und Silber, Eisen, Blei, Quecksilber und Steinkohlen gewonnen; reich ist P. an Heilquellen mannichfaltiger Art, bei denen es aber an den geeigneten Anstalten zu bequemer Benutzung fehlt. An den Küsten wird viel Seesalz zur Ausfuhr (s. Kochsalz) durch Verdunstung des Meerwassers bereitet. Für die Aufmunterung [543] des Kunst- und Gewerbfleißes ist zwar in neuerer Zeit Vieles geschehen, die bestehenden Fabriken von seidenen und andern Zeuchen, von Eisenwaaren, Glas- und andern Waaren können aber weder dem Bedarf vollständig genügen, noch mit denen des Auslandes ohne hohe Schutzzölle wetteifern, werden auch meist von Deutschen und andern Ausländern betrieben. Überhaupt herrscht mehr Neigung bei den Portugiesen zum Handel, der aber im Innern durch den Mangel von guten Straßen und andern den Verkehr begünstigenden Einrichtungen sehr gehemmt wird, ja sogar die Postverbindung ist so wenig geordnet, daß z.B. alle Briefschaften aus dem ganzen Lande erst an das Hauptpostamt nach Lissabon gehen, bevor sie nach ihren eigentlichen Bestimmungsorten befördert werden. Der auswärtige Handel erstreckt sich über alle Erdtheile, und in Colonialwaaren gehört Lissabon, wo sich auch eine 1821 errichtete Nationalbank befindet, zu den wichtigsten Handelsplätzen in Europa. Die Einkünfte P.'s blieben in den letzten Jahren stets hinter den Ausgaben zurück und die Staatsschuld beträgt etwa 350 Mill. Francs. Das Landheer soll gegen 30,000 M. zählen, ist aber weit schwächer und die einst größte Seemacht besteht jetzt aus einigen Linienschiffen und Fregatten, die zum Theil alt und unbrauchbar sind, aus mehren kleinen Schiffen und mehren Dampfbooten. Herrschende Religion ist die katholische, doch sind die Portugiesen im Allgemeinen duldsamer gegen andere Glaubensgenossen, als z.B. die Spanier. Als vornehmste Bildungsanstalten bestehen die Universität zu Coimbra und zahlreiche Akademien und Collegien für allgemeine und besondere Zwecke der Wissenschaften und Künste in den größern Städten. Die portug. Sprache gehört zu den romanischen, aus Vermischung der röm. und der deutschen hervorgegangenen Sprachen, ist ausdrucksvoll, wohllautend und bildsam und aus den Zeiten der portug. Herrschaft in Ostindien her, dort, sowie an den westl. und östl. Küsten von Afrika noch die herrschende Handelssprache. Für dichterische Zwecke begann ihre Ausbildung schon vor dem 12. Jahrh. und im 15. und 16. Jahrh. erreichte, zuletzt vorzüglich durch Einwirkung der ital. Poesie, die poetische Literatur der Portugiesen mit der Bedeutung der Nation selbst ihren Höhenpunkt. Saa de Miranda, gest. 1558, Antonio Fereira, gest. 1569, der Schauspieldichter Gil Vicente, gest. 1557, sind berühmte Namen aus jener Zeit, wurden aber alle durch Camoens (s.d.) verdunkelt. Nach ihm trat ein allmäliges Sinken der Literatur ein; die früher schon herrschende Vorliebe für Schäfer- und Hirtengedichte, an denen die portug. Literatur überaus reich ist, machte sich von Neuem geltend und die span. Herrschaft (1580–1640) trug, wie zu dem allgemeinen Verfalle des Landes, zu jenem Sinken ebenfalls bei. Im 18. Jahrh. machte sich eine wieder zunehmende geistige Regsamkeit bemerklich, allein ohne etwas Ausgezeichnetes hervorzubringen und die Schriftsteller der neuesten Zeit arbeiteten zum Theil nach fremden Vorbildern und übersetzten viel aus alten und neuen Sprachen. An dramatischen und erzählenden Dichtungen ist P. arm; eine Anzahl Ritterromane entstanden jedoch im 16. Jahrh., dem auch der erste ausgezeichnete Geschichtschreiber, Johann de Barros, gest. 1571, angehört. Im 17. Jahrh. erwarb sich Jacinto Freire de Andrada um die Schreibart in Prosa besondere Verdienste.

Das portug. Gebiet in Europa besteht aus zwei sehr ungleichen Theilen; dem Königreiche P. und dem Königreiche Algarve oder Algarbien, von denen das erste in die fünf Provinzen Entre Minho e Douro, Tras os Nontes, Beira, Estremadura und Alemtejo eingetheilt wird und das letztere die Südspitze P.'s einnimmt. In Estremadura liegt die Haupt- und Residenzstadt Lissabon (s.d.) oder Lisboa am rechten Ufer des Tejo, desgleichen Santarem mit 8000 Einw., und Abrantes mit 4000 Einw., bis wohin der Tejo von schweren Fahrzeugen befahren werden kann. Ein wichtiger Hafenplatz ist Setuval oder St.-Ubes an der Mündung des Sado mit 15,000 Einw., ein beliebter Sommeraufenthalt der Bewohner von Lissabon, der Flecken Cintra mit 2000 Einw., am nördl. Abhange des gleichnamigen Gebirges; Torres vedras mit 3000 Einw., ist durch die Vertheidigungslinien der Engländer im franz. Kriege berühmt; Caldas hat Schwefelbäder; unweit der Küste liegt auch das Kloster Mafra (s.d.). – In Beira ist das alte Coimbra der Hauptort, welches am rechten Ufer des Mondego zum Theil auf einen Abhange liegt, 15,000 Einw. hat und seit 1308 der Sitz einer der ältesten Universitäten in Europa und mehrer damit in Verbindung stehender Bildungsanstalten ist; in Viseu mit 5000 Einw. werden wichtige Jahrmärkte gehalten; von Lamego am Balsamao mit 8000 Einw. hat das von den dort versammelten Cortes 1143 beschlossene Grundgesetz den Namen. – Die Provinz Entre Minho e Douro ist zwar die kleinste, aber enthält die zahlreichste und betriebsamste Bevölkerung. Hier liegen Oporto (s.d.), nach Lissabon die größte Stadt P.'s, Braga mit 15,000, Viana mit 8000 Einw. und einem sonst sehr besuchten, aber jetzt versandeten Hafen. Caldas de Gerez und Lameira sind Badeorte im nördl. Gebirge. – In Tras os Montes ist Braganza mit 5000 Einw., der Hauptort und als Stammhaus der regierenden Familie merkwürdig; Villa real hat 6000, Chaves 4500 Einw. – Am wenigsten bewohnt ist die Provinz Alemtejo mit der Festung und Hauptstadt Evora (s.d.); an der span. Grenze liegt hier auch Elvas mit 16,000 Einw., die wichtigste Festung in P.; Portalegre hat 5000, Estremoz 7000, Beja 9000, Villa Vicosa 5000 Einw. – In Algarve ist die Hauptstadt Tavira mit 9000 Einw., einem Hafen und einträglichem Sardellen- und Thunfischfang; Faro hat 8000 Einw., die starken Handel mit Südfrüchten treiben; Lagos mit 7000 Einw. liegt am Meere und der Badeort Monchique im Gebirge. – Außerhalb Europa gehören zu P.: in Asien das Gebiet von Goa (s.d.), 33 ! M. mit 90,000 Einw., die Halbinsel Macao (s.d.) und ein Theil der Insel Timor (s. Sundainseln); von westafrik. Inseln die Azoren (s.d.), Porto-Santo und Madeira (s.d.), die Inseln des grünen Vorgebirges oder capverdischen Inseln und die Insel St.-Thomas; ferner Niederlassungen auf der Insel Bissao, in Congo, Angola und Benguela an der westl. und zu Mozambique an der östl. afrik. Küste; zusammen 28,500 ! M. mit 11/2 Mill. Einw.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 538-544.
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