Schwarzburg-Sondershausen

[117] Schwarzburg-Sondershausen, deutsches Fürstentum (s. Karte »Sächsische Herzogtümer«), dessen Gebiet aus zwei getrennten Teilen, nämlich der am Thüringer Wald gelegenen Oberherrschaft und der von der preußischen Provinz Sachsen umschlossenen Unterherrschaft, besteht. Letztere bildet ein zusammenhängendes Ganze und umfaßt die beiden Verwaltungsbezirke Sondershausen und Ebeleben. Die Oberherrschaft setzt sich aus den beiden Verwaltungsbezirken Arnstadt und Gehren, die durch fremdes Gebiet voneinander getrennt sind, und drei kleinen Parzellen zusammen. Der nördliche Teil der Oberherrschaft (Arnstadt) ist thüringisches Hügelland, der südliche (Amt-Gehren) wird vom Thüringer Wald durchzogen. An Flüssen sind hier die Helbe und Wipper mit der Bebra zu bemerken, die in die Unstrut münden. In der Oberherrschaft ist die Gera mit der Spring und Wipfra der bedeutendste Fluß. Eine Saline befindet sich in Arnshall, und Arnstadt ist als Solbad in Aufnahme gekommen.

Das Fürstentum hat einen Flächeninhalt von 862,1 qkm, wovon 519,14 qkm auf die Unterherrschaft, 342,96 qkm auf die Oberherrschaft entfallen. Von der Gesamtbevölkerung, die 1905: 85,152 Seelen betrug, gehören 47,03 Proz. der Unterherrschaft, 52,97 Proz. der Oberherrschaft an. Die Bevölkerung besteht fast ausschließlich aus Protestanten, man zählte nur 1520 Römisch-Katholische und 195 Juden. Au Wohnplätzen gibt es 9 Städte und 84 Landgemeinden. An öffentlichen Schulen sind 2 Gymnasien, 2 Realschulen, ein Lehrer- und ein Lehrerinnenseminar, 2 höhere Mädchenschulen, eine kunstgewerbliche Zeichenschule und 100 Volksschulen zu nennen; ein Konservatorium der Musik ist eine Privatanstalt. In Sondershausen befinden sich Sammlungen von Gemälden, Kunstsachen und Naturalien.

Nach der Berufs- und Gewerbezählung vom 14. Juni 1895 betrug die Zahl der Erwerbstätigen ohne Angehörige und Dienende 29,390 Personen (darunter 7051 weibliche); davon entfielen auf Land- und Forstwirtschaft 11,891 (40,4 Proz.), Bergbau, Hüttenwesen, Industrie und Baugewerbe 12,374 (42,1 Proz.), Handel und Verkehr 2606 (8,9 Proz.), häusliche Dienste, Lohnarbeit 589 (2 Proz.), Armee (652), Staats-, Gemeinde- und Kirchendienst, freie Berufe 1930 (6,6 Proz.); ohne Beruf u. Berufsangabe waren außerdem 2660. Die Zahl der Dienenden im Haushalte betrug 1515, der Angehörigen ohne Hauptberuf 44,035 Personen. Die Unterherrschaft ist reich an fruchtbarem Ackerland, und hier bildet die Landwirtschaft die Hauptbeschäftigung der Bevölkerung. Im ganzen Fürstentum umfaßte das Acker- und Gartenland 1900: 49,010 Hektar (56,83 Proz.), die Wiesen 3928 (4,56 Proz.), die Weiden 528 (0,66 Proz.), die Waldungen 26,711 Hektar (30,92 Proz.), der Rest (7,03 Proz.) bestand aus Wegen, Gewässern, Hofstellen und Unland. 16,889 Hektar der Waldungen (63,23 Proz.) gehören zum Domanialbesitz. Die Forstwirtschaft liefert bedeutende Erträge (1905 Reinertrag auf 1,489,200 Mk veranschlagt). In der Nähe von Sondershausen befindet sich ein Wildpark, in dem Rot- und Schwarzwild anzutreffen ist. In der Unterherrschaft und den flachern Rändern der Oberherrschaft (besonders um Arnstadt) blühen Obst- und Gemüsebau. Der Viehstand betrug 1904: 5026 Pferde, 23,630 Stück Rindvieh, 30,590 Schafe, 43,917 Schweine, 14,933 Ziegen. In der Industrie nehmen die in der Oberherrschaft heimische Porzellan- (17 Betriebe) und die Glasfabrikation und -Schleiferei (11 Betriebe) den ersten Platz ein. Für jene kommen besonders Großbreitenbach, Plaue, Langewiesen, Arnstadt und Gehren, für letztere Großbreitenbach, Langewiesen, Neustadt a. R. und Altenfeld in Betracht. Ferner sind von Bedeutung die Fabrikation von Maschinen, Instrumenten und Apparaten (21 Betriebe) und Farben (12 Betriebe), Papier und Leder (15 Betriebe), Schuhmacherei, Handschuhfabrikation (Hauptsitz Arnstadt, 15 Betriebe). Endlich gibt es 2 Rübenzuckerfabriken in Greußen und Ebeleben, zahlreiche mit Wasserkraft betriebene Getreide-, Öl-, Spat-, Gips- und Sägemühlen (76 Betriebe), ein großes Kaliwerk »Glückauf« bei Sondershausen und viele Ziegeleien. Wollmärkte werden in Arnstadt und Greußen abgehalten. Die Oberherrschaft wird von den Bahnlinien Erfurt-Ritschenhausen und Erfurt-Ilmenau-Großbreitenbach, Arnstadt-Ichtershausen und Arnstadt-Saalfeld, die Unterherrschaft von den Linien Erfurt-Nordhausen, Hohenebra-Ebeleben, Greußen-Ebeleben-Keula, Ebeleben-Mühlhausen, Sondershausen-Bretleben durchzogen. In Sondershausen haben die schwarzburgische Landesbank, die schwarzburgische Hypothekenbank, in Arnstadt die Arnstädter Bank, eine Filiale der Landesbank und eine Reichsbanknebenstelle ihren Sitz. Im Fürstentum waren 1905: 6 Sparkassen mit 10,049,083 Mk. Einlagen.

Das Fürstentum hat durch Gesetz vom 8. Juli 1857 eine konstitutionell-monarchische Verfassung erhalten. Das Wahlgesetz vom 14. Jan. 1856 ist 13. April 1881 abgeändert worden. Seit 17. Juli 1880 herrscht als Fürst Karl Günter (geb. 7. Aug. 1830). Die fürstliche Familie bekennt sich zur evangelisch-lutherischen Kirche. Der Landtag ist aus höchstens 6 lebenslänglichen, vom Fürsten ernannten Mitgliedern, aus 6 Abgeordneten der Höchstbesteuerten und aus 6 aus allgemeinen Wahlen hervorgegangenen Abgeordneten zusammengesetzt; die letztern werden auf vier Jahre gewählt. Das Ministerium ist oberste Behörde für alle Zweige der Staatsverwaltung und zerfällt in fünf Abteilungen: 1) für die Angelegenheiten des fürstlichen Hauses, das Auswärtige etc., 2) für das Innere, 3) für die Finanzen, 4) für Kirchen- und Schulsachen, 5) für die Justiz. Den Vorsitz führt ein Staatsminister. Oberste Kirchenbehörde ist der dem Gesamtministerium unterstellte Kirchenrat, unter ihm stehen Superintendenten, Kirchen- und Schulinspektoren, neben ihm die Ministerialabteilung für Kirchen- und Schulwesen. Katholische Gemeinden bestehen in Sondershausen und Arnstadt, israelitische Gemeinden gibt es zwei, je eine für die Unter- und die Oberherrschaft. Die untern Verwaltungsbehörden sind die Landräte der vier Verwaltungsbezirke Sondershausen, Ebeleben, Arnstadt und Gehren. Das Fürstentum hat fünf Amtsgerichte, die an das Landgericht zu Erfurt angeschlossen sind (s. die Textbeilage »Gerichtsorganisation« im 7. Bo.). Der Staatshaushaltsetat für 1905–07 weist an jährlichen Einnahmen und Ausgaben 3,541,588 Mk. auf, darunter in den Einnahmen 599,150 Mk. aus direkten Steuern und 775,000 Mk. Reinertrag aus den Domänen und Forsten (Roheinnahme 1,489,200 Mk.). Die Staatsschuld betrug[117] 1. April 1906: 3,359,912 Mk. (einschließlich Kautionen), die Kammerschuld 2,124,687 Mk. Das Kontingent des Fürstentums gehört zum 3. thüringischen Infanterieregiment Nr. 71 (Erfurt), von dem ein Bataillon in Sondershausen steht. Im deutschen Bundesrat führt S. eine Stimme und sendet einen Abgeordneten in den deutschen Reichstag. Residenz ist Sondershausen. Wappen (mit Ausnahme der Farbe des Schildfußes), Landesfarben und Orden sind dieselben wie von Schwarzburg-Rudolstadt (s. d.). Die Kokarde ist Silber, Blau, Silber.

Geschichte des Hauses Schwarzburg.

Das Geschlecht der Grafen von Schwarzburg leitet sich von einem thüringischen Grafen, Günter von Käfernburg (bei Arnstadt), ab, den Bonifatius zum Christentum bekehrt haben soll. Günter II. (gest. 1109) nannte sich zuerst nach der Schwarzburg. Günters III. Söhne Heinrich IV. (gest. um 1230) und Günter V. (gest. 1220) begründeten 1196 jener die Linie Schwarzburg, dieser die von Käfernburg (s. d.). Letztere starb 1385 aus, worauf ihre Besitzungen an Thüringen fielen. Von der schwarzburgischen Linie zweigte sich 1275 mit Heinrich VII. die ältere blankenburgische ab. Günter X. von Schwarzburg erwarb 1306 Arnstadt, Ilmenau, Wachsenburg und Schwarzwald. Seine Nachkommen teilten sich in die Linien Schwarzburg, Wachsenburg und Leutenberg, die sämtlich bis 1564 ausstarben. Der blankenburgischen Linie entstammt Günter XXI., der am 30. Jan. 1349 zum deutschen König gewählt ward, aber schon 18. Juni in Frankfurt a. M. starb. Von Karl IV. erhielten die Grafen das Erbjägermeisteramt zu Lehen, das sie bis 1708 besaßen; außerdem bekleideten sie das Reichserbstallmeisteramt. Günters Sohn Heinrich XIII., der 1356 von seinem Schwiegervater die Grafschaft Hohnstein mit Sondershausen erbte, starb 1357 ohne Erben, und seine Lande fielen an seine Vettern Heinrich XIV. und Günter XXIV. Nachdem Günter XXV. 1368 gestorben, führte Graf Heinrich mit dessen Nachkommen Heinrich XXII. und Günter XXIX. die Regierung gemeinschaftlich fort. Nach Heinrichs Tode (1373) teilten dessen beide Söhne Heinrich XX. und Günter XXVIII. mit ihren bereits erwähnten Vettern. Bei der Teilung der sächsischen Lande 1445 kamen die sämtlichen schwarzburgischen Lande unter die Oberhoheit des Herzogs Wilhelm; bei der zweiten sächsischen Teilung 1485 wurde auch die Oberhoheit über Schwarzburg geteilt, und zwar so, daß dieselbe vom kurfürstlichen Haus über die obere, vom herzoglichen über die untere Grafschaft geführt wurde. Heinrich XXVIII. (1444–88) begründete die jüngere blankenburgische Linie und brachte die Besitzungen der Linie Käfernburg an sein Haus; von seinen sieben Söhnen hatten nur zwei männliche Nachkommen, nämlich Günter XXXVIII. und Günter XXXIX., der erste starb noch vor seinem Vater (1484), der zweite 1531. Nun folgte des letztern Sohn Heinrich XXXIV., ein eifriger Beförderer der Reformation, seit 1524 vermählt mit der Gräfin Katharina von Henneberg (s. Katharina 9), die sich nach dem 1538 erfolgten Tod ihres Gemahls durch ihren dem Herzog von Alba gegenüber auf dem Schloß zu Rudolstadt bewiesenen Mut einen Namen machte. Die Länder Heinrichs XXXIV. fielen darauf an den Sohn seines Vetters Heinrich XXXIII., Günter XL. (mit dem fetten Maul), der seine jüngern Brüder überlebt hatte. Er führte zwar die Lehre Luthers in Sondershausen ein, stand aber im Schmalkaldischen Krieg auf seiten des Kaisers. Nach seinem Tode (1552) folgte ihm sein ältester Sohn, Günter XXXXI., ein Feldherr Maximilians II., dessen Sohn Matthias er nach den Niederlanden begleitete. Da er 1583 in Antwerpen ohne Nachkommen starb, so teilten seine beiden Brüder Johann Günter und Albrecht die schwarzburgischen Lande und bildeten von 1584 an die beiden Hauptlinien Schwarzburg-Arnstadt, später Sondershausen, und Schwarzburg-Rudolstadt.

Die Hauptlinie Schwarzburg-Arnstadt (Sondershausen) wurde gestiftet von Johann Günter. Dieser erhielt in der Teilung 2/3 der untern Grafschaft, d. h. die Ämter Sondershausen, Ebeleben, Bodungen, Keula und Scherenberg, die Vogtei Hasleben und die Städte Sondershausen, Greußen und Ehrich, dann noch 1/3 der obern Herrschaft, darin die Herrschaft Arnstadt, die Ämter Käfernburg und Gehren. Johann Günter hinterließ bei seinem Tode 1586 vier minderjährige Söhne, die gemeinschaftlich regierten und 1631 die untere Grafschaft Gleichen ankauften. Der jüngste Sohn, Christian Günter I., hatte allein Nachkommen und zwar drei Söhne, welche die Linien Arnstadt, Sondershausen und Ebeleben begründeten. Jedoch nach dem Aussterben der beiden andern Linien (1669 und 1681) kamen ihre Besitzungen an Sondershausen, wo die Enkel Christian Günters I., Christian Wilhelm und Anton Günter II., nach dem Tod ihres Vaters, Anton Günters I., zunächst zusammen regierten und 1681 teilten. Sie begründeten die beiden Linien Sondershausen und Arnstadt. Beide Grafen wurden 1697 und 1710 in den Reichsfürstenstand erhoben und ihr Land für ein unmittelbares Reichsfürstentum erklärt. Kursachsen, das die Oberhoheit über Schwarzburg für sich in Anspruch nahm, gab in den Verträgen von 1699 und 1702 seine landesherrlichen Rechte gegen Geldentschädigung auf; doch mußte sich Schwarzburg 1719 zu einer jährlichen Zahlung von 7000 Tlr. verpflichten. Wegen Arnstadt wurde 1731 dem Herzog von Sachsen-Weimar eine jährliche Entschädigung von 3500 Tlr. zugesichert. 1713 schlossen beide schwarzburgische Hauptlinien einen Familienvertrag, durch den die Primogenitur und das gegenseitige Erbfolgerecht eingeführt wurden. Als Anton Günter II. von Arnstadt 1716 kinderlos starb, fiel diese Besitzung wieder an Christian Wilhelm von Sondershausen, und seitdem heißt diese Hauptlinie nun nicht mehr Schwarzburg-Arnstadt, sondern Schwarzburg-Sondershausen. Christian Wilhelm trat 1720 die Regierung an seinen ältesten Sohn, Günter, ab, und als dieser 1740 ohne Erben starb, ging die Regierung an seinen Bruder Heinrich über. Dieser wurde 1754 nebst seinem Vetter Johann Friedrich von Rudolstadt ins Fürstenkollegium aufgenommen und hatte 1758 seines Bruders August Sohn Christian Günter 111. zum Nachfolger. Diesem folgte 1794 sein Sohn Günter Friedrich Karl (geb. 1760), der durch den in Gemeinschaft mit dem Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt geschehenen Beitritt zum Rheinbund die Souveränität erlangte. 1815 ward er mit Rudolstadt in den Deutschen Bund aufgenommen. Am 25. Sept. 1830 gab er seinem Land eine neue ständische Verfassung, die aber 1831 aufgehoben wurde, weil sie dem Lande mißfiel. Der Fürst legte 19. Aug. 1835 die Regierung nieder und starb 22. April 1837. Der neue Fürst, Günter Friedrich Karl (s. Günter 3), gab 24. Sept. 1841 dem Lande eine Verfassung. Unruhen, die 1848 in S. ausbrachen, hatten zur Folge,[118] daß im Herbste die Oberherrschaft von sächsischen, die Unterherrschaft von preußischen Truppen besetzt wurde. Am 12. Dez. 1849 wurde eine neue freisinnige Verfassung verkündet, die 8. Juli 1857 umgestaltet wurde und im wesentlichen heute noch besteht. Durch Gesetz vom 18. März 1850 übernahm der Staat die Verwaltung der Kammergüter, wogegen der Fürst eine jährliche Zivilliste von 120,000 Tlr., seit 1859: 150,000 Tlr. erhielt. Am 14. Juni 1866 stimmte S. gegen den von Österreich beim Bundestag eingebrachten Antrag auf Mobilmachung der Bundesarmeekorps gegen Preußen, trat dem Bündnisvertrag vom 18. Aug 1866 bei und erhielt im Rate des neuen Norddeutschen Bundes eine Stimme. Am 1. Okt. 1867 ging sodann die Militärhoheit in S. vertragsmäßig an Preußen über (s. oben). Seit 18. Jan. 1871 gehört S. dem Deutschen Reich an. Fürst Günter Friedrich Karl entsagte 17. Juli 1880 der Regierung (gest. 1889); ihm folgte Erbprinz Karl Günter (s. Karl 60). Da er in kinderloser Ehe lebt, wurde 21. April 1896 Prinz Sizzo von Leutenberg (s. d.) als Thronfolger anerkannt (s. unten). Leitender Staatsminister ist H. Petersen.

Die Hauptlinie Schwarzburg-Rudolstadt, gegründet von Albrecht VII., erhielt in der Teilung (1584) von der obern Grafschaft die Ämter Rudolstadt, Blankenburg, Schwarzburg, Paulinzelle, Leutenberg, Ehrenstein (1631, aus der Grafschaft Gleichen), Ilm, Könitz und die Vogtei Seeberg, aus der untern Grafschaft die Ämter Frankenhausen, Arnsburg, Straußberg, Kelbra, Heringen und Schlotheim. Von Albrechts 1605 hinterlassenen vier Söhnen setzte der zweite, Ludwig Günter, das Geschlecht fort. Ihm folgte 1646 sein Sohn Albrecht Anton II., der 1697 Reichsfürst wurde, aber erst 1710 den fürstlichen Titel annahm, diesem 1710 Ludwig Friedrich und diesem 1718 sein Sohn Friedrich Anton, durch den 1719 die Lehnsstreitigkeiten nach Erlangung der Reichsunmittelbarkeit erledigt wurden. 1744 folgte dessen Sohn Johann Friedrich, 1767 dessen Oheim Ludwig Günter, ihm 1790 Friedrich Karl, diesem 1793 Ludwig Friedrich, der 1807, kurz nach seinem Beitritt zum Rheinbund, starb. Während der Minderjährigkeit des Erbprinzen Friedrich Günter führte dessen Mutter Karoline Luise, geborne Prinzessin von Hessen-Homburg, die Vormundschaft und Regierung bis 1814. Nachdem der junge Fürst die Regierung selbst übernommen hatte und Mitglied des Deutschen Bundes geworden war, wurden 1816 die Lehnsverhältnisse zu Preußen, an das alle Rechte, die bisher die Krone Sachsen besessen hatte, übergegangen waren, dann 1823 die zu Sachsen-Gotha und 1825 die zu Sachsen-Koburg durch Abtretungen und Umtausch von Gebietsteilen geordnet. Am 2. Jan. 1816 verlieh der Fürst dem Land eine Verfassung. Trotz der entgegenkommenden Haltung der Regierung ward das Ländchen 1848 von Unruhen heimgesucht. Eine neue Verfassung, die heute im wesentlichen noch gilt, kam 21. März 1854 zustande, und mit Zustimmung des Landtags wurden viele 1848 erlassene freisinnige Gesetze wieder aufgehoben. Nachdem die Regierung 14. Juni 1866 gegen den österreichischen Antrag gestimmt hatte, trat sie auf Grund des Vertrags vom 18. Aug. 1866 dem Norddeutschen Bunde bei. Die schwarzburg-rudolstädtischen Truppen wurden vom 1. Okt. 1867 an mit den reußischen und altenburgischen zum 7. thüringischen Infanterieregiment Nr. 96 vereinigt. Am 28. Juni 1867 starb Fürst Günter, und es folgte ihm, da er nur Nachkommen aus morganatischer Verbindung hinterließ, sein Bruder, der Fürst Albert, diesem schon 26. Nov. 1869 sein Sohn Georg (s. Georg 27). Da der Landtag jede Erhöhung der Steuern verweigerte, mußte die Regierung 1870 ein demokratisches Wahlgesetz bewilligen. Das Verhängnisvolle dieser Maßregel zeigte sich allerdings erst bei der Wahl von 1902: bei 16 Kammermitgliedern schnellte damals die Zahl der Sozialdemokraten von 1 auf 7 hinauf, die 1905: 8 und nach der Auflösung des Landtags 1906 wieder 7 betrug. Die Auflösung erfolgte, weil die Kammer die Erhöhung der fürstlichen Kameralrente von 268,000 auf 300,000 Mk. ablehnte. Die neue Kammer bewilligte die Forderung. Seit 1890 regiert Fürst Günter (s. Günter 4); da er keinen Sohn hat, wurde 21. April 1896 mit Zustimmung des Landtags Prinz Sizzo von Leutenberg (s. d.) wie in S., so auch in Schwarzburg-Rudolstadt zum Thronfolger bestimmt, so daß nach dem Ableben der beiden jetzt regierenden Fürsten eine Vereinigung beider Fürstentümer zu erwarten ist. Leitender Staatsminister in S.-Rudolstadt ist seit 1903 F. Freiherr von der Recke, den der Fürst mit der Regentschaft betraut hat, da er meist im Süden lebt.

Vgl. Sigismund, Landeskunde des Fürstentums Schwarzburg-Rudolstadt (Rudolst. 1862–63, 2 Tle.); Helmrich, Schwarzburgische Landeskunde (Sondersh. 1871); Einicke, Zwanzig Jahre schwarzburgischer Reformationsgeschichte 1521–1541 (Nordhausen 1904, 1. Bd.); Junghans, Geschichte der schwarzburgischen Regenten (Leipz. 1821); Apfelstedt, Geschichte des schwarzburgischen Hauses (Sondershausen 1856); König, Genealogie des hochfürstlichen Hauses Schwarzburg-Rudolstadt (Rudolst. 1865); Irmisch, Beiträge zur schwarzburgischen Heimatskunde (Sondersh. 1905–06, 2 Bde.); über das Staatsrecht der Fürstentümer die Darstellungen von Klinghammer (Schwarzburg-Rudolstadt) und Schambach (S.-Sondershausen) in Marquardsens »Handbuch des öffentlichen Rechts«, Bd. 3 (Freiburg 1884); »Beschreibende Darstellung der ältesten Bau- und Kunstdenkmäler des Fürstentums S.-Sondershausen« (Sondersh. 1886–87), für Schwarzburg-Rudolstadt die betreffenden Teile in den »Bau- und Kunstdenkmälern Thüringens« (Jena 1888 ff.); Fischer, Die Münzen des Hauses Schwarzburg (Heidelb. 1904).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 117-119.
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