Pfalz [3]

[682] Pfalz, Landschaft des ehemaligen Deutschen Reiches, war früher im Besitz der Pfalzgrafen und zerfiel in die Oberpfalz und Unterpfalz. Die Oberpfalz (bayrische P., Palatinatus superior, Palatinatus Bavariae) hatte 1807 (mit Sulzbach und [682] Cham) einen Flächenraum von 7158 qkm (130 QM.) mit 283,800 Einw., gehörte zum Nordgau und bayrischen Kreis, hatte Amberg zur Hauptstadt und bildet jetzt den bayrischen Regierungsbezirk Oberpfalz und einen Teil von Oberfranken. Die Unter- (Nieder-) Pfalz (P. am Rhein, Palatinatus inferior, Palatinatus Rheni) lag auf beiden Seiten des Oberrheins. Von der P. umschlossen waren die Bistümer Worms und Speyer. Der Flächeninhalt der P. betrug gegen 8260 qkm (150 QM.). Seit 1410 waren die Lande mehrfach geteilt, doch so, daß beim Erlöschen einer Linie deren Gebiet immer an die nächste fiel. Durch den Frieden von Lüneville 1801 erhielt Frankreich alle auf dem linken Rheinufer gelegenen, zur P. gehörigen Landesteile, 2423 qkm (44 QM.), und 1802 trat Bayern auch die auf dem rechten Rheinufer befindlichen pfälzischen Gebiete mit 1707 qkm (31 QM.) und 141,000 Einw. ab. Davon fielen an das Großherzogtum Baden die Oberämter Bretten, Heidelberg und Ladenburg nebst Mannheim mit 936 qkm (17 QM.) und 105,000 Einw.; an Hessen-Darmstadt die Oberämter Lindenfels, Otzberg und Umstadt, im ganzen 220 qkm (4 QM.) mit etwa 9750 Einw.; an Nassau das Amt Kaub. 1815 erhielt den größten Teil des linksrheinischen vormals pfälzischen Gebiets Bayern, das übrige Hessen-Darmstadt und Preußen. Der rechtsrheinische Teil der ehemaligen P. blieb bei Baden (s. Baden, S. 252). Außer Baden, Bayern, Hessen und Preußen besitzt jetzt auch Oldenburg in Birkenfeld einen Teil der ehemaligen Rheinpfalz. Die neue oder junge P., das 1507 erworbene Herzogtum Neuburg, gehört jetzt zu Bayern. Vgl. die »Geschichtskarte von Bayern und Kurpfalz« (in Bd. 2, S. 504).

Der jetzige bayrische Regierungsbezirk Pfalz (Rheinpfalz, Rheinbayern, s. Karte »Bayern«) liegt auf dem linken Ufer des Rheins, getrennt vom größern Teil Bayerns, grenzt im W. an die preußische Rheinprovinz, im S. an die deutschen Bezirke Unterelsaß und Lothringen, im O. an Baden, von dem es durch den Rhein geschieden ist, im N. an Rheinhessen und umfaßt 5928 qkm (107,66 QM.) mit (1905) 885,280 Einw. (darunter 1900: 446,839 Evangelische, 364,915 Katholiken und 10,108 Juden), 149 auf 1 qkm. Der kleinere östliche Teil ist eben, steigt aber nach W. in lieblicher Hügellandschaft nach dem Hardtgebirge (s. Hardt) empor, das den größern westlichen Teil des Landes ausfüllt. Den höchsten Punkt erreicht die P. im Donnersberg (s. d. 1), 687 m. Hauptfluß ist der die Ostgrenze des Landes bildende Rhein, dem vom Hardtgebirge eine große Anzahl von Bächen zueilt. Auch die andern Flüsse des Landes gehören dem Flußgebiet des Rheins an und werden diesem entweder durch die Nahe (im NW.) oder durch die Saar (im W.) in der Mosel zugeführt. 1900 entfielen 43,3 Proz. der Fläche auf Äcker und Gärten, 2,7 auf Weinberge, 9,2 auf Wiesen und 39 Proz. auf Waldungen. Der Ackerbau liefert reichen Ertrag. Bedeutend ist auch der Anbau von Tabak, Hanf, Flachs, Ölgewächsen, Gemüsen, Obst etc.; nicht minder wichtig ist der Weinbau (s. Pfälzer Weine). Die Viehzucht blüht besonders im westlichen Teil des Landes; 1904 zählte man 40,748 Pferde, 255,415 Rinder, 15,800 Schafe, 174,967 Schweine und 62,143 Ziegen. Das Mineralreich liefert Eisen und Steinkohlen. Die Industrie ist bedeutend in Fabrikation von Zigarren, Steingut, Farben, Papier, Leder, Woll- und Schuhwaren, Maschinen etc.; auch Eisengießerei und Bierbrauerei sind nennenswert. Der Handel, unterstützt durch 15 Bezirksgremien für Handel und Gewerbe, ist sehr lebhaft in Wein und Tabak. Der Regierungsbezirk besteht aus 16 Bezirksämtern und hat Speyer zur Hauptstadt.

Tabelle

Über die sechs Reichstagswahlkreise der P. vgl. Karte »Reichstagswahlen«. Vgl. Riehl, Die Pfälzer (Stuttgart 1858); A. Becker, Die P. und die Pfälzer (Leipz. 1857); Mehlis, Fahrten durch die P. (Augsb. 1877); Heuser, Neuer Pfalzführer (3. Aufl., Neustadt a. H. 1905); Näher, Die Burgen der rheinischen P. (Straßb. 1887); »Die Baudenkmale in der P.« (Ludwigshafen 1886–98, 5 Bde.); Kranz, Handbuch für den königlich bayrischen Regierungsbezirk der P. (Speyer 1902); Götz. Geographisch-historisches Handbuch von Bayern (Münch. 1898); Autenrieth, Pfälzisches Idiotikon (Zweibrücken 1899).

Geschichte. Die Begründung der Pfalz.

Die Gegend der spätern P. ward seit dem 3. Jahrh. von den Alemannen besetzt, kam 496 unter fränkische Herrschaft und erhielt fränkische Einwanderer. In karolingischer Zeit finden sich hier folgende rheinfränkische Gaue: der Kreichgau (Diözese Speyer), Gardachgau (Diözese Worms), Lobdengau (zwischen Rhein und Elsenz), der Speyergau, Wormsgau und Nahegau. Das salische Haus war hier begütert und vererbte seinen Besitz an die Staufer, von denen Konrad, der Bruder König Friedrichs I., hier gebot, als er 1155 vom König zum Pfalzgrafen zu Aachen ernannt wurde. Der Pfalzgraf war ein hoher, im Rang unmittelbar nach dem Herzog folgender Reichsbeamter, und sein Amt war mit Grundbesitz, wie Bacharach und Umgebung, und einzelnen Hoheitsrechten, wie der Vogtei über das Erzstift Trier und über Jülich, ausgestattet. Dadurch, daß der zufällige Landesherr die Aachener Pfalzgrafenwürde erhielt, übertrug sich der Name »P.« auf das oberrheinische Territorium. Auf Konrad folgte 1195 sein Schwiegersohn Heinrich der Weise, Heinrichs des Löwen Sohn, und nach dessen Abdankung 1211 dessen Sohn Heinrich der Jüngere. Als dieser 1214 kinderlos starb, verlieh König Friedrich II. das Land, an dem nunmehr die pfalzgräfliche Würde haftete, an Ludwig von Bayern aus dem Haus Wittelsbach, der auch die Erbgüter der bisherigen Pfalzgrafen seinem Geschlecht erwarb, indem er seinen Sohn Otto mit Agnes, einer Tochter Heinrichs des Welfen, vermählte. Es folgten: Otto II., der Erlauchte (1228–53), Ludwig II. bis 1294, Rudolf I. bis 1319 und Kaiser Ludwig, schon vorher Mitregent, bis 1329. Dieser trat im Vertrag zu Pavia (4. Aug. 1329) die P. nebst einem Teil Bayerns (die Oberpfalz) an seine Neffen Rudolf und Ruprecht, Söhne Rudolfs I., ab. Durch die Goldene Bulle (1356) erhielt[683] der Fürst der P. eine der sieben Kurstimmen. Nach Rudolfs II. Tod herrschte Ruprecht I. (1353–1390) allein, verkaufte 1355 einen Teil der Oberpfalz an Kaiser Karl IV., kaufte 1385 Zweibrücken, Hornbach und Bergzabern und gründete 1386 die Universität Heidelberg. Sein Neffe Ruprecht II. (1390–1398) ließ sich vom König Wenzel einen Teil der Oberpfalz zurückerstatten und verordnete 1395 in der sogen. Rupertinischen Konstitution, daß die P. stets ungeteilt dem ältesten Sohn zufallen sollte. Sein Sohn und Nachfolger Ruprecht III. (1398–1410) wurde 1400 deutscher König, eroberte den Rest der Oberpfalz. erwarb einen Teil der Grafschaft Sponheim und die Grafschaft Kirchberg am Hunsrück und erweiterte das Heidelberger Schloß durch den Ruprechtsbau. Nach seinem Tode (1410) teilten sich seine vier Söhne in die Lande und gründeten vier Linien, jedoch so, daß beim Erlöschen der ersten Linie deren Lande ungeteilt an die zweite u. s. s. fallen sollten, damit alle pfälzischen Länder einst wieder vereinigt würden. Der älteste Sohn, Ludwig III., erhielt die Kur- und Rheinpfalz nebst Amberg und Nabburg in der Oberpfalz, Johann die Oberpfalz, Stephan Zweibrücken und Simmern, Otto Mosbach.

Die Kurpfalz.

Die Kurlinie (Heidelberger Linie) bestand unter Ludwigs III. Nachkommen bis 1559. Ludwig 111. (1410–36) war der Beschützer des Konstanzer Konzils; auf Ludwig IV. (bis 1449) folgte Fried rich der Siegreiche (bis 1476, s. Friedrich 51), der durch glückliche Kriege gegen Lützelstein, Mainz, Württemberg und Baden umfangreiche Landstriche an der Nahe, an der Bergstraße und im Elsaß erwarb, die Ämterverfassung durchführte und 1472 das Hofgericht stiftete. Unter seinem Neffen Philipp dem Aufrichtigen (1476–1508) hatte die P. durch den Bayrisch-Pfälzischen Erbfolgekrieg zu leiden, den Philipp gegen Albrecht von Bayern-München 1503 zugunsten seines Sohnes Ruprecht begann, dem sein Schwiegervater Georg von Bayern-Landshut (gest. 1503) das Herzogtum Niederbayern vererbt hatte. Doch ward auf dem Kölner Reichstag 1507 nur das Herzogtum Neuburg den Söhnen des inzwischen verstorbenen Ruprecht zugesprochen. Unter Ludwig V. (1508–44) fand die Reformation Eingang, obgleich er selbst katholisch blieb. Ihm folgte statt seines Sohnes Otto Heinrich 1541, dem Testament Philipps gemäß, sein Bruder Friedrich II. (s. Friedrich 52), der die Ausbreitung der Reformation duldete, aber aus Rücksicht auf den Kaiser das Interim annahm. Ihm folgte Otto Heinrich (Ottheinrich) als Kurfürst, der die Universität Heidelberg nach Melanchthons Plan verbesserte und die Bibliothek mit vielen Handschriften bereicherte. Ein Denkmal seines Kunstsinns ist der prachtvolle Otto Heinrichs-Bau im Heidelberger Schloß. Mit ihm starb 1559 die alte Kurlinie oder Heidelberger Linie aus.

Ihre Lande und die Kur fielen darauf an die Simmernsche Linie (s. unten). Deren Haupt war damals Friedrich III., der Fromme (s. Friedrich 53), der die Calvinische Lehre auf jede Weise begünstigte. Ihm folgte 1576 sein Sohn Ludwig VI. (bis 1583), der sich wieder zum Luthertum bekannte und viele Reformierte vertrieb. Er hinterließ die P. seinem neunjährigen Sohn, Friedrich IV. (s. Friedrich 54). Ludwigs Bruder, der Pfalzgraf Johann Kasimir von P.-Lautern, bemächtigte sich der Regierung als Kurverweser und Vormund Friedrichs IV. und führte die Calvinische Lehre im Lande wieder ein. Als Johann Kasimir 1592 starb, fiel das Fürstentum P.-Lautern an die Kurpfalz zurück. Auch Friedrich IV. (gest. 1610) begünstigte die reformierte Lehre und erregte dadurch in der Oberpfalz offenen Aufruhr; er war der vorzüglichste Beförderer der evangelischen Union. Ihm folgte sein Sohn Friedrich V. (s. Friedrich 55), der 1619 König von Böhmen wurde und darüber seine Lande und die Kurwürde verlor, welch letztere Kaiser Ferdinand II. 1623 seinem Vetter, dem Herzog Maximilian von Bayern, übertrug. Spinola drang in die Kurpfalz ein und eroberte sie größtenteils. Das Land litt unsäglich, und Mansfelds Siege sowie die Anstrengungen der übrigen Verbündeten Friedrichs, die P. von den Feinden zu befreien, vermehrten nur noch das Elend. Durch den Westfälischen Frieden erst erhielt Friedrichs V. Sohn Karl Ludwig (s. Karl 45) die Kurpfalz zurück sowie die neue (achte) Kurwürde nebst dem Erzschatzmeisteramt; die Oberpfalz aber, der Rang, den ehemals die P. im kurfürstlichen Kollegium gehabt, und das Erztruchseßamt blieben bei Bayern. In den Reichskriegen gegen Frankreich 1673 bis 1679 wollte letzteres den Kurfürsten zum Bündnis zwingen, und wegen seiner Weigerung verwüstete ein französisches Heer die P. Nach dem Frieden zu Nimwegen aber drang Frankreich dem Kurfürsten noch eine Kriegssteuer von 150,000 Gulden ab und zog durch die Reunionskammern (s. d.) beträchtliche Gebiete der P. ein. Karl Ludwig starb 1680 und hatte seinen Sohn Karl zum Nachfolger.

Da mit diesem 1685 die Linie Simmern erlosch, so fielen die Kur und die dazugehörigen Lande an den Pfalzgrafen Philipp Wilhelm von der Linie Zweibrücken-Neuburg (s. unten), der bereits Jülich und Berg besaß. Ludwig XIV. von Frankreich erhob Anspruch auf die Allodialverlassenschaft Karl Ludwigs, da dessen Tochter Charlotte Elisabeth an den Herzog von Orléans vermählt war, und überzog 1688 die P. mit Krieg. Zahlreiche Städte wurden eingeäschert, das kurfürstliche Schloß in Heidelberg verbrannt und das Land verheert. Kurfürst Philipp Wilhelm starb 1690 als Flüchtling in Wien und hinterließ als Nachfolger seinen Sohn Johann Wilhelm. Das Kriegselend der Kurpfalz dauerte bis zum Ryswyker Frieden 1697 fort; an die Herzogin von Orléans oder vielmehr an Ludwig XIV. mußten 300,000 Tlr. für seine Ansprüche gezahlt werden. Im Ryswyker Frieden hatte Frankreich durchgesetzt, daß in der P. die durch Frankreich eingeführten Änderungen des öffentlichen Kultus in Geltung bleiben sollten. Obgleich man auf einen Katholiken zwei Lutheraner und drei Reformierte rechnete, so wollte doch der katholische Kurfürst die katholische Kirche zur herrschenden erheben, und die Protestanten erlitten große Bedrückungen, bis auf Verwendung Braunschweigs und Preußens 1705 den Protestanten die Wählbarkeit zu öffentlichen Ämtern und den Reformierten fünf Siebentel aller Kirchen in der P., den Lutherischen aber alle, die sie seit 1624 innegehabt hatten, zugesichert wurden. Auf Johann Wilhelm folgte 1716 sein jüngerer Bruder, Karl Philipp, der den glänzenden Hofstaat seines Vorgängers abschaffte und die Finanzen der P. ordnete. Unter ihm begann auf Antrieb der Jesuiten die Verfolgung der Protestanten aufs neue, und da diese die Heidelberger Hauptkirche den Katholiken nicht allein überlassen wollten, verlegte er 1720 seinen Hof nach Mannheim.

Da Karl Philipp 31. Dez. 1742 ohne männliche Erben starb, so fiel die Kur an Karl Theodor von der Pfalz-Sulzbachischen Linie, die nun alle[684] kurpfälzischen, jülichschen und bergischen Lande vereinigte. Unter diesem hochgebildeten Fürsten blühten in der P., wie nie zuvor, Wissenschaft und Kunst, Handel, Gewerbe und Ackerbau. Als 1777 mit dem Kurfürsten Maximilian III. Joseph auch der bayrische Mannesstamm erlosch, wurden die bayrischen Lande mit den pfälzischen vereinigt, bis auf das Innviertel (2202 qkm), das an Österreich fiel. Kurpfalz trat wieder in sein altes Erztruchseßamt ein, wofür es das Erzschatzmeisteramt an Hannover abtrat. Im französischen Revolutionskrieg besetzten die Franzosen den linksrheinischen Teil der P.; auch der rechtsrheinische litt sehr durch den Krieg. Da mit Karl Theodor 1799 die Sulzbachische Linie erlosch, fielen die pfälzischen Lande mit Bayern an die letzte noch übriggebliebene Linie Zweibrücken-Birkenfeld. Deren Haupt, Maximilian Joseph (s. Maximilian 6), seit 1795 Pfalzgraf von Zweibrücken-Birkenfeld und nun 1799 Kurfürst von Bayern und der P., trat infolge des Lüneviller Friedens 1802 den auf der linken Rheinseite gelegenen Teil der P. an Frankreich ab. Auf dem Wiener Kongreß erhielt er, nunmehr König von Bayern, den größten Teil der linksrheinischen P. von Frankreich zurück (s. oben, S. 683).

Die pfälzischen Linien.

Die Oberpfälzische Neumarkter Linie wurde, wie erwähnt, von Ruprechts zweitem Sohn, Johann, gestiftet, nach dessen Tod 1443 die Oberpfalz infolge der großväterlichen Verordnung nicht an seinen Sohn Christoph kam, der inzwischen (1439) König von Dänemark geworden war, sondern an Kurpfalz zurückfiel. – Ruprechts dritter Sohn, Stephan, wurde Stifter der Zweibrücken-Simmernschen Linie und brachte durch Heirat die Grafschaft Veldenz sowie zwei Fünftel der vordern und die Hälfte der hintern Grafschaft Sponheim an sich. Er starb 1459, und nun zerfielen die Lande der Zweibrücken-Simmernschen Linie in zwei Äste, den eigentlichen Simmernschen und den Zweibrückischen Stamm. Den eigentlichen Simmernschen Stamm stiftete Stephans ältester Sohn, Friedrich. Dessen dritter Nachfolger (seit 1557), Friedrich der Fromme, erbte von Otto Heinrich 1559 als Friedrich III. die Kurpfalz (s. oben). Er trat bei Übernahme der Regierung der Kurpfalz Simmern an seinen Bruder Georg ab, und dies blieb bis 1674 im Besitz jüngerer Söhne. Den Zweibrückischen Stamm gründete 1459 Stephans zweiter Sohn, Ludwig der Schwarze, dessen Enkel Ludwig und Ruprecht 1514 wiederum teilten. Der Stifter der eigentlichen Zweibrückischen Linie war Ludwig II., der in seinem Fürstentum das lutherische Bekenntnis einführte und 1532 starb. Sein Sohn und Nachfolger Wolfgang erhielt 1557 vom Kurfürsten Otto Heinrich das Herzogtum Neuburg und Sulzbach. Bei seinem Ableben 1569 wurde die Neuburger Linie von seinem ältesten Sohn, Philipp Ludwig (gest. 1614), gestiftet, und dessen älterer Sohn, Wolfgang Wilhelm, führte die Neuburger Linie fort. Als 1609 der jülich-klevische Fürstenstamm erlosch, erhob letzterer, da seine Mutter diesem Haus entstammte, Erbansprüche und trat, um die Unterstützung des Herzogs Maximilian von Bayern und der Liga zur Durchführung seines Erbrechts zu erhalten, 1613 zur katholischen Kirche über (vgl. Jülich, S. 362). Wolfgang Wilhelms Sohn Philipp Wilhelm folgte dem Kurfürsten Karl, als dieser 1685 st arb, auch in den Kurlanden nach (s. oben). Die Linie P.-Neuburg erlosch 1742. August, der zweite Sohn des Pfalzgrafen Philipp Ludwig, stiftete 1614 die P.-Sulzbachische Linie, die unter seinem Sohn Christian August 1655 ebenfalls katholisch ward und unter Karl Theodor 1742 die P. sowie 1777 Bayern erbte und 1799 erlosch. Die jüngere Zweibrückische Linie wurde 1569 von Wolfgangs zweitem Sohn, Johann I., gestiftet, der 1594 drei Söhne hinterließ, die wieder drei Linien bildeten. Der älteste, Johann II., führte die jüngere Zweibrückische Linie fort. Dieselbe erlosch 1661 mit seinem Sohn Friedrich, und ihr Land fiel an den Landsbergischen Zweig, der von Johanns I. zweitem Sohn, Friedrich Kasimir, begründet war, aber schon 1681 mit dessen Sohn Friedrich Ludwig ausstarb. Zweibrücken und Landsberg fielen nun an die von Johanns I. drittem Sohn, Johann Kasimir, gestiftete Kleeburgische (schwedische) Linie. Dieser, ein Schwiegersohn des schwedischen Königs Karl IX., hinterließ 1652 als Nachfolger seinen Sohn Karl Gustav, der nach Christinens Abdankung 1654 als Karl X. König von Schweden wurde und sein deutsches Gebiet seinem jüngern Bruder, Adolf Johann, überließ. Adolf Johann erbte 1681 auch Zweibrücken nach dem Aussterben der ältern Linie und starb 1689. Mit seinem Sohn und Nachfolger Gustav Samuel Leopold erlosch 1731 die Linie Zweibrücken, und ihr Gebiet fiel nun an P.-Birkenfeld. Die von Wolfgangs drittem Sohn, Otto Heinrich, 1569 gestiftete Sulzbachische Linie sollte nur mediat sein und zu Neuburg gehören, erlosch aber schon 1604 mit Otto Heinrich. Die Birkenfeldsche Linie wurde von Wolfgangs jüngstem Sohn, Karl I., gestiftet. Einem seiner Nachfolger, Christian 111. (seit 1717), fiel nach dem Aussterben der vorigen Linien 1731 Zweibrücken zu, worauf die Linie den Namen P.-Zweibrücken-Birkenfeld annahm. Sein Sohn Christian IV. trat 1758 zur katholischen Kirche über und starb 1775. Ihn beerbte sein Neffe Karl II. August Christian und diesen 1795 sein Bruder Maximilian Joseph. Dieser vereinigte 1799 nach Karl Theodors Tode das ganze Erbe des Wittelsbacher Stammes, P. und Bayern, und ward 1806 König von Bayern. Einen Seitenzweig dieser Linie bildete das Herzogtum Bischweiler, dessen erster Pfalzgraf Christian I., Karls jüngster Sohn, war; 1671 erbte Christian II. Birkenfeld und schloß 1717 die Seitenlinie Bischweiler. Sein Bruder Johann Karl, der erst Gelnhausen erbte, setzte die Linie Birkenfeld fort, die jetzt noch blüht, und deren Haupt Herzog Karl Theodor in Bayern, der bekannte Augenarzt, ist. Die Veldenzer Linie gründete 1514 Alexanders zweiter Sohn, Ruprecht, der jedoch Veldenz nicht reichsunmittelbar, sondern als Apanage von seinem Bruder besaß. Dessen Enkel Georg Gustav starb 1634 (sein Bruder Georg Johann II. stiftete die Nebenlinie P.-Lützelstein, die aber bereits 1654 mit ihm selbst wieder ausstarb), und mit dem Tode Georgs, des Sohnes von Gustav, erlosch 1684 die Veldenzer Linie. – Ruprechts III. vierter Sohn, Otto, stiftete 1410 die Mosbacher Linie und erhielt Sinsheim und Mosbach, an welch letzterm Ort er residierte. Aber schon mit seinem Sohn Otto II. erlosch 1499 diese Linie wieder. Vgl. Widder, Versuch einer vollständigen geographisch-historischen Beschreibung der kurfürstlichen P. (Frankf. 1786–88, 4 Tle.); Häusser, Geschichte der rheinischen P. (Heidelb. 1845, 2 Bde.); Nebenius, Geschichte der P. (das. 1874); »Regesten der Pfalzgrafen am Rhein, 1214–1508« (hrsg. von Koch und Wille, Innsbr. 1894, Bd. 1); Gümbel. Geschichte der protestantischen Kirche der P. (Kaisersl. 1885) und Geschichte des Fürstentums P.-Veldenz[685] (Kaisersl. 1900); Jüdel, Verhandlungen über die Kurpfalz und die pfälzische Kurwürde 1641–1642 (Dissertation, Halle 1890); Rott, Friedrich II. von der P. und die Reformation (Heidelb. 1904); Schrepfer, Pfalzbayerns Politik im Revolutionszeitalter von 1789–1793 (Münch. 1903); »Pfälzische Geschichtsblätter« (Kaisersl. 1905 ff.); Wild, Bilderatlas zur badisch-pfälzischen Geschichte (Heidelb. 1904); A. v. Hofmann, Historischer Reisebegleiter für die bayrische P. etc. (Karlsr. 1905).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 682-686.
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