Bad [1]

[239] Bad (Balneum), die Eintauchung des menschlichen Körpers (Vollbad) oder einzelner Teile desselben (Teilbad, Halbbad, Sitz-, Fußbad etc.) in eine Flüssigkeit, auch die Berieselung desselben mit strömender oder fallender Flüssigkeit (Tropf-, Gieß-, Duschebäder), dann das Eintauchen des Körpers in Schlamm (Moorbäder), trocknen Sand, die Behandlung mit Dampf, Gasen, mit Sonnenlicht, elektrischem Licht oder Elektrizität. Das B. bezweckt, die Gesundheit zu erhalten (hygienische Bäder, Reinigungs-, Erfrischungsbäder) oder wiederherzustellen (therapeutische, Heilbäder, Badekur). Das gewöhnliche Wasserbad hat eine Temperatur von 15–25° (kaltes B.) oder von etwa 35° (warmes oder indifferentes B.), für manche Zwecke auch mehr (heißes B. bis zu 45°). Die erste Wirkung des Wasserbades ist die Reinigung des Körpers von Staub, Schweiß und abgestorbener Oberhaut, die am gründlichsten im warmen B. und unter Beihilfe von Seife erfolgt. Das indifferente B. scheint außer einer Beruhigung des Nervensystems, einer müdemachenden Wirkung die übrigen Körperfunktionen nicht wesentlich zu verändern. Wenigstens kann man Kranke, z. B. solche mit schweren Verbrennungen, wochenlang darin halten (sogen. permanentes B.), ohne daß sie irgendwie Schaden erleiden.

Das kalte B. wirkt als Nervenreiz und entzieht dem Körper auch Wärme. Die Haut wird anfangs blaß durch Kontraktion ihrer Gefäße, später, wenn diese Kontraktion nachläßt, rot (sogen. Reaktion). Es wird dadurch die Blutverteilung im Körper naturgemäß geändert. Aber auch auf das Herz selbst wirkt das kalte B. bei richtigem Gebrauch anregend, und man kann sagen, daß es im allgemeinen die Zirkulation verbessert. Ferner wirkt das kalte B. auf den Stoffwechsel beschleunigend, da sich der Körper durch die anfängliche Gefäßkontraktion der Haut (physikalische Regulation) sowie durch Mehrverbrennung und zwar in erster Linie von Fett und Zucker (chemische Regulation) gegen den Wärmeverlust wehrt. Kalte Bäder regen zu tiefen Atemzügen an, sie haben gewisse Einwirkungen auf die Sekretionen z. B. des Harnes, auf die Blutbeschaffenheit, auf die Muskulatur und das Nervensystem, die letztern bei richtigem Gebrauch im Sinn einer allgemeinen Erfrischung. Bei häufiger Wiederholung kalter Bäder erfolgt Abhärtung des Organismus, besonders verminderte Neigung zu Erkältungen. Durch das Schwimmen im kalten B. wird seine Wirkung bedeutend erhöht. Wegen seiner starken Anforderungen an die Wärmeproduktion eignet sich das kalte B. nicht für junge Kinder und für Greise, dagegen hat man es mit günstigstem Erfolg bei schweren fieberhaften Krankheiten (Typhus) zur Herabsetzung der übermäßig erhöhten Körpertemperatur angewendet. Alle Bäder sollen erst nach vollendeter Verdauung genommen werden. Zur Zeit der Menstruation sind Bäder besser zu vermeiden, während der Schwangerschaft sind sie nur zulässig bei Frauen, die an dieselben gewöhnt sind. Heiße Bäder führen zu einer starken Erweiterung der Hautgefäße, zu lebhafter Schweißsekretion und zu ziemlich erheblicher Steigerung des Stoffwechsels. Sie machen gewöhnlich müde und schlaff, nur wenn sie sehr kurz genommen werden, wie das in Japan üblich ist, wirken sie erfrischend.

Alle Bäder mit bewegtem Wasser (Dusche, Seebad), sowohl warme als kalte, wirken energischer als die mit ruhendem Wasser, qualitativ aber den letztern gleich. Ebenso ist die Wirkung des warmen Bades etwas modifiziert beim Dampfbad und bei dem Baden in heißer trockner Luft (irisch-römisches B.). Heiße Bäder werden vielfach örtlich, d. h. als Fuß- und Handbäder, angewendet, teils um entzündliche Vorgänge zu steigern und sie somit schneller zum Ablaufen zu bringen, teils um das Blut von einem entfernten kranken Organ abzuleiten. Auch das Eintauchen in kaltes Wasser bewirkt als Nachwirkung stärkern Blutzudrang nach den eingetauchten Teilen.

Medizinische Bäder enthalten Substanzen, von denen man eine eigentümliche Wirkung auf den Körper erwartet. Nur die indifferenten Thermen bestehen aus sehr reinem Wasser und besitzen doch eine mächtige eigentümliche Heilkraft. Eine Erklärung der erfahrungsmäßigen Wirkung der salzhaltigen Mineralbäder kann bis jetzt nicht gegeben werden. Die Salze werden nicht von der Haut aufgenommen, ihre Wirkung ist vielleicht auf eine eigentümliche Reizung der Haut durch das Salz zurückzuführen. Im Wasser enthaltene Gase sollen dagegen durch die Haut aufgenommen werden und ins Blut gelangen.

Solbäder üben energischen Reiz auf die Haut aus, befördern die Blutzirkulation in derselben sowie die Hautausdünstung und wirken dadurch auf den gesamten Ernährungsvorgang kräftig zurück, indem sie die Eßlust und die Assimilation steigern. Krankhafte Ausschwitzungen, Drüsenschwellungen, Verhärtungen der Organe, chronische Hautausschläge und Geschwüre werden dadurch zur Heilung gebracht. Namentlich bei allen skrofulösen Affektionen werden die Solbäder mit augenfälligem Erfolg angewendet. Kohlensäurereiche Bäder wirken günstig auf das Herz und werden deshalb in der Behandlung der Zirkulationskrankheiten vielfach angewendet; sie wirken auch lebhaft erregend auf die Haut und das Nervensystem bei Schwäche- und Erschöpfungszuständen. Kohlensäuregasbäder werden meist örtlich angewendet, wobei der kranke Teil von einer Gasatmosphäre umgeben wird. Auch den Schwefelbädern schreibt man eine von ihrem Gehalt an Schwefelverbindungen abhängige Wirkung zu, indessen dürften sie wohl nicht anders wirken als einfache warme Wasserbäder. Moor- oder Schlammbäder enthalten in Wasser aufgeschwemmten Schlamm von verschiedener Natur, meist Humussubstanz, die mit Mineralwässern und Ausscheidungen aus denselben getränkt ist. Man erwärmt den Schlamm in Wannen, worauf sich die Kranken in denselben einsenken wie in die Wasserbäder, oder man bestreicht mit dem Schlamm leidende Teile, läßt ihn darauf trocknen und wäscht ihn nach einiger Zeit ab. Für die Beförderung der Resorption alter Gelenkentzündungen, eiteriger und andrer Exsudate leisten sie vorzügliche Dienste, ebenso bei Lähmungen, alten und schweren Fällen von Rheumatismus, ohne daß das Zustandekommen der Wirkung durch die chemischen oder mechanischen Eigenschaften des Moorbreies hinreichend erklärbar wären. Begießungen mit Eiswasser (0°) sind in Schweden bei Lungentuberkulose empfohlen worden, scheinen sich aber nicht eingebürgert zu haben.

Von den künstlichen medizinischen Bädern werden am häufigsten benutzt: alkalische Bäder (150–500 g Pottasche oder 250–1000 g Soda auf das Vollbad von 200–400 Lit.), Chlorkalkbäder[239] (250–500 g Chlorkalk auf das Vollbad), Eisenbäder (30–60 g Eisenvitriol und 120 g gereinigte Pottasche oder 30 g Eisenvitriol, 60 g Kochsalz und 90 g doppeltkohlensaures Natron auf das Vollbad), Jodbäder (in Holzwannen, 10–15 g Jod in Seesalzlösung oder Mutterlauge gelöst auf ein Vollbad, während des Gebrauchs bedeckt, um das Einatmen der Joddämpfe zu vermeiden), Mineralsäurebäder (in Holzwannen, je 30–60 g Salz- und Salpetersäure auf das Vollbad), Kohlensäurebäder (0,5 kg doppeltkohlensaures Natron und nach dessen vollständiger Lösung beim Besteigen des Bades 0,5 kg Salzsäure auf das Vollbad unter Umrühren hinzugefügt), Schwefelbäder (in Holzwannen, 50–150 g Schwefelkalium auf das Vollbad, eventuell unter Zusatz von etwas Schwefel- oder Salzsäure), Solbäder (6–9 kg Koch- oder Seesalz oder 2–5 kg Koch- oder Seesalz und 2 kg Mutterlaugensalz auf das Vollbad), Sublimatbäder (in Holzwannen, 2,5–10 g Quecksilberchlorid in 50–200 g Wasser gelöst auf das Vollbad), aromatische Bäder (Ausguß aus 0,25–1 kg Pfefferminze, Kamille, Kalmuswurzel oder 150–500 g aromatischen Kräutern auf das Vollbad), Fichtennadelbäder (Ausguß von 1,5–5 kg Fichten- oder Kiefernnadeln oder 150–500 g Fichtennadelextrakt auf das Vollbad), Kleienbäder (Abkochung von 1–3 kg Weizenkleie im Beutel mit 4–1 L. Wasser auf das Vollbad), Malzbäder (Abkochung von 1–3 kg Gerstenmalz in 4–6 L. Wasser auf das Vollbad), Seifenbäder (100–250 g geschabte weiße Seife auf ein Vollbad), Senfbäder (2 g Senföl in 25 g Spiritus gelöst auf das Vollbad), Tanninbäder (10–50 g Tannin in 200 g Wasser gelöst auf das Vollbad), Ameisenbäder (1–2 kg zerquetschte Ameisen in leinenem Beutel gebrüht auf das Vollbad).

Tier- oder animalische Bäder, bei denen die kranken Teile in die abgezogenen Häute eben erst geschlachteter Tiere eingehüllt werden, wirken nicht anders als warme Bähungen und sind veraltet.

Den Gasbädern (s. d.), bei denen der Körper oder Teile desselben gewissen Gasen (bei pneumatischen Bädern komprimierter atmosphärischer Luft) ausgesetzt werden, schließen sich die Räucherungen an, bei denen Dämpfe von Weihrauch, Bernstein, Schwefel etc. auf kranke Körperteile einwirken. Sandbäder gibt man bei Gicht, Rheumatismus, Brightscher Nierenkrankheit und Metallvergiftungen und benutzt dazu trocknen, auf 45–50° erwärmten Sand, den man in 10–12 cm hoher Schicht auf die Extremitäten und die Beckengegend und in schwächerer Schicht auf den Unterleib schüttet und 25–45 Minuten einwirken läßt. Ähnlich sind die Aschenbäder mit trockner Holzasche, die wie die Laubbäder mit trocknen Birken-, Erlenblättern etc. nur noch wenig benutzt werden. Bei Luft- oder Sonnenbädern setzen sich an Blutarmut und allgemeiner Schwäche Leidende nackt der Einwirkung der Luft und des Sonnenlichts aus. Über elektrische Bäder s. Elektrotherapie, über Lichtbäder s. Lichttherapie.

Einrichtung der modernen Badeanstalten.

(Hierzu Tafel »Bäder I und II«.)

Bei Anlage von Badeanstalten kommt zunächst in Betracht, ob Einzelbäder (Wanne, Zelle) oder gemeinsame Bäder (Bassin, freier Fluß, See, Meer) hergerichtet werden sollen. Gemeinschaftliches Baden ist erforderlich, wo auf starke körperliche Bewegung des Badenden (Schwimmen) gerechnet wird, wo eine Heilquelle nicht genug Wasser liefert, um jedem Badenden ein Wannenbad geben zu können (Wildbäder), wo das B. 8–10 Stunden dauert und nur bei geselliger Unterhaltung erträglich ist (Leuk in der Schweiz). Alles gemeinschaftliche Baden (ausgenommen das Seebad) birgt die Gefahr der Übertragung von Krankheiten; im alten Rom und später (s. unten) wurden gemeinschaftliche warme Bäder Stätten der wüstesten Ausschweifung, und jedenfalls sollte man Kinder und Halberwachsene nicht ohne Aussicht in abgeschlossenen Räumen gemeinschaftlich baden lassen. Für die Reinigung des Körpers ist stets das warme Einzelbad angezeigt, kalte Einzelbäder sind nur erforderlich bei hochgradiger Nervosität, fordern aber Beaufsichtigung des Badenden. Das Badewasser darf nicht durch Abwässer verunreinigt sein; es ist daher bei Anlage von Flußbadeanstalten die Nähe von Fabriken zu meiden, auch legt man sie stets oberhalb der Stadt oder Ortschaft an. Gehalt an pathogenen Bakterien kann verhängnisvoll werden, während Klarheit des Wassers, geringer Gehalt an Kohlensäure und ähnliches weniger in Betracht kommen. Bei sehr großer Härte des Wassers bildet sich in Kesseln und Rohrleitungen Kesselstein. Unter besondern Verhältnissen muß man das Wasser vor der Benutzung durch Sand filtrieren. Zum Erwärmen des Badewassers legt man Dampfröhren in das Wasser, das darin verdichtete Wasser fließt in den Dampfkessel zurück.

Wannenbäder, mit Metall- oder gemauerten Wannen und gewöhnlich mit Brausen versehen, werden meist in größerer Zahl innerhalb eines größern Raumes durch ca. 2 m hohe und ca. 3,5 m voneinander entfernte Zwischenwände so abgeschieden, daß zwischen den letztern und der Decke noch ein ca. 1 m hoher Luftraum bleibt, durch den Luft und Licht sich verbreiten können. In geräumiger angelegten und ausgestatteten Salonbädern werden die Wannen z. T. paarweise angeordnet und ca. 20 cm in den Fußboden eingelassen; sie bestehen hier meist aus Terrakotten, und es werden außer verschiedenen Brausen Einrichtungen zum Anwärmen der Badewäsche angebracht. Größere Wannenbäder für gleichzeitiges Baden mehrerer Kinder müssen sehr geräumig und mit geneigter Rückwand versehen sein und werden innen meist mit glasiertem Steingut bekleidet.

Reinigungsbäder, die das Bedürfnis nach Erfrischung und gründlicher Reinigung des Körpers auf die einfachste, Zeit, Raum und Kosten ersparende Weise befriedigen sollen, bestehen meist aus reichlich temperierten, ca. 0,5 m tiefen, mit breitem, zum Sitzen bestimmtem Rand versehenen Fußbädern von ca. 0,75 m Länge und 0,55 m Breite nebst darüber angebrachten Brausen. Duschebäder, die in Verbindung mit Wannen- oder Schwimmbädern oder auch allein gebraucht werden und dann mit eignen Aus- und Ankleidezellen versehen sind, enthalten meist eine Auswahl verschiedener kalter und warmer Regen- und Schlauchduschen, Kopf-, Seiten- und Sitzduschen.

Schwimmbäder erfordern mindestens ein 10–20 m langes, 5–10 m breites und 0,75–2 m tiefes Bassin mit umlaufendem, 1,2–2 m breitem Gang, auf den die ca. 1,2 m langen und breiten, 2 m hohen, oben offenen, eventuell in zwei Stockwerke verteilten An- und Auskleidezellen münden. Diese schließen sich, wie bei allen ältern und selbst bei neuern Anstalten, an die Umfassungswände, besser jedoch an einen äußern Umgang an, von wo die Ankommenden die Zellen und erst, nachdem sie dort ihre Fußbekleidung abgelegt haben, den innern Gang betreten. An oder in dem Bassin selbst befinden sich meist Regen- und Schlauchduschen,[240] auch steht die Schwimmhalle meist mit dem Duschbad in Verbindung. Für die kältere Jahreszeit ist das Schwimmbad mit Heizungsvorrichtungen zu versehen, die für beide getrennt und z. B. mittels Dampfheizung so angelegt werden, daß gußeiserne Röhren unter den mit durchbrochenen Gußplatten belegten Fußböden der Umgänge oder Ofen in besondern Nischen angebracht werden, während aus mehreren am Boden des Bassins mündenden Röhren mit seinen Öffnungen Dämpfe direkt in das Wasser strömen. Um das Wasser des Bassins in beständiger Bewegung zu erhalten, läßt man das zufließende Wasser aus einer Schale in das Bassin niederfallen, oder man stellt einen durch Dampf getriebenen Wasserfall her, der im Bassin eine starke Wellenbewegung erzeugt.

Volksbrausebäder gewähren den unbemittelten Volksklassen die Wohltat gesundheitfördernder Reinigungsbäder. Sie liefern für 10 Pf. ein Brausebad von 20 Lit. und 25–28°, Handtuch und Seife. Die Zellen von etwa 1,5 m Länge und 1,1 m Breite werden mit einer festen Brause für warmes Wasser und einer Schlauchbrause für kaltes (bei Frauenbädern auch für warmes) Wasser versehen. Die festen Brausen sind schräg gestellt, um alle Körperteile dem Strahl aussetzen zu können, ohne Kopf und Haupthaar zu benetzen. Wände und Decken werden in Ölfarbe gestrichen oder mit Fliesen bekleidet, der Fußboden erhält einen Estrich- oder Fliesenbelag mit entsprechendem Gefälle und wird unter der Brause mit einem Lattengitter bedeckt. Ein einfacher Ecksitz, darüber ein Kleiderrechen und kleiner Spiegel sowie ein in der Nähe der Brause befestigter Seifennapf vervollständigen die Ausstattung der Zellen. Die Badeanstalt enthält noch eine Wäscherei, eine bei kleinen Anlagen wohl gleich mit Trockenvorkehrungen verbundene Heizeinrichtung, Kasse und Warteraum, Aborte und Gerätegelasse. Eine zweckmäßige Plananordnung mit Männer- und Frauenabteilung (letztere etwas kleiner, weil sie erfahrungsmäßig weniger benutzt werden) zeigt Tafel II, Fig. 7 u. 8. Wesentlich billiger stellt sich das B., wo mehrere Personen gleichzeitig in einem größern Raum mit zahlreichen Brausen baden können, wie in Kasernen, Fabriken, Bergwerken etc.

Zu den baulich bedeutendsten Badeanstalten, die vornehmlich Zelleneinrichtungen haben, aber auch schon eine bescheidene Schwitzbadeanlage aufweisen, gehört das Vierordsbad in Karlsruhe. Ausgesprochene Schwimmbäder bieten Aachen, Dortmund, Wien, vor allem England, dessen Anstalten oft eine größere Anzahl von Bassins enthalten. Ein neuestes, gutes Beispiel, die 1892 erbaute städtische Volksbadeanstalt in Berlin (Moabit), gibt Tafel II, Fig. 3. Bekannte Schwitzbäderanlagen sind das Sophienbad in Leipzig und das Römische Bad in der Kleinen Stadtgutgasse in Wien, und Beispiele größerer vereinigter Anlagen von architektonischem Wert sind die öffentliche Badeanstalt in Bremen, das Admiralsgartenbad in Berlin und die Badehäuser in Salzburg und Hannover. Bei Kurbädern erheischen die verschiedenen Kuren bestimmte Eigenart, doch betreffen die Abweichungen mehr die baulichen Einzelheiten als die Gesamtanordnung. Als berühmtestes deutsches Mineralwasser-Schwimmbad geben wir in Tafel II, Fig. 1, die sogen. Thermae novae in Badenweiler und als baulich hervorragendes Beispiel einer Schwitz- und Alaunenbadeanlage für Kurzwecke in Fig. 2 derselben Tafel das Friedrichsbad in Baden-Baden.

Bei Flußbädern genügen offene Hallen, resp. verschließbare Kabinen zum Aus- und Ankleiden, ein Rettungszimmer für Unglücksfälle etc. und eine Abgrenzung des Schwimmplatzes durch Gitter od. dgl. Bisweilen errichtet man auch die Anstalt auf einem Holzfloß oder auf verankerten Pontons und fügt Räume für warme Wannenbäder und Duschen hinzu. Den Grundriß einer derartigen Badeanstalt bei Bonn zeigt Tafel II, Fig. 6. Eine dritte Form der Flußbadeanstalten besteht aus festen Pfahl- oder Massivbauten, deren Fußbodenhöhe über dem Wasserspiegel mit dem Wasserstande wechselt. Das städtische Donaubad in Wien (Tafel I, Fig. 5) liegt innerhalb des Ufers, das Bassin ist mit massiven Mauern umschlossen, deren äußere zugleich die Kaimauer bildet. Durch Ein- und Ausgangskanäle erneuert sich das Wasser 30mal am Tage. Das Bassin enthält einen Raum für Schwimmer, vier für Nichtschwimmer und eine Anzahl Einzelzellen.

Geschichte des Badewesens.

Der Gebrauch der Bäder war bei den Kulturvölkern des Altertums vielfach mit dem Kultus verknüpft, indem man die körperliche Reinheit als Symbol der sittlichen Reinheit betrachtete. Den Juden war das B. nach erfolgter (levitischer) Verunreinigung gesetzlich vorgeschrieben. Die Griechen benutzten See- und Flußbäder, warme Bäder; das Haus besaß im Innern ein B., und man badete vor dem Mahl, vor der Hochzeit, vor dem Opfer und vor Empfangnahme der Orakelsprüche. Ankommenden Freunden wurde ein warmes B. bereitet. Heiße Quellen wurden als Heilbäder angewendet, und Hippokrates machte Angaben über Nutzen und Nachteil der Bäder. Als die Griechen bei ihren Gymnasien und Palästren öffentliche Badeanstalten errichteten, wurde der Gebrauch der warmen Bäder noch allgemeiner. Bei den Römern waren warme Bäder sehr beliebt. Zur Kaiserzeit wurden die öffentlichen und privaten Badeanlagen zu höchstem Luxus, die erstern zu nicht wieder erreichter Größe entwickelt. Die staatlichen, in ihren Resten noch erhaltenen Thermen des Titus, des Caracalla und Diokletian bedeckten etwa die 25fache Bodenfläche der größten heutigen Badeanstalten. In dem größten römischen Bade konnten 6000 Personen gleichzeitig baden. Aber selbst Dörfer hatten öffentliche Badeanstalten. Ein römisches Privatbad zeigt Tafel I, Fig. 1. Es ermöglicht den Übergang vom kalten ins lauwarme, warme und heiße B. und in umgekehrter Folge zurück und enthält: 1) den An-, bez. Auskleideraum (apodyterium), daneben Salbzimmer (unctorium); 2) das Kaltbad (frigidarium), das unter freiem Himmel zu liegen pflegte und mit einem Schwimmbassin (piscina) ausgestattet war; 3) das lauwarme Luftbad (tepidarium), in dem sich auch Wannen oder ein größeres Badebecken befanden; 4) das heiße B. (caldarium), mit amphitheatralisch erhöhten Bänken, um je nach Wahl geringere oder höhere Wärme zu haben; 5) das Schwitzbad (sudatorium, laconicum), ein Raum mit Ausströmungsöffnungen für heiße Luft im Fußboden und in den Wänden, unmittelbar belegen über dem 6) Heizraum (hypocaustum) mit den dem damaligen Stande der Technik entsprechenden Heizvorrichtungen. Dazu kam eine Reihe von Einzelbädern und bei größern Anstalten, in denen die Römer schließlich ganze Tage zuzubringen pflegten, allerhand Nebenanlagen, so ein Platz für gymnastische Übungen (xystus) mit Zuschauerbühne, offene Säulenhallen für denselben Zweck (palaestrae), Räume für Redeübungen, Bibliotheken etc. Von den Thermen des Caracalla, den besterhaltenen in Rom, die alle Einrichtungen in größerm Maßstab enthalten, zeigt Tafel »Architektur V«, Fig. 10, die rekonstruierte Ansicht[241] eines Saales. Tafel »Bäder I«, Fig. 2 u. 3, zeigt den Grundplan und einen Innenraum der bescheidenern, aber sehr vollständigen Thermen von Pompeji. Berühmte Bäderreste sind das römische Pantheon, ein Teil der Bäder des Agrippa und die durch Umbau aus dem Hauptsaal der Diokletiansbäder entstandene Kirche St. Maria degli Angeli in Rom. In den Provinzen besitzen Aachen, Aix, Baden-Baden, Badenweiler, Nimes, die Insel Wight etc. gut erhaltene römische Thermenreste. Den Mohammedanern ist ähnlich wie den Juden das B. rituell vorgeschrieben, und so ist es in ihre Sitten und Gebräuche vollständig aufgenommmen. Ihre Bäder lehnen sich an die römischen an ode gehen auch vielleicht auf noch ältere Vorbilder zurück. Vor dem Auskleideraum befinden sich Abkühlungshallen, der architektonische Mittelpunkt, das Tepidarium, pflegt mit Arkaden umgeben zu sein, und an Stelle der Anlagen für Leibesübungen treten Ruhesäle. Derartige mit großer Pracht ausgestattete Bäder finden sich namentlich in Damaskus und Kairo. Ein interessantes Beispiel späterer Zeit ist das aus dem Jahre 1570 stammende, 1880 erneuerte Bruckbad in Ofen mit einer Kuppel von 10 m Durchmesser (Tafel I, Fg. 4). Die Araber errichteten reich ausgestattete Bäder auch in Spanien, nach ihrer Vertreibung wurden aber die Bäder von den Spaniern zerstört. Di-alten Gallier legten ihre Kranken in geheiligte Quellen und benutzten diese auch zum Baden. Die Kirche verwarf aber den Gebrauch namentlich der warmen Bäder, und Hieronymus wollte nur den Kindern das Baden gestatten. Erst im 8. Jahrh. kamen die Bäder wieder zu Ansehen, besonders durch Karl d. Gr., der die warmen Bäder in Aachen benutzte und durch sein Beispiel bewirkte, daß dort oft mehr als 100 Personen zugleich badeten. Er ließ auch in Hospitälern und Klöstern Bäder für die Armen errichten, und es wurde gebräuchlich, am Vorabend von Kirchenfesten, vor der Hochzeit, dem Ritterschlag und andern Feierlichkeiten ein B. zu nehmen. Später badete man gewöhnlich Sonnabends und betrachtete die körperliche Reinigung als Vorbereitung zur kirchlichen Feier des Sonntags. Gesellen und Lehrlinge erhielten am Sonnabend ein Badegeld. Die Fürsten machten die Badestuben zu Regalien, die verpachtet oder in Erblehn gegeben wurden. Ulm hatte 1489 nicht weniger als 168 Badestuben, in denen die Bader auch Schwitzbäder und seit dem 12. Jahrh. Dampfbäder verabreichten. Interessant sind die auf deutschem Boden erhaltenen Judenbäder, die wesentlich dem rituellen Zweck der Frauenreinigung dienten, wie z. B. das Judenbad in Speyer (Tafel II, Fig. 4 u. 5). Ganz allgemein legte man auch in Privathäusern »Badstüblein« an, die oft mit großem Luxus ausgestattet wurden. Architektonisch berühmt ist das Fuggerbad in Augsburg aus der Zeit der Renaissance. Die Verbreitung des Aussatzes begünstigte den Gebrauch der Bäder, man stiftete Seelenbäder für die Armen, doch hemmte die Furcht vor Ansteckung, auch durch Syphilis, bald genug diesen Gebrauch. Dazu waren, wie im Altertum, die Bäder vielfach Stätten eines ausschweifenden Lebens geworden, und Ärzte, Geistliche und Regierungen traten seit Anfang des 17. Jahrh. gegen dieselben auf. So geriet das Badewesen in Verfall, während der Besuch der Wildbäder und der Mineralwässer als Vergnügungsorte, die sogen. Badefahrten, in Deutschland mehr und mehr in Aufnahme kamen. Nur an Fürstenhöfen wurden im 17. und 18. Jahrh. große Badeanstalten errichtet, wie das Marmorbad in der Aue zu Kassel, die Badenburg im Park von Nymphenburg, das B. Lazienki bei Warschau u. a. Im 18. Jahrh. verbreitete sich von England aus der Gebrauch kalter und Seebäder von neuem, zumal die Ärzte nachdrücklich für dieselben eintraten; den größten Aufschwung aber erlebte das Badewesen erst im 19. Jahrh. England ging seit 1846 mit der Errichtung öffentlicher Badeanstalten, die dort zugleich Waschanstalten waren, voran, dann folgten Hamburg, Berlin und Wien und die meisten übrigen größern Städte, und zwar mit allen Arten von Bädern, vor allem auch Schwimmbädern, römischen und russischen Bädern, seit 1883 namentlich auch mit Volks(brause)bädern, für deren Ausbreitung die Deutsche Gesellschaft für Volksbäder tätig ist. Ebenso haben die Fabrikbrausebäder Ausbreitung gefunden, und mehrfach sind mit Erfolg Brausebäder (auch Kombinationen von Brause- und Wannenbädern) in Schulen eingeführt worden. Die Kasernen wie auch die Baracken auf den Übungsplätzen sind mit Brausebädern versehen, ebenso die Kriegsschiffe, wo Heizer und Maschinenleute nach jeder vierstündigen Schicht ein B. nehmen müssen. In Frankreich ist bisher das oft sehr luxuriös ausgestattete Zellenbad bevorzugt worden. Sehr beliebt sind See-, Dampf- und warme Bäder in Japan, wo beide Geschlechter jeden Alters in öffentlichen Badeanstalten zusammen baden.

Vgl. Marquardt und Mommsen, Handbuch der römischen Altertümer, Bd. 7 (2. Aufl., Leipz. 1886); Zappert, Das mittelalterliche Badewesen (im »Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen«, Bd. 21, Wien 1859); Kriegk, Deutsches Bürgertum im Mittelalter (Frankf. 1871); Marggraff, Badewesen der Vergangenheit (Berl. 1881); Charles, Appareils balnéaires (Par. 1875); Holm, Die Technik des Badens (Wiesbad. 1887); Osthoff, Bäder und Badeanstalten (Leipz. 1887); Lassar, Die Kulturaufgabe der Volksbäder (Berl. 1889); Knoblauch, Arbeiterbadeeinrichtungen (das. 1889); Rud. Schultze, Bau und Betrieb von Volksbadeanstalten (Bonn 1893); Osten der, Schulbrausebäder (Münch. 1897); Genzmer, Bade- und Schwimmanstalten (im »Handbuch der Architektur«, 4. Teil, Stuttg. 1898); »Die Tätigkeit des Berliner Vereins für Volksbäder« (Aufsätze von Lassar u. a., 1899 ff.); »Veröffentlichungen der Deutschen Gesellschaft für Volksbäder« (Berl. 1899 ff.). Über die medizinische Literatur s. Balneologie.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 239-242.
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