1. Acht Stücke sind zu Hofe wohlfeil: grosse Lügen, verdrehte neue Zeitung, verlorene leichtfertige Weiber, falsche Freunde, steter Neid, doppelte Bosheit, eitle Worte und vergebliche Hoffnung.
Rabelais, entrüstet über die Laster der Höfe, rief aus: »Aber warum zu allen Teufeln, habt ihr denn auch Höfe?« (Welt und Zeit, III, 36, 13.) Und Luther sagt: »An manchem Hofe wird ein gar gottlos Sauleben geführt, sodass man daran um Leib und Seele kommt.«
2. Allzeit bei Hoff vnd Herren leben, Ehr, gut vnd blut in gfar muss schweben. – Henisch, 813, 55; Petri, II, 8; Froschm., EFb.
Béranger schrieb daher: »Nein mein Freund, nein, ich will nichts werden; gebt andern Würden, Titel, Sterne; der Herr hat mich für Höfe nicht gemacht.«
3. Am Hofe gelten Tugend und Demuth selten.
Poln.: Cnota i pokora niema miejsca u dwora.
4. Am Hofe hat man keinen Freund als sich selber.
Holl.: Aan 's konings hof is elk voor zich zelven alleen. (Harrebomée, I, 313.)
5. Am Hofe leben, heisst frühen Tod sich geben.
It.: Chi disse corte disse morte. (Pazzaglia, 70, 19.)
6. Am Hofe muss man thun wie am Hofe.
Etwa: Wer unter den Wölfen ist, muss mitheulen; man soll aber vermeiden unter die Wölfe zu gehen.
7. An grosser Herren Höfen ist die Eingangsthür von Pfefferkuchen, die Ausgangsthür von Nadelholz.
Böhm.: Do panského dvoru vrata široká, ale ven úzká. (Čelakovsky, 378.) – Široká vrata ke dvoru, úzká nazpĕt. (Čelakovsky, 322.)
Dän.: Til hove sød indgang, men suur udgang. (Prov. dan., 281.)
8. An grosser Herren Höfen werden dreierlei Leute gefunden: Fuchsschwänzer, Misgönner und Verleumder.
Und zwar müssen die Fuchsschwänzer in besonders grosser Anzahl dort vorhanden sein, denn Racine behauptet: »Die Fürsten haben an ihren Höfen mehr Schmeichler als Fliegen in ihren Gärten.«
9. An Höfe und auf hohe Berge kommt man schwer und ist allda in steter Gefahr.
Dän.: Til hove er som paa et høgt bierg vanskeligt at komme, men farligt at blive. (Prov. dan., 302.)
10. An Höfen bekommt man eher einen Trunk zum Versuch als einen guten Spruch. – Fischart, Gesch.
11. An Höfen fällt es schwer, hoch Alter zu erreichen. – Simrock, 258.
[700] 12. An Höfen gibt es mehr Ahitophel als Josephe. – Sailer, 224; Simrock, 4809.
Frz.: A chasque court son traistre. (Leroux, II, 60.)
13. An Höfen ist jeder für sich.
Frz.: A la cour du roi chacun est pour soi. (Kritzinger, 181b.)
14. An Höfen muss die Tugend betteln gehen und Wahrheit hinter der Thüre stehen.
Böhm.: Ctnost a pokora nemá místa u dvora. – Ctnost si nohu zlámala, pravdĕ dno vypadlo, a srdce upřimnosti u dvora vychladlo. (Čelakovsky, 322.)
Poln.: Cnota nogę złamała, z prawdy dno wypadło, a gzczerosci u dworu juz bardzo nadbladlo. – Cnota, pokora niema miejsca u dwora. – Prawda, szczérość a pokora niemiewa miejsca u dwora. (Čelakovsky, 322.)
15. An Höfen und in Klöstern bringt man einem eher einen Trunk, dass er ihn versuch', als ein Buch, dass er einen guten Spruch such'. – Klosterspiegel, 65, 15.
16. Bei Hof hilft ein Quintlein Glück mehr als ein Pfund (Centner) Witz.
17. Bei Hof ist alles, wer's nur spürt, mit Falschheit austapezirt.
It.: Nelle corti la carità è estinta, e non n' è amicizia se non finta. (Pazzaglia, 70, 12.)
18. Bei Hof ist Gunst im Maul, Mistrauen im Herzen. – Simrock, 4810.
Lat.: Fraus sublimi regnat in aula. (Eiselein, 315.)
19. Bei Hof ist viel Händereichens und wenig Herzens. – Eiselein, 315.
20. Bei Hof ist's, wie man eine Hand umkehrt.
Frz.: La cour a ses hauts et bas. (Kritzinger, 181b.)
21. Bei Hof verkauft man oft Rauch ohne Feuer.
Verspricht viel, ohne es zu halten.
22. Bei Hofe denkt jeder zuerst an sich.
Frz.: En la cour du roi chacun y est pour soi. (Bohn I, 17; Leroux, II, 60.)
23. Bei Hofe dient immer einer dem andern, aber jeder sich am besten.
Böhm.: Vždy u dvora deset na jednoho slouži. (Čelakovsky, 322.)
Poln.: Zawsze u dwora dziesięć na jednego sluży. (Čelakovsky, 322.)
24. Bei Hofe donnert's oft bei schönem Wetter. – Einfälle, 534.
25. Bei Hofe donnert's oft und schlägt ein bei hellem Himmel.
Dän.: Til hofve tordner det ofte, og slaaer ned i klart veyr. (Prov. dan., 296.)
26. Bei Hofe fehlt's nicht an guten Bissen.
Daher sagte wol auch Aristipp zu Diogenes: »Hättest du gelernt mit Königen umzugehen, so brauchtest du keinen Kohl zu fressen.«
27. Bei Hofe geht's wunderlich zu. – Kritzinger, 181b.
28. Bei Hofe geht's zu wie am Hofe.
Dän.: Det gaaer altid eens til i kongens gaard. (Prov. dan., 136.)
29. Bei Hofe gibt man keine Beine. – Simrock, 4812.
30. Bei Hofe gibt man viel Hände aber wenig Herzen. – Simrock, 4811.
Dän.: Til hove gives mange hænder, men faa hierter; taler eet, og giør et andet. (Prov. dan., 301.)
31. Bei Hofe haben auch die Wände Ohren.
It.: Nelle corti le muraglie hanno orecchie. (Pazzaglia, 253, 4.)
32. Bei Hofe hat man für einen Centner Last ein Quentlein Lust.
Holl.: Aan 't hof: voor kleinen lust veel moeite en weinig rust. (Harrebomée, I, 313.)
33. Bei Hofe heisst's, auf beiden Achseln tragen.
34. Bei Hofe heisst's, nicht blöde sein.
It.: Paggio vergognoso, il diavolo lo portò alla corte. (Pazzaglia, 402, 1.)
35. Bei Hofe ist für die Knie immer Fastenzeit.
Das Flectamus genua (Kniebeugen) ist stets in Brauch.
36. Bei Hofe ist Klaus Narr am glücklichsten.
It.: Nelle corti niuno gode più de' buffoni. (Pazzaglia, 72, 11.)
37. Bei Hofe ist täglich Fastnacht, denn jeder ist verlarvt. – Winckler, XIV, 68.
»An den Höfen lebt man in ewigem Fastnachtsspiele. Alles ist maskirt, und jeder belügt und betrügt den andern, wo er nur immer kann. Wenn eine Preisaufgabe gemacht würde, wie man ein Volk auf die sicherste Weise schnell verderben könnte, so müsste die Errichtung eines grossen Hofs vorgeschlagen werden.« (Welt und Zeit, III, 83, 60-61.)
[701] 38. Bei Hofe kann man sich wol wärmen, aber auch verbrennen.
39. Bei Hofe muss man blind, taub und stumm sein.
Bellay sagte: Wer am Hofe leben und sich in Gunst erhalten will, der muss lange Zeit blind, taub und stumm sein. (Welt und Zeit.)
40. Bei Hofe muss man mehr denken als sagen.
»Ich bin während meiner Reise«, sagt Friedrich von Gagern in seinem Nachlasse, »stets in der Nähe des Hofs gewesen, sodass ich gezwungen war, meinen Gedanken die Hörner abzusägen, dadurch sind sie etwas matt geworden.«
Frz.: En la cour il faut plus penser que dire. (Kritzinger, 181b.)
41. Bei Hofe muss man so geduldig wie Hiob und so verschlagen wie Ulysses sein. – Winckler, XIII, 74.
Frz.: On doit comme Job en la cour, très misérable y entrez, comme Ulisse y demeurer, en sortir comme de l'amour. (Leroux, II, 60.)
42. Bei Hofe schwatzt ein einziger mehr als zehn andere verschweigen.
43. Bei Hofe trägt der Wolf ein Schafskleid.
It.: Nelle corti n' è sempre qualche lupo sotto pelle di pecora. (Pazzaglia, 70, 10.)
44. Bei Hofe verkauft man seine Freiheit.
Dän.: Til hove har man solgt sin frihed. (Prov. dan., 301.)
45. Bei Hofe wäscht eine Hand die andere. – Eiselein, 316.
Engl.: At court one hand will wash the other. (Eiselein, 316.)
46. Bei Hofe will man kein Schaf ohne Wolle.
Frz.: Cour de France et cour romaine ne veulent de brebis sans laine. (Leroux, II, 60.)
47. Bei Hofe wollen alle sich wärmen, aber es kann nicht jeder zum Feuer kommen.
Dän.: Hver vilde vel gierne varme sig til hove, men kund ei alle komme til ilden. (Prov. dan., 302.)
48. Bei Hofe zahlt man titulo pro vitulo. – Eiselein, 316.
49. Bei Höfen und grossen Herren ist die Wahrheit etwas Seltsames. – Parömiakon, 150.
»Zu Hof, wo die Politici nisten«, sagt Abraham a Sancta Clara, »ist die liebe Wahrheit verbannt, als habe sie die Pest, und so sie auch ein Foede vom Himmel hätte, so lässt man sie dennoch kaum ein.« Unsere jetzigen Hofprediger sind doch in der Cultur gegen den Pater Abraham bedeutend vorgeschritten.
50. Bei Höfen und grossen Herrn ist die Wahrheit ein seltner Stern. – Paromiakon, 150.
»An den Höfen ist alles verschworen, den Herrscher zu belügen; und es gibt vielleicht keinen Fürsten, welcher jemals von seinen Umgebungen ein wahres Wort gehört hat.« (Welt und Zeit, II, 86, 74.)
51. Bey Hof hiltft ein quintlein glück mehr als ein Pfund Witz. – Lehmann, 391, 68.
52. Bey Hof werden viel gerechte sachen verloren vnd vngerechte faule Händel gewonnen. – Lehmann, 391, 69.
It.: Gl'affari della corte non marciano sempre col passo de' desiderii de' pi`affetuosi zelanti. (Pazzaglia, 72, 5.)
53. By Have gyfft men vele hende und weynich herten. – Reineke, CCLXI.
54. Dem, der zu hof auf den Tisch hofiert, vnd dem, ders wieder auspoliert, all beiden gleicher Lohn gebiert. – Petri, II, 73.
55. Der bekommt bei Hofe schlechten Bescheid, der nichts hat als Frömmigkeit.
56. Der Hof ist eine Vielhandwerkerzunft: da sind Fechter, die über die Schnure hauen; Fischer, die mit faulen Fischen umgehen; Schneider, die einem die Ehre abschneiden; Drechsler, die eine Nase suchen zu drehen; Fuhrleute, die einen hinters Licht führen; Köche, die einem die Suppe versalzen; Geiger, die einen zu stimmen suchen, und viel Künstler in Erz, als Erzschelme, Erzdiebe u.s.w. – Megerle.
Dän.: Til hove findes hemmelige øretudere, listige hyklere, og ublud løgnere. (Prov. dan., 302.)
Poln.: Szerokie wrota do dworu, ale wązhie ze dworu. (Čelakovsky, 322.)
57. Der Hof ist Hurenart, gibt einen für den andern. – Eiselein, 315.
[702] 58. Der Hof macht kluge (höfliche) Leute.
Frz.: La cour dérouille les gens. (Kritzinger, 181b.)
59. Der Hof trägt wol gute Früchte, es sind aber wenig, die sie geniessen. – Winckler, IV, 43.
60. Der Höfe Glanz führt das Volk zum Betteltanz.
»Der Glanz der Höfe ist die unnütze Flamme, welche das Mark der Völker verzehrt.« (Welt und Zeit, III, 42, 52.)
61. Der Höfe Kostgänger sind Kauzenstreicher und Suppenfresser, Tellerschlecker und Speichellecker.
Jemand verglich das Hofgesinde mit einer grossen Menge Schaben, welche sich in ein zusammengeflicktes altes Kamisol eingenistet hatten, und den es im Traume nicht einfiele, dass ihre Herberge einst ausgebürstet und ausgeklopft werden könnte.
Dän.: Smiger og løgn findes ved alle hoffe. (Prov. dan., 3808.)
62. Der ist zu Hofe am übelsten daran, von dem man weder Gutes noch Böses redet. – Winckler, XIII, 51.
63. Der muss des Hofes sich begeben, der gedenket fromm zu leben.
64. Die kleinen Höfe sind der grossen Affen.
»Die kleinen Höfe ahmen grossen Mornarchien mit eben dem Glücke nach, mit welchem ein Schuhflicker auf dem Theater in Berlin den Hamlet spielen würde.« (Welt und Zeit, III, 68, 13.)
65. Die zu Hoff am meisten arbeiten, die haben am wenigsten. – Lehmann, 392, 71.
66. Die zu Hoff einander am freundlichsten zusprechen, die trachten einander zu schaden (oder: die möchten einander gern den Hals brechen). – Lehmann, 391, 59.
Dän.: Til hove tale de venligst, ok skade meest. (Prov. dan., 301.)
67. Du must zu Hofe valthafft sein. – Agricola II, 317.
»Wer nicht ist valthafft vnd spitzig auff bössen gewin, der ist nicht witzig.« Agricola führt a.a.O. diese Stelle aus Renner an.
68. Ein grosser Hoff muss viel Knechte vnd Megde haben. – Petri, II, 361.
69. Ein Hof in der Mitte des Dorfes und ein Nussbaum in der Mitte des Gartens verderben alles um sich her.
70. Ein Hof ohne Tugend ist eine Nacht ohne Stern.
It.: Corte senza virtù è notte senza stelle. (Pazzaglia, 68, 3.)
71. En Hof kann versinken, awer nich verdrinken. – Schambach, II, 143.
Ein Bauernhof kann durch schlechte Bewirtschaftung, durch Misjahre und andere Unfälle wol tief herunterkommen, aber er kann nie ganz verloren gehen, er wird sich vielmehr immer wieder erholen.
72. Es gibt zu Hoff viel Knechts Knecht. – Petri, II, 249.
73. Es ist zu Hof viel Leckerei und sagt niemand die Wahrheit als: ja, ja. – Eiselein, 315.
74. Es wil zu hoffe also sein, wer da wil faren, der muss schmieren. – Sarcerius, 44.
75. Graut is de Haf, graut geiht daraf. (Osnabrück.)
Wer viel hat, lässt viel draufgehen.
Holl.: Groot is het hof, veel moet erof. (Harrebomée, I, 313.)
76. Hof, Liebe und Jagd sind drei betrügliche Dinge. – Winckler, XX, 35.
77. Hof üm de Mân (Mond), dat sall wol gân; Hof üm de Sün(ne), dar schreit Schippers Wît üm. (Ostfries.) – Eichwald, 2049; Frommann, VI, 282, 694; Bueren, 574; Hauskalender, II.
78. Höfe sind Vorstädte der Hölle. – Winckler, XIV, 53.
»Jeder Hof eines Königs ist eine Schlangenburg.« (E.M. Arndt, Meine Wanderungen mit dem Freiherrn von Stein, Berlin 1858, S. 251.)
79. Hoff wil schlete hebben. – Petri, II, 383.
D.i. »hausshalten gehet ohn Vnrath vnnd vnkosten nicht ab.«
80. Ich bin auf dem Hofe aufgewachsen und weiss wie man mit Rindvieh umgeht, sagte der Ochsenjunge.
Holl.: Hij is aan het hof van Jan Vlegel opgevoed. (Harrebomée, I, 356b.)
81. Je länger am Hofe des Edelmanns, desto länger in der Hölle bei den Teufeln. (Lit.)
82. Jeder hat in seinem eigenen Hofe genug zu gäten.
[703] 83. Jung zu Hof und alt zu Helle ist ein gewisses vngefelle. – Petri, II, 411; Latendorf II, 19; Sutor, 218.
Die Dänen empfehlen alt für den Hof und jung ins Kloster: Du skal være gammel til hofve, og ung til kloster. (Prov. dan., 296.)
Lat.: Regum sollicita, quicunq; senescit in aula, aut fuit aut semper postulat esse miser. (Loci comm., 17.)
84. Keiner fällt bei Hofe härter, als wer in seines Herrn Ungnade fällt.
85. Kleiner Hoff, kleiner Verlust. – Petri, II, 424.
86. Lang zu hofe, lang zu helle. – Agricola I, 262; Franck, I, 139b; Egenolff, 162b; Eyering, I, 20; III, 166; Zeytbuch, CXLIIIb; Petri, II, 431; Gruter, I, 54; Simplic., III, 452; Luther, 132; Guttenstein, II, 48; Manl., 611; Eiselein, 316; Sailer, 244; Simrock, 4813; Körte, 2889; für Schlesien: Frommann, III, 416, 612.
»Wie denn an manchem Hoffe gar ein Grottloss Sauleben geführet wird, und man davon um Leib und Seel kömt, daher denn auch das gemeine Sprichwort entstanden: Lang zu hofe, lang zu helle.« (Luther, Werke, Isl. L, 291b.)
Böhm.: Dlouho při dvoře, dlouho v pekle. (Čelakovsky, 321.)
Lat.: Exeat aula, qui volet eese pius; virtus et summa potestas non coëunt. (Lucan.) (Philippi, I, 142; Schonheim, E, 12.) – Exeat aula, qui vult esse pius. (Binder II, 1031; Seybold, 161.)
87. Man kennt zu hoff nichts bessres dann gelt. – Petri, II, 457; Henisch, 1474.
88. Man muss bei Hofe viel einfressen.
Frz.: Il faut avaler beaucoup de couleuvres à la cour. (Kritzinger, 43.)
89. Man weist den Hof so frei als die heilige Kirche. (S. ⇒ Haus 289.) – Graf, 497, 85.
90. Me löpet wuol vam Huowe, awer nitt vam Truoge. (Iserlohn.) – Firmenich, III, 186.
91. Mott de Eene va'm Hof, dann sägt de Annere Goddlow. (Waldeck.)
Wenn der eine vom Hofe, d.h. sein Gut verkaufen muss, so freut sich der andere darüber.
92. Niemand bleibt zu Hoff fromb. – Lehmann, II, 427, 198.
93. Oft sitzt zu Hof und in einer Stadt einer im hohen Amt, den zwanzig Bauern auf einem Dorf nicht für einen Schultheissen würdig hielten. – Seybold, 319.
Lat.: Multis confertur dignitus, non aptitudo. (Seybold, 319.)
94. So mancher Hof, so manches Besthaupt. – Graf, 50, 177.
Besthaupt (Cormut, Todfall) ist eine Abgabe, die der Erbe eines nicht völlig freien Gutes beim Tode des Besitzers an den Grundherrn zu leisten hatte. (S. ⇒ Fall 6.) So viel Höfe oder Herdstätten, so viel Besthaupt.
Mhd.: Als manich hove, als manich besthaupt. (Grimm, Weisth., l, 587.)
95. Selten ist zu Hoff geblieben, wer einfeltig ist vnd nicht durchtrieben. – Petri, II, 520.
96. Upm Hoewe mött twei Liypgänger siyn: de Buer un de Rüe. (Westf.)
97. Van ên grôt Hof geit völ af. (Ostfries.) – Bueren, 1193; Hauskalender, II.
98. Viel Höfe, viel Fäulniss.
Böhm.: Kolik dvorův, tolik povĕr. (Čelakovsky, 17.)
99. Vom Hofe fern ist das beste Leben.
Frz.: On a plus de mal à suyvre la court qu'à se sauver. (Leroux, II, 60.)
100. Wann zu Hoff zween zusammenhalten, so ist der dritt jhr Narr. – Lehmann, 389, 36; Einfälle, 442.
Dän.: Naar to holder sammen til hove, maale den tredie være nar. (Prov. dan., 302.)
101. Was lernet man zu Hoff nicht. – Gruter, III, 99; Lehmann, II, 865, 77.
Dän.: Det er fortabet man til hove lærer. (Prov. dan., 187 u. 302.)
102. Weit von Hof hat wenig Verdruss. – Eiselein, 316; Simrock, 4814.
Böhm.: Radĕji chci sto mil jíti, než bezdĕk u dvora býti. (Čelakovsky, 322.)
Engl.: Far from court, far from care. (Gaal, 704.)
It.: Contro l'insidie della corte non è il miglior rimedio che la ritirata, e la lontananza. (Pazzaglia, 68, 2.)
Lat.: Dormit secure, cui non est functio curae. (Eiselein, 316.) – Vive tibi, quantumque potes, praelustria vita, saevum praelustri fulmen ab arce venit. (Ovid.) (Philippi, II, 259.)
[704] 103. Wem der Hof gehört, dem gehört auch das Thor.
Böhm.: Čí dvůr, toho i stavení. (Čelakovsky, 344.)
104. Wem's zu Hofe soll glücklich gehn, der muss şich (wie der Wetterhahn) nach allen Seiten drehn!
105. Wenn der Hof Vorrath1 hat, kommt die Lieferung nicht an Bürgersleute, sagt Vater Miller. – Schiller, Cabale und Liebe, II, 6.
1) Z.B. an Buhlschaften, Intriguen u. dgl.
106. Wenn es zu Hofe nicht regnet, so tröpfelt es doch.
Frz.: A la cour, s'il n'y pleut, il y dégoute. (Lendroy, 571; Gaal, 1562; Körte, 2896.)
107. Wenn gen Hofe kompt ein armer Mann, sein' Red' er kaum fangen an, man siehet, ob er bring' krumme Händ'; wo nicht, eh' er seine Rede vollend', weist man jhn heim auf bedencken, schiebt auff die Sach' mit losen Rencken. – Gruter, III, 95; Lohrengel, I, 698.
108. Wenn zu Hofe gegessen ist, sind die Schüsseln leer. – Simrock, 4823.
Holl.: Als ten hove gegeten is, zijn er veel ledige schotels (ijdele vaten). (Harrebomée, I, 313.)
109. Wer am Hofe ist, muss anbeten, was er verachtet und verachten, was er anbetet.
Macaulay (Kleine geschichtliche und biographische Schriften, III, 446) sagt: »Der Einfluss des Hoflebens ist mit geistiger Gesundheit so unverträglich, wie die Luft der Pontinischen Sümpfe mit körperlicher.«
110. Wer an grosser Herren Höfen zu thun hat, muss einen Hopfensack haben voller Geld und zwei voller Geduld.
111. Wer bei Hof will erlangen gut gemach, der trete sanft und sei nicht gach.
Lat.: Commoda si quéris, ne principibus socieris. (Loci comm., 17.)
112. Wer bei Hof will Gunst haben, muss, wenn man ihn fragt, ob das Wasser bergauf laufe, stracks sagen: es ist schon oben, ich hab' es laufen sehen. – Sailer, 351.
113. Wer bei Hofe dient, muss gehend essen und stehend schlafen.
Böhm.: Přetĕžké bydlo panský dvůr: chodĕ najiš se, stoje vyspíš se. (Čelakovsky, 378.)
114. Wer bei Hofe etwas ausrichten will, der muss Hans Schenk als einen Anwalt mitbringen. – Eiselein, 316.
Lat.: Clauditur oranti, sed panditur aula ferenti. (Eiselein, 316.)
115. Wer bei Hofe keine Feinde will han, muss immer spielen den Lobesan.
It.: Nelle corti per non isdegnar chi domina ò bisogna applaudirlo, ò tacere. (Pazzaglia, 70, 9.)
116. Wer bei Hofe lange stehen will ohne Wanken, muss viel Unrecht leiden und sich noch bedanken.
117. Wer bei Hofe nicht will auf den Achseln tragen, wird nicht weit kommen mit seinem Wagen.
118. Wer bei Hofe will alt werden, der muss schmeicheln können.
119. Wer bei Hofe will durchkommen, ehre jedermann und traue niemand.
120. Wer bey Hoff dienet, der muss böse Wort hören vnd dieselb mit dienst vnd danck belohnen. – Lehmann, 387, 7.
121. Wer dem Hof zu nahe ist, der schwitzt, vnd wer fern davon ist, den freuert. (S. Feuer ⇒ 309 u. ⇒ 311.) – Lehmann, 391, 57.
122. Wer den Hof verlässt, den verlässt der Hof.
Frz.: Qui s'esloigne de la cour, la cour s'esloigne de lui. (Leroux, II, 60.)
123. Wer gen Hof kommt ungerufen, muss sitzen auf den Treppenstufen.
Dän.: Hvo ei indbuden er til hove, bag døren sidde skal og sove. (Prov. dan., 302.)
124. Wer gen Hoff will gehen naschen, der trag Messer vnd Löffel in der Taschen. – Gruter, III, 107; Lehmann, II, 873, 186.
Wer zu Hoff wil naschen, der darff eines Löffels in [705] der Taschen; vnd wer sein recht bald will fortbring'n, der lass die gulten im seckel klingen. (Ayrer, IV, 2607, 7.)
Böhm.: S dvorem jak s ohnĕm: ani nebývej příliš daleko, ani přiliš blízko. (Čelakovsky, 321.)
Dän.: Hvo til hove vil naske, skal bære en skal i sin taske. (Prov. dan., 302.)
125. Wer jetzund gen Hof wil gan, muss Frömmigkeit zu Hause lan.
So sehr hat sich die Welt seit jener Zeit umgewandelt, dass es jetzt wol kein besseres Mittel gibt, an den Hof zu kommen und dort beliebt zu sein als – Frömmigkeit.
Lat.: Vita palatina dura est animaeque ruina. (Loci comm., 18.)
126. Wer lange will bei Hofe sein, leide Unrecht und rede hübsch fein.
Dän.: Vil man være længe til hove, da skal man lide uret og takk til. (Prov. dan., 302.)
127. Wer lange will zu Hofe reiten, muss den Baum tragen auf beiden Seiten.
»Als auf einem Schiessen in beisein etlicher Herrn die Hof-Bursch viel Kappenrückens, Fussscharrens und knappens, bald mit dem rechten, bald mit dem linken Fusse machten, sagte der Pritschen Peter zu Heydelberg (Hofnarr des Kurfürsten Friedrich IV. von der Pfalz): ›Die Hinckenden in meiner Gassen knappen nur auf einer Seithen, hie sehe ich wohl, man knapt zu beiden Seithen.‹« (Zinkgref, I, 325.)
128. Wer lange will zu Hoffe reiten, hänge den Mantel nach beiden Seiten. – Petri, II, 731; Eiselein, 316; Simrock, 4820; Körte, 2892; Braun, I, 1419.
129. Wer nicht darf bei Hofe leben, darf auch nicht in Aengsten schweben.
130. Wer sich so lang' dem Hofe traut, bis dass ihm Kopf und Bart ergraut, wird auch bei guten Bissen gar viel vom Elend wissen.
131. Wer sick to Hav (im Frondienst) dod arbeidet, kommt nich in Himmel. (Rendsburg.)
132. Wer wil gehen zu Hof naschen, der schicke sich auff ein volle Taschen. – Petri, II, 779.
133. Wer will bei Hofe sein und kann den Fuchs nicht streichen, muss arm von dannen weichen.
Frz.: Ne soyez à la cour, si vous voulez y plaire, ni fade adulateur ni parleur trop sincère. (Cahier, 1385.)
134. Wer zu hof am maisten arbeitet, der geniessts am wenigsten. – Petri, II, 783; Henisch, 1495, 65.
135. Wer zu Hof am meisten thut, hat den wenigsten Dank.
Dän.: De som arbeyde meest til hove, have mindst. (Prov. dan., 302.)
136. Wer zu Hof ist Wartemann, kann manch Gnad empfahen.
Böhm.: Na velkém dvoře hojnost všeho, jenom če kati třeba. (Čelakovsky, 322.)
Poln.: U wielkiego dworu będzie wszystkiego s potrzebę, tylko trzeba poczekać. (Čelakovsky, 322.)
137. Wer zu Hof sein Glück will machen, der muss (wie ein Hund) jedem die Pratzen (Pfote) geben.
It.: Il buon cortigiano per acquistar merito serve con pontualità, e modestia il suo signore. (Pazzaglia, 70, 17.)
138. Wer zu Hof will glücklich sein, braucht mehr Schaum als Wein.
139. Wer zu Hof will leben, muss kalt und warm aus Einem Munde geben.
»Wer sich gen Hoffe giebt, muss kalt und heisses kennen; an Fürsten Taffeln kan sich einer bald verbrennen.« Ein arabisches Sprichwort sagt: Der Könige Speisen verbrennen einem das Maul. (Gryphius, 38.)
Lat.: Emunctae sit naris homo, qui degit in aula: regum ignara solent urere labra dapes. (Binder II, 949; Tscherning, 33.)
140. Wer zu Hofe denkt zu leben, muss nicht allen Glauben geben.
141. Wer zu Hofe nicht heuchlen kan, der muss weit dahinden stahn. – Petri, II, 783; Latendorf II, 31.
142. Wer zu hofe tüglich ist, den treibt man zu tode, der vntuglich ist, der muss ein narr sein. – Agricola I, 273; Franck, II, 90b; Tappius, 132b; Petri, II, 784; Gruter, I, 84; Eiselein, 316; Körte, 2891; Simrock, 4824; Braun, I, 1418.
Dr. Stabius, ein Rath des Kaisers Maximilian, sagte: »Wer die Freiheit liebt, hat eine Abscheu vor dem Hofleben. Den Tüchtigen treibt man, den Untauglichen vexirt man zu Tode.« (Einfälle, 440.)
[706] 143. Wer zu Hofe sein wil, der mus Pflaumen streichen und Fuchsschwenzen können. – Pauli, Postilla, I, 575b.
144. Wer zu Hofe sein will, muss itzo oben, bald unten liegen. – Hans von Schweinichen, III, 105; Simrock, 4815; Körte, 2804; Braun, I, 1417.
145. Wer zu Hofe überwintern will, muss einen guten Fuchspelz tragen und die Hofgnade wohl damit bedecken, dass sie nicht erfriere.
146. Wer zu Hofe will lange leben, muss keinen fragen und niemand Antwort geben.
It.: Alle corti de rè ogn' uno fà perse. (Pazzaglia, 70, 13.)
147. Wer zu Hofe will sein ein guter Knecht, der muss jede Sache heissen billig und recht.
It.: Chi non vuol perdersi nel fosco bosco delle corti s'allontani dalle fazioni. (Pazzaglia, 68, 1.)
148. Wer zu Hofe wohl dienet, der hat bald Neider und Hasser. – Luther; Eiselein, 315; Simrock, 4817.
»Da capias quaeras: plurima, pauca, nihil, heisst wol zu Hof dienen.« (Melanchthon.)
149. Wer zu Hoff böss ist, der ist in der Höll. – Petri, II, 783.
150. Wer zu Hoff die erste klage bringt, der gewinnt. – Sarcerius, 498.
»Ist ein alt Sprichwort.«
151. Wer zu Hoff dienet, der hat sein freyheit vertauscht. – Lehmann, 391, 62.
Denn »er muss reden, thun, lassen vnnd wandeln wie sein Herr vnd ander Leut wollen«.
152. Wer zu Hoff dienet, der wandelt in Garn vnd stricken. – Lehmann, 301, 62.
153. Wer zu Hoff fromm, ist im fegfewer. – Petri, II, 783; Henisch, 1257, 66.
154. Wer zu Hoff nichts thut, der kriegt fast das meiste. – Petri, II, 783.
155. Wer zu Hoff nur from seyn kann, den sihet man fürn fantasten an. – Petri, II, 784.
156. Wer zu Hoff (oder in Stetten) sich wil ernehren, der muss vil flicken vnd wenig zehren. – Petri, II, 784; Henisch, 1145, 8.
157. Wer zu Hoff tüchtig ist, der muss Wasser (und Holz) in die Küchen tragen. – Petri, II, 784; Eiselein, 326; Simrock, 4825.
158. Wer zu hoff vnd in grossen Heusern wil naschen, der darff ein freundlich auffsehen, dass er nit ein Sperber für ein Räphun, ein Habicht fürn Haselhun esse. – Petri, II, 784.
159. Wer zu Hoff vngebetten geht, billich hinder den Thüren steht. – Lehmann, II, 853, 379; Petri, II, 783.
Lat.: Retro sedet ianuam, non inuitatus ad aulam. – Stabit post ualuam, non inuitatus ad aulam. (Loci comm., 18.)
160. Wer zu Hoff wil naschen, der muss den Leffel tragen in der Taschen. – Petri, II, 784.
161. Wer zu hoff wil Suppen essen, der sehe zu, dass er so tief genug esse, dass er sie nicht wiedergeb. – Petri, II, 783.
162. Wer zu hoff will hoch ans brett kommen, der muss zuuor ein andern herunter stossen. – Petri, II, 784; Henisch, 504, 45.
163. Wer zu lange zu Hofe lebt, stirbt auf Stroh. – Winckler, XVI, 50.
Weil sich gar mancher durch übermässige Ausgaben zum Bettler macht.
It.: Chi vive in corte muore sul pagliaccio. (Pazzaglia, 70, 18.) – In corte la speranza è corta, e la servitù longa. (Pazzaglia, 68, 6.)
164. Wo zwei zu Hofe zäunen, sollen sie auch zu Hofe lesen. – Graf, 85, 127.
Vom Ueberfallsrecht; wenn zwei Nachbarn den Zaun gemeinschaftlich errichten, so sollen sie auch die Früchte, die auf den Grenzlinien wachsen, gemeinschaftlich geniessen.
Mhd.: Dar twe the hope tunen sollen ock the hope lesen. (Grimm, Weisth., III, 48, 18.)
165. Wohl daran bei Hofe; es wird ihm nichts abgeschlagen, als worum er bittet.
166. Zu Hof felt keiner härter, als der ins Herren Vngnaden felt; da will jedermann Holtz auff jhm hawen. – Lehmann, 392, 70.
Böhm.: Komuž odpuštĕnie od dvora dadié, na toho vrány kváčí. (Čelakovsky, 322.)
[707] 167. Zu Hof gedencken auch die jungen Herrn lang. – Mathesius, Postilla, II, CCXCVIIa.
168. Zu Hof gedencket man lang. – Mathesius, Historia, I, LXIIIb.
169. Zu Hof gibt man einem Brillen; wer sie auffsetzt, der meinet, blaw sey weiss vnnd das weiss sey blaw. – Lehmann, 390, 49.
Holl.: Het hof is eene hoer, het bedriegt, of wil bedrogen. (Harrebomée, I, 313.)
170. Zu hof gibt man vil hände vnnd wenig hertzen. – Agricola I, 277; Franck, I, 139b; Egenolff, 167b; Pauli, Postilla, I, 189a; Lehmann, 390, 50; Winckler, IV, 15; Schottel, 1133b; Körte, 2890; Braun, I, 1414.
Das Herz gibt sich auch nicht so leicht weg als eine Hand.
Holl.: Ten hove geeft men veel handen, weinig harten. (Harrebomée, I, 313.)
Lat.: Adulatio est hamus, quo magni capiuntur pisces. – Complimenta non sunt cordimenta. – Fraus sublimi regnat in aula. (Seneca.) (Philippi, I, 163.)
171. Zu Hof gibt's mehr Rauch als Feuer.
Dän.: Til hove sælges megen røg uden ild. (Bohn I, 401.)
172. Zu Hof hat man Spiegel, darin man gar nahe vor sich sieht.
Grosse Belohnung und hohe Aemter sind über weiten Bergen gelegen, da man gar selten dazu gelangen kann. Die Russen: Zu Hofe hat mancher hundert Augen, der im Hause nicht eins hat. (Altmann VI, 511.)
173. Zu hof ist gefehrlichs Brodt, das manchen bringt in Angst vnd not. – H. Sachs, V, CXC, 1.
174. Zu Hof ist Hoffnung zu Brot und Gefahr zu Tod. – Sutor, 233.
175. Zu Hof ist jederman vermumbt. – Lehmann, 390, 51.
Dän.: Til hove er enhver formummet. (Prov. dan., 301.)
176. Zu Hof ist mit der Naschbarten gut zimmern. – Fac. facetiorum.
177. Zu Hof ist recht, was dem Herrn gefällt.
178. Zu hof kan man sich wol wärmen, aber auch verbrennen. – Pistor., V, 60; Simrock, 4819.
Lat.: In aula calefieri et simul etiam exuri possumus. (Loci comm., 18.)
179. Zu Hof küsst man (zuweilen) die Finger, die man lieber abbeissen wollte. – Winckler, IV, 15.
180. Zu Hof muss man hören vnnd sehen vnd dabey Stumm, Taub vnd Blind seyn. – Lehmann, 390, 46.
Dän.: Til hove skal man meere tie end tale. (Prov. dan., 301.)
181. Zu Hof muss man viel dulden vnd wenig trauen. – Lehmann, 391, 67.
Dän.: Til hove skal meget lides, og lidet troes. (Prov. dan., 302.)
182. Zu Hof redt (thut) man eins vnd thut (redt) das ander. – Lehmann, 390, 52.
183. Zu hof seind nit schaf. – Franck, I, 139b; Petri, II, 824; Gruter, III, 119; Lehmann, 390, 53; Lehmann, II, 905, 15; Körte, 2895.
184. Zu Hof seynd die Gaben nit denen Verdienten, sondern wem 's Glück will. – Sutor, 229.
Lat.: Machina perpetuo coelestis ab ordine pendet. – Ordine servato mundus servatur, at illo neglecto, pessum totus et orbis abit. (Sutor, 229.)
185. Zu Hof sind alle Dinge kurz, ausgenommen Bosheit und Neid.
186. Zu Hof sind drei Dinge wohlfeil: Hände, Suppen und gute Worte.
187. Zu Hof sind viel Stufen zur Ruh und Ehr'; aber Sprössl zum Fallen noch mehr. – Sutor, 233.
188. Zu Hof und in Kanzleien ist nichts schädlicher als die Jungfrauenkette. – Einfälle, 287.
Luther wollte damit sagen, dass eine Regierung selten gut sei, wenn der Fürst nicht durch sich regiert, sondern durch seine Räthe u.s.w. beeinflusst werde.
189. Zu Hof verheisst man Gunst, doch gibt man nichts als Dunst.
190. Zu Hof will man Narren haben.
Holl.: Het hof moest zijnen gek hebben. (Harrebomée, I, 313.)
191. Zu Hof wird oft ein unverdienter Zwerg ein grosser Riese.
192. Zu Hofe bey den grossen Herrn leydt man drey gesindt nicht allzugern: die ärtzt, welch heissen [708] messig leben; Propheten, die gut räthe geben, vnd Pfarherrn, so von Busse lehren.
Lat.: Non mihi sit seruus medicus, propheta, sacerdos. (Loci comm., 17.)
193. Zu Hofe bindet man sich nicht an die Uhr.
194. Zu Hofe braucht man vier: Weise im Rath, Narren bei Tische, Stocknarren zum Hitzen und Soldaten das Land zu beschützen.
195. Zu Hofe dient man nicht um des Herrn, aber um der Suppe willen. – Eiselein, 316; Simrock, 4822; Körte, 2896; Braun, I, 1415.
Frz.: A la cour, s'il n'y pleut, il y dégoutte. (Körte, 2896.)
196. Zu Hofe geht des Esels Sprache (ia, ia) allen für.
»Viel Sprachen reden können, ist eines Hofmanns hier; doch was der Esel redet, geht allen für.« (Logau.)
197. Zu Hofe gilt er nicht, wa er nicht lasterlappen kan yederman anschlagen. – Agricola II, 315.
»Das lautet von hoffertigen Hern Hofgesinde.«
198. Zu Hofe hat der Neid den Sitz seiner Herrschaft. – Winckler, VI, 57.
199. Zu Hofe holt man sich wol Futter, aber Beine gibt man nicht zu Hofe.
Albert, Erzherzog und Kurfürst zu Mainz, hatte dies Wort im Munde. Wenn er einen seiner Diener lange stehen sah, sagte er: »Setze dich nieder, Beine gibt man nicht bei Hof.« Seitdem wird das Wort von der Aufwartung bei Hofe gebraucht.
200. Zu Hofe hütet man keine Schafe, das erfuhr Petrus.
201. Zu Hofe ist eine Gunststunde besser als zehnjährige Dienste. – Winckler, IV, 39.
202. Zu Hofe kommt der am besten an, der keinem traut und ehret jedermann. – Sutor, 221.
203. Zu Hofe kommt kein Esel, er trage denn Säcke.
Dän.: Asenet kommer ikke til hove uden for at bære sækken. (Prov. dan., 302.)
204. Zu Hofe muss man Moses mit den Hörnern setzen, nicht Christus. – Luther.
205. Zu Hofe sitzt der Teufel obenan.
»Was suche ich russiger Aschenbrödel zu Königs und Fürsten Höfen, da ich doch weiss, dass der Teufel oben an sitzet.« (Luther's Werke, III, 364a.)
206. Zu Hofe thut die krumme Hand das Beste. – Herberger, II, 156.
207. Zu Hofe treten gemeiniglich diejenigen den Herren die Schuhe aus, die ihnen am nächsten nachgehen. – Opel, 372.
208. Zu Hofe und bei grossen Herrn, gibt man's nicht mit Scheffeln, so kriegt man's doch mit Löffeln.
Frz.: A la cour et auprès des grands, s'il n'y pleut, il y dégoutte. (Kritzinger, 210b.)
209. Zu Hofe und bei grossen Herrn, wenn es nicht regnet, so tropft's doch.
Wenn kein bedeutendes Glück zu machen ist, so geht es doch nicht ganz leer ab.
210. Zu Hoff altet man selten. – Petri, II, 823.
211. Zu Hoff donnert's oft vnd schlägt ein beym hellen Himmel, da doch kein Blitz vorher gegangen. – Lehmann, 388, 19.
212. Zu Hoff findt man wenig Joseph vnd Daniel. – Petri, II, 858; Henisch, 645, 64.
213. Zu Hoff gehet man auf Dechern, Thürmen vnd Spitzen. – Petri, II, 823.
214. Zu Hoff geht man mit Leuten vmb wie Kinder mit Poppen. – Lehmann, 387, 6.
»Die sie bald schnuken, vnd liebeln, bald schlagen, schelten vnd wegwerffen, hernach wiederholen vnd wieder liebeln.«
215. Zu Hoff gibt man ainem eben so viel vnd gilt gleich, der ein vnlust in die Stub oder hinder die Thür macht vnd der jhn aussfegt. – Petri, II, 823.
216. Zu Hoff gilt ein quintlein Gunst mehr als 20jährige grosse arbeit. – Lehmann, 388, 21.
Dän.: Til hove gielder et quintin gunst meere end tyve aars tieneste, en times lykke meere end et aars forstand. (Prov. dan., 301.)
217. Zu Hoff gilts gleich, der hinder die Thür thut (hofiret) oder der es ausskehret. – Gruter, I, 88; Eiselein, 316; Körte, 2893; Simrock, 4826; Braun, I, 1416.
[709] 218. Zu Hoff ist es schlüpffrig. – Petri, II, 823.
219. Zu Hoff ist falsch Brot; je mehr man begehrt, je ferner es kompt. – Petri, II, 824.
220. Zu hoff ist man der Warheit nicht gewont. – Petri, II, 824.
221. Zu hoff ist viel hendreichens, aber wenig hertzen. – Gruter, I, 88; Petri, II, 824; Sutor, 217; Sailer, 243.
222. Zu hoff ist viel küssens vnd wenig herzens. – Fischer, Psalter, 535c.
223. Zu hoff sitzt der schmeichel Hund beym Herren am Tisch; Gaul, Ochs vnd Esel müssen arbeiten. – Lehmann, 388, 16.
Und wenn sie (die letztern) dem Herrn zu nahe kommen, sind Prügel ihr Lohn. »Zu Hofe redet ein jeder, was ich gern höre«, sagte Herzog Friedrich von Oesterreich, »bei den Bauern aber, unerkannt, sagt man mir die Wahrheit.« (Eiselein, 316.)
Holl.: Wat is ten hove 't grootste kwaad? De pluimstrijkende vos met zijnen raad. (Harrebomée, I, 313.)
224. Zu hoff sitzt man zu halbem Munde. – Petri, II, 824.
225. Zu Hoff sol man was liebliches oder sehr kurtze Wort reden. – Petri, II, 824.
226. Zu Hoff stehet man auff schmalen Füssen. – Petri, II, 824.
Böhm.: Není široké nohy u dvora. (Čelakovsky, 245.)
227. Zu Hoff strafft man nimmer so scharpff, man verkaufft ein fuchsschwantz darneben. – Petri, II, 824; Henisch, 1273, 62.
228. Zu Hoff trägt jederman zu vnd jederman trägt ab. – Lehmann, 389, 33; Opel, 372.
229. Zu Hoff vnnd im Regiment muss man den staub vnd vnrhat mit Fuchssschwentz abkeren. – Lehmann, 341, 9.
230. Zu Hoff wie im Vogelbauer, leichtlich kompt man hinein, aber schwerlich wieder herauss. – Petri, II, 824.
*231. Das ist der Hof des Königs Peto.
Man bezeichnet damit, vorherrschend wol in Frankreich, einen Ort, wo alles unordentlich zugeht, jedermann den Herrn spielt, und man nicht weiss, wer Koch oder Kellner ist. Besonders wendet man die Redensart auf einen Haufen Bettelleute an, die einander alle gleich sind und peto bitten oder betteln bezeichnet.
Frz.: C'est la cour du roi Petaud, où tout le monde est maître. (Kritzinger, 181b; Starschedel, 125.)
*232. Das ist nicht auf (in) seinem Hofe gewachsen.
Holl.: Dat komt uit uwen hof niet. (Harrebomée, I, 313.)
*233. Einem den Hof machen.
Frz.: Faire le pied de grue. (Lendroy, 1206.)
*234. Einem etwas zu Hofe schenken (oder: gen Hof gehen lassen).
Verzeihen, zugute halten.
*235. Einen Hof mit Wunn und Waid verkaufen. – Eiselein, 652.
D.h. mit dem, was durch die Ernte darauf zu gewinnen (Wunn) ist, und dem brachliegenden Felde.
*236. Er helt offen hof. (S. ⇒ Gasse 27.) – Franck, II, 62b.
Dän.: At holde konge Artus hof. – Kong Artus hof gik ende, dog de rede alle dertil. – Ve sige ogsaa om kong Waldemars bryllup, at alle dinge til, og ingen fra. (Prov. dan., 36.)
Lat.: Haud unquam arcet ostium. (Philippi, I, 174.)
*237. Er ist am Hofe von Flegelheim aufgewachsen.
*238. Er macht seinen Hof.
Holl.: Hij maakt daar zijn hof.
*239. Nacher Hof bist du zu kurz und aufs Land zu lang. – Sutor, 313; Körte, 2897.
Der Verbildete, der in keinen Beruf, in kein bestimmtes Lebensverhältniss Passende.
Lat.: Si brevis es sedeas, ne stans videare sedere. (Sutor, 313.)
*240. Vom Hofe leben. – Agricola II, 67.
*241. Wenn yedermann zu Hofe von sachen waiss, so waiss ers nicht. – Agricola II, 200.
*242. Zu Hof viel blech auffschlagen (?). – Moossheim, Spiegel des Regiments, 1515.
243. An vielen Höfen essen die Esel der Gelehrten Brot und die Narren besitzen die Ehrenstellen. – Harssdörffer, 830.
244. Bei Hofe findet man: Ohrenbläser, Schnakenreisser, Possenmacher, Gaukler, Staudenfischer, Pritschemeister, Schalksnarren, Hoffjecken, Hoffschranzen, Posamentkerl, Schwanztreger, Schraubendreher, Bratengeiger, Stiefelschmierer, Nasenstifner, Berenheuter. – Monatsbl., VI, 186, 25.
245. Bei Hof ist Liebe fern und Freundschaft ohne Kern.
It.: Alle corti la carità è estinta, e non vi è amicizia se non finta. (Giani, 415.)
246. Der römische Hof will gar das Schaf mit Haut und Haar.
It.: Corte Romana non vuol pecora senza lana. (Giani, 413.)
247. Ein jeglicher Hoff hat seinen Hoffteuffel. – Monatsbl., VI, 187, 41.
248. Je näher dem Hofe, je näher der Hölle.
249. Wenn man bei Hofe die Wahrheit zur Tafel ruft, so darff sie nicht hören; denn sie weiss, dass man sie nicht gern siehet. – Harssdörffer, 1429.
250. Wer am Hofe leben muss, stirbt als Heiliger oder aus Verdruss.
It.: Chi in corte è destinato, se non muor santo e' muor disperato. (Giani, 411.)
251. Wer am Hofe was will erreichen, der muss laufen und greifen und darf nicht weichen.
Adelung-1793: Hof-Fourier, der · Hof-Fiscal, der · Hof-Dame, die · Hof-Medicus, der · Hof-Profoß, der · Hof-Prälat, der · Hof-Musicant, der · Hof-Agent, der · Hof-Advocat, der · Hof, der · Hof-Capellan, der · Hof-Conditor, der · Hof-Casse, die · Hof-Capelle, die
Brockhaus-1837: Hof [2] · Hof [1]
Brockhaus-1911: Hof [3] · Hof- und Gerichtsadvokaten · Hof · Hof [2]
DamenConvLex-1834: Hof (Himmelskunde) · Hof (Geographie)
Herder-1854: Hof [2] · Hof [3] · Auerbachs Hof · Hof [1]
Lueger-1904: Kontakterscheinungen, -hof, -metamorphismus · Hof
Meyers-1905: Hof [4] · Hof- und Gerichtsadvokat · Hof [3] · Hof [1] · Hof [2]
Pataky-1898: Vom Hof, Frl. Nanny · Hof, Nanny vom
Pierer-1857: Hof [2] · Hof [3] · Nippenburger Hof · Hof [1] · Baierisch Hof · Hof Ragatz · Hof zum Bergen
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