Mühle [1]

[505] Mühle, Maschine, welche entweder dazu dient, Gegenstände zu zermalmen u. zu zerkleinern, bes. wenn dies durch eine drehende Bewegung geschieht, so die Getreide- od. Mehl-, Graupen-, Cement-, Farbe-, Gyps-, Loh-, Kaffeemühlen etc.; od. mittelst welcher die äußere Gestalt u. Beschaffenheit eines Gegenstandes durch eine Kraft abgeändert wird, welche unter einer drehenden Bewegung ausgeübt wird, dazu gehören die Schneide-, Bohr-, Schleif-, Polir-, Öl-, Walk-, Papier-, Boke-, Butter-, Webe-, Spinn-, Knetemühlen etc. Beide Arten M-n können nach Beschssenheit der bewegenden Kraft Wasser-, Wind-, Dampf- u. Thiermühlen sein. Die Mehlmühlen sind vorwiegend Wassermühlen. A) Eine Wassermahlmühle besteht aus zwei wesentlich von einander zu unterscheidenden Theilen, dem Wasserrade nebst Zubehör u. dem eigentlichen Mahlapparate. a) Der Mahlapparat hat folgende Einrichtung: aa) das Mahlwerk; das Mahlen geschieht zwischen zwei runden, gewöhnlich horizontal liegenden Steinen (Mühlsteinen, s.d.) mit flacher Ober- u. Unterseite, von welchen der obere, sich über dem unteren um seine verticale Achse umdrehende Läufer, der untere feststehende Bodenstein heißt. Beide Steine haben etwa 3 bis 5 Fuß im Durchmesser, der Läufer ist 2 Fuß, der Bodenstein 1 Fuß hoch; der Abstand zwischen beiden muß überall gleich groß sein. In der Mitte hat der Läufer in Richtung seiner Achse ein Loch (Läuferauge); durch welches das Getreide zwischen die Mühlsteine eingeführt wird; auch der Bodenstein hat in seiner Mitte ein axiales Loch, welches aber mit Holz ausgefüttert ist (Büchse, Busch, Box) u. das Mühleisen, durch welches der Läufer herumgedreht wird, so umschließt, daß sich das Mühleisen eben nur noch leicht in der Büchse umdrehen kann. Der Bodenstein ist auf dem Mühlgerüste befestigt. Das Mühlgerüst (Mahlgerüst) besteht aus zwei niedrigen Grundmauern; der leere Raumzwischen den Grundmauern, unter dem Kammende, heißt Kammkuhle; quer über die Grundmauern liegen zwei Schwellen; auf diesen liegen mit den Grundmauern parallel die zwei Hausbäume; auf diesen stehen aufrecht vier Docken, quer über diesen liegen parallel zu den Schwellen die zwei Launen (Balken), welche noch durch Bänder od. Eckstreben, unter sich aber durch die in Richtung der Schwellen auf ihnen liegende bohlene Decke (Boden) verbunden sind, auf letzter aber ruht das Steinlager, einviereckiger Rahmen von starkem eichenem Holze (Bodensteinviereck), od. ein. Kranz aus starken Felgen, in welchem der Bodenstein in eine Schicht Kalkmörtel genau horizontal fest eingelagert ist. Bei großen Steinen werden außerdem unter dem Boden noch zwei starke Tragbalken (Bodensteinriegel) so mit dem Mühlgerüste verbunden, daß sie den Bodenstein mehr gegen die Mitte hin unterstützen; auf ihnen wird der Bodenstein durch eiserne Nägel (Boxnägel) befestigt. Um nun den Läufer in drehende Bewegung zu bringen, dient das Mühleisen (Spindel od. Spille), welches ihn trägt; zu dieser Absicht ist in dem Läufer die Haue, ein eiserner, im Auge etwas nach oben gebogener Steg, mit seinen beiden schwalbenschwanzförmigen Enden eingelassen, in dessen vierkantig, nach oben pyramidal durchlochtes Mittelstück (Warzenring) der ebenfalls pyramidal zulaufende Kopf des Mühleisens paßt; das Mühleisen geht durch den mit einer hölzernen Büchse ausgefütterten Bodenstein durch die Decke des Mahlgerüstes, wo ein Trilling daran[505] angebracht ist, u. ruht auf dem Stege, u. zwar in einer verstählten, darauf angebrachten Pfanne auf einem in der Mitte der Pfanne stehenden stärkeren Stifte (Spur). Der Steg ist ein hölzerner horizontaler Riegel, welcher auf der Tragbank, je zwei quer durch das Mühlengerüst gehenden Hölzern, ruht; die Tragbank kann mittelst der Hebeschiene, od. durch Keile, Hebel, Schrauben etwas höher geschraubt werden, wodurch der Läuferzugleich mehr od. weniger von dem Bodenstein entfernt wird, je nachdem man gröberes od. feineres Mehl machen od. das Getreide nur schroten od. auch nur spitzen will. Das Mühleisen wird durch ein verticales Kammrad herumgedreht, welches in den Trilling des Mühleisens greift u. an der Welle des außerhalb des Mühlengebäudes befindlichen Wasserrades befestigt ist, wenn nämlich ein Wasserrad nur Einen Mühlgang treibt; wenn aber, wie größtentheils bei den unterschlächtigen M-n, ein Wasserrad zwei Mühlengänge treiben soll, so hat die Welle des Wasserrades innerhalb des Mühlengebäudes ein horizontales Stirnrad, welches zu beiden Seiten in den Trilling des zu jedem Gange gehörigen Kammrades greift. bb) Das Zuführungs- od. Rumpfzeug; um das Getreide zwischen die Mühlsteine zu bringen, dient der Rumpf, welcher über demselben befestigt ist, u. in welchen das Getreide mittelst des Ausschüttsasses (Ausschüttkastens) geschüttet wird. Der Rumpf (Goße) hat die Gestalt eines viereckigen Trichters, dessen untere offene Seite schräg ist; er liegt in einem viereckigen Rahmen, der Rumpfleiter, welche vorn auf den Stelzen, hinten auf den Drehstelzen ruht. Die untere Öffnung des Rumpfes umschließt der Schuh, ein viereckiger Kasten mit niedrigem Rande, welcher unter dem Rumpfe hängt u. mittelst einer kleinen Winde näher an den Rumpf gezogen werden kann Vorn hat der Schuh eine durch einen Schieber mehr od. weniger verschließbare Öffnung, aus welcher das Getreide durch das Läuferauge zu beiden Seiten neben der Haue vorbei auf den Bodenstein fällt. Damit das Getreide gleichmäßiger aus dem Schuhe falle, ertheilt man demselben eine regelmäßig rüttelnde Bewegung durchden, vorn an ihm angebrachten Rührstock (Rührnagel), welcher bis in das Läuferauge reicht u. hier an einen hölzernen, mit drei Zacken versehenen Ring durch eine Feder angedrückt u. so hin u. her bewegt wird. Damit sich das Läuferauge nicht verstopfe, läßt man in dasselbe ein Streifscheit od. eine elastische Steinruthe (Streifgerte) hineinragen u. am Umfange des Auges hinstreifen. cc) Das Beutelgeschirr; der Umschwung des Läufers treibt nach u. nach das gemahlene Getreide an den Rand der Steine u. aus denselben heraus; damit das Mehl aber nicht nach allen Seiten herausgeworfen werde, sind die Steine mit einer hölzernen Umhüllung (Zarge, Kump, Lauf) umgeben. Durch eine Öffnung desselben kommt das gemahlene Getreide durch das in dem Mehlbaume (Mehlbank), welcher auf der vorderen Laune liegt, befindliche Mehlloch in den Beutel (Beutelwerk), wo das Mehl von der Kleie durch ein besonderes Sieb (Beutelsieb) gesichtet wird. Es ist dies ein meist 21/2 Ellen langer, 1 bis 11/4 Elle breiter, an den Nähten mit Leder besetzter Sack von wollenem Zeuge (Beuteltuch), Leinwand od. Seide, auf zwei Seiten mit einer Öffnung, deren jede durch einen Beutelring aufgespannt wird; die eine Öffnung ist an das Mehlloch befestigt, durch welches das Mehl in den Beutel fällt. Da dieser beständig durch den Beutelarm, an einer senkrechten Welle (Beutelwelle) befindlich, erschüttert wird, so fällt das seine Mehl durch denselben in den unter ihm stehenden Mehlkasten (Beutelkasten, Beutelkammer), welcher mit dem Windetuch verhängt ist, damit das Mehl nicht herausfliegt; die Kleie geht durch. die andere Öffnung des Sackes, welche an der Öffnung des Schraubbretes befestigt ist u. fällt in den Vorkasten. Flugbette ist in M-n ein besonderer Boden unter der Decke, wo sich der Mehlstaub (Flugmehl) anlegt, welcher gesammelt u. zu Viehfutter benutzt wird.

Beim Mahlen des Getreides wird dasselbe drei bis sechs Mal wiederholt aufgeschüttet, ehe es ganz rein ausgemahlen ist. Man hat dabei ein doppeltes Verfahren: entweder man stellt die Steine gleich Anfangs ziemlich eng zusammen, so daß die Körner sogleich geschroten werden, dann bekommt man vom ersten Gange (Durchgehen des Getreides durch die Mühlsteine) nur wenig, aber sehr weißes, bei den folgenden Gängen bekommt man mehr, aber immer schwärzeres u. gröberes Mehl. Oder man stellt Anfangs die Steine so weit aus einander, daß die Getreidekörner nur geschält u. gespitzt werden, dabei bekommt man nur grobes schwarzes Mehl; mit jedem folgenden Gange wird die M. enger gestellt, u. dann gibt der letzte Gang das gröbste Mehl, die mittleren Gänge aber geben das feinste Mehl. In M-n, wo mehre Mahlgänge sind, bestimmt man einen Mahlgang ausschließlich zum Spitzen u. Schroten (Spitz- u. Schrotmühle); ein Gang, bei dem die Steine so gestellt sind, daß das Korn nur aus der Schale gequetscht (gegerbt), nicht zu Schrot u. Mehl gerieben wird, heißt Gerbgang. Ein Mahlgang kann in 24 Stunden 7 bis 9 Scheffel Getreide rein ausmahlen, im Nothfall aber auch die doppelte Menge, nur wird das Mehl dann weniger gut. Damit eine M. mehr fertig bringe, müssen die Mühlsteine gehörig geschärft sein; die Rinnen in den Mühlsteinen, welche das Zermalmen der Körner befördern, heißen Hauschlag; sie laufen von dem Mittelpunkte in einem Bogen nach der Außenseite, u. zwar auf dem Bodensteine rechts, auf dem Läufer links. Ein Stein von 3 Fuß Durchmesser macht 140 bis 150 Umdrehungen in der Minute; größere Steine machen weniger, kleinere mehr Umdrehungen. Bleibt das Mehl beim Mahlen zu lange zwischen den Steinen, so verbrennt es, d.h. es wird schwarz u. übelschmeckend. Mit Mehlmühlen, als Hauptwerk, sind häufig Öl-, Schneide- u. Graupen-, auch wohl Walk- u. Lohmühlen als Nebenwerke verbunden, welche man nur bei überflüssigem Wasser benutzt.

b) Als Kraftmaschine ist das Wasserrad nebst Zubehör zu betrachten. Die Wassermühlen mit verticalem Wasserrade nennt man je nach der Beschaffenheit des Wasserrades ober-, mittel- u. unterschlächtige, u. unter den letzten Staber-, Strand- u. Panstermühlen. Bei M-n mit horizontalen Wasserrädern muß das Mühlgerüste über dem Wasserrade angebracht sein, ein von Bohlen gefertigter Kanal (Gerinne, s.d.) führt das Wasser vom Fallbaume in geneigter Richtung auf die Wasserräder. Aus dem Gerinne fällt das Wasser in das Rad entweder frei, od. über ein einfaches Schußbret, od. über einen Spannschützen. Die hölzerne od. metallene Unterlage, welche das Zapfenlager für Wasserräder enthält, heißt Angewäge; das Gerüst von Pfählen u. Schwellen, auf welchem das [506] Gerinne der Wasserräder liegt, heißt Flur; die eichene Bohle, welche oben beim Fachbaum anfängt u. in den Kropf eingelassen ist, damit das Wasser über dieselbe auf die Räder fallen kann, heißt Gefällladen. Brückung ist der Boden unterschlächtiger Gerinne, er ist mit Steinen gepflastert u. alle 5 bis 7 Fuß mit Grundbalken eingelegt; der nach der Form des Mühlrades ausgeschweifte Boden des Gerinnes heißt Duckung. Der Kanal, welcher einen Theil des Wassers eines Flusses oberhalb des Wehres aufnimmt, zu dem Gerinne einer M. u. unterhalb desselben wieder in den Fluß leitet, heißt Mühlgraben. Bei oberschlächtigen M-n muß derselbe, wegen des Gefälles, oft weit geführt werden; bei unterschlächtigen besteht er bisweilen nur aus dem Ufer u. einem in das Wasser gebauten Damm. Ein Teich mit Quellwasser od. starkem Zufluß, mit dessen abfließendem Wasser eine M. betrieben wird, heißt Mühlteich. An großen Strömen legt man das Mühlrad ohne Gerinne od. Mühlgraben in den Strom u. erhält dann eine Schiffmühle. Dazu gehören zwei kleine Schiffe, welche mit starken Querbalken zusammen verbunden sind, doch so, daß zwischen beiden ein Zwischenraum für das Wasserrad bleibt. Beide Schiffe werden mit Mühlankern u. Seilen od. Ketten fest am Ufer befestigt. Das Schiff landwärts (Hausschiff) ist mit einem hölzernen Hänschen überbaut, worin der Mahlgang angebracht ist; das schmale Schiff, stromwärts (Wellschiff), dient nur dazu, die Welle des Wasserrades zu tragen. Das unterschlächtige Wasserrad (Schiffmühlenrad) hat meistentheils keinen Kranz, gewöhnlich 12, ungefähr 18 Fuß lange u. 2 Fuß breite Schaufeln: jede derselben wird von vier Armen getragen u. ist mit der nächsten Schaufel durch Sperrstöcke od. Riegel verbunden. Da das Schiffmühlenrad nur langsam geht, so ist ein Vorgelege dabei angebracht, wie bei den doppelgängigen M-n (s. oben).

c) In neuester Zeit haben die Mahlmühlen sehr wesentliche Veränderungen erfahren, durch welche für die Mehlerzeugung eine neue Epoche herbeigeführt ist. Zunächst sind es die von den Engländern u. Franzosen vervollkommneten Amerikanischen M-n, die auch in Deutschland immer allgemeiner verbreitet werden. Bei diesen ist das ganze gezahnte Räderwerk nebst vielen anderen zur M. gehörigen Theilen von Eisen, wodurch viele Hindernisse der Bewegung u. viele Reparaturen vermieden werden. Zum Reinigen u. Sortiren des Getreides dienen besondere Vorbereitungsmaschinen: Siebmaschinen, Fegmaschinen, Putz- u. Sortirmaschinen. Die Mühlsteine sind besser behauen, der Läufer vortheilhafter (schwebende, bewegliche Haue) aufgelegt u. bewegt u. das Beutelgeschirr ist vollständiger mit Beutelsieben u. Bürsten versehen. Daher erhält man nicht nur mehre Mehlsorten, sondern die Kleienabsonderung ist auch vollständiger. Dasselbe Wasserrad kann mehre Mahlgänge treiben, auch kann eine solche M. bei gleichem Umfange u. gleichem Zeitaufwande weit mehr Mehl liefern, als eine gewöhnliche M. Um das Mehl u. Getreide von einem Orte zum andern zu schaffen, wendet man besondere Hebwerke (Elevatoren) u. Fortleiter (Convoyers) an, welche letztere nach dem Princip der Archimedischen Wasserschraube construirt sind; ähnlich sind die Mehlabkühler, in welchen das heiß von den Mühlsteinen kommende Mehl abgekühlt wird, bevor es in das Beutelwerk kommt. Zum Verpacken des Mehles endlich hat man eine Mehlpackmaschine, welche das Mehl fest in die Fässer eindrückt. Hier u. da legte man den oberen Stein fest u. ließ den Bodenstein vom Mühleisen aus bewegen, od. man ließ beide Steine excentrisch zu einander umlaufen. Die M-n mit verticalen Steinen, welche auf ihrer Mantelfläche mahlen u. bei welchen der feststehende concave Bodenstein den convexen Läufer auf etwa 1/4 seines Umfanges umschließt, bilden den Übergang zu den Cylinder- od. Walzenmühlen, wie sie seit 1820 in der Schweiz, in Wien u. Paris aufgestellt wurden, bei welchen die horizontalen Mühlsteine mit zu je zwei neben einander liegenden eisernen Walzen vertauscht sind. Die Walzen haben 6 Zoll Durchmesser u. etwa gleiche Länge; in einem gußeisernen, in 6 Abtheilungen getheilten Stuhl liegen 3 Paar solcher Walzen über einander, u. zwei solche Stühle bilden ein System, indem die Walzen des einen zum Schroten u. zur Grieserzeugung, die des anderen zum Feinmahlen dienen. Die Schnelligkeit zu zwei Walzen verhält sich wie 16: 17. Am besten eignen sich die Walzenmühlen zum Weizenmahlen. Der Weizen kommt erst auf eine Reinigungsmaschine u. geht dann durch die Walzen der Schrotstühle; das Schrot kommt hierauf in einen mit Drahtnetz überzogenen Cylinder, den sogenannten Schrotbeutel, u. aus diesen auf den Griesseparator, einen länglich viereckigen Kasten mit vier bis fünf Abtheilungen, über dessen Öffnung ein Rahmen mit einem Drahtnetz von gleich vielen Feinheitsabstufungen hin u. her bewegt wird. Die in der letzten Abtheilung, wo die Maschinen am größten sind, erhaltene Masse wird auf gewöhnlichen Mühlsteinen vermahlen. Die übrigen kleineren Griessorten werden jede einzeln auf den ebenfalls mit Walzen versehenen Mahlstühlen in Mehl verwandelt, nachdem sie zuvor durch eine zweite Reinigungsvorrichtung, die Blasmaschine, gegangen sind, in der ein Ventilator die Hülsen u. andere fremde Substanzen wegbläst, die schweren guten Theile aber zu Boden fallen läßt. Das gewonnene Mehl wird in Cylinderbeuteln, welche mit seidenem Beuteltuch überzogen sind, gebeutelt. Ein System mahlt in 24 Stunden 300 Scheffel Weizen u. schrotet in derselben Zeit 700 bis 800 Scheffel Roggen. Die Kraft zur Bewegung der 3 Paar Walzen eines Stuhles beträgt im Durchschnitt eine Pferdekraft. Das von den Walzenmühlen gelieferte Mehl übertrifft an Feinheit das der amerikanischen M-n u. eignet sich daher vorzugsweise für seines Backwerk.

B) Da man nicht überall Wassermühlen anlegen kann, so bedient man sich der Windmühlen (s.d.), der Roßmühlen u. neuerdings auch der Dampfmühlen, wo eine Dampfmaschine die Wasserräder ersetzt u. die Mahlapparate u. alle Hülfsmaschinen treibt Die M-n, in welchen Pferde od. Ochsen die Mühlsteine in Umdrehung versetzen, haben nur kleinere Mühlsteine u. sind gewöhnlich Roßmühlen mit der Deichsel; an einer senkrechten Welle ist ein horizontaler Balken (Zugarm), 10 bis 20 Fuß lang, befestigt, an dessen Ende ein od. zwei Pferde angespannt sind, welche die Welle herumdrehen; die Welle hat oben ein Stirnrad, welches in das Getriebe des Mühlensens greift. Das Mühlgerüste ist gerade über dem Raume angebracht, in welchem die Pferde gehen. Über die Roßmühlen mit einem Tretrade, s.u. Tretrad. Dachmühlen sind kleine M-n, welche im Dache eines Gebäudes angebracht[507] u. von dem Winde od. von Gewichten getrieben werden; bisweilen hat man auch bei Gradirhäusern solche M-n, welche die Pumpen treiben; ferner hat man auch Handmühlen, welche nur von Menschenkraft bewegt werden. Dazu gehören auch Grütz-, Senf-, Stärken-, Glättmühlen etc., doch im engeren Sinne versteht man nur Mahlmühlen darunter. Manche (so die von Marschall Marmont 1808 in Spanien angewendeten) gleichen den Kaffeemühlen, indem das Korn zwischen einem eisernen, gekerbten Kegel, Cylinder od. Kugel u. einer entsprechenden Einfassung gemahlen wird. Andere haben gewöhnliche, doch kleine Mühlsteine od. gußeiserne, gefurchte Scheiben. Das Umdrehen geschieht mittelst einer Kurbel od. eines Schwengels. Sie werden jedoch, da sie schwer zu drehen sind, nur im Nothfall, bei belagerten Festungen, für den landwirthschaftlichen Gebrauch im Kleinen, od. wo es durchaus an Wasser fehlt, wie in Afrika, angewendet. Böhms Handmehlmühle ist 12 Fuß lang, 10 Fuß breit u. mit dem Beutelkasten 9 Fuß hoch. Auf ihr kann bei Einlage der nöthigen Beutel jede Art Mehl bis zum feinsten Mundmehl gemahlen werden. Ehemals gebrauchten die Heere im Felde (wie die der Herzöge Karls V. u. Eduards II. von England) Feldmühlen; diese sind auf einem Wagen befestigt u. werden durch ein von Pferden umgetriebenes horizontales Stirnrad in Bewegung gesetzt; beim Gebrauch wird der Wagen bis an die Achsen in die Erde gegraben. Bei noch anderen ist eine solche Vorrichtung getroffen, daß die Wagenräder zugleich das Mühlwerk treiben. Die beiden letzten Arten heißen auch Wagenmühlen.

Die Erbauung einer Mühle, bes. hinsichtlich der Anordnung u. Aufstellung des Räderwerkes, der verschiedenen Einrichtungen zu verschiedenen Zwecken etc., heißt Mühlenbau. Derselbe kann zwar als ein Theil der Baukunst betrachtet werden, erfordert indessen, außer der Kenntniß der gewöhnlichen bauwissenschaftlichen Fächer, ein eingehendes Studium der Mechanik, Maschinenlehre u. Hydrotechnik. Wenn die gewöhnlichen Mühlenbauer (meist nur Zimmerleute) auch diese Wissenschaften sich nicht zu eigen gemacht haben u. ihrer auch zum gewöhnlichen Mühlenbau nicht bedürfen, so sind sie doch dem Mühlenbaumeister zur Anlage größerer Werke unentbehrlich.

Im Alterthum batte man zuerst Handmühlen (hebr. Rechaim, Techon, gr. Mylä, Cheiromylä, lat. Molae), wie noch jetzt im Orient. Sie bestanden aus zwei Mühlsteinen, einem beweglichen (hebr. Rakheph, gr. Onos, lat. Catillus) u. einem (unteren) fest liegenden (Pelach Thachthith, gr. Myle, lat. Meta), mit einer Vertiefung, in welche die Körner geschüttet wurden, u. wurden in kleinern Haushaltungen von den Hausfrauen, in größern von Sklavinnen, von männlichen Personen nur zur Strafe, später auch von Eseln getrieben, in letzterem Falle war der obere Stein an eine Stange (gr. Mylakron, lat. Molile, Molucrum), befestigt; solche größere M-n standen in einem besonderen Hause (gr. Mylon, lat. Pistrinum). Auch gab es Leute, welche M-n hielten u. darin für andere Leute mahlten; ein solcher Müllermeister hieß Myloihros. Als Erfinder der M-n nennen die griechischen Mythen den Spartaner Myles. Ein Schutzgott der M-n war Eunostos, vorzüglich aber Zeus, welcher als solcher den Beinamen Myleus führte. Wassermühlen (zum Privatgebrauch) kamen zuerst bei den Römern, an Wasser nach Rom führenden Kanälen in der letzten Hälfte des 1. Jahrh. v. Chr. vor. Die meisten lagen unter dem Berge Janiculus; öffentliche Wassermühlen aber erscheinen erst unter Honorius u. Arcadius. Schiffmühlen kamen zuerst auf der Tiber 836 vor. Die Windmühlen werden zuerst im Jahre 1105 erwähnt, in Deutschland wurde die erste 1395 in Speyer gebaut; die erste Dampfmühle wurde 1783 in London angelegt. Eselmühlen gibt es in Syrien noch. Ölmühlen gab es im Alterthum nicht, u. wo Luther in einer Stelle des Hiob so übersetzt, ist im Grundtext eine andere Ölpreßmaschine verstanden.

M-n wurden schon früh als Anstalten betrachtet, die eines besonderen Schutzes bedurften, u. daher zu den befriedeten Sachen gezählt. Das Recht zur Anlegung einer M. hatte ursprünglich Jeder an eigenem Wasser u. an öffentlichen Flüssen. Das Interesse der größeren Grundherren, daß nicht neue M-n zur Beeinträchtigung bereits bestehender angelegt würden, die Verwechselung des landesherrlichen Oberaufsichtsrechts über die M-n als bedeutsame gewerbliche Anstalten mit privatrechtlichen Ansprüchen u. die Ansicht von der Regalität der öffentlichen Flüsse führten indessen im Mittelalter zur Ausbildung eines Mühlenregales, wonach nur dem Inhaber der Landeshoheit das Recht zugesprochen wurde, M-n anzulegen u. alle Privatpersonen die Concession dazu sich von dem Landesherrn gegen Auferlegung einer dinglichen Abgabe (Mühlenzins) erkaufen mußten. Das Mühlenregal findet sich dabei entweder nur in Bezug auf Wassermühlen, od. auch in Bezug auf alle M-n (z.B. die Anlegung von Windmühlen) vor. Gemeinrechtlich läßt sich dasselbe indessen nicht annehmen, so daß, wo kein Landesgesetz dasselbe ausdrücklich anerkennt, es jedesmal bes. erwiesen werden muß, wobei auch aus dem Regal der Wassermühlen noch nicht auf ein Regal an Wind- u. Dampfmühlen geschlossen werden kann. Die einzelnen Bestimmungen über die, bei Anlegung neuer M-n u. bei Ausübung des Mühlengewerbes einzuhaltenden Grundsätze sind gewöhnlich in besonderen Mühlenordnungen zusammengestellt. Auch ohne Rücksicht auf ein etwaiges Mühlenregal müssen bei Anlegung neuer M-n die Interessenten, welche bereits an dem nämlichen Wasser Nutzungen haben, so wie die Adjacenten, hinzugezogen werden, damit ihnen Gelegenheit gegeben werde, ihre etwaigen Widerspruchsrechte geltend zu machen. Nach Erwägung aller Verhältnisse wird durch die Behörde die Höhe des Wasserspiegels bezeichnet, worauf der Mühlenberechtigte Anspruch hat. Zu diesem Zweck hat die Bewegung des Fachbaumes, d.i. der Schwelle, welche unmittelbar vor den Gerinnen einer M. quer über den Mühlgraben gelegt wird u. worauf die Schutzbreter stehen, gewöhnlich unter obrigkeitlicher Mitwirkung zu erfolgen. Dasselbe geschieht mit der Setzung des Aich- od. Sicherheitspfahles, eines Pfahles, welcher den Zweck hat, den höchsten Stand des Wasserspiegels zu bezeichnen, auf welchen der Müller das Wasser im Mühlenkanal spannen darf. Der Fachbaum muß mit dem Eichpfahl wagerecht liegen, höchstens um einen Zoll (Zehrzoll) darf er höher sein. Bei der Ausübung seines Mühlenrechts hat der Müller sich streng innerhalb der Grenzen zu halten, in welchen ihm sein Recht verliehen ist, u. ist für jeden Schaden verantwortlich, welchen er den Ufereigenthümern od. anderen Mühlenberechtigten durch schuldhafte [508] Anlagen od. Vernachlässigungen verursacht. Abgesehen von eigenmächtigen Veränderungen des Fachbaumes od. Sicherheitspfahles, darf er daher nicht einseitig die Zahl der Gänge verändern, neue Räder anlegen etc., wodurch das Wasser einen nachtheiligen Lauf od. geringeren Abfluß auf die unterhalb liegenden Mühlen erhält; bei M-n an öffentlichen Flüssen darf der Müller nichts vornehmen, was der Schifffahrt u. Flöße von Nachtheil wäre. Die Pflicht zur Reinhaltung des Baches vertheilt sich zwischen den Mühlenberechtigten u. den Ufereigenthümern meist nach besonderem Herkommen, Verabredung od. speciellen Polizeigesetzen; ebenso entscheidet sich das Recht der Ufernachbarn auf Bewässerung ihrer Grundstücke aus dem Bach u. dem Mühlkanal je nach den besonderen Rechten, welche die Nachbarn, resp. der Mühlberechtigte selbst, an dem Treibwasser durch Dienstbarkeiten, besondere Vorbehalte u. dgl. erworben haben. Bannmühlen heißen solche M-n, welchen das Realrecht zusteht, zu verlangen, daß die in einem gewissen Bezirk Wohnenden ihr Getreide in keineranderen M. mahlen lassen, als in der berechtigten. Ein solches Recht (Mühlenzwang) wird indessen dadurch allein, daß die Einwohner eines Bezirks eine lange (selbst unvordenkliche) Zeit hindurch sich nur einer M. zum Mahlen bedient haben, noch nicht erworben, vielmehr muß das Bestehen eines, besonderen Verbietungsrechtes stets bes. erwiesen werden. Der Berechtigte ist dann seinerseits verpflichtet, die M. auch in gehörigem Stande zu erhalten, widrigenfalls dem Pflichtigen unbenommen bleibt, ungeachtet des Mühlenzwanges an andere M-n sich zu wenden. Die neuere Zeit hat den Mühlenzwang, gleich den übrigen Bannrechten, meist aufgehoben. Vgl. Götze, De pistris veterum, Zwickau 1730; Beyer, Schauplatz der Mühlenbaukunst, Dresd. 1767; I. Banks, Über die Mühlenwerke, aus dem Englischen von Zimmermann, Berl. 1800; H. Ernst, Anweisung zum praktischen Mühlenbau, Lpz. 1802; Beiträge zur Verbesserung des Mühlenbaues, Hamb. 1804; Neumann, Wasser- u. Mühlenbau, Berl. 1810; Ganzel u. Wulff, Beiträge zur Kenntniß des Amerikanischen Mühlwesens, ebd. 1832; W. Weinholz, Handbuch der Mühlenbaukunst, Weim. 1832, 2 Bde.; W. Meißner, Anleitung zum Bau der Mahlmühlen, Hamb. 1835; Kuhnert, Lehrbuch der Mühlenbaukunst, Quedlinb. 1836–41, 2 Bde., Supplemente 1844; G. L. Schreiber, Beiträge zur Mühlenbaukunde, Königsb. 1837 u. 1841; C. Hartmann, Englisch-Amerikanische Mahlmühlen, Weim. 1850; Derselbe, Handbuch der Mühlenbaukunst, ebd. 1853, 2 Bde.; Pätschke, Lehrbuch der Mühlenbaukunst, Berl. 1848; Schlegel, Mühlenbaukunst, Gera 1849; Derselbe, Die Kunstmüllerei, Lpz. 1850; Schelling, Handbuch des Mühlenrechtes, Lpz. 1820.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 505-509.
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