Petrus

Petrus (s. Peter).


1. Als Petrus nach Hofe (s.d.) kam, verleugnete er seinen Herrn und Meister.Eiselein, 315; Simrock, 4821; Philippi, I, 142.


2. Alsbald Petrus gen hofe kam, wart er ein schalck draus.Agricola I, 282; Franck, I, 139b; Eyering, I, 20; Gruter, I, 3; Lehmann, 860, 12; Schottel, 1113a; Eisenhart, 169; Körte, 4697; Parömiakon, 162 u. 323; Seybold, 161.

Es ist sehr schwer, an Höfen ein guter Mensch zu sein.

Böhm.: Jak se Petr ke dvoru dostal, lotr se z nĕho udĕlal. (Čelakovský, 17.)

Dän.: Der Petrus kom til hove, blev han en skalk. (Prov. dan., 301.)


3. Auf Petri vnd Paul bricht dem Korn die Wurzel.Oec. rur., I, 66, 1.


4. Bei Petri Stuhl(feier, 22. Febr.) hebt sich der Frühling an; die Sommerszeit kommt uns mit Sanct Urban (25. Mai), Sanct Michael (29. Sept.) führt uns den Herbst herein, Lucia (13. Dec.) muss des Winters Vortrab sein.Orakel, 92.

5. Der Petrus schwimmt entweder im Schiff daher oder im Schiff dahin. (Oberösterreich.)

Um den Peterstag im Juni pflegt es gern zu regnen.


6. Ein Petrus in Rom.

Lat.: Unus Petrus in Roma. (Berckenmeyer, 172 u. 182.)


7. Friert's auf Petri Stuhlfeier, friert's noch vierzehnmal heuer.Orakel, 312; Simrock, 7743.

Frz.: A la Chaire de Saint-Pierre l'hiver s'en va, s'il ne se resserre. (Orakel, 314.)


8. Gibt's an Petri Stuhlfeier Frost, kommt noch vierzigmal so harte Kost.Boebel, 12.

Dann soll's noch vierzigmal frieren.


9. Ist Petri Stuhlfir kalt, der Winter no lang halt. (Luzern.) – Für Strehlen: Boebel, 12.


10. Petri Hahn kräht.Eiselein, 304.


11. Petri Pauli klar, ein gutes Jahr.Bair. Hauskalender.


12. Petri Schlüssel flüchtet unter Pauli Schwert. Eiselein, 504; Simrock, 7741; Graf, 486, 11; Braun, I, 3205.


13. Petri Stuhlfeier macht Tag und Nacht gleich.Baumgarten, 43.


14. Petri Stuhlfeier zeigt das Wetter auf vierzig Tage an. (Luzern.)


15. Petri Stuhlfeier zeigt der Störche Ankunft an, dann stösst in die Erd' den Brand der Bauersmann. (Sachsen.) – Boebel, 12.


16. Petrum Pâlz dâch dî dem Kueren de Wurzel schtâch. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 23.


17. Petrum Purzel1 bricht dem Korne die Wurzel.Boebel, 34; Orakel, 612.

1) Peter und Paul, 29. Juli.


18. Petrus hat das Schwert erst eingesteckt, als er das Ohr abgehauen hatte, sagte der Pfaff,[1222] als man ihm zurief; Stecke das Schwert in die Scheide.

»Eim Pfaffen ward befohlen, dass er den Degen soll einstecken gleich Petrus auff Befehl Christus auch gethan. Da sagt der Pfaffe, es ist war, aber den Befehl bekam er erst, als er dem Malchus das Ohr abgehauen.« (Zinkgref, IV, 229.)


19. Sanct Petrus Schifflein wanckt wol von Bälgen, es sinckt aber nicht vnter.Petri, II, 517.

20. Schliesst Petrus offen und Matthias zu, so friert das Kalb noch in der Kuh. (Arnsberg.) – Boebel, 13.

Frz.: A la Sainct-Pierre l'hiver s'en va ou il resserre. (Leroux, I, 81.)


21. Um Petri Stuhlfeier sucht der Storch sein Nest und kommt von Schwalben der Rest. (Sachsen.) – Boebel, 12; Simrock, 7744; Orakel, 32.


22. Wenn Petri Schlüssel nicht helfen will, so muss Pauli Schwert helfen.Herberger, Hertzpostilla, I, 815; Dove, 443; Zeitung für die eleg. Welt, 1831, S. 246.

Als 1512 die päpstlichen Truppen bei Ravenna von den Franzosen geschlagen worden waren, wollte der Papst Julius II. selbst gegen diese zu Felde ziehen. Den Schlüssel Petri in die Tiber werfend, rief er: »Wenn Petri Schlüssel nicht helfen will, so muss Pauli Schwert helfen.« (Si non valet clavis S. Petri, valent gladius S. Pauli.) Als ihm erwidert wurde, Christus habe zu Petrus gesagt: »Stecke dein Schwert in die Scheide,« entgegnete er: Dies wollte er thun, wenn er seinen Feinden zuvor ein Ohr abgehauen haben werde.


23. Wenn Petrus und Paulus rückt seinen Hut, geräth das Sommerkorn immer recht gut. (Sachsen.) – Boebel, 34.

Lat.: Dives amico Hercule. (Masson, 156.)


24. Wenn zu Sanct Petri der Storch die Bäche find't offen, so wird später kein Eis mehr auf ihnen getroffen. (Westf.) – Boebel, 13.


25. Wenn's an Petri Stulfeyer gefrewret, so solls noch 40 Tage gefrieren.Oec. rur., I, 28, 1.


26. Wer Petrus zum Freunde hat, kann leicht in den Himmel kommen.


27. Wie 's Petrus1 und Matthias macht, so bleibt es noch durch vierzig Nacht. (Westpreuss.) – Boebel, 12.

1) Petri Stuhlfeier, 22. Febr.


*28. Dem heiligen Petrus den Rock nehmen und ihn dem heiligen Paul anziehen.


*29. Den hat der Petrus.

»Sagen die Schneider, wenn sie ein Uebriges hinter den Ofen fliegen lassen.« (Weisflog, Phantasiestücke, IV, 19.)


*30. Der Petrus hat den vordersten Kegel getroffen.Baumgarten, 58.

So sagt man in Oberösterreich wenn's beim Gewitter einschlägt, wie es scherzhaft, wenn es donnert, heisst: der Herrgott schiebt Kegel.


*31. Er ist mit Petrus einig geworden. (S. Fuss 235, Leben, Subst., 286, Löffel 89 und Odem 1.) – Sutermeister, 108.

Er ist gestorben. Um dies oder nahe bevorstehenden Tod auszudrücken, finden sich am angeführten Orte eine grosse Anzahl schweizer Ausdrücke und Redensarten, als: D' Auge sind em überschosse. Er geht zu Marezsch (Moritz) Henne ga hüete. Er muess abba bald ufn Frithof gan d' Henne hiete. Er muess ge Bire schüttle. Er muess ge Bändli haue. Er goht i d' Holzbire. Er hät gräch g'macht. Er hät der Löffel (s.d. 118) verworfe. Er hät de Löffel gebort (Wallis). Er hät de Löffel ûfg'steckt. Er hät müesse dra glaube. Er hät g'himmlet. Er het ebig verschnûfet. Er het vergüsse z' athme. Er het en ringe Tod ignu. Er hets churz g'macht. Er het sich g'flüchtet. Er ist g'stabet und b'stobet. Er ist vermauglet. Er ist verreblet. Er ist abdifilirt. Er ist abg'chratzt. Er ist abg'spazirt. Er ist überdure. Er ist in enn papierige Gutsche (s. Kutsche 2) heicho. Er ist furt. Er giblet (Bern). Er toadet (Sanct Gallen). Es häd e gechlepft. Es ist e nett Tödli (liebliche Kinderleiche). Es ist en göttlöbige Tod. Es het wider Eine (das Zeitliche gesegnet; wenn ausgeläutet wird). 'S G'lüng ist em abg'falle. (Vgl. Stalder, I, 457.) Uese Herrget hät e g'holt. – Zur Bezeichnung eines unseligen Todes bedient man sich der Redensart. Er ist nidsi im Himmel. Er ist im Nidsigänt g'storben. Er ist i de Himel cho, wo-n eim d' Oepfel in Sack brote und d' Engeli Schwänz träge.


*32. Petrus schüttet die Betten aus.Frischbier2, 2896.


[Zusätze und Ergänzungen]

33. Die Nacht vor Petri Stühlfeyer zeiget an, was wir die viertzig nachfolgende Täg für Wetter han.Lins.


34. Ich weiss nicht, ob Petrus verheirathet gewesen ist, sagte der Mann, als ihn seine Frau fragte, ob er zu den Märtyrern gehöre.


35. Ist's Petrus bis Laurentius heiss, dann bleibt's im Winter lange weiss.Payne, 29.


36. Petrum bestehlen, um Paulum zu bezahlen, das ist ein Almosen des Galgens werth. Harssdörffer, 828.


37. Petrus weidet Schäfchen.

»Wenn Wölkchen am Himmel stehen, saget ihr, Petrus weide Schäfchen; mag schon so sein, will's ja nicht bezweifeln. Wenn aber Wolken am Gesicht des Vaters oder der Mutter stehen, weidet der Teufel seine Hexen.« (Prag im Munde der Prediger in Bohemia, 1875, Nr. 178.)


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Stifter, Adalbert

Zwei Schwestern

Zwei Schwestern

Camilla und Maria, zwei Schwestern, die unteschiedlicher kaum sein könnten; eine begnadete Violinistin und eine hemdsärmelige Gärtnerin. Als Alfred sich in Maria verliebt, weist diese ihn ab weil sie weiß, dass Camilla ihn liebt. Die Kunst und das bürgerliche Leben. Ein Gegensatz, der Stifter zeit seines Schaffens begleitet, künstlerisch wie lebensweltlich, und in dieser Allegorie erneuten Ausdruck findet.

114 Seiten, 6.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.

456 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon