[277] Griechische Sprache und Literatur. Von allen Sprachen des Alterthums ist die griechische nächst der lateinischen die wichtigste, und wird wie diese gegenwärtig auf allen gelehrten Schulen gelehrt, weil man von der Überzeugung aus. geht, daß jeder höher gebildete Mensch diejenige Sprache kennen solle, in welcher die Meisterwerke in Poesie und Prosa geschrieben sind, die aller Folgezeit für immer als unübertreffliche Muster dienen werden. Während die lat. Sprache ihre Wichtigkeit dem großen politischen Einfluß der Römer zu verdanken hat, indem diese sie mit ihren Waffen [277] und Siegen über den ganzen früher bekannten Erdkreis trugen, sodaß noch, nachdem längst die Römerherrschaft ihr Ende erreicht hatte, alle wissenschaftlichen Schriften in dieser Weltsprache verfaßt wurden, hat sich die griech. Sprache durch ihre eigenthümliche Schönheit und die Vortrefflichkeit der in ihr geschriebenen, aus der Blütezeit Griechenlands selbst stammenden Werke Geltung verschafft. Vor der lat. und allen neuern Sprachen zeichnet sich die griechische durch einen ungemeinen Reichthum an Formen und an Wörtern und durch Bildsamkeit aus, sodaß schon die Römer und ebenso auch alle neuern Völker fast stets, wo es darauf ankam, neue Namen für neue Gegenstände zu erfinden, zur griech. Sprache ihre Zuflucht nahmen. Auf diese Weise sind ursprünglich griech. Worte in unzähliger Menge in die neuern Sprachen, besonders Kunstausdrücke in Künsten und Wissenschaften, übergegangen. Eine andere Eigenthümlichkeit der griech. Sprache ist die, daß es mehre bedeutend voneinander abweichende Dialekte (Mundarten) in ihr gibt, von denen während der schönsten Blütezeit der griech. Cultur keiner als alleinige Schriftsprache galt. Diese Dialekte beruhten ursprünglich auf der Verschiedenheit der griech. Stämme, denen sie angehörten, wurden aber später so in die Schriftsprache aufgenommen, daß gewisse Dichtungen vorzüglich in gewissen Dialekten verfaßt wurden, nämlich in denen, welche ihrem Charakter am angemessensten schienen. Erst in späterer Zeit, als Athen sich entschieden als Mittelpunkt des griech. Lebens durch Schriftsteller, wie Äschylus, Sophokles, Euripides, Aristophanes, Thucydides, Xenophon, Platon, Demosthenes und Andere hervorgethan hatte, wurde der attische Dialekt allmälig allgemeine Schriftsprache. Älter als der attische waren der weiche ionische Dialekt, welcher in den ionischen Pflanzstädten Kleinasiens und auf den Inseln des Archipels gesprochen wurde und in dem die ältesten Dichtungen von Homer, Hesiod, sowie die prosaischen Werke von Herodot und Hippokrates geschrieben worden; ferner der harte dorische Dialekt, dessen sich alle Peloponnesier, Doris und die dorischen Colonien in Italien und Sicilien bedienten, und in dem namentlich die Gesänge von Pindar, Theokrit, Bion und Moschos gedichtet sind; endlich der äolische Dialekt, der mit Ausnahme von Attika, Megara und Doris in ganz Griechenland oberhalb des Isthmus geredet wurde und in welchem die Gedichte des Alkäos und der Sappho geschrieben waren. In den spätern Zeiten, nachdem Griechenland seine politische Größe verloren hatte, griech. Bildung aber auf das röm. Weltreich überging, wurde die griech. Sprache in attischem Dialekt zur Sprache der Gebildeten, namentlich in Rom und in Alexandria, doch wich allmälig dieses hier gesprochene und geschriebene Griechisch von demjenigen merklich ab, welches die großen Dichter, Philosophen, Redner und Geschichtschreiber Athens geschrieben hatten, und man unterschied daher zwischen dem echt attischen und dem gemein griechischen oder hellenischen Dialekt. Aristoteles, Polybius, Plutarch, Lucian und Andere bedienten sich dieser, der echt attischen zum Theil sehr nahe kommenden Schriftsprache. Nach einer alten Sage soll Kadmus (s.d.) die Buchstabenschrift zuerst aus Phönizien nach Griechenland gebracht haben, und obschon es gewiß ist, daß mehre Buchstaben erst spätern Ursprungs sind und die gegenwärtig noch gebräuchlichen griech. Buchstaben mit den phönizischen in ihrer Gestalt wenig Ähnlichkeit darbieten, so gibt es doch auch mehre Spuren, welche für die angegebene Abstammung der griech. Schriftsprachen sprechen, namentlich die Ähnlichkeit der Namen der griech. Buchstaben mit denen der Phönizier. Die Griechen sollen indeß erst um die Mitte des 6. Jahrh. v. Chr. angefangen haben zu schreiben. Anfänglich schrieb man, wie die Phönizier und die diesen verwandten Juden, von der Rechten zur Linken, später bediente man sich der Bustrophedonschrift, d.h. einer Schrift, welche abwechselnd von links nach rechts und von rechts nach links ging, und endlich kam die noch jetzt gebräuchliche Schrift von links nach rechts auf.
Wie bei allen ursprünglichen Völkern, so bildete sich auch bei den Griechen die Poesie früher aus als die Prosa. Schon in den ältesten Zeiten gab es Sänger, deren Gedichte sich von Mund zu Munde fortpflanzten und von deren wunderbarer Gesangeskraft in spätern Zeiten mancherlei Fabeln erzählt wurden. Mit der Gabe des Gesanges verbanden sie die Kunst der Musik. (S. Amphion, Orpheus.) Der älteste griech. Dichter, dessen wahrhaft unsterbliche Gesänge uns aufbewahrt worden, ist Homer (s.d.), welcher den Ruhm der griech. Helden sang, die zur Eroberung Trojas ausgezogen waren. In der Art der homerischen Gesänge wurden in der Folge eine große Anzahl epischer Gedichte verfaßt, welche die Heldenthaten der ältesten Griechen, namentlich die Thaten der Heroen, zum Gegenstand hatten. Den größten Ruhm nach Homer hatte bei den Griechen Hesiod (s.d.). Die Werke dieser Dichter wurden nicht niedergeschrieben, sondern einzelne Männer machten ein Gewerbe daraus, die auswendig gelernten Gedichte dem Volke vorzutragen; man nannte sie Rhapsoden. Erst später wurden die Gesänge sorgfältig gesammelt und in der Art zusammengestellt, wie wir sie noch gegenwärtig besitzen. Während der Zeit, wo in den kleinen griech. Staaten die alte Königsherrschaft in die republikanische Verfassung überging und sich hier und da auf kurze Zeit Tyrannen der Obergewalt bemächtigten, bildete sich die lyrische Poesie aus. Die ersten Anfänge der Philosophie waren kurze sinnreiche Sprüche, Gnomen genannt, in denen Lebensklugheit und Sittengesetze niedergelegt waren, und später wurden größere philosophische Lehrgedichte verfaßt. Die Fabeln Äsop's (s.d.) gehören zu den ältesten und ansprechendsten Lehrgedichten. Unter den lyrischen Dichtern sind namentlich der Athenienser Tyrtäus, welcher die Spartaner im zweiten messenischen Kriege anführte (s. Griechenland), Arion, Alcäus und Sappho, Anakreon (s.d.) zu erwähnen. Die sogenannten sieben Weisen Griechenlands werden als die ersten Philosophen betrachtet. Doch verdient diesen Namen nur Thales (s.d.), die übrigen waren staats- und lebenskluge Männer, die ihre Erfahrungen und Lebensregeln in Gnomen aussprachen. Auch der Gesetzgeber Solon (s.d.) wurde zu den sieben Weisen gerechnet. Von Thales an wurde die Philosophie selbständig unter den Griechen weiter gebildet, und während sich die Nachfolger des Thales, die ionische Schule (Anaximenes, Heraklit, Leucipp, Demokrit, Anaxagoras und Andere) bemühten, die Mannichfaltigkeit der Natur und die in dieser vor sich gehenden Veränderungen auf die einfachsten Principe zurückzuführen, entstanden in den griech. Städten Unteritaliens zwei andere Richtungen, welche mehr auf Erfassung [278] des Alls im Gedanken ausgingen, nämlich die Pythagoräer und die Eleaten. Zu den letztern gehörten namentlich Parmenides und Zeno, welche zu beweisen suchten, daß die Bewegung, welche wir wahrnehmen, sowie die Vielheit und Mannichfaltigkeit der Dinge nur Schein wären, keine Wahrheit hätten. Stifter der Pythagoräischen Schule, welche in der Zahl das eigentliche Wesen der Dinge suchte, war der räthselhafte Pythagoras (s.d.). Zur Zeit des Perikles wurde Athen der Hauptsitz aller griech. Bildung, und namentlich auch der Philosophie. Die Sophisten breiteten als öffentliche Lehrer die Bildung in größern Kreisen aus, machten aber zugleich die altväterliche Sitte, auf welcher die Familien- und Staatseinrichtungen Griechenlands beruheten, wankend. Nichts war ihnen zu heilig, das sie nicht durch die Kunst trügerischer Reden anzugreifen und herabzusetzen gewußt hätten, ohne daß sie etwas Höheres und Besseres an die Stelle gesetzt hätten. Sie rühmten sich, durch scheinbare und überzeugende Gründe Alles, was man wollte, als Recht oder als Unrecht, wahr oder falsch darthun zu können und machten auf diese Weise die zügelloseste Willkür und den schmählichsten Egoismus zum Princip alles Handelns. Die Zeit des Sittenverfalls war zugleich die glanzvollste Zeit griech. Bildung, welches nicht Folge eines bloßen Zufalls war. Indem nämlich Künste und Wissenschaften, ein schönes Zeichen für die großartige Fortbildung des Menschengeschlechts, emporblühten, mußte ein Volksleben erliegen, welches in einer frühern Entwickelungsstufe der Menschheit wurzelte. Perikles, ein Schüler griech. Philosophie, ein durchaus edler Mensch, der aber nationale Vorurtheile wenig achtete, ein Freund der Künste, wendete die Reichthümer, welche nach Athen strömten, seit dieses die Perser besiegt und die kleinern griech. Staaten großentheils sich zinspflichtig gemacht hatte, an, um durch die ausgezeichnetsten Baukünstler, Bildner und Maler Athen zur herrlichsten Stadt zu machen. Die großen Trauerspieldichter Sophokles und Euripides (s.d.) waren würdige Nachfolger des vor ihnen lebenden Äschylus (s.d.); Aristopha nes (s.d.), der witzigste Lustspieldichter aller Zeiten, wagte die größten Männer seiner Zeit auf der Bühne dem Gelächter der Athener preiszugeben; der Astronom Meton bestimmte die Länge des Jahres mit bewunderungswürdiger Genauigkeit nach genauen Beobachtungen des Sonnenlaufs; neben Perikles, dem Unübertrefflichen, glänzten Redner, wie Lysias, Antiphonu.a.; Thucydides (s.d.) bildete sich in Athen zu dem großen Geschichtschreiber, als welchen er sich nachmals unsterblich machte, wie vor ihm der Ionier Herodot (s.d.) und bald nach ihm der beredte Athener Xenophon (s.d.); der Maler Polygnotus war der Erste, der Bewegung und Leben in Gesichter und Gestalten brachte, die Figuren auf seinen Gemälden so anordnete, daß sie ein harmonisches Ganze darstellten und die Gewänder nach leichtem, freiem Faltenwurf ordnete; Parrhasius und Zeuxis wetteiferten in ihren berühmten Gemälden um den Preis der Schönheit und häuften Ehren und Reichthümer, sodaß jener im übermüthigen Künstlerstolz sich für einen Nachkommen des Apollo ausgab, dieser zuletzt seine Gemälde verschenkte, »weil Niemand im Stande sei, sie zu bezahlen«. Der Meisel des Phidias (s.d.) schuf Meisterwerke, welche noch jetzt für unübertroffen gelten, und Alkamenes war des Phidias nicht unwürdiger Nebenbuhler. Während der Pest, die im Laufe des peloponnes. Krieges zu Athen wüthete, erwarb sich der große Arzt Hippokrates (s.d.) unsterbliche Verdienste. Ihm verdankt die Medicin ihre erste wissenschaftliche Begründung. Unter den oben erwähnten Sophisten, welche durch alle griech. Länder sich ausbreiteten, zeichneten sich vornehmlich Protagoras, Gorgias, Hippias und Prodikus aus. Gegen sie trat mit Nachdruck der tugendhafte Sokrates (s.d.) auf, welcher emsig bemüht war, aus der Haltungslosigkeit, in welche durch die Sophisten das ganze sittliche Leben hingerissen wurde, dadurch zu retten, daß er darauf drang, in Allem das wahrhaft Gute und Schöne aufzusuchen. Die ausgezeichnetsten Geister bildeten sich im Umgange mit Sokrates und suchten, angeregt von dem weisen Lehrer, jeder in seiner Art, das höchste Gut zu bestimmen, indem sie zugleich zahlreiche und berühmte Philosophenschulen stifteten. Der Athener Antisthenes wurde Stifter der Cyniker (s.d.), welche in der Bedürfnißlosigkeit das höchste Glück suchten und durch Diogenes (s.d.) am berühmtesten oder vielmehr berüchtigtsten wurden; dagegen strebte der seine Weltmann Aristipp aus Cyrene, Stifter der cyrenaischen Schule, nach leidenschaftlosem Lebensgenuß in allen Verhältnissen des wandelbaren Geschicks, ohne Schmerz über Verlorenes und Sehnsucht nach Unerreichbarem, das sich darbietende Angenehme behaglich genießend; Pyrrho aus Elis lehrte, daß nur die Tugend Werth habe. alles Wissen aber eitler Wahn sei, und noch weiter als er selbst in der Bekämpfung alles Wissens ging sein Genosse Timon aus Phlius; Euklides aus Megara kam mit Lebensgefahr nach Athen, um den Sokrates zu hören (denn bei Todesstrafe war den Bewohnern von Megara der Eintritt mach Athen untersagt), und stiftete nach des Sokrates gewaltsamem Tode die megarische Schule in seiner Vaterstadt, deren Anhänger den Satz, daß es nur Ein Gutes gäbe, mit sophistischer Gewandtheit gegen alle andere Richtungen der Philosophie hartnäckig vertheidigten und daher auch die Streitsüchtigen (Eristiker) genannt wurden. Ähnliche Richtung hatten die von Phädon aus Elis gestiftete elische und die von Menedemus aus Eretria gestiftete eretrische Schule. Der größte Schüler des Sokrates war aber Platon (s.d.), durch welchen der größte Fortschritt der wissenschaftlichen Philosophie begründet wurde. Den höchsten Gipfelpunkt erreichte endlich die griech. Philosophie in Aristoteles (s.d.), dem großen Lehrer des Welteroberers Alexander. Die durch beide große Philosophen gegebenen Richtungen pflanzten sich durch die folgenden Jahrhunderte, ja bis tief ins Mittelalter, unter mancherlei veränderter Gestalt fort. Die Anhänger des Platon hießen Akademiker, die des Aristoteles Peripatetiker. Auch die Neuplatoniker, welche im 3. Jahrh. n. Chr. zu Alexandria in Ägypten sich bildeten, und deren Häupter Plotinus, Porphyrius und Jamblichus waren, sind als Nachfolger des Platon zu betrachten, obschon sie der alten Philosophie mit christlichen Ideen eine mystische Tiefe gaben, welche nicht im Geiste des Platon lag. Eine nicht viel geringere Ausbreitung als die akademische und peripatetische Schule gewannen die von Epikur (s.d.) aus Attika gestiftete epikuräische, und die von Zeno aus Cypern gestiftete Schule der Stoiker (s.d.).
Athen war durch den peloponnes. Krieg um seine politische Kraft gebracht worden und ging seinem Verderben mit schnellen Schritten entgegen. Der ausgezeichnete Redner Äschines stand im Solde des Feindes seines Vaterlandes [279] Philipp's von Macedonien, und der noch größere Redner Demosthenes (s.d.) vermochte nicht Athen zu retten. Von Athen ging allmälig der Ruhm, Mittelpunkt der Bildung zu sein, auf Alexandria (s.d.) in Ägypten über. In den Schulen zu Alexandria, Rhodus und Pergamus machten die mathematischen Wissenschaften, namentlich die Astronomie, große Fortschritte. Euklides, Archimedes (s.d.) und Eratosthenes sind vorzugsweise zu nennen. Der Letztere machte sich, sowie Hipparch, besonders durch mathematische Begründung der Geographie verdient. Ptolemäus (s.d.) wurde auf eine Reihe von Jahrhunderten Lehrer der Astronomie. In Altgriechenland sind in der Zeit des Verfalls desselben der Geschichtschreiber Polybius (s.d.) und die Idyllendichter Theokrit, Moschus und Bion erfreuliche Erscheinungen. Strabo (geb. 60 v. Chr.) aus Kappadocien machte große Reisen und schrieb ausgezeichnete geographische Werke. Unter den noch Spätern haben nur der geistreiche Schriftsteller Lucian (s.d.), der Geschichtsschreiber Dio Cassius (geb. 150 n. Chr.), der Arzt Galenus (s.d.), der vielschreibende Plutarch (s.d.) und wenige Andere bleibenden Ruhm sich erworben. Die (historischen) griech. Schriftsteller, von 400 n. Chr. bis zum Untergange des oström. Reichs, werden unter den Namen der Byzantiner (s.d.) zusammengefaßt.
Bis zur Eroberung Konstantinopels durch die Türken hatte sich unter den Gebildeten die alte griech. Sprache in ziemlicher Reinheit erhalten, während der gemeine Volksdialekt durch die vielen Fremden, welche durch die Einbrüche deutscher und slawischer Völkerschaften, sowie nachher in Folge der Kreuzzüge nach Griechenland kamen, sich schon bedeutend umgestaltet, mit fremden Worten vermischt und viel von der ursprünglichen Schönheit und dem frühern Reichthum, Klang und Formen verloren hatte. Als die Türken Herren Griechenlands wurden, flohen die gebildeten Griechen theils ins Abendland, theils wurden sie ermordet, theils Diener der neuen Herrschaft. So kam es, daß bald das alte Griechisch ganz aufhörte eine lebende Sprache zu sein. Auch der gemeine Dialekt wurde noch mehr unter der türk. Herrschaft umgestaltet und würde sich vielleicht gänzlich verloren haben, wenn nicht mit der Religion auch eine Erinnerung an die alte Landessprache sich erhalten hätte. Die Schriften des Alten und Neuen Testaments und der Kirchenväter besaß das Volk in altgriech. Sprache und konnte so wenigstens die eigne Sprache noch einigermaßen in Zusammenhang mit der des alten Griechenlands erhalten. Als späterhin bei dem zunehmenden Wohlstande der Griechen, auf Betrieb gebildeter Männer, theils aus ihrem eignen Volke, theils aus fremden christlichen Völkern, griech. Schulen in verschiedenen Gegenden der europ. Türkei gestiftet wurden, führte man, um zugleich den eingeschlummerten Heldengeist des griech. Volks wieder zu erwecken, die altgriech. Schriftsteller ein, lehrte sie verstehen und würdigen. Die neugriechische Sprache zeichnet sich von der altgriech. namentlich dadurch aus, daß sie alle Eigenthümlichkeiten der modernen Sprachen (Einheitsartikel, Hülfsverben u.s.w.) angenommen und dagegen den Formenreichthum, welcher die alte griech. Sprache auszeichnete, abgelegt hat. Es sind seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts eine große Anzahl von Sprachlehren und Wörterbüchern der neugriech. Sprache erschienen, welche den Zweck verfolgen, diesen in den verschiedenen Gegenden der europ. Türkei mannichfaltig abweichenden Dialekt auf bestimmte, allgemein gültige Regeln zurückzuführen. Das größte lexikalische Unternehmen war das Wörterbuch, welches der Patriarch in Konstantinopel, Gregorius, unternahm und bis zum zweiten Foliobande fortsetzte. Inmitten seiner gelehrten und verdienstlichen Arbeit wurde der griech. Patriarch in Konstantinopel von den Türken ermordet. Die ausgezeichnetsten Verdienste um neugriech., sowie auch um altgriech. Sprache und Literatur hat sich der Grieche Korais erworben, welcher an der geistigen Befreiung seines Vaterlandes rastlos arbeitete, während durch den blutigen Krieg die ersten Blüten der aufwachenden griech. Cultur in Griechenland selbst wieder unterzugehen drohten. Besonders hat sich unter den Neugriechen die poetische Literatur kräftig emporgehoben; so anerkennungswürdig aber auch die patriotischen Gedichte des im Artikel Griechenland nach seiner politischen Thätigkeit erwähnten Rigas und die zierlichen Liebeslieder von Christopulos sind, sowie die Bestrebungen vieler Neuern, vaterländischen Sinn in allen Gattungen der Poesie auszudrücken und zu fördern, durch Übersetzungen ausländischer Meisterwerke den Griechen europ. Cultur zugänglich zu machen; so werden doch den Preis der Poesie noch lange die wahrhaft poetischen Nationallieder davontragen, welche sich großentheils noch aus den vorhergehenden Jahrhunderten im Munde des Volks erhalten haben und die der deutsche Dichter Wilh. Müller zum Theil in einer trefflichen Übersetzung wiedergegeben hat. Die Regierung des neuen griech. Königreichs ist bis jetzt eifrig bemüht gewesen, die Bildung zu fördern. Die Journale, welche in Griechenland selbst erscheinen, sind leider öfter im Parteiinteresse als in dem des ganzen Vaterlandes thätig gewesen; aber die Anlegung von Schulen, Universitäten, die Errichtung von Buchdruckereien, Bibliotheken u.s.w. muß endlich die segensreichsten Früchte tragen.
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