[69⇒] Chiromantīe (griech., auch Chirognomik, Chirologie, Handlesekunst), das Wahrsagen aus der Hand, d. h. die vermeintliche Kunst, aus Bau und Linien der Hand eines Menschen sein Schicksal zu entziffern. Die C., eine der angesehensten Wahrsagungsformen, namentlich der Chaldäer und Juden, geht auf die astrologische Grundvorstellung zurück, daß wieder ganze Mensch auch seine einzelnen Organe von Planeten und Gestirnen beeinflußt werden. Danach wurde der Handteller in sieben von den Handlinien begrenzte Planetenregionen und Planetenberge (mons Jovis etc.) geteilt und aus ihrer Ausprägung, Größe und Form, z. B. der um die Daumenwurzel laufenden Lebenslinie, aus ihren gegenseitigen Begegnungen, Verhältnissen etc. Lebensdauer, Schicksale etc. der Person gelesen. Die Blütezeit dieser durch eine Stelle der lateinischen Bibelübersetzung (Hiob 37,7: »In manu omnium Deus signa posuit ut noverint singuli opera sua«) ehemals gegen alle Angriffe der Philosophie geschützten »Wissenschaft« (16.18. Jahrh.) hat eine reichhaltige Literatur über die C., meist in der Form akademischer Leitfäden in lateinischer Sprache, hervorgebracht. Die Hauptvertreter derselben sind: Johann von Hagen (um 1522), Ingenbert (1689), Prätorius (1699), Gocklenius (1692). Abuhaly Ben Omars »Astrologia terrestris«, aus dem Arabischen (Freystadt 1703), ist besonders wertvoll für die Kenntnis des Zusammenhanges des astrologischen und chiromantisch-metoposkopischen Systems. Noch zu Anfang des 18. Jahrh. wurden auf den meisten deutschen Universitäten chiromantische Kollegien gelesen, und noch gegenwärtig findet sich der chiromantische Aberglaube selbst unter Gebildeten. Vornehmlich machen Zigeuner aus demselben einen Nahrungszweig. S. d'Arpentigny (»I, a chirognomonie«, Par. 1843; deutsch, Stuttg. 1846) und K. G. Carus (»Über Grund und Bedeutung der verschiedenen Formen der Hand«, das. 1846) und in neuester Zeit der Okkultismus haben der C. eine wissenschaftliche Seite abzugewinnen und einen haltbaren Kern darin nachzuweisen gesucht. Vgl. I. Landsberg, Der Handteller (Posen 1861); Allen, Manual of cheirosophy (Lond. 1885); Czynski, Das Deuten der Handlinien (2. Aufl., Dresd. 1893); Gessmann, Katechismus der Handlesekunst (2. Aufl., Berl. 1895). [⇐69]
[104⇒] Chiromantie, Wahrsagung aus den Linien der Hand, gehört mit der Astrologie und Alchemie zu jenen aus dem Altertum stammenden Lebenserscheinungen, welche zwar aus der Beobachtung der Natur entstanden, die natürliche Erkenntnis jedoch nicht rationell auszubilden vermochten, sondern in teils naiv kindlicher und phantastischer Art, teils als Mittel des Betruges zu künstlichen Systemen ausgebildet und, vom Mittelalter lebhaft aufgeaufgegriffen, Versuchsfelder sowohl romantischer Träumerei als betrüge rischer Handlungsweise als endlich redlicher, aber ungenügender Naturbeobachtung gewesen sind. Schon Aristoteles erwähnt die Chiromantie, Artemidor erhob sie im 2. Jahrh. n. Chr. zur Theorie. Das 16. u. 17. Jahrh. haben in allen europäischen Litteraturen zahllose gelehrte und volksmässige, mit Bildern versehene Darstellungen dieser vermeinten Wissenschaft hervorgebracht, und noch im Beginn des 18. Jahrh. wurden auf den Universitäten eigene Kollegien darüber gelesen. Mit der Chiromantie ging eine auf sämtliche Teile des Körpers sich erstreckende Physiognomie Hand in Hand. Die Chiromantie selber zerfiel in eine Chiromantia medica und eine Chiromantia curiosa. Die Hauptlinien der Hand sind: die Herzens- oder Lebenslinie, die Kopf-, Mittel- oder Naturlinie, die Tisch-, Gedärm-, Genitalien-, Nieren-, Gall- und bei dem Frauenvolk die Mutterlinie, endlich die Leber-, Lungen- und Magenlinie. Daneben giebt es 8 Nebenlinien, 3 Triangel, den Tisch oder Quadrangel und 7 Berge der Hand: Berg Veneris, Jovis, Saturni, Solis, Mercurii, Lunae, Cavea Martis. [⇐104]
[47⇒] Chiromantie (v. gr.), 1) Weissagung des Charakters, des Lebensganges u. der Schicksale aus der Hand, u. zwar aus den, bei verschiedenen Menschen verschiedenen Hautfalten od. Hautvertiefungen der hohlen Hand. Ein solcher Weissager heißt Chiromant. Der Aberglaube unterscheidet zuvörderst I. die in der Handhöhlung wahrnehmbaren Linien od. länglichen Hautvertiefungen, u. diese theilt man wieder in A) die 5 Hauptlinien: a) die Lebenslinie (Linea vitalis), sie fängt am äußersten fleischigen Theile der Hand, zwischen dem Daumen u. Zeigefinger, an u. läuft krumm um das Dickfleisch unter dem Daumen herum abwärts gegen die Querlinien, Rascela u. Discriminallinien; sie soll, wenn sie undurchschnitten, rein ausgeprägt ist, bis in jene Querlinien hinein od. noch besser über dieselbe hinaus reicht, u. das Dreieck im oberen Winkel geschlossen ist, auf innere Lebenskraft, Gesundheit u. Sittlichkeit u. deshalb auf langes Leben hindeuten; fehlt sie, od. ist sie unscheinbar, so soll daraus ein schlechtes Herz, schwacher Geist, Unbeständigkeit u. früher Tod erkennbar sein; b) die Natur- od. Hauptlinie (Linea naturalis s. cephalica), sie fängt an unter dem Zeigefinger, od. vom Zwischenraume des Zeige- u. Mittelfingers, zuweilen auch erst unter dem Zeigefinger, vereinigt sich gewöhnlich unmittelbar od. durch einen Ast in einem spitzigen Winkel unter jenen beiden Fingern mit der Lebenslinie, od. geht ohne jene Vereinigung fort u. verliert sich in den Mondberg; bei vollkommen gehöriger Länge u. bei guter Vereinigung der Leber- u. Magenlinien mit ihr u. mit der Lebenslinie soll sie einen guten Zustand des Magens, der Leber u. der Lebensgeister anzeigen; Kürze derselben soll dagegen auf einen unbeständigen Charakter schließen lassen; c) die Tisch-, Gedärm- od. gemeine Linie (Lin. mensalis s. inquinalis s. communis), welche, unter dem kleinen Finger an der Seite od. auch auf dem Rücken der Hand anfangend, unter den 3 letzten Fingern quer über die Hand vorläuft u. etwas aufwärts gebogen, unter dem Zwischenraum des Zeige- u. Mittelfingers od. unter ersterem endet; sie zeigt, stark ausgehängt u. rein, eine gute Zeugungskraft, aber wenn sie bis ins 1. Gelenk des Zeigefingers geht, ein mühseliges Leben an; d) die Leber- od. Magenlinie (Lin. hepatica s. stomachica, von unbestimmtem Anfang, läuft entweder von der Lebenslinie, od. vom Venusberg, od. von der Rascela aus u. endigt in der Naturlinie; sie soll mit dem Zustande der Verdauung in Zusammenhang stehn u. wohl beschaffen sein, wenn sie das Dreieck gehörig schließt u. undurchschnitten ist; c) die Rasceta, die erste Querlinie unter der Hohlhand auf dem Handgelenke; deutet, ununterbrochen, auf glücklichen Fortgang in Unternehmungen; B) die 7 Nebenlinien: f) die Martislinie od. Schwester der Lebenslinie (Lin. Martis s. Soror vitalis), läuft parallel mit der Lebenslinie zwischen dieser u. dem Ballen auf dem Daumen; sie soll lang, deutlich u. unzerrissen, bes. bei reinem u. wohlgeschlossenem Dreieck, andeuten, daß ein Mensch Reichthum u. Glück, bes. als Soldat, erlangen werde; g) die Sonnen- od. Ehrenlinie (Lin. Solis s. honoris), von der Grenzlinie des 4. Fingers aus bis zur Tischlinie reichend, od. auch dieselbe durchschneidend, bis zur Naturlinie, od. auch durch beide bis zur Lebenslinie, od. auch bis zur Marshöhle fortgehend; sie deutet auf Verstand u., wenn sie lang ist, auf Ehrenstellen; h) der Venusgürtel (Cingulum Veneris), fängt zwischen dem Zeige- u. Mittelfinger an, geht zwischen der Tischlinie u. dem Mittel- u. 4. Finger in einem Halbkreis bis zu dem Zwischenraum des letztern u. des kleinen Fingers, kommt bisweilen doppelt u. mehrfach, aber auch stückweis u. sehr kurz vor. Aus ihrer Beschaffenheit wird auf relative Neigung u. Fähigkeit zu Geschlechtsvereinigung geschlossen u. sie deutet, rein u. durchschnitten, auf Glück in der Liebe; i) die Saturn- od. Glückslinie (Lin. saturnina), geht nach dem Mittelfinger zu entweder unter dem Daumballen in der Rascela, jenen u. die Lebenslinie durchschneidend; od. läuft außerhalb des Daumenballens in der Rascela, od. nur in der Nähe der Rascela od. in dem Mondberge aus; sie endigt entweder schon in der Natur- od. in der Tischlinie od. unterhalb des Mittelfingers. Wenn sie unzerrissen u. nicht geschlängelt, in der Marshöhle stehen bleibend u. sich vor der Naturlinie endigt, soll sie Glück u. Reichthum anzeigen; wenn sie aber diese Grenze überschreitet u. doppelt od. dreifach da ist, Mühseligkeit u. Gefahren; k) die Heiraths- od. Ehestandslinien (Lineae matrimoniales). kleine Linien, die unter dem kleinen Finger mit der Tischlinie parallel laufen u. auf Glück im Heirathen deuten sollen; l) die Milchstraße (Via lactea), eine Schwester- od. Seitenlinie der Lebenslinie, fängt unter derselben, am Mondberge u. bei der Rascela an u. geht gegen den Mondberg zu od. fängt im Venusberg an u. geht bei der Rascela in u. durch den Mondberg hin; sie soll, wenn sie lang u. ununterbrochen ist, Geschick zu Studien u. Künsten, auch Glück in der Fremde u. der Liebe andeuten; m) die Discriminal- od. Entscheidungslinien (Lineae discriminales), bilden die Grenze der Hand gegen den Arm; die erste ist die Rascela, sie werden in der Rechten von der linken gegen die rechte Seite, in der Linken von der rechten gegen die linke Seite gemessen. II. Die Räume sind Stellen in der Hohlhand, zwischen den angeführten Linien: A) der Tisch (Mensa), zwischen der Natur- u. Tischlinie, deutet auf Reichthum u. Freigebigkeit; B) die Martishöhle od. das Dreieck (Cavea Martis), ein dreieckiger Raum zwischen der Lebens-, Natur- u. Leberlinie; die beiden ersten Linien bilden die Schenkelseiten desselben die Leberlinie aber ist [⇐47][48⇒] die Basis; ein doppeltes Dreieck wird dieser Raum, wenn die Natur- od. die Tischlinie zum Mittelfinger steigt; die Martishöhle deutet, wohlgeschlossen, auf Glück im Vaterlande u. läßt auf natürlichen Verstand, Bescheidenheit u. stilles Wesen schließen; C) die 5 Berge der Finger (Montes), die fleischigen Theile unter den ersten scheinbaren Gelenken der Finger: a) der Venusberg (Mons Veneris), unter dem Daumen, nach innen von der Lebenslinie, unten von der Rascela begrenzt; b) der Jupiter- od. Jovisberg (Mons Jovis), unter dem Zeigefinger abwärts, bis an die Lebens- u. Naturlinie; c) der Saturnberg (Mons Saturni), unter dem Mittelfinger; d) der Sonnenberg (M. Solis), unter dem Ringfinger; e) der Mercurberg (M. Mercurii), unter dem kleinen Finger, die 3 letzten bis zur Tischlinie herab. Nach diesen Namen sind auch die bezüglichen Finger benannt. D) Der Mondberg (M. Lunae), der dem Venusberge entgegengesetzte, erhabene, fleischige Theil der innern Hand unter dem kleinen Finger, zwischen der Rascela u. der Tischlinie. Alle diese Berge zeigen die bezügliche planetarische Natur an, also der Venusberg die venerische, der Jupiterberg die joviale, der Saturnberg die saturninische, der Sonnenberg die solarische, der Mercurberg die mercurialische, der Mondberg die lunarische Natur u. sind nach dem Vorherrschen dieser planetarischen Eigenschaften zu deuten. Eine besondere Kunst der Ch. ist die Ausmessung der Linien u. Räume, wobei bes. auf deren Anfang u. Ende zu merken ist, sie geschieht mit dem Zirkel nach verschiedenen Rücksichten für die verschiedenen Räume u. Linien. Diese Dimensionen bedeuten die Zeit des Lebens, die Dauer eines Zustandes od. Ereignisses od. des Eintretens desselben. Bei der Lebens- od. Sonnenlinie ist möglichst große Länge gut, nicht so bei den andern, z.B. der Saturn- u. der Tischlinie. Tiefe u. breite Linien zeigen standhaften u. ernsten Charakter u. deuten auf Gewißheit einer verkündigten Sache; seichte u. flache Linien zeigen wankelmüthigen u. unbeständigen Charakter; breite Linien zeigen Freigebigkeit, Verschwendung, Unbestand, schmale u. tiefe Linien Geiz u. Engherzigkeit an; durchschnittene Linien deuten auf Gefahr, die um so größer ist, wenn die durchschneidende breiter ist, als die durchschnittene. Zur allgemeinen Bestimmung des Glücks od. Unglücks einer Person untersucht der Chiromant zuförderst die Hand im Allgemeinen, u. es gilt als eine glückliche Hand diejenige, in welcher alle Linien u. bes. die Hauptlinien vorhanden u. zwar auch am rechten Orte, u. die Berge genau unter ihren bezüglichen Fingern, wo die Hauptlinien unzerrissen u. unzerschnitten, u. das Dreieck nicht durch verworrene Linien gestört ist, bes. muß der Venusgürtel vorhanden sein, alle Hauptlinien u. die Glückslinie gehörig u. der Tisch in beiden Händen gleich groß sein. Die Tischlinie darf nicht in das erste Gelenk des Zeigefingers gehen; das Gegentheil zeigt eine unglückliche Hand an. Die Chiromanten beachten auch die Nägel an den Fingern, welche die Name der unter C) a)e) angeführten Berge haben; sie theilen dieselben in 3 gleiche Theile u. rechnen auf jede einen Monat; von jenen Theilen zeigt der unterste die Zukunft, der mittle die Gegenwart u. der oberste die vergangene Zeit von 4 Wochen an. Weiße Punkte in den Nägeln bedeuten Glück u. Gesundheit; bleiche, gelbe, schwarze, rothe Punkte, Streifen, Gruben etc. Gefahr, Unglück, Krankheit. Endlich achten einige Chiromantenauch auf kleine Figuren, die außer den Räumen noch von den Linien gebildet werden, unter ihnen z.B. die Buchstaben A-H, die sich zuweilen in den Bergen finden u. als göttliche (heilige) Buchstaben mit besonderen Andeutungen unterschieden werden. Man leitet die Kunst der Ch. von den Chaldäern ab, wo sie schon zur Zeit des Propheten Daniel geübt worden sein soll. Von ihnen soll sie zu den Ägyptiern u. durch diese zu den Zigeunern, welche sie professionsmäßig betrieben, gekommen sein. Auch die Griechen haben sie von den Ägyptiern gelernt; Aristoteles kannte schon die sogenannte Lebenslinie u. verwirft nicht, daß ihre Länge der muthmaßlichen Lebenslänge entspreche. In dem Traumbuche des Artemidoros, im 2. Jahrh., findet sich zuerst eine zusammenhängende Lehre über die Deutung der Lineamente der Hand. Später verbreitete die Ch. sich mit der Astrologie; Cardan u. Theophrastus Paracelsus förderten den Glauben an sie, u. der Letztere dehnte den Begriff der Ch. ungebührlich aus, indem er darunter verstand 2) die Kunst aus den äußeren Signaturen u. Lineamenten an Menschen, Thieren, Pflanzen, Mineralien etc. ihre innere Qualität zu erkennen, u. hielt ihre Kenntniß für jedem Arzte nöthig. Vgl. außer Artemidoros, Cocles, Chiromantia etc., Bonn 1517, Fol.; Dessen Chyromantiae anaphr., ebd. 1523, Fol. u. ö. (französisch, Par. 1560, Rouen 1598); Dessen Chiromantiae compendium, Strasb. 1534; Joh. ab Indagine, Introductiones apotelesmaticae in chirom. etc., Frankf. 1522 u. ö., deutsch: Kunst der Chyrom., Strasb. 1523, Fol.; R. Goclenius, Chirom., Frankf. 1621; Ant. Piccioli, De manus inspectione, Bergamo 1578; De la Chambre, Sur la chiromance, Par. 1653; Joh. Prätorius, Thesaurus chiromantiae, Jena 1661.64; Phil. May, La chiromantie médicale, Haag 1665; Höping, Institutiones chiromanticae, Jena 1674; Dessen Chirom. harmonica, ebd. 1677; G. B. della Porta, Della chirofisionomia, Neap. 1677; Nic. Pompeji, Praecepta chiromant., Vened. 1680; Joh. Ingenbert, Chirom., Frankf. a. M. 1698, Fol.; Chiromantie nebst Traumbuch, ebd. 1742; Peuschel, Abhandl. der Physiognomie, Metoposkopie u. Chiromantie, Lpz. 1769. [⇐48]
[416⇒] Chiromantie heißt nach dem Griechischen die vermeintliche Kunst, aus den Linien und Zeichen der hohlen Hand die Lebensschicksale eines Menschen vorherzusagen.
Schon im Alterthume zeigten sich bei den morgenländischen Völkern Spuren derselben und ihre Verehrer haben sie später bald von Adam, bald von den vor der Sündflut um der Töchter der Menschen willen gefallenen Engeln hergeleitet, auch mußten aus dem Zusammenhang gerissene Bibelstellen zur Begründung derselben dienen. Araber, Chaldäer, Indier und Zigeuner bildeten die Chiromantie verschiedentlich aus, und durch Verbindung mit der Sterndeuterei, d.h. indem man die Bedeutung der Linien der Hand mit Dem in Einklang brachte, was die Astrologen von der Zukunft eines Menschen in den Gestirnen zu lesen meinten, erwuchs sie zu einer Wissenschaft, an der Jahrhunderte lang die besten Köpfe nicht zweifelten und über die noch zu Anfang des vorigen Jahrh. auf mehren deutschen Universitäten Vorlesungen gehalten wurden. Ja, nachdem die fortgeschritten. europ. Bildung das völlig Unbegründete dieser Wahrsagerei längst nachgewiesen und die Chiromānten oder Die, welche in dieser Kunst erfahren zu sein vorgaben, als Betrüger anzusehen gelehrt hat, haben sich bis auf die neueste Zeit noch Personen gefunden, welche der Durst, in die Zukunft zu sehen, zu verblendeten Anhängern derselben machte. Die Chiromanten schöpfen ihr angebliches Wissen von der Zukunft bald aus einer Hand, bald aus beiden, und bei den Arabern müssen auch Füße und Stirn weissagen helfen. Die Hand wurde zu dem Ende in die Handwurzel, Handfläche und die Finger geschieden, deren 12 Gelenke der gelehrte Chiromant mit den 12 Himmelszeichen, die sieben Hauptlinien der Hand mit den Planeten in Beziehung zu bringen wußte, welche diese Theile gleichsam beherrschen sollten. Die Linie, welche sich um die Wurzel des Daumens zieht, gilt für die Lebenslinie und aus ihr beurtheilt der Wahrsager die Dauer des Lebens; aus einer andern in der Mitte der Hand schließt er auf geistige Fähigkeiten und nennt sie die Kopflinie, weil sie mit dem Gehirn in genauer Verbindung stehen soll. Die dritte, mit der vorigen parallel unter den Fingern hinlaufende Hauptlinie heißt die allgemeine, und aus ihr soll zu ersehen sein, was dem Körper und seinen Gliedern etwa bevorsteht. Mit dem arab. Namen Rascette wird die Linie bezeichnet, welche Arm und Hand scheidet, von ihr aus aber geht nach dem Mittelfinger zu die Saturns- oder Glückslinie. Da diese Linien die vielfältigsten Abweichungen darbieten, war das Studium derselben auch ungemein schwierig, denn jede Verschiedenheit änderte die Bedeutung, die der verirrte menschliche Verstand hineinzulegen sich abmühte. [⇐416]
[374⇒] Chiromantie, das Wahrsagen aus den Linien der Hand. Betrügerei und Aberglauben haben sich verbunden, aus dieser angeblichen Kunst Vortheil zu schöpfen. Wir finden ihrer schon vor Jahrtausenden bei den Griechen erwähnt, welche sie wahrscheinlich von den Indiern erhalten haben, woher auch die unsrige durch die Zigeuner stammt. Die Bestimmungen werden abweichend gegeben; Einige nennen die Linie, welche die Wurzel des Daumens umgibt, die Lebenslinie, Andere nennen diejenige so, welche in größter Stärke, zunächst unter den Fingern hinläuft, ihre Richtung, ihre Länge soll die Lebensdauer bestimmen, und wenn sie am Ende verästelt ist, will man die Zahl der Krankheiten daraus erkennen sie heißt nach einigen Bestimmungen auch die allgemeine, und soll die Körperkraft andeuten. Eine dritte welche sich zwischen beiden, parallel mit der Letztern, durch die Hand zieht, heißt die Kopflinie, der ganze Raum zwischen der allgemeinen und der Kopflinie wird die Tischlinie genannt, und je breiter dieser Raum ist, desto besser soll der Tisch gedeckt sein. Die Erhöhungen haben wieder besondere Namen, Berge; so heißen die fünf, zunächst der Finger, vom Daumen angefangen, Venusberg, Jupiters-, Saturn-, Sonnen- und Merkurberg; der Raum, welchen die lange Erhöhung vom kleinen Finger nach der Handwurzel bildet, Mondberg, und derjenige, welcher mitten in der Hand, näher am Daumen, zwischen der Lebens- und der Kopflinie liegt, heißt der Marsberg. Hierbei ist noch besonders zu bemerken, daß man nur wahrsagen soll aus derjenigen [⇐374] [375⇒] Hand, deren Daumen beim Händehalten oben liegt. Das Ganze ist für uns höchstens zu einer sinnigen Spielerei zu benutzen.
V. [⇐375]
[1327⇒] Der Chirománt, des -en, plur. die -en, derjenige, welcher die Afterkunst verstehet, aus den Linien in der Hand wahrzusagen. [⇐1327]
[1328⇒] Daher die Chiromantīe, diese Afterkunst; chiromántisch, darin gegründet. Aus dem Griech. und Lat. Chiromanta, Chiromantia. [⇐1328]
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