[279] Eisenbahnbetrieb im eigentlichen, engeren Sinne ist nach der für das Deutsche Reich maßgebenden Ausdrucksweise der Inbegriff aller derjenigen Vorgänge und Verrichtungen, die zur Folge haben, daß auf einer vorhandenen, mit den erforderlichen Fahrzeugen und sonstigen beweglichen Gegenständen ausgerüsteten Bahn Züge hin und her laufen und so Beförderungsgelegenheit bieten. Alles, was von seiten der Bahnverwaltung und ihrer Organe geschieht, um die Benutzung dieser Gelegenheit zur Beförderung von Personen, Gepäck, Gütern, Tieren u.s.w. zu vermitteln, gehört unter den Begriff »Eisenbahnverkehr«. Die Unterhaltung der Eisenbahn, ihrer Fahrzeuge u.s.w. dient endlich dazu, die durch Betrieb und Verkehr stetig bewirkte Abnutzung und teilweise Zerstörung zu beseitigen oder unschädlich zu machen. Im weiteren Sinne versteht man unter Eisenbahnbetrieb auch den Eisenbahnverkehr mit, oder auch wohl Betrieb, Verkehr und Unterhaltung zusammen im Gegensatz zum Bau der Eisenbahnen. Außerhalb des Deutschen Reiches gilt obige scharfe Begriffsunterscheidung nicht. In Oesterreich haben die Worte Betrieb und Verkehr sogar eine annähernd entgegengesetzte Bedeutung wie im Deutschen Reich. Im folgenden soll der Eisenbahnbetrieb im engeren Sinne besprochen werden. (Vgl. im übrigen Eisenbahnverkehr, Bahnerhaltung.)
I. Arten der Eisenbahnen (s.a. Eisenbahn).
Abgesehen von Eisenbahnen besonderer Arten, wie Zahnstangenbahnen, Seilbahnen, Schwebebahnen (s.d.), unterscheidet man die Eisenbahnen nach der Betriebsweise und Bedeutung in Haupt-, Neben-, Lokal- oder Kleinbahnen, Privatanschlußbahnen, Bahnen für Privatzwecke und, zum Teil im Zusammenhang damit, nach der Spurweite, d.h. dem Abstand der Innenkanten der beiden Schienen (s.a. Spurweite).
Unter normalspurigen oder vollspurigen Bahnen versteht man solche von 1,435 m = 4'81/2'' engl. Spurweite. Diese wird in den meisten europäischen Ländern für alle Hauptbahnen und viele Nebenbahnen angewandt, herrscht auch in Nordamerika vor, während Rußland, Spanien, Portugal breitere Spurweiten besitzen und verkehrsarme Länder sich mit einer schmaleren Spur auch für ihre Hauptverkehrswege begnügen, so Griechenland, Norwegen, Japan, die deutschen und englischen Kolonien in Afrika u.s.w. Nebenbahnen sind im Deutschen Reich im Gegensatz zu den Hauptbahnen Eisenbahnen, die sich durch geringere Anforderungen an Bau, Ausrüstung und Betriebsweise von diesen unterscheiden, entweder voll- oder schmalspurig (letzterenfalls 1,0 m oder 0,75 m) sind, die aber auch, zusammen mit den Hauptbahnen, der Beaufsichtigung des Reiches unterstehen und auf welche die Reichsbestimmungen (Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung, Eisenbahnverkehrsordnung) Anwendung finden. In Preußen sind Haupt- und Nebenbahnen zusammen zugleich diejenigen Eisenbahnen, die dem Gesetz über die Eisenbahnunternehmungen vom 3. November 1838 unterstehen. Kleinbahnen oder Lokalbahnen, d.h. Bahnen[279] von nur örtlicher Bedeutung, sind im Deutschen Reiche der Gesetzgebung der einzelnen Staaten überlassen. Die Unterscheidung zwischen Neben- und Kleinbahnen ist nur in der rechtlichen Regelung, nicht in der Sache begründet, und man hat daher nebenbahnähnliche Kleinbahnen (zum Teil mit voller Spur und beträchtlichem Verkehr) und kleinbahnähnliche Nebenbahnen. In Oesterreich unterscheidet man logischer nur zwischen Haupt- und Lokalbahnen, ähnlich in andern Ländern. Eine besondere Unterscheidung zwischen Haupt-, Neben- und Lokalbahnen hat der Verein Deutsch er Eisenbahnverwaltungen [2], I, S. 125.
II. Maßgebende Bestimmungen.
Eisenbahnbetrieb und -verkehr sind geregelt durch zahlreiche Bestimmungen, deren Kenntnis für das Verständnis der Betriebs- und Verkehrsvorgänge unerläßlich ist.
Für deutsche Verhältnisse kommen in dieser Beziehung in Betracht:
A. Internationale Vereinbarungen der Staatsregierungen mit Gesetzeskraft.
B. Bestimmungen für das Gebiet des Deutschen Reiches, teils Reichsgesetze, teils vom Bundesrat auf Grund der Reichsverfassung (Art. 4,8) beschlossene und vom Reichskanzler bekanntgemachte Verordnungen.
C. Landesgesetze und Verordnungen der Landesaufsichtsbehörde. (Zu B. und C. s.a. Aufsichtsbehörden der Eisenbahnen.)
D. Freie Vereinbarungen zwischen mehreren (oft vielen) Bahnverwaltungen, die in der Regel über die Grenzen des einzelnen Landes hinaus zur Ermöglichung und Beförderung des durchgehenden Verkehrs zu Eisenbahnverbänden (s.d.), deren wichtigster der Verein Deutscher Eisenbahnverwaltungen (V.D. E.V.), zusammengetreten sind.
E. Bestimmungen der einzelnen Eisenbahnverwaltungen (s. d).
Die Bestimmungen zu A. gehen allen andern vor, die zu B. allen folgenden. Diese gelten indessen für Bayern nur insoweit, als das Interesse der Landesverteidigung (bei Bahnbauten kraft Reichsgesetzes auch des gemeinsamen Verkehrs) dies bedingt. (Verf. des D.R., Art. 4147.) Daher erläßt Bayern selbst seine Bestimmungen, die in Einzelheiten von denen des übrigen Deutschlands abweichen.
Die Bestimmungen zu C. gehen denen zu D. und E. vor. In Bayern decken sie sich zum Teil mit denen zu B.
Die Bestimmungen zu D. bilden eine Selbstbeschränkung der Bahnverwaltungen hinsichtlich ihrer eignen Bestimmungen (zu E.) zugunsten des durchgehenden Verkehrs. Sie gehen also den Bestimmungen zu E. vor, soweit sie als »verbindliche« vereinbart sind. Ost sind statt dessen die Bestimmungen nur als »empfehlende« vereinbart.
Die Bestimmungen zu E. werden bei Staatsbahnen oft von derselben Zentralbehörde erlassen, die Landesaufsichtsbehörde ist und die »Verordnungen« zu C. erläßt.
Aus der übergroßen Zahl der für die deutschen Bahnen in Betracht kommenden Bestimmungen sollen hier nur einzelne besonders wichtige hervorgehoben werden. (Ausführlichere Angaben mit besonderer Berücksichtigung der preußischen Staatsbahnen in [2], II, Anhang.)
A. Internationale Vereinbarungen mit Gesetzeskräft.
1. Bestimmungen betreffend die Technische Einheit im Eisenbahnwesen, Berner Schlußprotokoll vom 15. Mai 1886, in Kraft getreten am 1. April 1887 (T.E.). Einschließlich der nachträglich beigetretenen Staaten gültig für Deutschland, Frankreich, Italien, Oesterreich-Ungarn, Schweiz, Niederlande, Rumänien, Belgien, Serbien, Griechenland, Bulgarien, Dänemark, Luxemburg, Norwegen, Schweden und zum Teil auch Rußland. Die T.E. setzt für die Bahnen der beteiligten Länder die Spurweite einheitlich auf 1,4351,465 m (einschließlich der Erweiterung in Krümmungen) fest und gibt eine Reihe von Eigenschaften der Eisenbahnfahrzeuge an, bei deren Vorhandensein diese aus Gründen der Bauart vom internationalen Verkehr nicht ausgeschlossen werden dürfen.
2. Vorschriften über die zollsichere Einrichtung der Eisenbahnwagen im internationalen Verkehr. Berner Schlußprotokoll vom 15. Mai 1886, in Kraft getreten am 1. April 1887. Geltungsbereich wie zu 1.
3. Internationales Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr, ratifiziert zu Bern am 30. September 1892, in Kraft getreten am 1. Januar 1893, mit späteren Aenderungen. Dieses Uebereinkommen betrifft nicht den Betrieb im engeren Sinne, sondern bildet die gesetzliche Grundlage des Güterverkehrs (also eines Teils des Gesamtverkehrs), soweit er über die Grenzen des einzelnen Vertragsstaates hinaus innerhalb des Gesamtgebietes der Vertragsstaaten sich abspielt. Für den innerdeutschen Verkehr bildet das Gegenstück dazu das Handelsgesetzbuch und die Eisenbahnverkehrsordnung (s. Eisenbahnverkehr), letztere beiden aber alle Zweige des Eisenbahnverkehrs betreffend. Eisenbahnbetrieb und -verkehr werden ferner mittelbar beeinflußt durch internationale Vereinbarungen zu Wohlfahrtszwecken (Cholera, Pest, Reblaus, Viehseuchen u.s.w.), durch die Handelsverträge u.s.w.
B. Von seiten des Deutschen Reiches ergangene Gesetze und Verordnungen.
Außer den grundlegenden Bestimmungen der Verfassung des Deutschen Reiches (Art. 4,8 und 4147) kommen in erster Linie in Betracht:
a) Als den Betrieb im engeren Sinne, aber auch die dem Betriebe dienenden Anlagen betreffend:[280]
1. Die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung vom 4. November 1904, in Kraft getreten am 1. Mai 1905. Diese Ordnung (B.O.) regelt an Stelle der bis dahin gültigen Normen für den Bau und die Ausrüstung der Haupteisenbahnen Deutschlands, Betriebsordnung für die Haupteisenbahnen Deutschlands, Bahnordnung für die Nebeneisenbahnen Deutschlands, grundlegend, sowohl für Haupt- wie Nebenbahnen, die bauliche Anlage der Bahnen und ihrer Betriebsmittel, ihren für den Betrieb erforderlichen Zustand und die Handhabung des Betriebes.
Ergänzungen zur Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung bilden:
2. Die Signalordnung für die Eisenbahnen Deutschlands vom 5. Juli 1892 mit Nachträgen. (Dürfte bald neu herausgegeben werden.)
3. Die Bestimmungen über die Befähigung von Eisenbahnbetriebsbeamten vom 5. Juli 1892, mit Aenderungen. (Neue Ausgabe in Aussicht.)
b) Als den Verkehr betreffend:
4. Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897, gültig vom 1. Januar 1900 ab. Dieses verweist auf die
5. Eisenbahnverkehrsordnung vom 26. Oktober 1899, gültig vom 1. Januar 1900 ab, die somit eine mit Gesetzeskraft ausgestattete Rechtsverordnung ist.
In zweiter Linie sind hier zu nennen: Gesetze und Verordnungen, die das Verhältnis der Eisenbahnen zu verschiedenen Reichsressorts regeln, wie das Eisenbahnpostgesetz, das Eisenbahnzollregulativ, die Militäreisenbahnordnung u.s.w. sowie zahlreiche Gesetze und Verordnungen, die das Eisenbahnwesen mittelbar beeinflussen, so Gesetze u.s.w. über Rechtspflege, Handel und Wohlfahrt u.s.w.
C. Landesgesetze und Verordnungen.
Grundlegend ist auch hier in der Regel die Verfassungsurkunde. Im übrigen seien nur beispielsweise erwähnt das preußische Gesetz über die Eisenbahnunternehmungen vom 3. November 1838 und das ebenfalls preußische Gesetz über Kleinbahnen und Privatanschlußbahnen vom 28. Juli 1892.
D. Bestimmungen des Vereins Deutscher Eisenbahnverwaltungen (V.D. E.V.) und andrer Verbände.
Von Bestimmungen des V.D. E.V. kommen namentlich in Betracht:
1. Technische Vereinbarungen über den Bau und die Betriebseinrichtungen der Haupt- und Nebeneisenbahnen (T.V.), gültig vom 1. Januar 1897 ab mit Nachträgen. Die bindenden Bestimmungen sind durch fetten Druck hervorgehoben.
2. Grundzüge für den Bau und die Betriebseinrichtungen der Lokaleisenbahnen, gültig vom 1. Januar 1897 ab.
3. Uebereinkommen betreffend die gegenseitige Wagenbenutzung im Bereiche des V.D.E.V. (Vereinswagenübereinkommen) nebst 7 Anlagen, gültig vom 1. April 1897 ab, mit Nachträgen. (Aehnliche Uebereinkommen bestehen auch in andern Verbänden, s. unter X., B.)
4. Verzeichnis der größten Radstände, Raddrücke und Querschnittsmaße. (In diesem Verzeichnis sind nachrichtlich auch Angaben für Nichtvereinsbahnen mitgeteilt. Die amtliche Bekanntgabe der Radstände und Querschnittsmaße für die Bahnen in den der T.E. beigetretenen Ländern geschieht durch den Schweizerischen Bundesrat in Bern.)
5. Betriebsreglement des V.D.E.V., gültig vom 10. Oktober 1901 ab, mit Nachträgen. Dieses Betriebsreglement enthält die Verkehrsbestimmungen für den innerhalb des Vereins sich abspielenden Durchgangsverkehr. (Betrieb hier also im Sinne von Verkehr gebraucht.) Es entspricht mithin der für den innerdeutschen Verkehr geltenden Eisenbahnverkehrsordnung. Die Güterverkehrsvorschriften im Betriebsreglement sind ein wörtlicher Abdruck des Internationalen Uebereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr (s. oben).
6. Uebereinkommen zum vorstehenden Betriebsreglement, gültig vom 10. Oktober 1901 ab (mit Nachträgen).
Von Bestimmungen andrer Verbände seien als für die deutschen Bahnen besonders wichtig hier genannt die Kundmachungen des Deutschen Eisenbahnverkehrsverbandes (dem fast alle deutschen Haupt- und Nebenbahnen angehören), namentlich die Allgemeinen Abfertigungs- und die Beförderungsvorschriften dieses Verbandes. Wegen der Tarifverbände und der für ihre Gebiete vereinbarten Tarife und sonstigen Bestimmungen s. die Art. Eisenbahntarife, Eisenbahnverbände.
E. Bestimmungen der einzelnen Eisenbahnverwaltungen.
Diese bei den einzelnen Bahnen in sehr verschiedener Weise abgegrenzten und benannten Bestimmungen beziehen sich in der Regel auf die bauliche Anlage und die Unterhaltung, auf die Ausführung des Fahrplans, die Handhabung der Telegraphen- und Sicherungseinrichtungen, das Verfahren bei Unregelmäßigkeiten, ferner auf die Verkehrsvorgänge und das Kassenwesen u.s.w. und enthalten namentlich auch Dienstanweisungen für die verschiedenen Beamtengattungen.
Ueber die in andern Ländern für das Eisenbahnwesen maßgebenden Bestimmungen sei nur Folgendes angeführt:
Die internationalen Vereinbarungen (zu I, A.) gelten auch in den andern europäischen Ländern, soweit sie diesen Vereinbarungen beigetreten sind. Dies ist bei dem Internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr z.B. namentlich nicht der Fall für England, Spanien, Portugal, Norwegen, Schweden, Türkei, für die Bestimmungen über die T.E. und die Vorschriften über die zollsichere Einrichtung der Eisenbahnwagen im internationalen Verkehr nicht für England, Spanien, Portugal, Türkei und größtenteils Rußland.
An Stelle der Gesetze und Verordnungen des Deutschen Reiches und der Einzelstaaten (oben B., C.) sind in den meisten Ländern nur Gesetze und Verordnungen des einen Landes[281] vorhanden. (Aehnlich wie in Deutschland liegen die Verhältnisse in der Schweiz und in den Vereinigten Staaten von Nordamerika, beides gleichfalls Bundesstaaten.) Im übrigen sei nur noch darauf hingewiesen, daß die Bestimmungen des V.D. E.V. außer für die Deutschen Vereinsbahnen auch für diejenigen Oesterreich-Ungarns, der Niederlande, Luxemburgs, Rumäniens u.s.w. (s. Eisenbahnverbände) gelten.
III. Die Bahnstrecke als Vorbedingung für den Eisenbahnbetrieb.
Die Bahn muß sich beständig in solchem Zustande befinden, daß jede Strecke ohne Gefahr mit der größten für sie zugelassenen Geschwindigkeit befahren werden kann. Hierfür ist einmal eine technisch tüchtige Herstellung erforderlich, hierbei aber auch die Einhaltung gewisser einheitlicher Abmessungen, welche die Spurweite, die Tragfähigkeit des Oberbaues, die Neigungen und Krümmungen, die Umgrenzung des lichten Raumes (s. Bahnprofil) betreffen und die auf allen Bahnen, über deren Strecken Fahrzeuge im durchgehenden Verkehr durchlaufen sollen, übereinstimmen oder wenigstens im Einklang stehen müssen. Außerdem ist erforderlich das Vorhandensein von Vorkehrungen, die den ordnungsmäßigen Betrieb sichern und Betriebsstörungen durch den Eisenbahnbetrieb selbst, durch Menschen, Tiere und Naturereignisse verhüten. Schließlich muß die Bahn in ihrem technisch tüchtigen Zustande erhalten und es muß durch die Bahnbewachung das Vorhandensein solchen Zustandes überwacht, Störungen vorgebeugt und die Bedienung der den Betrieb sichernden Vorkehrungen bewirkt werden.
A. Technische Beschaffenheit.
Bezüglich der technischen Beschaffenheit ist im allgemeinen auf die Einzelartikel wie Bahnprofil, Bettung, Einfriedigungen, Oberbau, Schienenherstellung, Tunnel, Unterbau, Wegeschranken u.s.w. zu verweisen. Hervorgehoben sei hier nur folgendes: Die Spurweite, d.h. der Abstand zwischen den Innenkanten der Schienen, hat in allen der T.E. beigetretenen Ländern (abgesehen natürlich von Schmalspurbahnen) nicht unter 1,435 m, in Krümmungen einschließlich der Spurerweiterung nicht über 1,465 m zu betragen. Einen wesentlichen Einfluß auf die Leistungsfähigkeit einer Strecke haben deren Neigungen und Krümmungen (s. Neigungs-, Krümmungsverhältnisse).
In bezug auf Schutzvorkehrungen gegen Betriebsstörungen durch Naturereignisse s. Schneeverwehungen, Lawinenverbauungen, Forstschutzstreif en. Letztere dienen allerdings in erster Linie zum Schütze der Wälder, Heiden und trockenen Moore selbst. Ebenso verhält es sich mit den Vorschriften über den Abstand von Gebäuden, Holzplätzen u.s.w. von der Eisenbahn.
Das Betreten der Bahnanlagen durch Menschen und Vieh wird allgemein verboten und nur den dazu befugten Beamten und sonstigen Personen unter besonderen Bedingungen gestattet. Um ersteres Verbot wirksam zu machen, wird in manchen Ländern, so in England, Frankreich, Norwegen u.s.w., die Bahnstrecke in voller Länge auf beiden Seiten eingefriedigt (s. Einfriedigungen der Eisenbahn). In Deutschland sind durch die B.O. Einfriedigungen zwischen der Bahn und ihrer Umgebung allgemein nur auf Hauptbahnen für die Fälle vorgeschrieben, wo die Gestaltung der Bahn oder die gewöhnliche Bahnbewachung nicht hinreichend erscheint, das Betreten der Bahn zu verhindern. Für Nebenbahnen, die oft ohne Einfriedigung neben und auf dem Körper öffentlicher Straßen liegen, wird das etwaige Erfordernis von Einfriedigungen von Fall zu Fall geregelt. Wegübergänge in Schienenhöhe, die man beim Neubau von Hauptbahnen tunlichst vermeiden sollte und die in England nur in geringer Zahl vorhanden sind, müssen bei Hauptbahnen in Deutschland mit Wegeschranken (s.d.) und Warnungstafeln versehen sein, während bei Nebenbahnen vor Wegübergängen ohne Schranken Kennzeichen für den Lokomotivführer anzubringen sind, an welchen Stellen er die Läutevorrichtung in Tätigkeit zu setzen hat. Kreuzungen von Hauptbahnen mit andern Bahnen in Schienenhöhe dürfen in Deutschland außerhalb der Einfahrsignale der Bahnhöfe nicht angelegt werden. Man vermeidet hier aber tunlichst auch Abzweigungen auf freier Strecke und Kreuzungen der Fahrwege der Züge innerhalb der Bahnhöfe. In manchen andern Ländern geht man in allen diesen Beziehungen erheblich weniger weit, so in England und den Vereinigten Staaten von Nordamerika.
C. Einteilung der Streckengleise für die Benutzung. Zugfolge.
Die von den planmäßigen Zügen befahrenen Gleise nennt man Hauptgleise, in Deutschland insbesondere die Hauptgleise der freien Strecke und ihre Fortsetzung durch die Bahnhöfe »durchgehende Hauptgleise«. Während auf eingleisigen Bahnen dasselbe Hauptgleis für beide Fahrrichtungen benutzt wird, dient auf zweigleisigen Bahnen in der Regel je ein Hauptgleis für eine Fahrrichtung, und zwar in Deutschland das rechte Hauptgleis, in den meisten andern Ländern Europas das linke Hauptgleis. Dreigleisige Bahnen entstehen nicht selten dadurch, daß neben einem Hauptpersonengleispaar ein eingleisig betriebenes Gütergleis liegt. Auf viergleisigen Bahnen wird in der Regel (Linienbetrieb) ein Gleispaar für die Personenzüge, das andre für die Güterzüge, oder das eine für die (schnellen) Fernzüge, das andre für die (langsamen) Nahzüge benutzt, bisweilen dienen aber auch (Richtungsbetrieb) zwei nebeneinander liegende Gleise für eine, die andern beiden für die andre Richtung. Mehrgleisige Bahnen kommen nur ausnahmsweise vor.[282]
Während auf eingleisigen Bahnen die Verhütung des Gegeneinanderfahrens zweier Züge besonderer Vorsorge im Zugmeldedienst bedarf, ist auf guteingerichteten zweigleisigen Bahnen diese Gefahr durch die Weichenanordnung und die Stellwerke in den Stationen so gut wie ausgeschlossen. Die Zugfolge jeder Fahrrichtung ist also (soweit nicht Abzweigungen oder Einmündungen mit sogenannter Spaltungskreuzung vorkommen) von der der entgegengesetzten Fahrrichtung unabhängig, es sei denn, daß bei Sperrung eines Gleises das andre eingleisig befahren werden muß. Dagegen muß auch auf zweigleisigen Bahnen verhindert werden, daß ein nachfolgender Zug auf einen vorangefahrenen aufläuft. Das Fahren in »Stationsabstand«, d.h. daß kein Zug von einer Station abfahren darf, bevor der vorangefahrene Zug die nächste Station erreicht hat, läßt bei großen und ungleichen Stationsabständen keinen dichten Zugverkehr zu. Die in manchen Ländern noch gebräuchliche »Zeitfolge«, d.h. die Einhaltung eines je nach der fahrplanmäßigen Geschwindigkeit des voranfahrenden und des folgenden Zuges verschieden bemessenen Zeitabstandes zwischen beiden, ist betriebsgefährlich. Auf allen gut eingerichteten Bahnen wird dagegen im »Raumabstand« gefahren, wobei man die Stationsabstände durch Zwischenschaltung von noch ferneren Zugfolgestellen (Blockstellen) nach Bedarf in kleinere Streckenabschnitte teilt, in deren jeden ein Zug nicht einfahren darf, bevor ihn der vorangefahrene Zug verlassen hat.
D. Ausrüstung der Bahnstrecke.
Die Bahnstrecke wird in der Regel mit Ableitungszeichen (Kilometersteinen) versehen. Der Wechsel der Neigungen wird den Lokomotivführern nach Bedarf durch Neigungszeiger (s.d.) angezeigt, bisweilen werden auch die Halbmesser der Krümmungen an deren Anfangs- und Endpunkten kenntlich gemacht. Wegen der Läutetafeln auf Nebenbahnen s. unter B., wegen der Bahnwärterhäuser s.d. Von den Haupt- und Vorsignalen und den Stellwerken an Blockstellen gilt dasselbe wie unter IV., D. von den Signalen u.s.w. auf den Bahnhöfen Gesagte (s.a. Bahnzustandssignale). Die Bahnstrecken sind je nach der Gattung der Bahn und dem Verkehrsumfang sowie der Ausrüstung mit einer oder mehreren Telegraphen- oder Fernsprechleitungen, ferner unter Umständen mit Blockleitungen, Läuteleitungen nebst elektrischen Läutewerken (VII., D.) u.s.w. ausgestattet.
E. Unterhaltung und Bewachung der Bahn. (S.a. Bahnaufsicht und Bahnerhaltung.)
Die Bahn muß, um ihren betriebssicheren Zustand ständig zu gewährleisten, soweit nicht für ganz langsam befahrene Neben- oder Kleinbahnen eine seltenere Ueberwachung zulässig ist, regelmäßig täglich überwacht werden. Dies geschieht in den je nach Vorschrift ein- oder mehrmaligen täglichen Streckenbegängen der dem Bahnmeister unterstellten Bahnwärter. Hierbei haben sie Beschädigungen der Bahn und Gefährdung der Züge durch Unbefugte oder durch höhere Gewalt zu verhüten, entstandene Schäden bei geringem Umfange tunlichst sofort auszubessern (z.B. Anziehen von Laschenschrauben), im übrigen die Schäden wenigstens rechtzeitig zu melden und, wenn den Zügen Gefahr droht, die Bahn durch Signale zu sperren oder Langsamfahrsignale zu geben (s.a. Bahnzustandssignale). Die Bahnwärter haben ferner die Wegschranken an Niveauübergängen rechtzeitig zuschließen, soweit dies nicht besonderen Schrankenwärtern oder -Wärterinnen übertragen ist, und sonstige ihnen überwiesene Vorrichtungen (Signale, Läutewerke u.s.w.) zu bedienen, ferner die fahrenden Züge zu beobachten (s. VII., D.), ihnen erforderlichenfalls Langsamfahr- oder Haltsignale zu geben (s. oben) und in ihrem Dienstbereiche die Bahnpolizei (s.d.) auszuüben, d.h. Uebertretungen zu verhüten und unter Umständen Schuldige festzunehmen. Die eigentliche Unterhaltung und Erneuerung der Bahn geschieht durch Arbeiterrotten unter Leitung von Vorarbeitern oder Rottenführern, die gleichfalls den Bahnmeistern unterteilt sind. Dieser Einrichtung auf den deutschen, österreichischen, schweizerischen Bahnen und denen vieler andrer Länder gegenüber wird in England die Bahnbewachung und regelmäßige Bahnunterhaltung von denselben Arbeiterrotten ausgeführt, deren Vormann die der Rotte überwiesene Strecke täglich zweimal zu begehen hat.
IV. Die Bahnhöfe als Vorbedingung für den Eisenbahnbetrieb.
Stationen sind nach der für Deutschland gültigen Begriffsbestimmung der B.O. die Betriebsstellen, auf denen die Züge des öffentlichen Verkehrs regelmäßig anhalten. Stationen mit mindestens einer Weiche für den öffentlichen Verkehr werden betriebstechnisch als Bahnhöfe, Stationen ohne solche Weichen als Haltepunkte bezeichnet. Solche Teilpunkte der Strecke für die Raumfolge der Züge (s. oben), die nicht zu den Bahnhöfen gehören, heißen Blockstellen, zu denen mithin auch Haltepunkte gehören können. Bahnhöfe und Blockstellen zusammen bezeichnet man als Zugfolgestellen. In Oesterreich unterscheidet man etwas anders in Stationen und Ausweichen einerseits, in Blockzugmeldeposten anderseits. In der Schweiz werden Signal- und Blockstationen für die Zugfolge als Stationen betrachtet.
Die Bahnhöfe dienen einerseits zur Bildung und Zerlegung der Züge und zur Regelung des Zugdienstes, anderseits, mittels der mit ihnen verbundenen Abfertigungsstellen, zur Aufnahme und Abgabe des Verkehrs. Demnach enthalten die Bahnhöfe außer den durchgehenden und sonstigen Hauptgleisen a) die Anlagen für den Personen- und Gepäckverkehr, b) die Anlagen für den Güterverkehr, c) die Anlagen für den Personenzugbetrieb (Abstellanlagen), d) die Anlagen für den Güterzugbetrieb (Rangieranlagen). Auf großen Bahnhöfen bildet jeder dieser vier[283] Bestandteile unter Umständen einen besonderen Bahnhof oder Bahnhofsteil, auf kleineren Stationen schwinden alle vier Bestandteile in eine Anlage zusammen, unter Umständen fehlen auch einzelne davon. Die Werkstätten zur Prüfung und Ausbesserung solcher Eisenbahnfahrzeuge, die hierfür aus dem Betriebe herausgenommen werden (auch wohl, wie in England, zum Neubau von Fahrzeugen), sind keine eigentlichen Betriebsanlagen, haben auch in der Regel eine von den Bahnhöfen abgesonderte Lage.
Die Blockstellen dienen im allgemeinen nur zur Regelung der Raumfolge der Züge (s III., C.) und bestehen in der Blockbude samt Ausrüstung und den zugehörigen Blocksignalen. Blockstellen mit Abzweigung haben auch auf die Reihenfolge der Züge Einfluß. Haltepunkte dienen mittels der Bahnsteige, Wartehallen und sonstigen Anlagen zur Aufnahme und Abgabe des Verkehrs. Hierzu müssen auch gewisse Züge bei ihnen anhalten. Sonst haben sie aber, wenn sie nicht zugleich Blockstellen sind, auf den Zugbetrieb keinen Einfluß. Die Regel, daß die Bahn sich beständig in solchem Zustande befinden muß, daß jede Strecke ohne Gefahr mit der größten für sie zugelassenen Geschwindigkeit befahren werden kann, gilt auch für die Bahnhöfe. Wegen deren Anlage und Ausrüstung ist im allgemeinen auf Bahnhöfe, Bahnsteig, Bahnzustandssignale, Blockeinrichtungen, Empfangsgebäude, Weichen u.s.w. zu verweisen. Mit Rücksicht auf die Betriebsleitung sind indessen noch mehrere Punkte besonders zu erörtern.
A. Arten der Bahnhöfe.
Die einzelne im Zusammenhange betriebene Bahnlinie weist, wenn man sie ohne Rücksicht auf anschließende oder kreuzende Bahnen betrachtet (vgl. Fig. 1), zwei Endbahnhöfe A, Z und in der Regel eine Anzahl Zwischenbahnhöfe B, C u.s.w. auf. Soweit andre Bahnen in Zwischenbahnhöfen oder Endbahnhöfen der ersteren Bahn an sie anstoßen, sie kreuzen oder berühren, sucht man die Bahnhöfe zu vereinigen oder doch die Personenbahnhöfe aneinander zu legen, um den Uebergang ganzer Züge, einzelner Wagen oder wenigstens der Reisenden zu erleichtern. Durch solches Hinzutreten andrer Bahnen (Fig. 2) verwandeln sich die Zwischenbahnhöfe der ersteren Bahn in Anschluß-(Trennungs-) bahnhöfe (C, Fig. 2), Kreuzungsbahnhöfe (E, Fig. 2), Berührungsbahnhöfe (G, Fig. 2), die Endbahnhöfe in Uebergangsbahnhöfe (A und Z, Fig. 2). In einem Kreuzungsbahnhöfe brauchen sich nicht notwendig die Bahnen in Schienenhöhe zu kreuzen. Man bewirkt vielmehr bei Neuanlagen die Kreuzung zweier Bahnen tunlichst außerhalb der Bahnhöfe durch Ueberbrückung.
B. Gestaltung der Bahnhöfe (vgl. a. Bahnhofe).
1. Anlagen für den Personenverkehr. Obwohl die Betriebsanlagen, von denen der gesamte Betriebs- und Verkehrsdienst abhängt, den wichtigsten Bestandteil der Bahnhöfe bilden, und der Güterverkehr wiederum den Personenverkehr im ganzen an Bedeutung weit überwiegt, so sind doch für die Gestaltung der Bahnhöfe die Anlagen für den Personenverkehr, die bequem zugänglich sein sollen, in erster Linie maßgebend. Vom Gesichtspunkte des Eisenbahnbetriebs unterscheidet man zweckmäßig nur zwei Hauptformen von Bahnhöfen: die Kopfform und die Durchgangsform. Abarten von letzterer sind die Insel- und Keilform. Die Kopfform ist für den Verkehr sehr bequem, weil man Kopfbahnhöfe verhältnismäßig leicht in das Innere der Städte vorschieben kann und weil eine beliebige Zahl zwischen den Gleisenden vorgestreckter Zungenbahnsteige ohne Gleisüberschreitung und sehr übersichtlich von einem Kopfbahnsteig zugänglich gemacht werden können. Die Kopfform ist daher beim Publikum sehr beliebt. Für den Betrieb bietet sie selbst auf Endbahnhöfen die Schwierigkeit, daß die endigenden Züge rückwärts herausgezogen, die abfahrenden Züge rückwärts hineingesetzt werden müssen, auf Zwischen- und Uebergangsbahnhöfen aber erheblichere Nachteile, so namentlich den, daß ein Umsetzen oder ein Wechsel der Lokomotive und eine Umkehr der Fahrrichtung, verbunden mit Umordnungen der Züge und mit mehr oder weniger beträchtlichen Umwegen, erforderlich wird, sowie den Nachteil, daß das Kreuzen der verschiedenen Ein- und Ausfahrrichtungen in Schienenhöhe sich nur durch Unter- und Ueberführungen vermeiden läßt, welche die Uebersichtlichkeit der Gleise und die Erweiterungsfähigkeit der Gesamtanlage beeinträchtigen. In jedem Fall bedarf der Kopfbahnhof einer größeren Gleisanzahl, also auch größerer Breite und Fläche, als ein gleich leistungsfähiger Durchgangsbahnhof. Die Kopfform sollte daher, namentlich bei reinen Zwischenbahnhöfen, nur da angewendet werden, wo die örtlichen Verhältnisse dazu zwingen. Die Durchgangsform bildet die Regel für Zwischenbahnhöfe, die man zweckmäßig so einrichtet, daß Züge, ohne anzuhalten, mit Sicherheit durchfahren und einander ausweichen können, kommt aber auch bei Endbahnhöfen bisweilen vor (s. Bahnhöfe). Auch für Abzweigungs-, Kreuzungs- und Berührungsbahnhöfe ist die Durchgangsform die Regel bisweilen für endende Bahnlinien verbunden mit der Kopfform , wobei dann eine mehr oder weniger große Zahl von Bahnsteiggleisen nebeneinander angeordnet und die dazwischenliegenden Personen- und Gepäckbahnsteige durch Tunnel oder Brücken nebst Treppen oder Rampen und Gepäckaufzügen schienenfrei zugänglich gemacht sind. Bei dieser Form lassen sich die Uebergänge ganzer Züge und einzelner Wagen von einer der kreuzenden, berührenden oder anschließenden Bahnen auf die andre meist verhältnismäßig einfach bewirken, namentlich wenn man von dem Richtungsbetrieb Gebrauch macht (s. Bahnhöfe). Die Treppenstationsform (s. Bahöhofe) wird nur ausnahmsweise für Kreuzungsbahnhöfe verwendet. Sie hat den Nachteil, daß Uebergänge von Personenzügen und einzelnen Wagen im regelmäßigen Betriebe im allgemeinen nicht möglich sind. In der Regel werden bei jeder zwei- oder mehrgleisigen[284] Hauptbahn alle Streckenhauptgleise innerhalb der Bahnhöfe gesondert durchgeführt (durchgehende Hauptgleise), während eingleisige Bahnen innerhalb der Bahnhöfe in zwei Hauptgleise gespalten werden. Zu den durchgehenden Hauptgleisen treten häufig fernere Personenhauptgleise, die mit Bahnsteigkanten ausgerüstet werden, so namentlich, wo auf Durchgangsbahnhöfen Ueberholungen von Personenzügen häufiger vorkommen, oder wo neben dem Fernverkehr ein Nahverkehr entspringt, und besonders auf Kopfbahnhöfen, wo die längere Inanspruchnahme der Bahnsteiggleise deren Vermehrung bedingt. Auf Bahnhöfen, in die mehrere Bahnen einlaufen, ist daher die Zahl der Bahnsteiggleise häufig erheblich größer, als die Summe der Hauptgleise der einzelnen Bahnen. Wegen der außerdem zu den Personenhauptgleisen hinzutretenden Güterhauptgleise (Ueberholungsgleise) und sonstiger Gleise s. unter 3.
2. Die Betriebsanlagen für den Personenverkehr, auf kleinen Bahnhöfen oft gar nicht erforderlich, sonst oft nur aus einzelnen Gleisen zur Aufstellung von Bereitschaftswagen und unter Umständen einzelnen Lokomotivschuppenständen bestehend, nehmen auf Zugbildungs- und Lokomotivwechselbahnhöfen oft einen großen Umfang an und bilden dann in der Regel besondere Bahnhof steile, die Abstellbahnhöfe (vgl. [13]). Diese ordnet man tunlichst nahe den Bahnsteiggleisen an und verbindet sie zweckmäßig so mit ihnen, daß alle zur Bereitstellung der Züge, zur Herbeiholung von Verstärkungswagen und zum Zu- und Abgange der Lokomotiven erforderlichen Bewegungen mit möglichst wenig Kreuzungen von Hauptgleisen vorgenommen werden und sich auch gegenseitig möglichst wenig Hören.
3. Die Betriebsanlagen für den Güterverkehr bestehen auf mittleren und kleinen Bahnhöfen, soweit sie überhaupt gesondert vorhanden sind, in der Regel aus den Güterüberholungsgleisen (Güterhauptgleisen), den Aufstellgleisen für angekommene und zum Abgange bestimmte sowie leere Güterwagen, dem Durchlaufgleise, den Ausziehgleisen und etwaigen Lokomotivschuppenständen mit Zubehör. Bei großen Städten und an Hauptknotenpunkten der Bahnen sind hierfür besondere Bahnhöfe, die Rangierbahnhöfe, vorhanden, die oft von den Ortsgüteranlagen räumlich mehr oder weniger weit entfernt sind. Auf den Rangierbahnhöfen (s. Verschiebebahnhöfe) werden die ankommenden Güterzüge zerlegt und ihre Bestandteile, soweit sie nicht den Ortsgüterverkehrsanlagen zugeführt werden, zusammen mit den aus dem Ortsgüterverkehr kommenden Wagen zu neuen Zügen zusammengesetzt.
4. Bezüglich der Anlagen für den Ortsgüterverkehr s. Bahnhöfe, Güterbahnhöfe.
C. Gleisnumerierung, Gleisbenutzung, Fahrordnung.
Die Gleise jedes Bahnhofs werden, um sie bezeichnen zu können, numeriert, und zwar in Deutschland vom Empfangsgebäude beginnend, ohne Unterschied der Haupt- und Nebengleise, indem die Hauptgleise durch römische Ziffern kenntlich gemacht werden. Bei doppelten und mehrfachen Bahnhofsanlagen wird jeder Bahnhofsteil für sich in derselben Weise durchnumeriert.
Die Fahrordnung ist nach dem in Deutschland und der Schweiz maßgebenden Sprachgebrauch (in Oesterreich bedeutet Fahrordnung so viel wie Fahrplan) die, Vorschrift über die Benutzung der verschiedenen Hauptgleise für die verschiedenen Züge. Daß auf zweigleisigen Strecken in Deutschland rechts, in den meisten andern Ländern Europas links gefahren wird, wurde bereits oben (unter III., C.) gesagt. Dieselbe Fahrordnung pflegt im allgemeinen für die innerhalb der Bahnhöfe durchgeführten Hauptgleise (die durchgehenden Hauptgleise, s. oben) zu gelten. Sobald aber außer den durchgehenden Hauptgleisen noch fernere Hauptgleise für Ueberholen und Kreuzen von Personen- und Güterzügen, für endigende und entspringende Züge (solche Gleise oft tot endigend) vorhanden sind, oder sofern auf einem Anschluß-, Kreuzungs-, Berührungs- oder Uebergangsbahnhofe Züge bei der Ein- oder Ausfahrt unmittelbar in die Hauptgleise andrer Bahnen übergehen können, wird es erforderlich, für solchen Bahnhof durch eine »Bahnhofsfahrordnung« besonders vorzuschreiben, welches Gleis jeder fahrplanmäßige Zug benutzen soll. Die Bahnhofsfahrordnung führt entweder nacheinander, wie ein tabellarischer Fahrplan, alle Züge mit ihren Ankunfts- und Abfahrtzeiten unter Angabe der Gleisnummern tabellarisch auf, wodurch dann oft ein dickes Fahrordnungsbuch für den einzelnen Bahnhof entsteht, oder es wird, wie dies z.B. auf den bayrischen Staatsbahnen neben den tabellarischen Fahrordnungen in großem Umfange geschieht, zeichnerisch auf einem Blatt die ganze Fahrordnung dargestellt.
Fig. 3 zeigt, wie man beispielsweise solche zeichnerische Fahrordnung gestalten kann und wie daraus genau ersichtlich ist, wie Zug 3767 von Zug 137, Zug 4798 von Zug 136, Zug 3651 von Zug 13 überholt wird, wie zwischen Zug 145 und 131 auf Gleis I eine Pause von über zwei Stunden liegt, die zu Gleisausbesserungsarbeiten benutzt werden kann, wie Zug 17 auf Gleis I ankommt und nach Gleis II gesetzt wird, um von dort als Zug 18 wieder abzugehen, wie Zug 10 auf dem Bahnhof endigt, Zug 145 auf ihm entspringt u.s.w.[285]
Wenn eine solche Bahnhofsfahrordnung für alle beim Stationsdienst beteiligten Bediensteten den genauen Aufschluß über Benutzung und Freisein der einzelnen Gleise gibt, so faßt man zur Unterrichtung des Zugbegleitpersonals, dem es nur auf den Weg des eignen Zuges ankommt, zweckmäßig alle Züge mit gleichem Wege zusammen und druckt die Fahrordnungen aller Stationen eines gewissen Bezirks hintereinander in demselben Buche ab. Nachgebende Tabelle zeigt, wie z.B. auf den preußischen Staatsbahnen eine solche für das Zugbegleitpersonal bestimmte Fahrordnung (Allgemeine Fahrordnung) aussieht, und wie man sich daraus nicht nur über den Weg jedes Zuges, sondern auch über das dem Lokomotivführer sich zeigende Signalbild, die Fahrt gegen die Spitze oder durch den krummen Strang von Weichen u.s.w. unterrichten kann. Wegen Zulässigkeit von Abweichungen von der Fahrordnung s. unter VIII., C.
D. Weichen, Signale, Stellwerke.
Damit die Züge ihren durch die Fahrordnung vorgeschriebenen oder ausnahmsweise davon abweichenden Weg innerhalb der Bahnhöfe richtig verfolgen, und damit ferner die zur Zusammensetzung und Zerlegung der Züge, zur Ab- und Zufahrt der Lokomotiven, zur Bedienung der Güterschuppen u.s.w. erforderlichen Rangierbewegungen von Zügen und Zugteilen vorgenommen werden können, sind die verschiedenen Gleise der Bahnhöfe miteinander durch Weichen (s.d.) (außerdem bisweilen durch Drehscheiben oder Schiebebühnen) verbunden. Die Länge der Hauptgleise zwischen den Endweichen richtet sich nach der Länge der auf den betreffenden Bahnstrecken verkehrenden Züge, diejenige der Nebengleise nach dem Umfange des Verkehrs. Die Weichen müssen auf den für die Zugfahrten oder für die Rangierbewegungen erforderlichen Weg eingestellt werden. Das Umstellen der Weichen geschieht durch die Weichensteller entweder mit der Hand mittels der an den Weichen selbst angebrachten Stellböcke oder von einem Stellwerke (s.d.) aus für mehrere oder zahlreiche Weichen gemeinsam. Welcher Weg eingestellt ist, wird den Lokomotivführern durch Bahnzustandssignale (s.d.) kenntlich gemacht, und zwar für die Wege fahrplanmäßiger Züge ziemlich allgemein in allen Ländern durch Mastsignale (in Deutschland »Hauptsignale« genannt) und zugehörige Vorsignale (Distanzsignale), für Rangierfahrten entweder (so in Belgien, Italien, England) durch besondere Rangiersignale, die entweder auch an Masten oder niedrig nahe dem Boden angebracht sind und den ganzen Rangierweg kennzeichnen, oder durch Kennzeichnung der Stellung aller einzelnen Weichen durch mit diesen unmittelbar verbundene Weichensignale (so in Deutschland, Oesterreich, der Schweiz), zu denen dann unter Umständen Rangierverbotsignale treten. Die Rangiersignale für die ganzen Rangierwege sind grundsätzlich vollkommener, lassen sich aber selten für alle Rangierfahrten herstellen, führen trotzdem meist zu einer Häufung der Signale und lassen ferner nicht, wie die Weichensignale, eine falsche Stellung der einzelnen Weichen infolge Aufschneidens durch falsches Befahren erkennen. Auch die Signale werden entweder mit der Hand oder von Stellwerken aus gestellt. Ihre Fahrterlaubnisstellung soll von[286] der richtigen Stellung der zu befahrenden Weichen abhängig sein. In neuerer Zeit ordnet man auf allen Bahnhöfen von nicht ganz geringer Bedeutung in der Regel Stellwerke zu gemeinsamer Stellung von Weichen und Signalen an, welche die vorerwähnte Abhängigkeit der Signal- von der Weichenstellung ohne weiteres gewährleisten (Sicherheitsstellwerke). Hierüber sowie über die Abhängigkeit etwaiger mehrerer Stellwerke desselben Bahnhofs voneinander, von der Kommandostelle und von der Streckenblockierung s. Stellwerke.
E. Der Stationsdienst
im weiteren Sinne umfaßt alle auf den Bahnhöfen und Haltepunkten vorzunehmenden Handlungen und Vorgänge für Betrieb und Verkehr. Auf kleinen und mittleren Stationen pflegen Betriebs- und Verkehrsdienst einem Beamten, dem Stationsvorsteher, unterteilt zu sein (Stationen mit vereinigtem Dienst). Auf großen Stationen (mit getrenntem Dienst) pflegt man den Verkehrsdienst besonderen Dienststellen (Fahrkartenausgabe, Gepäckabfertigung, Güterabfertigung, Eilgutabfertigung, unter Umständen auch mehrere von diesen vereinigt) mit besonderen Vorstehern zu übertragen, die von dem den Betriebsdienst leitenden Stationsvorsteher nur insoweit abhängig sind, als ihre Handlungen in den äußeren Betrieb eingreifen. Wo die Geschäftskreise der Station und der Abfertigungsstellen sich berühren, wie bei der Zu- und Abführung der Wagen zu den Güterschuppen, Viehrampen u.s.w., müssen die beiderseitigen Dienststellen sich verständigen.
Man kann den Stationsdienst unterscheiden nach innerem und äußerem Dienst, oder, da beide vielfach ineinander greifen, besser nach den verschiedenen Betriebs- und Verkehrsvorgängen.
1. Leitung des Fahrdienstes. Der vornehmste Zweig des Stationsdienstes umfaßt namentlich den Depeschenverkehr und Wechsel der Blockmeldungen mit den benachbarten Zugfolgestellen, die Erteilung und Ausführung der Aufträge zum Stellen der Weichen und Signale, die Empfangnahme und Untersuchung der ankommenden Züge (etwaige Aenderung ihrer Zusammensetzung), die Untersuchung auf der Station entspringender Züge vor der Abfahrt, den Verkehr mit dem reifenden Publikum und die Erteilung der Aufträge zur Ein- oder Durchfahrt und Abfahrt. Soweit der Stationsvorsteher nicht selbst den Fahrdienst leitet, tun dies unter seinem Oberbefehl die damit betrauten Stationsbeamten (in Deutschland »Fahrdienstleiter«, in Oesterreich »Zugexpedienten«). Es wirken mit die Stationsbeamten im Bureau und etwaige besondere Telegraphisten, die Beamten und Arbeiter des Außendienstes, als Weichensteller, Bahnwärter, Rangiermeister, Schirrmänner, Wagenmeister u.s.w. Auf Personenstationen befindet sich der Fahrdienstleiter bei Ausübung seiner Tätigkeit in der Regel auf dem Bahnsteige. Auf großen Stationen geschieht indessen bisweilen die Fahrdienstleitung von einer (oder mehreren) Befehlsstelle aus, die dem Andrang des Publikums entrückt ist und zweckmäßig sich im Räume des Hauptstellwerkes befindet, während besondere Beamte für den Verkehr mit dem Publikum und für die unmittelbare Abfertigung der Züge tätig sind. In England liegt die Fahrdienstleitung im wesentlichen in den Händen der Stellwerkswärter.
2. Der Rangierdienst, namentlich die Bildung und Zerlegung von Zügen, die Bedienung der Verkehrsanlagen wird unter Leitung der hiermit betrauten Stationsbeamten des Außendienstes (in der Regel zugleich Fahrdienstleiter), deren auf großen Stationen mehrere mit getrennten Bezirken gleichzeitig tätig sind, wobei sie sich über durchgehende Rangierbewegungen gegenseitig verständigen müssen, von den Rangiermeistern, Rangierarbeitern, Weichenstellern und dem Lokomotivpersonal u.s.w. ausgeführt. Zur Bildung der Züge im weiteren Sinne gehört auch die Reinigung und Versorgung sowie Untersuchung der Wagen, Versorgung der Züge mit Lokomotivkraft, ihre Besetzung mit Zugführern, Schaffnern, Bremsern u.s.w.
3. Der Verkehrsdienst, d.h. der Fahrkartenverkauf, die Abfertigung des Gepäcks, der Güter, Tiere, Leichen, Fahrzeuge, der, soweit er nicht besonderen Dienststellen übertragen ist (s. Eisenbahnverkehr), also auf den Stationen mit vereinigtem Dienst (Loben) von den Beamten des Stationsdienstes in ihrem Dienstturnus mit erledigt wird. Doch wird der Güterverkehr auch in solchen Fällen, sobald er dauernd mindestens eine ganze Arbeitskraft erfordert, in der Regel durch besondere Beamte wahrgenommen.
4. Die Verwaltung der Stationskasse liegt auf Stationen mit vereinigtem Dienst in der Regel in den Händen des Stationsvorstehers; auf Stationen mit getrenntem Dienst ist sie entweder einem der Vorsteher der Verkehrsabfertigungsstellen oder einem besonderen Kassenverwalter (Stationseinnehmer, Rendant u.s.w.) nebst entsprechendem Hilfspersonal übertragen.
5. Der sonstige Stationsdienst, der darauf hinausläuft, daß die allgemeine Ordnung auf der Station aufrechterhalten, alle dienstlichen Vorgänge in der richtigen Weise gemeldet, aufgezeichnet und, soweit erforderlich, weiterberichtet werden, greift zum Teil in die vorbesprochenen Dienstzweige mit ein. Hierher gehört die Beaufsichtigung, Diensteinteilung und Gehaltszahlung der Beamten, auf Zugbildungsbahnhöfen auch der Zugpersonale, die Annahme und Löhnung der Stationsarbeiter, die Wahrnehmung des Telegraphendienstes, einschließlich der Beförderung von Privatdepeschen, der Wagenmeldedienst, die äußere Bewachung der Station, die Sorge für deren Instandhaltung (soweit diese nicht dem Bahnmeister übertragen ist) mit allem festen und beweglichen Inventar (auch Abwendung der Feuersgefahr), die Verwaltung der Betriebsmaterialien, der Schriftwechsel mit den vorgesetzten Behörden, die Führung aller zur Aufzeichnung dienenden Bücher u.s.w. Auch haben die Stationsbeamten innerhalb des Bereiches der Station die Bahnpolizei (s.d.) auszuüben.
V. Die Fahrpläne (Näheres s. [1], S. 354 ff., [2], I, S. 134 ff.).
Vorbedingung für einen regelmäßigen Zugverkehr ist das Vorhandensein von Fahrplänen. Solche werden in der Regel als Sommer- und Winterfahrpläne unterschieden und der Form nach für jede neue Fahrplanperiode (Zeitgrenzen[287] in Mitteleuropa 1. Mai und 1. Oktober) neu aufgestellt. Tatsächlich aber ist jeder neue Fahrplan nur eine Wiederholung des vorhergehenden Sommer- oder Winterfahrplans mit mehr oder weniger umfangreichen Abänderungen. Diese Abänderungen müssen in der Regel von den Aufsichtsbehörden (s.d.) genehmigt werden, in Deutschland von den Landesaufsichtsbehörden (der Einzelstaaten) und dem Reichseisenbahnamt. Die Genehmigung wird unter Umständen (so in Deutschland) davon abhängig gemacht, daß den Anforderungen der Postverwaltung entsprochen wird. Zweckmäßig werden auch Interessenten in ihren hierfür bestellten Vertretungen (Eisenbahnräte) über manche Aenderungen gutachtlich gehört.
Soweit die Einrichtung, Aenderung oder Aufhebung durchgehender Zugverbindungen in Frage kommt, müssen die beteiligten Bahnverwaltungen sich hierüber vorher verständigen. Dies geschieht, vorbehaltlich der Festsetzung der Fahrpläne seitens der Aufsichtsbehörden, in Europa hauptsächlich auf den internationalen Fahrplankonferenzen, die alljährlich zweimal im Dezember und Juni stattfinden und auf denen Eisenbahnen aller bedeutenderen europäischen Eisenbahnländer vertreten zu sein pflegen. Auf diesen Konferenzen ist auch vereinbart, wann und in welcher Form sich die Bahnverwaltungen gegenseitig die Entwürfe ihrer Fahrpläne und die fertigen Fahrpläne mitzuteilen haben.
Der Fahrplanaufstellung muß eine einheitliche Zeitbestimmung für alle Stationen zugrunde gelegt werden. Früher pflegte dies für jedes Land besonders zu geschehen, entweder nur für den inneren Dienst, so daß dann die Fahrpläne für das Publikum in Ortszeit umgerechnet wurden, oder auch für den äußeren Dienst, wodurch sich die Eisenbahnzeit in der Regel auch für den allgemeinen Verkehr einbürgerte. In neuerer Zeit haben sich die meisten europäischen Länder der in Amerika zuerst (1883) eingeführten sogenannten Stundenzonenzeit angeschlossen (s. Zeit), nach der in Europa an Stelle der wirklichen Ortszeiten die westeuropäische Zeit, entsprechend dem Greenwicher Meridian (für Großbritannien, Belgien, Niederlande, Spanien), die mitteleuropäische Zeit (eine Stunde früher), entsprechend dem 15. Grad östlich von Greenwich (für Deutschland, Luxemburg, Oesterreich-Ungarn, Dänemark, Schweden, Norwegen, Schweiz, Italien, Bosnien, Serbien, die weltliche Türkei u.s.w.), und die osteuropäische Zeit, zwei Stunden vor Greenwich (für Bulgarien, Rumänien und die östliche Türkei), angenommen sind. Abweichend von dieser einheitlichen Zeitbestimmung haben besondere Landeszeiten Frankreich, Portugal Griechenland, Rußland.
Es gibt Fahrpläne für das Publikum und solche für den Dienstgebrauch, erstere stets tabellarisch, letztere je nach dem Verwendungszwecke tabellarisch oder in bildlicher (graphischer) Form. Die bildlichen Fahrpläne sind zugleich das zweckmäßigste Hilfsmittel zur Fahrplanaufstellung. Die andern Dienstfahrpläne und die Fahrpläne für das Publikum sind daher in der Regel nur Wiedergaben der ursprünglich in bildlicher Form aufgeteilten Fahrpläne oder von Auszügen aus diesen Fahrplänen in andrer Form.
Im besonderen haben wir zu betrachten: A. Die Arten und Geschwindigkeit der Züge., B. Die Aufteilung der bildlichen Fahrpläne. C. Darstellung und Veröffentlichung der Fahrpläne.
A. Arten und Geschwindigkeit der Züge.
Die Eisenbahnzüge pflegt man je nach ihrem Zweck und ihrer Schnelligkeit einzuteilen (in den verschiedenen Ländern etwas verschieden) in Schnellzüge, Personenzüge, gemischte Züge (entweder Personenzüge mit Güterbeförderung oder Güterzüge mit Personenbeförderung), Güterzüge, Vieh- und Eilgüterzüge, Pulverzüge, Militärzüge, Arbeitszüge u.s.w., ferner Leerfahrten, Probefahrten, Hilfszüge, außerdem aber in »regelmäßig verkehrende« und »nicht regelmäßig verkehrende« Züge. Falls für die nicht regelmäßig verkehrenden Züge doch ein bestimmter Fahrplan für eine gewisse Zeitdauer festgesetzt ist, heißen sie Bedarfszüge (Fakultativzüge), wenn dagegen erst im Einzelfalle der Fahrplan aufgestellt wird, Sonderzüge. Zu den Bedarfszügen gehören unter Umständen die bei starkem Verkehr zur Entlastung fahrplanmäßiger Züge abgelassenen Vor- und Nachzüge. Einzeln fahrende Lokomotiven können zu den regelmäßigen, Bedarfs- oder Sonderzügen gehören. Man bezeichnet die Züge, um sie unterscheiden zu können, mit Nummern, teilweise auch mit Buchstaben, und zwar allgemein so, daß die Züge der einen Richtung einer Strecke ungerade, die der andern Richtung derselben Strecke gerade Nummern erhalten. Ferner pflegt man den Schnellzügen die niedrigsten Nummern zu geben, den Personenzügen höhere, den Güterzügen, Viehzügen u.s.w. noch höhere,1 wodurch das Merken der Zugnummern erleichtert wird. Durch mehrere Verwaltungsbezirke gehende Züge werden zweckmäßig auf den verschiedenen Teilstrecken mit gleichen Nummern bezeichnet.
Die Geschwindigkeit der Züge darf auf den deutschen Bahnen nicht die für die einzelnen Lokomotiven festgesetzte und durch die Zugstärke, die Zahl der bedienten Bremsachsen und die besonderen Verhältnisse der einzelnen Bahnstrecken bedingten Grenzen übersteigen. Ferner dürfen beim Herabfahren von Gefällstrecken und beim Durchfahren von Krümmungen gewisse Geschwindigkeiten nicht überschritten werden, die in mehreren Tabellen der B.O. aufgeführt sind, und es sind ferner Einschränkungen der Geschwindigkeit für das Fahren durch den krummen Strang einer Weiche, über Drehbrücken u.s.w., für nicht angekündigte Sonderzüge u.s.w. vorgesehen. Abgesehen von diesen einschränkenden Bestimmungen setzt die B.O. die größten Fahrgeschwindigkeiten für Haupt- und Nebenbahnen und für die verschiedenen[288] Zuggattungen fest, so a) auf Hauptbahnen für Personenzüge ohne durchgehende Bremse 60 km, mit durchgehender Bremse 100 km, mit der Befugnis der Landesaufsichtsbehörde, unter besonders günstigen Verhältnissen höhere Geschwindigkeiten zuzulassen; für Güterzüge 45 km und unter besonders günstigen Verhältnissen mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde 60 km u.s.w.; b) auf Nebenbahnen im allgemeinen 30 km, auf vollspurigen Bahnen mit eignem Bahnkörper für Personenzüge mit durchgehender Bremse 40 km und mit Genehmigung der Landesaufsichtsbehörde 50 km.
In Oesterreich und der Schweiz sind nur eine Anzahl die Geschwindigkeit für gewisse Fälle einschränkender Bestimmungen (ähnlich wie oben) allgemein gegeben; dagegen wird die auf den einzelnen Strecken zulässige Fahrgeschwindigkeit durch besondere Genehmigung der zuständigen Behörde festgesetzt.
In andern Ländern bestehen teils ähnliche Vorschriften, teils ist, wie in Nordamerika und England, die Festsetzung der größten Geschwindigkeit den einzelnen Bahnen überlassen.
Innerhalb der für die Zuggeschwindigkeit gültigen Grenzen wird nicht nur in den verschiedenen Ländern, sondern auch auf verschiedenen Bahnen desselben Landes mit sehr verschiedenen Geschwindigkeiten gefahren. Im allgemeinen sind die Fahrgeschwindigkeiten in neuerer Zeit immer mehr erhöht worden. Ein Vergleich der Fahrgeschwindigkeiten in den verschiedenen Ländern ist sehr schwierig, da es hier nicht allein auf die schnellsten Züge, sondern auf den Durchschnitt ankommt und da die tatsächlichen Geschwindigkeiten der Züge (abgesehen von der Wahl geringerer Grundgeschwindigkeiten s. das Folgende seitens der Eisenbahnverwaltungen) wegen der Neigungen und Krümmungen und sonstigen Verhältnisse der Strecken und der Zeitverluste beim Anfahren und Bremsen hinter den Höchstgeschwindigkeiten oft erheblich zurückbleiben. Für das Publikum von besonderer Bedeutung ist die sogenannte »Reisegeschwindigkeit« eines Zuges, d.h. die Zahl, die man erhält, wenn man die gesamte Fahrzeit zwischen zwei Stationen einschließlich der Aufenthalte auf Zwischenstationen durch die Weglänge teilt. Aber auch die Reisegeschwindigkeit pflegt verschieden groß sich zu ergeben, je nachdem man sie für den ganzen Lauf des Zuges oder eine günstige oder weniger günstige Teilstrecke berechnet, und wird sich bei Zügen von kurzer Gesamtfahrstrecke leicht größer herausstellen als bei Zügen von langer Gesamtfahrstrecke, auch in hochkultivierten Ländern mit vielen bedeutenden Zwischenstationen bei gleicher Betriebsleistung kleiner sein als in minder kultivierten Ländern. Auch gibt der Vergleich einzelner Glanzleistungen kein zutreffendes Bild von den Geschwindigkeitsleistungen im ganzen. Im Archiv für Eisenbahnwesen 1904, S. 1109, führt W.A. Schulze bei einem Vergleich deutscher und amerikanischer Zuggeschwindigkeiten als einzelne Leitungen besonders hoher Reisegeschwindigkeit an: von Frankreich 92,9 km, von Amerika 87,5 km, von Deutschland 84,5 km, von Oesterreich-Ungam 69,5 km, von Italien 55,4 km, von Rußland 56 km, weist aber dann nach, daß im ganzen die Fahrgeschwindigkeit der Züge in Deutschland nicht geringer ist als in Amerika. Von den europäischen Ländern wird zurzeit in Frankreich besonders schnell gefahren, während England sich auszeichnet durch die große Zähl schnellfahrender Züge, die ohne Zwischenaufenthalte oder mit wenigen Aufenthalten die Hauptorte verbinden.
Für jeden Zug, dessen Einrichtung beabsichtigt wird, muß zuerst bestimmt werden, welche Zeit er gebrauchen soll, um von Station zu Station und durch die ganze zu durchfahrende Bahnstrecke zu gelangen. Statt hierbei die Geschwindigkeit den Streckenverhältnissen nach (Neigungen, Krümmungen u.s.w.) wechselnd anzusetzen, legt man zweckmäßig der Berechnung der Fahrzeit eine einheitliche Geschwindigkeit, die »Grundgeschwindigkeit«, die der Zug in der geraden, wagerechten Strecke und unter Umständen auch noch in ganz flachen Neigungen und bei ganz geringen Krümmungen hat, für alle, also auch die langsamer zu durchfahrenden Teilstrecken, zugrunde und berechnet für diese statt dessen entsprechend größere, als die wirklichen Längen. Bei der Ermittlung dieser sogenannten »virtuellen Längen« oder »Betriebslängen« hat man, soweit es sich um Verminderung der Geschwindigkeit in Gefällen und Krümmungen handelt, von den in dem betreffenden Lande bestehenden oder von der Bahn selbst festgesetzten einschränkenden Bestimmmungen (s. oben) auszugehen, soweit es sich um Verminderung in Steigungen handelt aber von der Leistungsfähigkeit der Lokomotiven (s. IX., A.). Ein zweckmäßiges Verfahren hierfür ist z.B. das v. Borriessche ([1], S. 360 ff.). Die Betriebslängen ergeben sich hiernach für beide Richtungen derselben Strecke, ferner für die verschiedenen Zug- und Lokomotivgattungen verschieden. Zu der aus den Betriebslängen ermittelten Fahrzeit eines Zuges treten als Zuschläge die Zeitverluste für das Anfahren und Bremsen u.s.w.
B. Aufstellung der Fahrpläne in bildlicher Form.
Wenn die Betriebslängen, die Grundgeschwindigkeit und die Zuschläge für einen Zug feststehen, so kann man für ihn die gesamte Fahrzeit mit allen Zwischenzeitpunkten für die einzelnen Stationen berechnen. Es muß dann aber noch die genaue Lage des Zuges auf Stunde und Minute mit Rücksicht auf alle übrigen auf derselben Strecke verkehrenden Züge festgelegt werden. Dies geschieht durch den bildlichen Fahrplan. Einen solchen in verkleinerter Nachbildung des für die deutschen Bahnen durch das Reichseisenbahnamt aufgestellten Normalfahrplans zeigt Fig. 4.
Die stärkeren wagerechten Linien lassen 24 gleiche Abstände zwischen sich, die den 24 Stunden des Kalendertages von 12 Uhr mitternacht bis 12 Uhr mitternacht entsprechen. Die Nachtzeit kann durch dunklere Farbe der Fahrplanfläche hervorgehoben werden. Die senkrechten Linien sind in ungleichen Abständen gezogen, die den Längen der einzelnen Teile der Bahnstrecke entsprechen, für die der Fahrplan aufgestellt werden soll, während die senkrechten Linien selbst die Lage der Stationen und sonstigen Zugfolgestellen bezeichnen, deren Namen am oberen Rande des Fahrplans eingetragen sind. Das ganze Fahrplanblatt bildet ein Netz (Koordinatensystem), dessen wagerechte Längen (Abszissen) Weglängen, dessen senkrechte [290] Längen (Ordinaten) Zeitabschnitte bedeuten.2 Der Gang jedes Zuges wird durch eine schräge Linie dargestellt, wobei die Schnellzüge als flache, die Personenzüge als Heitere, die Güterzüge als noch Heitere Linien erscheinen. Die Aufenthaltszeit eines Zuges auf einer Station erscheint als senkrechter Absatz in der schrägen Linie. Kreuzungen und Ueberholungen von Zügen stellen sich als Ueberschneidungen der Linien dar. Von sonstigen den Fahrplan vervollständigenden Zutaten sei noch auf die schematische Darstellung der Lage der Bahnlinie und der Bahnhöfe, auf das Längenprofil und Kurvenband und die Erläuterung der verwendeten Zeichen hingewiesen, ferner auf die verkürzte Darstellung der Fahrpläne der Anschlußstrecker L Die Uebersichtlichkeit solchen Bildes für den Gebrauch bietet zugleich ein vortreffliches Mittel, den Gesamtfahrplan für eine Bahnstrecke zu entwerfen. In der Regel sind jedoch nur in einen vorhandenen bildlichen Fahrplan geplante neue Züge einzutragen oder vorhandene Züge zu beseitigen oder in ihrer Lage oder Geschwindigkeit zu ändern. Wenn ein neuer Zug mit seinen aus den Betriebslängen u.s.w. berechneten Fahrzeiten in einen vorhandenen bildlichen Fahrplan eingetragen werden soll, so muß hierbei nicht nur für den neuen Zug an fleh die günstigste Lage ermittelt werden, sondern es muß hierbei auf Ueberholungen, Zugkreuzungen und Anschlüsse, namentlich aber auch darauf Rücksicht genommen werden, daß Wagen und Lokomotiven in hin und her fahrenden Zügen (d.h. als Zug und Gegenzug) benutzt werden können. Meist handelt es sich daher um Einlegung eines Zugpaares. Beim Einpassen neuer Züge in einen vorhandenen Fahrplan werden unter Umständen nicht nur Aenderungen der vorweg ermittelten Fahrzeiten für diese Züge, sondern auch Verschiebungen der vorhandenen Züge erforderlich, die sich, wo es sich um durchgehende Züge oder Anschlüsse andrer Bahnen handelt, ebenso wie Einlegung und Beseitigung durchgehender Züge nur nach Verhandlungen mit den andern Bahnen (s. oben) vornehmen lassen. Vor der Einlegung neuer oder dem Fortfall bestehender Züge pflegt man die Selbstkosten der Züge und die voraussichtliche finanzielle Wirkung der Aenderung tunlichst genau zu berechnen.
Die vorstehend dargelegten Gesichtspunkte gelten namentlich für die Züge des Fernverkehrs. Bei den Zügen für den Nahverkehr sind in erster Linie die Rücksichten auf die Amts-, Geschäfts- und Schulkunden, auf Markttage, Ausflugsorte u.s.w. maßgebend. Ost wendet man im Nahverkehr einen sogenannten »Harren« Fahrplan an, bei dem alle Züge mit gleichen Geschwindigkeiten und zu denselben Minutenzeiten der verschiedenen Stunden verkehren, wobei man den mit den Tageszeiten wechselnden Verkehrstärken in der Regel durch dichtere oder weniger dichte Gestaltung des darren Fahrplans entspricht.
C. Darstellung und Veröffentlichung der Fahrpläne.
Die Darstellung der Fahrpläne teils für das Publikum, teils für den Dienstgebrauch, teils zu beiden Zwecken geschieht in Deutschland namentlich in folgenden Formen, wobei außer in den bildlichen Fahrplänen überall die Minutenziffern der Nachtzeiten von 6,00, abends bis 5,59 morgens unterstrichen werden:3
a) Bildliche Fahrpläne werden in Uebereinstimmung mit dem endgültigen Entwürfe für den Dienstgebrauch im Drucke hergestellt.
b) Aushangfahrpläne, in bekannter tabellarischer Form und in den einheitlich international vereinbarten Höhen von 0,25, 0,50, 1,0 m, nur die Personenzüge darstellend, werden im Bereiche des V.D. E.V. (s. Eisenbahnverbände) zum Aushängen auf den Stationen des eignen Bahngebietes auf hellgelbem, zum Aushängen auf den Stationen andrer Bahngebiete auf weißem Papier gedruckt.
c) Dienstfahrpläne in derselben Form wie vor, aber auch die Güterzüge umfassend.
d) Fahrplanbücher stellen im Gegensatz zu den vorigen den Fahrplan jedes Zuges für sich, aber dafür mit Angaben verschiedener Art für den Gebrauch des Zugpersonals dar.
e) Kursbücher und sonstige Fahrpläne zum Handgebrauch für das Publikum, teils amtlich, teils von privaten Unternehmern herausgegeben.
Es ist in der Regel vorgeschrieben (so in Deutschland durch die Eisenbahnverkehrsordnung), daß die Fahrpläne vor dem Inkrafttreten öffentlich bekanntzumachen und rechtzeitig auf den Stationen auszuhängen sind. Außer Kraft getretene Fahrpläne sind ebenso sofort zu entfernen. [1], S. 347, [2], I, S. 134, [14], S. 1509, 1524.
VI. Die Bildung der Züge.
Die regelmäßig verkehrenden Personenzüge sind in der Regel auf einem Bahnhof, dem Zugbildungsbahnhof, zu Hause und fahren zwischen diesem und dem Zugwendebahnhof (oder den Zugwendebahnhöfen) hin und her. Die wesentlichen Bestandteile dieser Züge bleiben im allgemeinen dauernd dieselben und ändern nur nach Bedarf ihre Reihenfolge. Eine Aenderung der Zusammensetzung wird, abgesehen von der Auswechslung ausbesserungsbedürftiger Wagen, gewöhnlich nur erforderlich bei vorübergehenden Zugverstärkungen zu Zeiten starken Verkehrs, beim Aus- und Einsetzen von Kurswagen (s. unten), Schlafwagen, Speisewagen, Postwagen u.s.w., und in den besonderen Fällen der Teilung oder Vereinigung von Zügen. Ganz anders ist dies bei Güterzügen.[291]
Der unter derselben Zugnummer Tag für Tag verkehrende Zug besteht jeden Tag aus andern Wagen. Der einzige bleibende Bestandteil ist hier der Pack- oder Bremswagen, in dem der Zugführer und Packmeister sich aufhalten.
Gebildet werden die Güterzüge, sofern nicht ein großer Ortsgüterbahnhof in der Lage ist, einen ganzen Güterzug nach einer bestimmten Richtung fertigzustellen, auf den an Bahnknotenpunkten und bei großen Städten angelegten Rangierbahnhöfen. Hier werden die von verschiedenen Richtungen eintreffenden Güterzüge ebenso wie die von den Ladestellen des Ortsverkehrs zugeführten Wagengruppen in ihre Teile zerlegt. Die für den Ortsverkehr bestimmten Wagen werden den Lade- und Entladestellen zugeführt, die übrigen für die Fahrt bezw. Weiterfahrt nach Richtungen und Stationen geordnet und zu neuen Zügen zusammengesetzt, die dann nur noch der Hinzufügung je eines Packwagens bedürfen. Im weiteren Sinne gehört zur Bildung der Züge ihre Versorgung mit Zugkraft und ihre Besetzung mit Personal.
Bei der Bildung der Züge ist außer dem Verkehrsbedürfnis die Beschaffenheit der Wagen zu beachten, die für die Betriebssicherheit zulässige Zugstärke nicht zu überschreiten und für die betriebssichere Ausrüstung der Züge zu sorgen.
A. Die Bildung der Personenzüge.
Aus dem Zugbildungsplan einer Eisenbahnverwaltung und etwaigen ergänzenden Uebersichten pflegt hervorzugehen (vgl. [2] I, S. 155), wie die vorhandenen Wagen auf die Bahnhöfe verteilt sind, und in welcher Weise aus den einem Zugbildungsbahnhofe zugeteilten Wagen die auf diesem Bahnhofe zu bildenden Züge hergestellt werden. Ein Wagensatz, d.h. eine zur Bildung irgend eines Zuges ausreichende Gruppe von Wagen (Personenwagen verschiedener Klassen, gewöhnlich auch ein Packwagen, ein Postwagen, unter Umständen außerdem nach Bedarf Schlafwagen, Speisewagen u.s.w.), dient in der Regel nacheinander zur Bildung zweier oder mehrerer fahrplanmäßiger Züge, indem er in einem, zwei, drei Tagen, je nach der Länge der Fahrstrecke, ein oder mehrmals auf derselben Strecke hin und her fährt, bisweilen auch nacheinander verschiedene Strecken befährt, wobei man Leerfahrten (Fahrten der Wagensätze als Leerzüge) tunlichst vermeidet. Immer aber gilt (mit wenigen Ausnahmen) jeder Wagensatz als auf einem Bahnhof zu Hause, seinem Zugbildungsbahnhof, zu dem er immer wieder zurückkehrt und der in besonderem Maße für die Ueberwachung und Instandhaltung der darin befindlichen Wagen zu sorgen hat. Einer besonderen Erwähnung bedürfen die Kurswagen. Dies sind Wagen, die in solchen Verkehrsrichtungen durchgehen, in denen zwar ein Bedürfnis für eine durchgehende Verbindung, nicht aber ein solches für den Durchgang ganzer Züge vorhanden ist. Solche Kurswagen werden auf ihrem Wege von dem Ausgangs- zum Zielbahnhofe (z.B. von Berlin nach Rom, von Budapest nach Paris, von Wien nach Hamburg) der Reihe nach in anschließende Züge verschiedener Bahnen eingestellt. Im Zugbildungsplan werden sie wie selbständige Wagenzüge behandelt und neben den Wagensätzen, in die sie eingestellt werden, aufgeführt. Außer den hiernach erforderlichen Wagensätzen und Kurswagen muß auf jedem Zugbildungsbahnhofe ein beträchtlicher Ueberschuß an Wagen vorhanden sein (Bereitschaftswagen), um ausbesserungsbedürftige Wagen zu ersetzen sowie bei Verkehrssteigerungen Verstärkungswagen in die Züge einstellen und in besonderen Fällen Sonderzüge bilden zu können. Bereitschaftswagen, die übrigens auch auf andern Bahnhöfen stehen, wo eine Verstärkung von Zügen stattfinden kann, sendet man in der Regel, sobald sie entbehrlich werden, nach dem Heimatbahnhofe zurück.
Die zulässige Zugstärke (Zugbelastung) pflegt sich nach der Zuggeschwindigkeit zu richten und beträgt beispielsweise in Deutschland für Hauptbahnen:
bis | zu 50 km | nicht | über | 80 | Wagenachsen, |
von | 5160 km | nicht | über | 60 | Wagenachsen |
von | 6180 km | nicht | über | 52 | Wagenachsen |
von | mehr als 80 km | nicht | über | 44 | Wagenachsen |
wobei sechsachsige Wagen in gewissen Grenzen als vierachsige gerechnet werden.
Die Gattung, Beschaffenheit und Ausrüstung der Wagen muß der Zuggattung, dem Verkehrsumfang in den verschiedenen Klassen, der Zuggeschwindigkeit, dem Bremssystem u.s.w. entsprechen. Insbesondere müssen in Schnellzüge Wagen besonders guter Beschaffenheit eingestellt werden. Auch die Reihenfolge der Wagen ist nicht beliebig und wird zweckmäßig gleichfalls im Zugbildungsplan oder einer ergänzenden Zusammenstellung (Rangierordnung) für jeden Zug vorgeschrieben. Besonders wichtig ist die in der Regel erlassene Vorschrift, daß in allen Personenzügen von gewisser Geschwindigkeit zwischen der Lokomotive und den Personenwagen ein nicht mit Reisenden besetzter Wagen, der Schutzwagen, als den man besonders zweckmäßig den Packwagen verwendet, sich befinden soll, statt dessen man bei geringerer Geschwindigkeit (in Deutschland auch bei 5060 km Geschwindigkeit, sofern die Züge mit durchgehender Bremse ausgerüstet sind, nicht mehr als 40 Wagenachsen führen und auf zweigleisigen trecken verkehren, wo. alle Züge einander mit derselben Geschwindigkeit folgen) wohl nur ein Schutzabteil im ersten Wagen unbesetzt läßt, während man bei noch geringerer Geschwindigkeit und namentlich bei langsamen Zügen auf Nebenbahnen von dieser Sicherheitsmaßnahme ganz absieht. In Oesterreich wird auf Hauptbahnen bei Verwendung von Nachschiebelokomotiven auch am Schlusse ein Schutzwagen verlangt. Im übrigen müssen leichte Wagen hinter schweren in den Zug eingestellt werden, da sie sonst beim Bremsen leicht von den folgenden Wagen zur Entgleisung gebracht werden. (Wegen Einstellung von Güterwagen in zugleich zur Personenbeförderung dienende Züge s. unter B.) Zweckmäßig bildet man aber schnellfahrende Züge nur aus annähernd gleichschweren vier- oder sechsachsigen Drehgestellwagen. Im besonderen wird die Reihenfolge der Wagen oft dadurch bedingt, daß einzelne Wagen als sogenannte[292] »Kurswagen« (s. oben) auf irgend welchen Knotenpunktbahnhöfen in andre Züge übergehen und hierfür tunlichst bequem stehen sollen, oder daß der Zug irgendwo geteilt wird. Außerdem können Rücksichten auf die Bequemlichkeit der Reisenden für die Wagenfolge maßgebend sein. Erschwerend wirkt es, wenn der Zug unterwegs ein- oder mehrmals seine Richtung wechselt, weil dann entweder doppelte Schutzwagen mitgeführt werden müssen, oder der Schutzwagen umgestellt oder ausgewechselt werden muß. (Näheres [13], S. 3 ff.)
B. Die Bildung der Güterzüge und gemischten Züge.
Bei den Güterzügen ist (s. oben), sofern nicht zugleich Personenbeförderung damit stattfindet, in der Regel der einzige bleibende Bestandteil der Packwagen, der wie der Wagensatz des Personenzugs seinen Heimatbahnhof hat. Der Packwagen, der hier nicht zur Beförderung von Gepäck, sondern zur Unterbringung des Zugbegleitpersonals dient, läuft bei uns an der Spitze, in England und Amerika am Schlusse jeden Zuges. Die zulässigen Zugstärken (Zugbelastungen) richten sich auch hier nach der Geschwindigkeit und werden entweder (so in Deutschland und Oesterreich) als zulässige Anzahl von Achsen (in Deutschland 12060, auf Hauptbahnen ausnahmsweise auch 150 Wagenachsen) oder als zulässiges Zuggewicht (Schweiz) oder nach besonderen Gewichtseinheiten (belgische Staatsbahnen, manche französischen Bahnen) u.s.w. vorgeschrieben. Wegen der erforderlichen Beschaffenheit der Wagen s. X., A. Die Zusammensetzung der Züge richtet sich nach deren Benutzung für verschiedene Verkehrszwecke und wird durch entsprechende Beförderungsvorschriften geregelt; die Reihenfolge der Wagen ist, falls die Zuglokomotive das Rangieren besorgt, in der Regel am zweckmäßigsten die umgekehrte der Stationen, an denen sie auszusetzen sind (s.a. Eisenbahnverkehr). Doch muß von der für den Verkehr zweckmäßigen Reihenfolge oft mit Rücksicht auf die Betriebssicherheit abgewichen werden. So dürfen Wagenpaare, über die dieselbe Ladung reicht, und Wagen mit ungewöhnlicher Kupplung nicht unmittelbar vor oder hinter Personenwagen gestellt werden, steifgekuppelte Langholzwagen sind an den Schluß des Zuges zu stellen, für Wagen mit leicht feuerfangenden Gegenständen und mit Sprengstoffen gelten gewöhnlich besondere Vorschriften, u.s.w.
C. Die Bildung von Sonderzügen
richtet sich nach dem besonderen Zweck (Hofzüge, Militärzüge, Arbeitszüge u.s.w.) und den besonderen hierfür erlassenen Vorschriften.
D. Bremsausrüstung der Züge.
Besonders wichtig für die Betriebssicherheit ist es, daß man die Geschwindigkeit der Züge in den Gefällstrecken in der Gewalt behält und daß man die Züge jederzeit auf eine tunlichst kurze Wegstrecke zum Halten bringen kann. Daher muß, sofern nicht alle Wagen mit Bremsen ausgerüstet sind, durch die maßgebenden Bestimmungen vorgeschrieben sein, welcher Teil der Achsen eines Zuges bei den verschiedenen Geschwindigkeiten und Steigungen mit bedienten Bremsen versehen sein muß. So sind in der deutschen B.O., den österreichischen Vorschriften für den Verkehrsdienst auf Hauptbahnen, dem schweizerischen Reglement über den Fahrdienst u.s.w. Bremstafeln enthalten, aus denen für jeden Fall der Prozentsatz der erforderlichen bedienten Bremsachsen entnommen werden kann, der beispielsweise in Deutschland zwischen 6 und 100 schwankt (s.a. Bremsen, Bd. 2, C, 8.). Es pflegt ferner entweder für alle Personenzüge (wie auf Hauptbahnen in England und der Schweiz) oder für alle Personenzüge, die bei Einhaltung der kürzesten Fahrzeit eine gewisse Geschwindigkeit überschreiten (so in Deutschland, Oesterreich 60 km auf Hauptbahnen, in Deutschland 30 km auf Nebenbahnen), die Ausrüstung mit durchgehender Bremse (s. Bremsen, Bd. 2. C, 4.) vorgeschrieben zu sein.
Die zu bedienenden Bremswagen sollen möglichst gleichmäßig im Zuge verteilt sein, damit durch das Bremsen die Kupplungen und Pufferfedern nicht zu stark beansprucht und nicht vordere Wagen durch nachfolgende aus dem Gleise gehoben werden. In Deutschland muß auf Neigungen von 5 auf 1000 m und mehr der letzte Wagen eine bediente Bremse haben. Aehnliche Vorschriften bestehen in andern Ländern, zum Teil verschieden für Handbremsen und durchgehende Bremsen.
E. Zusammenstellung der Zugteile und Bereitstellung der Züge zur Abfahrt.
Wegen der Ausführung der Arbeiten, durch welche die Wagen und Zugteile zu Zügen zusammengestellt und die Züge in ihrer Zusammensetzung oder Wagenreihenfolge geändert oder zerlegt werden, s. Verschiebebahnhöfe, Verschiebedienst. Beiden schneller fahrenden Personenzügen müssen die Kupplungen besonders fest angezogen werden. Sofern durchgehende Bremsen vorhanden oder Dampfheizung oder elektrische Beleuchtung in Gebrauch ist, müssen auch die betreffenden Leitungsverbindungen von Wagen zu Wagen (und ferner zur Lokomotive) hergestellt werden. Der fertige Personenzug wird entweder von der Zuglokomotive oder von einer Rangierlokomotive in das Bahnsteiggleis zur Abfahrt gestellt. Es setzt sich dann im letzteren Falle die Zuglokomotive davor. Ebenso setzt sich vor den in einem Ausfahrgleis oder Richtungsgleis zur Abfahrt bereitstehenden Güterzug die Zuglokomotive, und zwar in der Regel mit dem Packwagen, falls dieser nicht schon bei der Zugordnung an seine Stelle gelangt ist. (Anders in England und Amerika, s. oben.)
F. Ausrüstung der Züge mit Personal und Signalmitteln.
Das Zugpersonal besteht aus dem Lokomotivpersonal (Lokomotivführer und Heizer) und dem Zugbegleitpersonal. An der Spitze des letzteren steht auf den europäischen festländischen Bahnen (in England besteht das Zugbegleitpersonal aus einem oder mehreren Guards, deren einer der erste Beamte im Zuge ist) in der Regel ein Zugführer, während der Fahrt zugleich Vorgesetzter des Lokomotivführers und Heizers. Das übrige Zugbegleitpersonal besteht je nach der Gattung des Zuges aus Packmeister, Schaffnern, Bremsern, Schmierern, Wagenwärter, Schlafwagenwärter u.s.w. Die Zugbegleitpersonale sind auf gewissen Hauptbahnhöfen zu Hause, die indessen oft nicht mit den Zugbildungsbahnhöfen übereinstimmen (s.a. Eisenbahnverwaltung).[293]
Jeder Zug wird mit Signalen versehen, die seinen Kopf und Schluß kennzeichnen, auch erforderlichenfalls dem Bahnpersonal angeben, ob er auf falschem Gleise fährt, ob ein Sonderzug in derselben oder der entgegengesetzten Richtung folgt u.s.w. Wegen dieser am Tage gewöhnlich in Scheiben, bei Dunkelheit in farbigen Laternen bestehenden Signale s. Zugsignale. Es besteht ferner das Erfordernis, daß das auf dem Zuge befindliche Personal sowohl sich gegenseitig durch Signale verständigt (auch wohl von den Reisenden Signale empfängt), als dem Bahnbewachungspersonal oder andern auf der Strecke befindlichen Personen Zeichen gibt. Das wichtigste derartige Signalmittel ist die Dampf pfeife (s. Lokomotive), mittels deren der Lokomotivführer sowohl dem Bahnbewachungspersonale und andern auf der Strecke befindlichen Personen, als auch dem Zugpersonale Zeichen gibt, die entweder nur die Aufmerksamkeit erregen (Achtung) oder bei nicht mit durchgehender Bremse ausgerüsteten Zügen zur Bedienung der Bremse auffordern sollen. Auf den englischen Bahnen bestehen zahlreiche Pfeifensignale zum Erpfeifen bestimmter Ein- oder Ausfahrtsignale. Auf Nebenbahnen mit unbewachten Wegübergängen sind die Lokomotiven in Deutschland mit einer Läutevorrichtung ausgerüstet (s. III., B.). In Fällen dringender Gefahr können Zugpersonal und Reifende sich dem Lokomotivführer durch Bedienung der durchgehenden Bremse bemerklich machen. Züge ohne durchgehende Bremse werden in Deutschland auf Hauptbahnen mit einer Zugleine oder einer andern Einrichtung ausgerüstet, die es gestattet, vom Platze des Zugführers oder eines andern an der Aufsicht über den Zug beteiligten Beamten aus ein hörbares Signal auf der Lokomotive ertönen zu lassen. (Für die Reisenden hat die Zugleine seit 1. Mai 1905 keine Bedeutung mehr.) In Oesterreich wird zur Verständigung in vorstehendem Sinne das elektrische Interkommunikationssignal benutzt. In der Schweiz dienen hierzu Mundpfeifen- oder Handsignale des Zugpersonals, verbunden mit Bedienung der durchgehenden Bremse, soweit solche vorhanden. Zur Verständigung des Bahnbewachungspersonals von bemerkten Unregelmäßigkeiten dienen Handsignale des Zugpersonals (Schwingen einer Mütze, einer Laterne u. dergl.). Schließlich pflegt man auf den Zügen Signalmittel für außerordentliche Fälle, Rettungskasten, Gerätschaften zur Beseitigung kleinerer Schäden u.s.w. mitzuführen, und zwar in der Regel in dem Packwagen.
VII. Der Fahrdienst.
Wie der Fahrdienst, d.h. die Beförderung der Züge, der bedeutsamste Zweig des ganzen Eisenbahnbetriebes, so sind die Maßnahmen zu seiner Bewerkstelligung, d.h. die unter dem Begriff »Zugmeldedienst« zu verstehenden Nachrichten zur Regelung und Sicherung der Zugfolge, von besonderer Wichtigkeit. Die Beförderung der Züge, geht von Bahnhof zu Bahnhof über etwaige Blockstellen, die unter Umständen Haltepunkte sein können, hinweg. Auf den Bahnhöfen kann die Zugfolge geändert werden. Innerhalb der Bahnhöfe entstehen durch die Benutzung verschiedener Gleise für die Zugfahrten, durch Aenderungen in der Zusammensetzung der Züge, durch Lokomotivwechsel, durch Aufnahme und Abgabe des Verkehrs u.s.w. gewisse Gefahren und Schwierigkeiten. Es dürfen daher die Abfahrt, die Ein- und Durchfahrt der Züge auf den Bahnhöfen nur unter besonderen Bedingungen und besonderen Vorsichtsmaßregeln stattfinden. Im Gegensatz hierzu beschränkt sich auf den Blockstellen (soweit nicht diese Haltepunkte sind oder an ihnen Abzweigungen stattfinden) und auf der Strecke die Fürsorge für die Zugfahrten, wenn nicht Unregelmäßigkeiten eintreten, gewöhnlich auf die Beobachtung der Zugfahrten und die Abgabe der die Zugfolge regelnden Meldungen und Signale. Für den Zugmeldedienst und die sonstigen Maßnahmen für die Zugsicherung müssen Strecke und Stationen mit allerlei Einrichtungen, Blockwerken, Signalen, elektrischen Leitungen u.s.w. ausgerüstet sein (s. III., D.).
A. Der Zugmeldedienst
soll nur unter der Voraussetzung der Raumfolge (s. III., C.) erörtert und es soll auf die veraltete und betriebsgefährliche Zeitfolge nicht näher eingegangen werden. Ebenso soll im allgemeinen nur die Betriebsweise betrachtet werden, bei der die Bahn und die Stationen im Ruhezustand durch Signale geschlossen gehalten werden, so daß nur für die einzelne Zugfahrt durch Oeffnung der Signale Erlaubnis erteilt wird. In manchen Ländern gilt statt dessen allgemein oder teilweise der minder vollkommene Grundsatz der offenen Bahn, die nur nach Vorbeifahrt eines Zuges so lange durch Signale geschlossen wird, bis der Zug die bis zur nächsten Zugfolgestelle reichende Strecke wieder verlassen hat.
Die Ausübung des Zugmeldedienstes gestaltet sich verschieden, je nachdem dazu Morsewerke, Fernsprecher oder Blockwerke verschiedener Bauart verwendet werden und je nachdem zwischen den Bahnhöfen Blockstellen eingeschaltet sind oder nicht. Auf eingleisigen Bahnen (sofern nicht durch die z.B. in England hier und da gebräuchliche Betriebsweise mit nur einer Lokomotive oder einem gekuppelten Lokomotivpaar im Dienst die Gefahr vor Zusammenstößen ausgeschlossen ist) ohne solche Zwischenteilung, die für den Zugmeldedienst mit Morsewerken oder Fernsprechern ausgerüstet sind, muß vor jeder Zugfahrt von Bahnhof zu Bahnhof Anfrage und Zustimmung stattfinden (Anbieteverfahren). Dann meldet der Abgangsbahnhof dem folgenden Bahnhof die erfolgte Abfahrt (Vormeldung), letzterer dem Abgangsbahnhof entsprechend später die erfolgte Ankunft des Zuges (Rückmeldung) und meldet ebenso den Zug dem nächstfolgenden Bahnhof vor. Auf zweigleisigen Strecken mit derselben Ausrüstung kann[294] man entweder auf die Rückmeldung oder, wie es z.B. auf den preußischen Staatsbahnen geschieht, auf das Anbieteverfahren verzichten. In der Schweiz darf auf eingleisigen Bahnen die Rückmeldung eines Zuges für die Strecke unterbleiben, auf welcher der nächste Zug in entgegengesetzter Richtung verkehrt.
Ist eine Zwischenteilung der Strecken von Bahnhof zu Bahnhof durch Blockstellen vorhanden, so findet bei derselben Ausrüstung die Verständigung über die Zugfahrten im wesentlichen in gleicher Weise wie vor von Zugfolgestelle (Bahnhof oder Blockstelle) zu Zugfolgestelle statt. Jedoch wird das Anbieten auf eingleisigen Strecken von Bahnhof zu Bahnhof zu geschehen haben, damit nicht zwei Züge in eine Strecke hineingelassen werden, auf der sie keine Gelegenheit zum Ausweichen finden; auch wird man hier zweckmäßig mindestens eine besondere Rückmeldung von Bahnhof zu Bahnhof vornehmen.
Morsewerke und Fernsprecher wirken nicht zwangsweise auf die Signale. In neuerer Zeit strebt man in Deutschland und in andern Ländern mit guten Eisenbahneinrichtungen an, die stark befahrenen Strecken mit elektrischen Blockwerken auszurüsten, die (s. Blockeinrichtungen) die Zugfolge von Zugfolgestelle (Bahnhof oder Blockstelle) zu Zugfolgestelle regeln und, indem sie zwangsweise auf die Ausfahr- und Blocksignale wirken, nach menschlichem Ermessen tatsächlich verhindern, daß ein Zug in eine Blockstrecke einfährt, die von dem vorhergehenden Zuge noch nicht verlassen ist. Auf eingleisigen Strecken verhindern diese Blockwerke zugleich das Gegeneinanderfahren von Zügen. Neben solchen Blockwerken sind Zugmeldungen durch Morsewerke oder Fernsprecher nur noch in beschränktem Maße erforderlich, namentlich bei Unregelmäßigkeiten, wie Zugverspätungen, Verlegung von Kreuzungen und Ueberholungen u.s.w.
In England sind erst wenige Strecken mit zwangsweise wirkenden Blockwerken (lock and block) ausgerüstet. Die im übrigen auf den zweigleisigen Strecken allgemein vorhandenen Blockinstrumente sind elektrisch betriebene Zeigerwerke, deren Unvollkommenheit indessen durch die Güte des Personals und dadurch gemildert wird, daß überall von Zugfolgestelle zu Zugfolgestelle ein Anbieten der Züge mittels elektrischer Klingelzeichen stattfindet. Auf eingleisigen Strecken findet in England, soweit nicht nur eine Lokomotive im Dienst ist, allgemein das Zugstab- oder Zugtafelsystem Anwendung. In Amerika haben eine weite Verbreitung die selbsttätigen Blockwerke (s. Blockeinrichtungen) gefunden.
B. Die Abfahrt der Züge.
Kein Zug darf ohne Erlaubnis des zuständigen Beamten (Fahrdienstleiters) von einer Zugfolgestelle (Bahnhof oder Blockstelle) ab- oder durchgelassen werden. Diese Erlaubnis darf, abgesehen von gewissen Ausnahmen in Störungsfällen, nur erteilt werden, nachdem der Fahrdienstleiter sich überzeugt hat, daß der Weg für den Zug bis zur nächsten Zugfolgestelle frei und in Ordnung ist, d.h. daß dieser Weg weder von andern Zügen noch von Rangierfahrten oder stehenden Fahrzeugen beansprucht ist, und daß, sofern es sich um die Ausfahrt aus einem Bahnhof handelt, die Weichen für die Fahrt richtig stehen. Letztere Gewähr ist in der Regel ohne weiteres durch das »Fahrt« zeigende Ausfahrsignal gegeben, falls Sicherheitsstellwerke (s. Stellwerke) vorhanden sind. Ebenso erleichtert das Vorhandensein einer Streckenblockierung die Feststellung in ersterer Beziehung. Wie von dem richtigen Zustande der Bahn hat sich der Fahrdienstleiter auf demjenigen Bahnhofe, auf dem ein Zug entspringt, vor Erlaubnis zur Abfahrt von der richtigen Zusammensetzung und dem fehlerfreien Zustand des Zuges, tunlichst unter Mitwirkung des Zugführers, zu überzeugen. Bei Zügen, die mit durchgehender Bremse ausgerüstet sind, muß hierbei eine Bremsprobe vorgenommen werden. Eine entsprechende Prüfung ist auf Zwischenstationen bei jeder Veränderung der Zusammensetzung des Zuges und im übrigen, soweit der Aufenthalt es gestattet, zu wiederholen. Laufunfähige Wagen sind auszusetzen.
Es pflegt vorgeschrieben zu sein, daß zur Personenbeförderung bestimmte Züge nicht vor der im veröffentlichten Fahrplan bekanntgegebenen Zeit abgelassen werden, während für Güterzüge und einzeln fahrende Lokomotiven in der Regel zugelassen wird, daß sie um ein gewisses Zeitmaß vor der fahrplanmäßigen Zeit abfahren.
C. Die Ein- und Durchfahrt der Züge.
Die Bahnhöfe werden in Ländern mit gut eingerichteten Eisenbahnen durch Signale geschlossen gehalten, die nur für die Ein- oder Durchfahrt der Züge geöffnet werden. Bevor der zuständige Beamte (Fahrdienstleiter) hierzu die Erlaubnis gibt, hat er sich, wie oben, davon zu überzeugen, daß die vom Zuge zu durchfahrenden Gleise frei und die Weichen richtig gestellt sind, was auch hier durch das Vorhandensein von Sicherheitsstellwerken und Streckenblockierung vereinfacht und erleichtert wird. Besondere Vorsichtsmaßregeln gelten für das Ein- und Ausfahren zweier oder mehrerer Züge bei Zugkreuzungen, Ueberholungen, Anschlüssen.
D. Die Zugfahrt auf der Strecke von Bahnhof zu Bahnhof
soll sich in der Regel gesichert durch den Zugmeldedienst ohne besondere Vorkommnisse abspielen. An den Blockstellen ist im allgemeinen lediglich für Einhaltung des Raumabstandes zu sorgen. (Anders ist dies in England, wo die Signalwärter weitgehende Befugnis haben, die Reihenfolge der Züge und unter Umständen auch die Gleisbenutzung zu ändern.) Nur an Blockstellen mit Abzweigung können auch Aenderungen in der Reihenfolge der Züge eintreten.
Die Ueberwachung der fahrenden Züge durch das Bahnbewachungspersonal vollzieht sich, wie unter III., E. beschrieben. Wo Schranken zu bedienen sind, werden in Ländern mit guteingerichteten Bahnen die Bahnwärter und insbesondere die Schrankenwärter durch elektrische Läutewerkssignale, Fernsprecher u.s.w. von dem bevorstehenden Abgang der Züge verständigt (s. Abmeldesignale). Wo vorsichtshalber langsam gefahren werden muß, so auf Strecken mit starkem Gefälle, über Drehbrücken u.s.w., pflegt man die Fahrgeschwindigkeit durch Radtaster zu kontrollieren. Wegen des Hilfssignaldienstes s. unter VIII., E.[295]
VIII. Besonderheiten beim Fahrdienst.
A. Einhaltung der Fahrzeit. Verspätungen.
Es in Pflicht der Beamten, in jeder zulässigen Weise für die pünktliche Durchführung der Züge und tunlichste Einholung etwaiger Verspätungen (durch Abkürzung der Aufenthalte oder schnelleres Fahren innerhalb der zulässigen Geschwindigkeit) zu sorgen. Für den Fall von Verspätungen besteht regelmäßig eine Rangordnung der Züge, nach der wichtigere Züge an minder wichtigen vorbeigelassen werden. Ebenso, wie hiernach neue Ueberholungen oder Verlegungen von Ueberholungen auf andre Bahnhöfe, können auf eingleisigen Strecken auch neue Kreuzungen oder Verlegungen von Kreuzungen erforderlich werden. Für alle solche Fälle müssen die Bestimmungen über die Zugmeldung ein besonders sorgsames, jedes Mißverständnis ausschließendes Verfahren vorschreiben. In Deutschland, Oesterreich-Ungarn und vielen andern Ländern verständigen sich die betreffenden Bahnhöfe telegraphisch in zuverlässiger Weise über die Verlegung von Ueberholungen und Kreuzungen. In England haben die Signalwärter die Befugnis, solche Verlegungen vorzunehmen. In Nordamerika hat der Train dispatcher für einen gewissen Bezirk den Zugdienst zu regeln und daher für diesen Bezirk Pflicht und Befugnis, die Verlegung von Ueberholungen und Kreuzungen anzuordnen. Größere Zugverspätungen pflegen den folgenden Stationen gemeldet und dem Publikum durch Anschlag bekanntgegeben zu werden. In bezug auf Zuganschlüsse pflegt für alle einzelnen Fälle vorgeschrieben zu sein, wie lange jeder Zug auf einen etwa verspäteten Anschlußzug zu warten hat (Verzeichnis der Wartezeiten).
B. Außerfahrplanmäßige Fahrten.
Zur Ergänzung und Entlastung fahrplanmäßiger Züge verwendet man in erster Linie die in den Fahrplan aufgenommenen Bedarfszüge, die indessen, sofern nicht für einen bestimmten Zeitraum ein regelmäßiges Verkehren angeordnet ist, fahrdienstlich als Sonderzüge zu betrachten sind. Sonderzüge dürfen auf den deutschen Hauptbahnen in der Regel nur befördert werden, solange die Schrankenwärter im Dienste sind. Die Anordnung von Sonderzügen pflegt grundsätzlich der Betriebsleitung vorbehalten zu fein; jedoch haben in der Regel die Bahnhöfe, oder wenigstens die großen Bahnhöfe, gewisse Befugnisse, Sonderzüge als Vor- oder Nachzüge, bei Anschlußversäumnissen, bei Lokomotivfahrten und namentlich als Hilfszüge selbständig anzuordnen. Auch für jeden Sonderzug wird in der Regel ein Fahrplan aufgestellt. Die vom Zuge berührten Bahnhöfe und Blockstellen sowie das Bahnbewachungspersonal werden vom Verkehren eines Sonderzuges tunlichst schriftlich verständigt, andernfalls, soweit angängig, durch Signale an den vorhergehenden Zügen, durch Läutesignale, durch Fernsprecher u.s.w. Nur bei Hilfszügen steht man unter Umständen von jeder Ankündigung ab, muß dann aber vorsichtig fahren.
C. Abweichungen von der Fahrordnung.
Auf freier Strecke ist in Deutschland eine Benutzung des falschen Gleises zweigleisiger Bahnen nach Verständigung zwischen den benachbarten Bahnhöfen gestattet bei Gleissperrungen, für Arbeitszüge, Arbeitswagen und Kleinwagen und zur Bedienung von Anschlußgleisen, ferner. unter Verantwortlichkeit des Fahrdienstleiters für Hilfszüge und Hilfslokomotiven und zurückkehrende Schiebelokomotiven. Auch Abweichungen von der Fahrordnung in Bahnhöfen sind unter Verantwortlichkeit des Fahrdienstleiters zulässig. In andern Ländern pflegen ähnliche Vorschriften zu bestehen. In England haben die Signalwärter weitgehende Befugnisse, von der Fahrordnung abzuweichen.
D. Schieben von Zügen.
Züge ohne führende Lokomotive dürfen in der Regel nur in besonderen Fällen und unter besonderen Vorsichtsmaßregeln geschoben werden. Züge mit einer führenden Lokomotive erhalten im Bedarfsfalle, namentlich auf Heilen Strecken und bei der Anfahrt in Stationen, Nachschiebelokomotiven, für die vorgeschrieben zu werden pflegt, daß sie nicht angekuppelt sind und sobald ihre Mitwirkung entbehrlich ist, zurückkehren.
E. Außerfahrplanmäßiges Anhalten. Betriebsstörungen. Unfälle.
Wenn auch beim Fahren in Raumabstand ein vorübergehend zum Halten gekommener Zug durch die Ausfahr- und Blocksignale genügend gedeckt ist, so pflegt doch vorgeschrieben zu werden, daß bei längerem Liegenbleiben eines Zuges eine besondere Deckung durch Hand- oder ausgesteckte Scheibensignale, bei Dunkelheit Lichtsignale, bei Nebel Knallkapseln (neuerdings auch rotbrennende Magnesiumfackeln) durch das Zugpersonal oder die Bahnwärter vorgenommen wird. Namentlich gilt dies bei Liegenbleiben eines Zuges durch Unfahrbarkeit der Strecke (Schienenbruch, Schneeverwehung, Rutschung, Ueberflutung, Waldbrand u.s.w.) oder Schäden an den Fahrzeugen (Achsbruch, Radreifenbruch, Brand eines Wagens), unter Umständen beides zugleich hervorgerufen durch Entgleisung, Zusammenstoß u.s.w. In solchen Fällen sind die benachbarten Bahnhöfe zu benachrichtigen, wozu auf gut eingerichteten Bahnen entweder Hilfssignalstationen mit Fernschreib- oder Fernsprechwerken in gewissen Abständen (in Deutschland höchstens 4 km) vorhanden oder die Züge mit Vorrichtungen zum Herbeirufen von Hilfe (tragbaren Fernsprechern oder Fernschreibern) ausgerüstet sind. Die Hilfe kommt je nach Bedarf in Gestalt von Mannschaften, Hilfslokomotiven u.s.w., bei eigentlichen Unfällen in der Regel in Gestalt eines Hilfszuges (s.d.), der mit Werkzeugen, mechanischen Vorrichtungen, Rettungskasten, Arztwagen ausgerüstet und mit dem entsprechenden Personal besetzt ist. Bei allen Unfällen gilt als Regel, daß zunächst verletzten oder in Gefahr befindlichen Personen beizuspringen, dann auf die Erhaltung der toten Gegenstände Bedacht zu nehmen und ferner für möglichst baldige Wiederaufnahme des Betriebs zu sorgen ist, der, wenn die Gleise nicht sogleich wieder fahrbar gemacht werden können, bei den Personenzügen durch eingleisigen Betrieb oder Umsteigen, bei den Güterzügen durch Umleitung vorläufig aufrechterhalten zu werden pflegt. Ueber Meldung und Veröffentlichung von Unfällen bestehen in der Regel eingehende Vorschriften.[296]
IX. Lokomotivdienst.
Die Wirksamkeit der Lokomotiven bei der Zugförderung gehört zwar sachlich zum Fahrdienst. Indessen wird in Anbetracht der technischen Eigenart und der Ausführung und Ueberwachung durch besondere Beamte der ganze Lokomotivdienst in der Regel als besonderer Dienstzweig behandelt. Hier kommen in Betracht die Gattungen der Lokomotiven, ihre notwendigen Eigenschaften und ihre Leistungsfähigkeit, die Unterbringung, Unterhaltung und Versorgung der Lokomotiven, die Personale und die Diensteinteilung der Lokomotiven, die Ausübung des Lokomotivdienstes.
A. Gattungen und Leistungsfähigkeit der Lokomotiven.
Im allgemeinen ist hier auf Lokomotiven zu verweisen und nur die Verwendbarkeit der verschiedenen Lokomotivgattungen für die verschiedenen Betriebszwecke kurz zu erörtern.
Man unterscheidet Lokomotiven für Hauptbahnen, Nebenbahnen, Kleinbahnen, Straßen- und Förderbahnen, ferner unter den Neben- und Kleinbahnlokomotiven als Abarten Lokomotiven für Zahnrad- und gemischten Betrieb. Auf Hauptbahnen unterscheidet man nach dem Betriebszweck: Schnellzuglokomotiven, Personenzuglokomotiven, Rangierlokomotiven, unter Umständen besondere Lokomotiven für Nahverkehr. Auf Nebenbahnen wird man in der Regel (abgeschert von Fortschritten in der Bauweise) nur eine Lokomotivgattung haben.
Schnellzuglokomotiven haben mehr große Geschwindigkeit als große Zugkraft zu. entwickeln. Sie besitzen daher große Triebräder, nur einen Teil der Achsen gekuppelt, vom in der Regel ein Drehgestell, nützen also gewöhnlich einen erheblichen Teil des Gesamtgewichts nicht als Reibungsgewicht aus. Güterzuglokomotiven haben große Zugkraft und geringere Geschwindigkeit zu entwickeln, besitzen daher kleinere Triebräder, aber tunlichst alle Achsen gekuppelt, um das Gewicht als Reibungsgewicht voll ausnutzen zu können. Personenzuglokomotiven stehen zwischen Schnellzug- und Güterzuglokomotiven. Meist aber werden ältere Schnellzuglokomotiven im Personenzugdienst verwendet. In der Regel sind die Lokomotiven mit einem Tender versehen, in dem Kohlen und Wasser mitgeführt werden. Bei Lokomotiven ohne Tender (sogenannten Tenderlokomotiven) sind auf der Lokomotive selbst Behälter für Kohlen und Wasser vorhanden, deren Vorräte mithin nur gering sein können. Tenderlokomotiven haben schwere Achsdrücke in kurzer Folge, können in beiden Richtungen gleichschnell fahren. Sie werden namentlich verwendet für Nebenbahnen, im Stadt- und Vorortverkehr (dafür stärkere, unter Umständen vierachsige Tenderlokomotiven) und im Rangierdienst (dann zweckmäßig alle Achsen gekuppelt), wo sie ausschließlich Verwendung finden, soweit nicht die Zuglokomotiven selbst auf den Zwischenstationen den Rangierdienst besorgen oder alte Zuglokomotiven in diesem Dienste aufgebraucht werden. In den letzten Jahrzehnten hat man, um allen Zwecken möglichst gut zu genügen, mancherlei Verbesserungen vorgenommen, indem man Dampfspannung, Rost- und Heizfläche und Zylinder und damit auch den Kessel vergrößert, wegen des hierdurch erhöhten Kesselgewichts und um die vergrößerte Kesselleistung auszunutzen die Zahl der Trieb- und Lauf achsen vermehrt hat, was wiederum die Anwendung beweglicher und verschiebbarer Achsen bedingte. Die Dampfausnutzung ist ferner durch Verbundwirkung und Dampfüberhitzung erhöht. So sind zahlreiche verschiedene Lokomotivarten entstanden (vgl. Lokomotiven).
Die Zugkraft Z einer Lokomotive hängt einmal ab von dem Reibungsgewicht R, d.h. von dem Gewicht, das auf den Triebachsen lastet. Erfahrungsmäßig ist Zr, d.h. die von dem Reibungsgewicht abhängige Grenze der Zugkraft, durchschnittlich R : 6,5, bei schlüpfrigen Schienen bis herab auf etwa R : 10. Eine zweite Grenze der Zugkraft ist Zm, d.h. die größte Leistungsfähigkeit der Maschine, abhängig vom Kolbendurchmesser und dem Uebersetzungsverhältnisse der Pleuelstange am Triebrade, vom größten zulässigen Dampfdruck im Kessel und dem Reibungsverlust in der Dampfleitung und von dem nach Bauart der Steuerung möglichen Füllungsgrade. Soweit die Anwendung von Zm, auch in Einzelfällen, in Frage kommt, muß sie zweckmäßig nicht größer als Zr sein, da sonst ein Schleudern der Triebräder eintreten würde. Die Zugkräfte Zr und Zm kommen für das Anfahren in Betracht, d.h. für diejenige Zeit, in welcher der Zug aus dem Stillstand in den Zustand der vollen Geschwindigkeit übergeführt wird, wozu außer der Ueberwindung des Reibungs-, Krümmungs- und Steigungswiderstandes die Beschleunigungsarbeit zu leisten ist. Anfahrweg und Anfahrzeit sind um so kürzer, je größer der von der Lokomotive hierauf verwendbare Teil der Zugkraft und je kleiner das Zuggewicht und die planmäßige Fahrzeit sind (s.a. Dynamik). Gefälle verkürzen, Steigungen verlängern den Anfahrweg. Besonders günstig verhalten sich bezüglich des Anfahrens die elektrisch angetriebenen Fahrzeuge (s. Eisenbahnen, elektrische). Maßgebend für die dauernde Betriebsleistung ist aber (drittens) die der Leistungsfähigkeit des Dampfkessels, abhängig von der Größe der Rost- und Heizfläche, von der Güte der Bauart und der Brennstoffe, entsprechende Zugkraft Zk. Diese Zugkraft Zk nimmt ab mit zunehmender Geschwindigkeit v in m sec, aber in geringerem Verhältnisse, so daß die Arbeitsleistung in der Sekunde Zk v mit wachsender Geschwindigkeit zunimmt. Zk, d.h. die vom Kessel ermöglichte Dauerleistung, wird am besten für jede Lokomotivgattung durch praktische Dauerversuche, vorgenommen bei verschiedenen Bahnneigungen, verschiedener Zuglast und verschiedenen Geschwindigkeiten, ermittelt. Die Kraft Zk hat zu überwinden den Widerstand w G, wobei G das Zuggewicht in Tonnen, w für praktische Zwecke genau genug4[297] = 2,4 + V2 : 1300 + s, worin V = Geschwindigkeit in Kilometer/Stunden = 3,6 · v, s = Steigungsverhältnis in mm/m. Zweckmäßig zieht man bei Ermittlung von Zk gleich die inneren Widerstände der Maschine ab, so daß dasselbe w auf das Gewicht des Zuges mit Lokomotive Anwendung findet.
Aus Zk und w läßt sich die von einer Lokomotive zu fördernde Wagenbruttolast für die verschiedenen Neigungen berechnen. Für die praktische Benutzung pflegt dann jede Bahnverwaltung Tabellen herauszugeben, die für alle ihre Lokomotivgattungen angeben, welche Zuglast in Tonnen oder in Zahl der Wagenachsen oder Wagen u.s.w. sie bei verschiedenen Geschwindigkeiten auf den verschiedenen Strecken fördern können.
Nebenstehend ist ein Beispiel aus solcher Lokomotivbelastungstabelle der schweizerischen Bundesbahnen mitgeteilt. Auf den preußisch-hessischen Staatsbahnen werden statt solcher Tabellen neuerdings entsprechende Angaben in den Fahrplanbüchern (V., C, d.) bei jedem einzelnen Zuge gemacht, was für die Benutzung besonders bequem ist.
B. Unterbringung, Unterhaltung u.s.w. der Lokomotiven.
Die Lokomotiven haben stets einen bestimmten Stationsort (Lokomotivstation, Maschinenstation) und werden, im Gegensatz zu den Wagen (s. X.), in der Regel nur auf engbegrenzten Strecken der Heimatbahn oder im Nachbarverkehr benutzt. Neuerdings läßt man in einzelnen Fällen Lokomotiven großer Leistungsfähigkeit im Schnellzugsverkehr auf erheblichere Strecken fremder Bahnen durchgehen, so von Berlin nach Dresden oder Bodenbach. Nach Einführung der zwischen den deutschen Eisenbahnen geplanten Betriebsmittelgemeinschaft dürfte solche gemeinschaftliche Benutzung von Lokomotiven in Deutschland einen größeren Umfang annehmen. Auf dem Heimatbahnhof und ebenso auf den Wendestationen werden die Lokomotiven (falls sie nicht etwa sogleich umkehren) zweckmäßig in einem Lokomotivschuppen (Heizhaus) untergebracht, wo sie gegen Witterungseinflüsse geschützt nachgesehen, gereinigt, instand gesetzt und angeheizt werden, wo auch kleinere Schäden ausgebessert werden können, zu welchem Behufe mit größeren Lokomotivschuppen eine kleine Werkstätte (Betriebswerkstätte) verbunden zu sein pflegt. Für die Ausnutzung der Lokomotivstände größerer Schuppen wird zweckmäßig eine zeichnerische Uebersicht aufgeteilt (s. [2], I, S. 269). Der Betriebswerkmeister (Heizhausleiter) beaufsichtigt und unterhält die ihm unterteilten Lokomotiven und ist dafür verantwortlich, daß sie stets rechtzeitig in betriebsfähigem und reinlichem Zustande in Dienst gestellt und nach Erfordernis ausgebessert sowie zu größeren Ausbesserungen und zu den vorgeschriebenen Untersuchungen rechtzeitig einer Hauptwerkstatt zugeführt werden. Zur Betriebsfähigkeit gehört auch die Versorgung mit Kohlen und Wasser sowie Schmiermitteln und sonstigen Verbrauchsstoffen. Es finden sich deshalb Vorkehrungen zum Einnehmen von Kohlen (Kohlenbühnen, Bekohlungsanlagen) und Wasser (Wasserkrane, Wasserstationen) auf den Lokomotiv- und Wende-Nationen und auf solchen Stationen, wo nach der Betriebsleitung eine Ergänzung der Kohlen- und Wasservorräte erforderlich ist. Vgl. a. Kohlenbühnen, Wasserstationen.
Vor Ingebrauchnahme jeder neuen Lokomotive muß eine technisch-polizeiliche Abnahmeprüfung vorgenommen werden. Hierbei und über die in gewissen Zeiträumen, außerdem aber nach größeren Ausbesserungen erforderlichen Untersuchungen bestehen in allen Ländern eingehende Vorschriften (für Deutschland in der B.O. enthalten).[298]
C. Personale und Diensteinteilung der Lokomotiven.
Jede Lokomotive ist mit einem Personal, bestehend aus Lokomotivführer und Heizer, besetzt. Der Heizer ist dem Lokomotivführer unterstellt. Entweder ist für jede Lokomotive nur ein solches Personal vorhanden (einfache Besetzung), oder es sind zwei Personale vorhanden, welche die Lokomotive abwechselnd fahren (doppelte Besetzung) oder eine Anzahl Lokomotiven wird von einer erheblich größeren Anzahl Personale ohne bestimmte Ordnung benutzt (mehrfache Besetzung). Bei der einfachen Besetzung werden die Lokomotiven am besten behandelt, aber schlecht ausgenutzt, bei der mehrfachen Besetzung am besten ausgenutzt, leiden aber unter Mangel an sorgfältiger Behandlung, bei doppelter Besetzung (im Rangier- und Vorortdienst auch wohl dreifacher Besetzung von je achtstündiger Dauer) kann die Behandlung bei guter Ausnutzung noch hinreichend sorgfältig sein. In Amerika ist die doppelte und stellenweise die mehrfache Besetzung an der Tagesordnung. Außer der guten Ausnutzung gilt die verhältnismäßig schnelle Abnutzung sogar als Vorteil, da man den Fortschritten entsprechend neue Lokomotiven beschafft. In Deutschland ist man von der früher vorherrschenden einfachen mehr und mehr zur doppelten Besetzung übergegangen.
Die von einer Eisenbahnverwaltung zu leistenden Lokomotivdienste werden auf die Verwaltungsstellen für den Lokomotivdienst (Maschineninspektionen, Bezirksmaschinenmeistereien u.s.w.) und weiter auf die einzelnen Lokomotivstationen verteilt. Der von den Lokomotiven jeder Lokomotivstation zu leidende Dienst wird durch den Lokomotivturnus oder durch mehrere dergleichen nachgewiesen. Der Lokomotivturnus zeigt am besten in zeichnerischer Andeutung (s. Eisenbahnverwaltung), in welcher Weise von einer Gruppe von Lokomotiven nebst Personalen (bei einfacher oder doppelter u.s.w. Besetzung) eine Anzahl von fahrplanmäßigen Fahrten, Rangierstunden, Bereitschaftsstunden zu leisten sind. In der Regel wird man verschiedenartige Leistungen (Schnellzugsdienst, Personenzugsdienst u.s.w.) besonderen Lokomotivgruppen zuweisen. Aus den Nachweisungen für alle Gruppen einer Lokomotivstation muß sich deren Gesamtdienst, aus dem Dienst aller Gruppen der Eisenbahnverwaltung deren Gesamtdienst lückenlos zusammensetzen. Der Dienst jeder einzelnen Lokomotive besteht aus Hin- und Rückfahrten oder Rangierstunden oder beidem, außerdem in der Regel aus Bereitschaftsdienst in angeheiztem Zustande, von dem die Bereitschaft der Lokomotive in kaltem Zustande (ohne Personalbesetzung) zu unterscheiden ist. Zwischen den Dienstleistungen müssen genügende Pausen für Versorgung und Instandsetzung der Lokomotive liegen. Lange Aufenthalte und Uebernachtungen auf fremden Stationen sucht man indessen möglichst zu vermeiden, ebenso Leerfahrten. Da die Personenzüge in der Regel in beiden Richtungen einer Bahn in gleicher Zahl verkehren, pflegen bei Personenzuglokomotiven Leerfahrten im allgemeinen nur für zurückkehrende oder zur Dienstleistung hinfahrende Vorspann- und Nachschiebelokomotiven sowie für Sonderzuglokomotiven stattzufinden, soweit man solche Lokomotiven nicht zur Vermeidung der Leerfahrt einem Zuge vorlegt. Bei Güterzuglokomotiven werden indessen häufiger Leerfahrten erforderlich.
D. Ausübung des Lokomotivdienstes.
Das Lokomotivpersonal übernimmt die Lokomotive entweder in warmem Zustande von einem andern Personale oder, nachdem sie schon angeheizt ist, aus dem Schuppen und hat sich zunächst durch eine genaue Untersuchung von dem technischen Zustande, den Wasser- und Dampfverhältnissen des Kessels und den genügenden Wasser- und Kohlenvorräten, Ersatzteilen u.s.w. zu überzeugen. Etwaige Mängel sind abzustellen. Mit einer größere Mängel aufweisenden Lokomotive darf der Führer den Dienst nicht antreten. Auch während des Dienstes hat das Lokomotivpersonal sich ständig von der Dienstfähigkeit der Lokomotive zu überzeugen und sie zum Schluß in ordnungsmäßigem Zustande an ein andres Personal oder die Schuppenverwaltung abzuliefern oder aber nicht abstellbare Mängel zu melden. Beim Zugdienst tritt das Lokomotivpersonal unter Befehl des Zugführers. Der Lokomotivführer hat seine Lokomotive rechtzeitig und vorsichtig, d.h. ohne erheblichen Stoß, vor den zu befördernden Zug zu setzen und sich davon zu überzeugen, daß sie mit dem Zuge ordnungsmäßig gekuppelt wird, daß die Brems-, Heiz- u.s.w. Leitungen richtig verbunden und die Zugsignale angebracht werden. Auch hat er auf Aufforderung des Zugführers die Bremsprobe (s. VII., B.) vorzunehmen. Er hat dann auf das ihm gegebene Abfahrtszeichen den Zug vorsichtig und möglichst ohne Stoß in Bewegung zu setzen (bezüglich des Anfahrens s. unter A.). Er muß, um die Signale beobachten und die Fahrt entsprechend den Neigungen, Krümmungen u.s.w. regeln zu können sowie an den Stationen richtig anzuhalten, die Bahnstrecke genau kennen. Die durchgehende Bremse hat er selbst zu bedienen, auf Zügen ohne durchgehende Bremse rechtzeitig das Bremssignal (s. Zugsignale) zu geben. Beim Bremsen muß die durch das Anfahren (s. A.) im Zuge aufgespeicherte lebendige Kraft durch den Zugwiderstand und die Bremswirkung wieder vernichtet werden, was um so schneller geschieht, je größer der Prozentsatz der gebremsten Achsen ist (s. VI., D. und Bremsen, Bd. 2, C, 8.). Der »Bremsweg« wird durch Gefälle verlängert, durch Steigungen verkürzt. In Gefahrfällen werden die durchgehenden Bremsen durch besondere Art der Bedienung (Notbremsung, Gefahrbremsung) schneller als bei der gewöhnlichen sogenannten Betriebsbremsung in Tätigkeit gesetzt. Außerdem kann in solchen Fällen der Lokomotivführer durch Geben von Gegendampf die Bremswirkung erheblich steigern. Bei Einzelfahrten ist der Lokomotivführer auf der Strecke selbständig. Bei Fahrten mit zwei Lokomotiven an der Spitze ist der Führer der vorderen Lokomotive für Beachtung und Geben der Signale in erster Linie verantwortlich.
Ueber alle diese Pflichten der Lokomotivpersonale, insbesondere auch über den Schiebedienst (s. VIII., D.), über außergewöhnliche Ereignisse, Rangier- und Bereitschaftsdienst u.s.w. pflegt jede Verwaltung eingehende Vorschriften zu erlassen.[299]
X. Wagendienst.
Im Gegensatz zu den Lokomotiven laufen die Eisenbahnwagen weit über das Gebiet der Heimatbahn hinaus. Die Personenwagen verkehren allerdings in der Regel nur in bestimmten Zugverbindungen, aber doch ohne Beschränkung durch Bahn- und Landesgrenzen (Berlin-Rom, Budapest- Paris u.s.w.), die Güterwagen dagegen, soweit es sich nicht um Wagen für bestimmte Zwecke handelt, besitzen eine Freizügigkeit, die nur durch die Grenzen des zusammenhängenden Bahnnetzes und den Wechsel der Spurweite beschränkt wird und zum Teil sogar Meeresteile und Seen mittels Fähren überwindet. Um so benutzt werden zu können, müssen die Wagen gewissen technischen Anforderungen entsprechen und gewisse Bezeichnungen tragen. Die Benutzung der Wagen geschieht auf Grund von Bestimmungen, die teils für die einzelne Bahn und das einzelne Land gelten, teils zwischen den verschiedenen Bahnverwaltungen oder Regierungen vereinbart sind. Außer den Regeln für die Benutzung und den Wagenübergang kommen hier auch die Beladung, Reinigung und Desinfektion, Unterhaltung und Ausbesserung der Wagen, ferner die Vergütung für die Benutzung fremder Wagen in Betracht.
A. Notwendige Eigenschaften und Bezeichnungen der Wagen.
In fast allen Ländern des europäischen Festlandes, deren Bahnen volle Spur haben und für den Wagenübergang in Betracht kommen, dürfen Wagen vom Uebergange nicht zurückgewiesen werden, die den Bestimmungen der T.E. (s. II., A.) entsprechen. Diesem Mindestmaß von Anforderungen gegenüber sind innerhalb enger begrenzter Gebiete für die eignen Wagen dieser Gebiete strengere Anforderungen gestellt, so im V.D. E.V. durch die bindenden Bestimmungen der T.V., im Deutschen Reiche durch die B.O., die im Widerspruchsfalle den T.V. vorgeht. In manchen Beziehungen gestattete die Verschiedenheit der Verhältnisse in den einzelnen Ländern eine einheitliche internationale Regelung nicht. So verweist die T.E. in bezug auf den größten Radstand der Wagen und die Begrenzungslinien (Querschnittsmaße, s. Lademaße) der Wagen auf Zusammenstellungen, die nach Angaben der Landesregierungen vom schweizerischen Bundesrat verfaßt und herausgegeben werden.
Ein ähnliches Verzeichnis betreffend die zulässigen größten Radstände und Raddrücke und die bei Beladung offener Wagen anzuwendenden Lademaße gibt für sein Gebiet der V.D. E.V. heraus, das zugleich nachrichtlich die Angaben der obigen amtlichen Zusammenstellungen und entsprechende Angaben für den Verkehr mit solchen Bahnen gibt, die der T.E. nicht beigetreten sind.
In bezug auf die Bauart der Eisenbahnwagen (s.d. sowie Bremsen) sei hier nur erwähnt, daß die für den Wagenübergang notwendigen technischen Eigenschaften der Wagen sich außer auf die schon erwähnten Dinge (größter Raddruck, Breiten- und Höhenmaße, größter Radstand) erstrecken auf einen Mindestradstand (nach der T.E. und der B.O. nicht unter 2,5 m), auf das sichere Spuren der Räder (Unverrückbarkeit auf der Achse, richtiger Abstand der Räder entsprechend der Spurweite, Radreifenbreite, Spurkranzhöhe), auf die Bauart der Räder und Achsen, auf die Lagerung der Wagen auf den Achsen, auf die Kupplungsvorrichtungen und Bremsen. Bezüglich der Wagenobergestelle trifft die T.E. nur für die Personenwagen Bestimmungen über einheitliche Schlüsselformen, während für diejenigen Güterwagen, die eine Zollgrenze überschreiten sollen, die zugleich mit der T.E. vereinbarten Vorschriften über die zollsichere Einrichtung der Eisenbahnwagen im internationalen Verkehr gelten.
Um übergangsfähig zu sein, muß jeder Eisenbahnwagen ferner gewisse Bezeichnungen tragen, und zwar nach der T.E.:
1. die Eisenbahn, zu der er gehört; 2. eine Ordnungsnummer; 3. die Tara oder das Eigengewicht des Fahrzeuges nach der letzten Gewichtsaufnahme, einschließlich Räder und Achsen; 4. die Tragfähigkeit oder das Maximalladegewicht; Personenwagen sind von dieser Bestimmung ausgenommen; 5. der Radstand, wenn er über 4500 mm beträgt;5 diese Bestimmung bezieht sich nur auf neu zu erbauendes Material;6 6. eine besondere Angabe, falls die Achsen radial verstellbar sind.7
Für die Eisenbahnwagen der deutschen Bahnen und des V.D. E.V. sind durch die B.O. und die T.V. außer annähernd denselben (etwas anders gefaßten) Bezeichnungen, wie vorstehend, noch einige andre verlangt, so die Zeit der letzten Untersuchung und bei Wagen, die für Zeitschmierung eingerichtet sind, der Zeitpunkt der letzten Schmierung. Weitere Anschriften sind von den T.V. für die Vereinsbahnen empfohlen, zum Teil dieselben von der B.O. für die Wagen der deutschen Bahnen verlangt, so der Inhalt der Gasbehälter, Art und Wirkungsweise der durchgehenden Bremse, militärische Ladefähigkeit von Wagen, Bodenfläche von Viehwagen. Fernere Bezeichnungen zur Unterscheidung der verschiedenen Wagengattungen, tunlichst aus einzelnen Buchstaben bestehend, um die telegraphischen Meldungen zu erleichtern, werden von den einzelnen Eisenbahnverwaltungen für ihren Bereich festgesetzt.
Unter Spezialgüterwagen versteht man Wagen, die zur Verladung ganz bestimmter Güter (wie Kalk, Bier, Milch, Fleisch, Spiegelglas u.s.w.) eingerichtet sind und daher in der Regel Beschränkungen in der Benutzung unterliegen. Sind sie auf einer Station zu Hause, nach der[300] sie immer wieder zurückkehren, so nennt man sie Stationswagen. Spezialwagen im Privateigentum heißen Privatwagen, sind aber regelmäßig in den Wagenpark einer Eisenbahnverwaltung eingestellt.
B. Benutzung der Güterwagen.
Im Innern eines einzelnen Bahngebietes oder engeren Verbandes mit ganz freier Wagenbenutzung (Preußischer Staatsbahnwagenverband, Schweizerischer Wagenverband u.s.w.) ist Fürsorge zu treffen, daß die Wagen, bei tunlichster Vermeidung von Leerläufen, dem Bedarfe entsprechend verteilt werden. Hierzu bedient man sich allgemein der Wagenbureaus oder Wagenämter (Wagenverteilungsstellen), die den Wagenbestand und Bedarf täglich (unter Umständen mehrmals) telegraphisch an eine Zentralstelle melden, die dann ebenso telegraphisch den Ausgleich von Bedarf und Ueberfluß verfügt, soweit nicht generelle Verfügungen hierfür gegeben sind. Die für die deutschen Bahnen geplante Betriebsmittelgemeinschaft wird solche Wagenverteilung nach einheitlichen Gesichtspunkten für das gesamte Gebiet dieser Gemeinschaft zur Folge haben.
Im gegenseitigen Verkehre der vollspurigen Eisenbahnen des europäischen Festlands gilt im allgemeinen die Regel, daß die ausreichend beladenen Güterwagen von der Abgangs- bis zur Bestimmungsstation durchgeführt werden. Es bestehen zu diesem Zweck8 drei große Verbände, der V.D. E.V. (s. Eisenbahnverbände) (dessen bezügliche Bestimmungen im Vereinswagenübereinkommen enthalten sind), der Internationale Verband, der zwischen den meisten Verwaltungen vorgenannten Vereins und einer großen Zahl belgischer und französischer Verwaltungen abgeschlossen ist, und der Deutsch-italienische Wagenverband zwischen den italienischen Bahnen einerseits und einer großen Zahl deutscher, österreichisch-ungarischer, schweizerischer, belgischer und holländischer Bahnen anderseits, ferner der Wagenverband der Eisenbahnen der drei nordischen Länder, außerdem aber eine große Zahl von Uebereinkommen geringeren Umfanges, die teils den Wagenübergang neben den großen Verbänden bezw. über deren Grenzen hinaus bezwecken, teils für gewisse Gebiete oder Sonderverbände besondere Bestimmungen schaffen. So z.B., wie schon erwähnt, der Schweizerische Wagenverband und der Preußische Staatsbahnwagenverband, an dessen Stelle hoffentlich bald eine allgemeine Deutsche Betriebsmittelgemeinschaft auch für Lokomotiven treten wird, u.s.w.
Die Wagenübereinkommen geben die technischen Bestimmungen für den Wagenübergang (in der Regel nach Maßgabe der T.E.), sie setzen die räumlichen und zeitlichen Benutzungsgrenzen der Wagen fest, sie treffen Fürsorge für den Rücklauf der Wagen bei tunlichster Vermeidung von Leerläufen, sie regeln die Formen der Benutzung, bestimmen die Vergütungen für ordnungsmäßige (in der Regel Lauf- und Zeitmiete) und die Strafen für nicht ordnungsmäßige Benutzung. Die Abrechnung über die gegenseitigen Vergütungen geschieht auf Grund der von den benutzenden Bahnen selbst aufgehellten Schuldnachweisungen durch Wagenabrechnungsbureaus, von denen das der preußisch-hessischen Staatsbahnen (Zentralwagenabrechnungsbureau in Magdeburg) zugleich die Wagenmieten zwischen zahlreichen fremden Bahnen mit verechnet.
Besondere Bestimmungen bestehen über die Benutzung von Privatwagen (s. oben unter A.) im innern und direkten Verkehr.
Für die Zulässigkeit des Laufes und Ueberganges der Güterwagen ist außer der technischen Beschaffenheit der Wagen selbst erforderlich und durch die maßgebenden Vorschriften überall bestimmt, daß durch ihre Ladung keine Betriebsgefahren entstehen. Der beladene Wagen darf nicht über das zulässige Lademaß (s.d.) der zu durchlaufenden Bahnstrecken hinausragen; die Ladung muß gleichmäßig verteilt sein und es darf nicht etwa durch ungleichmäßige Belastung ein Aufsitzen des Wagenkastens oder ein Streifen der Räder stattfinden; auch muß die Ladung unverschieblich festgelegt sein. Ferner darf keine Ueberlastung über 5% des angeschriebenen Ladegewichts bezw. der allein angeschriebenen Tragfähigkeit vorhanden sein. Eigenartige Vorsichtsmaßregeln bestehen für die Verladung von gewissen Gegenständen (Langholz, Bretter, feuergefährliche, explosive Gegenstände u.s.w.).
Um die betriebssichere Verladung und Entladung der verschiedenartigsten Güter in allen Fällen ausführen zu können, sind die Eisenbahnwagen mit einer Reihe von Einrichtungen versehen, wie Klapptüren, Bodenklappen, abnehmbare Kopf- und Seitenwände, beigegebene Aufsatzbretter, hölzerne Ringe, Kuppelstangen. Damit lose Wagenbestandteile nicht verloren gehen, werden sie, soweit ausführbar, mit dem Eigentumsmerkmal der Eigentümerin und der Wagennummer versehen, auch geht ihr Vorhandensein aus einer Anschrift an den Wagenlangseiten oder einem beigegebenen Begleitschein hervor. Von den losen Wagenbestandteilen unterscheidet man in der Regel die nicht zu bestimmten Wagen gehörenden und nach Bedarf verwendeten Lade- und Bindemittel, wie Wagendecken Ketten, Leinen, Viehgitter, Lattierbäume u.s.w. Diese werden durch Begleitscheine ersichtlich gemacht und, wenn sie auf dem Rückwege keine Verwendung finden, mit kurzer Frist zurückgesandt. Zweckmäßig bestehen für Lade- und Bindemittel auf gewissen Stationen Niederlagen oder Sammelstellen.
Die beladenen gedeckt gebauten Wagen oder offenen Wagen mit Decken pflegt man außer mit der am Wagen etwa vorhandenen Verschlußvorrichtung mit Bleiverschluß (Plomben) zu versehen, worüber z.B. für den Deutschen Eisenbahnverkehrsverband einheitliche Bestimmungen ist dessen »Beförderungsvorschriften« enthalten sind. Außer der Eisenbahn verlieht auch häufig die Zollverwaltung die Eisenbahnwagen mit Bleiverschluß, wenn die Ladung unter Zollkontrolle befördert wird (s.a. Plombieren und Plombierzange).[301]
C. Instandhaltung der Güterwagen.
1. Reinigung und Desinfektion der Güterwagen. Durch die Ladung beschmutzte Wagen sind nach Entladung zu reinigen. Wagen, die zur Viehbeförderung gedient haben, werden nach jedesmaligem Gebrauche gereinigt und desinfiziert. Hierüber bestehen in den einzelnen Ländern gesetzliche Bestimmungen (im Deutschen Reich das Gesetz vom 25. Februar 1876 nebst Ausführungsbestimmungen des Bundesrats vom 16. Juli 1904 und Ausführungsverordnungen der Einzelstaaten), auch ist in den Vereinbarungen über die gegenseitige Wagenbenutzung meist bedungen, daß nicht gehörig gereinigte und desinfizierte Wagen zurückgewiesen oder auf Kosten der schuldigen Verwaltung desinfiziert werden können. Im Deutschen Reich sind (nach obigen Bestimmungen) alle im Inlande beladenen oder vom Auslande zurückkehrenden (sofern ihre Desinfektion im Auslande nicht sichergestellt ist) zur Beförderung von Rindvieh, Pferden, Maultieren, Eseln, Schafen, Ziegen oder Schweinen benutzten Wagen vor der Wiederbeladung zu reinigen und zu desinfizieren, und zwar am Orte der Entladung bezw. auf der Station des Wiedereingangs spätestens binnen 24 Stunden, statt dessen aber (und zwar ist dies besonders zweckmäßig) auch zentralisiert auf bestimmten Stationen, die mit besonderen Einrichtungen hierfür versehen sind. In derselben Weise wie die Wagen sind die bei der Verladung und Beförderung der Tiere zum Füttern, Tränken, Befestigen oder zu sonstigen Zwecken benutzten Gerätschaften der Eisenbahnverwaltung, ebenso auch bewegliche Rampen zu reinigen und zu desinfizieren (feste Rampen sind reinzuhalten, aber in der Regel nur bei Seuchengefahr zu desinfizieren). Vor der eigentlichen Desinfektion eines Wagens werden die Streumaterialien, Dünger, Reite von Anbindesträngen u.s.w. beseitigt und vorsichtig fortbefördert. Es folgt dann eine gründliche Reinigung des Wagens mit heißem Wasser oder wenigstens eine Lösung des Schmutzes mit heißem und Reinigung mit kaltem Wasser. Hierauf geschieht die eigentliche Desinfektion der Wageninnenflächen unter gewöhnlichen Verhältnissen mit auf mindestens 50° C. erhitzter Sodalauge (wenigstens 2 kg Soda auf 100 l Wasser), in Fällen einer Infektion eines Wagens durch Rinderpest, Milzbrand, Rauschbrand, Wild- und Rinderseuche, Maul- und Klauenseuche, Rotz, Rotlauf der Schweine oder Schweineseuche (einschließlich Schweinepest) oder des dringenden Verdachts einer solchen Infektion außer vorstehendem Verfahren durch sorgfältiges Bepinseln der Wageninnenflächen mit 3prozentiger Lösung einer Kresolschwefelsäuremischung. Für die Desinfektion werden die Selbstkosten deckende Gebühren erhoben. Die Reinigung und Desinfektion geschehen zweckmäßig auf besonders hierfür eingerichteten Wagenwaschgleisen (s.d.) oder in Wagenwaschschuppen. Neuerdings sind im Deutschen Reiche auch Bestimmungen über die Beseitigung von Ansteckungsstoffen bei der Beförderung von lebendem Geflügel erlassen. Ueber die in den andern Ländern des Gebietes des V.D. E V, bestehenden Bestimmungen gibt die von dem Verein herausgegebene »Zusammenstellung der im Gebiete des V.D. E.V. bestehenden gesetzlichen Bestimmungen über die Beseitigung von Ansteckungsstoffen bei Viehbeförderungen auf Eisenbahnen u.s.w.« Aufschluß [2], I, S. 348, [14], S. 955; Eisenbahntechnik der Gegenwart, Bd. 2, S. 869.
2. Unterhaltung und Ausbesserungen der Güterwagen. Jeder Güterwagen muß, um betriebssicher zu sein, vor der Inbetriebnahme und ferner von Zeit zu Zeit untersucht werden. Solche Untersuchung hat z.B. nach der deutschen B.O. drei Jahre nach der Inbetriebnahme oder nach der letzten Untersuchung zu erfolgen. Im übrigen gestaltet sich in den großen Wagen verbänden Mitteleuropas die Ueberwachung und Instandhaltung der Güterwagen etwa folgendermaßen: Erheblicheren Begnadigungen der Güterwagen wird tunlichst durch sorgfältige Instandhaltung vorgebeugt. Hierbei sind nach den Wagenübereinkommen die fremden Wagen mindestens mit gleicher Sorgfalt zu behandeln wie die eignen der Verwaltung. Die ständige Ueberwachung und Instandhaltung der im Betriebe befindlichen Wagen geschieht durch die Zugbegleitpersonale (Zugführer, Bremser), die namentlich für gehörige Schmierung der Achslager zu sorgen und darauf zu achten haben, daß die Wagen und bei offenen Wagen auch die Ladungen sich in ordnungsmäßigem Zustande befinden. Entdeckte Mängel, die sie nicht selbst beseitigen können, melden sie den Wagenmeistern. Solche (in der Regel gelernte Schlosser) sind auf allen Bahnhöfen erforderlich, auf denen Züge gebildet und zerlegt oder in ihrem Bestande wesentlich geändert werden. Sie haben die Wagen der ankommenden und abgehenden Züge sorgfältig zu untersuchen. Besonders häufig vorkommende Mängel sind heißgelaufene Achsen, Reifensprünge, lose Räder und Reifen, Achs- und Federbrüche, zerrissene Kupplungen u.s.w. Für die Entdeckung betriebsgefährlicher Mängel sind in der Regel Prämien ausgesetzt.
Beschädigungen und Mängeln eines im Laufe befindlichen Güterwagens wird entweder sogleich abgeholfen, oder man schickt den Wagen in eine Werkstätte, oder man läßt ihn trotz der Mängel (unter Umständen, nachdem notdürftig für die Lauffähigkeit gesorgt ist) weiterlaufen, wenn man eine Verzögerung der Beförderung oder ein Umladen vermeiden, oder auch bei fremden Wagen die Ausbesserung der Eigentumsverwaltung überlassen will. Wagen, die so beschädigt sind, daß ihre Beladung unzulässig ist, werden mit roten Streifen »Nicht zu beladen« beklebt. Im übrigen ist es Sache der einzelnen Bahnverwaltungen, Bestimmungen darüber zu treffen, wie die Zuführung beschädigter Wagen zur Werkstätte erfolgen und durch Beklebungen oder Anschriften sichergestellt werden soll. Bei den Wagenübergängen von Bahn zu Bahn werden alle Wagen von den beiderseitigen Uebergabebeamten untersucht. Hierbei vorgefundene Beschädigungen werden, wenn sie nicht zur Zurückweisung der Wagen Veranlassung geben, gegenseitig anerkannt und auf an die Wagen beiderseits geklebten Meldezetteln vermerkt. Diese Meldezettel, deren unter Umständen der Reihe nach mehrere angeklebt werden, wenn Schäden sich vergrößern oder neue Schäden hinzukommen, dienen derjenigen Bahnverwaltung, welche die Schäden schließlich ausbessert (in der Regel die Eigentumsbahn) als Nachweis, welche Verwaltung[302] die Ausbesserungskosten (wofür bestimmte Tarife in den Wagenübereinkommen vereinbart sind) zu ersetzen hat. Doch werden Schäden unter 40 ℳ. (50 Franken) nicht erstattet und daher auch nicht gemeldet. Im übrigen ist in den Wagenverbandsbestimmungen eingehend (aber nicht übereinstimmend) der Umfang der Haftung für Beschädigung und Verlust von Wagen, Bestandteilen und Lademitteln geregelt.
D. Benutzung und Instandhaltung der Personen- und Gepäckwagen.
Während auf dem europäischen Festlande die Güterwagen (abgesehen von Wagen besonderer Art, wie Spezialwagen, Stationswagen und Privatwagen, und abgesehen von etwaigen in ihrem Radstand und ohne Umgrenzung liegenden Hinderungsgründen) innerhalb des großen vollspurigen Bahnnetzes so gut wie unbeschränkte Freizügigkeit besitzen und nur Vorsorge getroffen ist, daß sie stets zu ihrer Heimatbahn zurückkehren, pflegt man die Personen- und Gepäckwagen einer Heimatstation zuzuweisen und sie in der Regel nur zu bestimmten Zugfahrten zu verwenden, die von dieser Station ausgehen und zu ihr zurückkehren (s.a. VI.). So werden die Personen- und Gepäckwagen vorwiegend auf der Heimatbahn verwendet, und es findet ein Uebergang von Bahn zu Bahn in der Regel nur auf Grund besonderer Vereinbarungen statt. Diese Vereinbarungen, die, soweit es sich um regelmäßige Wagenübergänge handelt, entweder den Durchgang ganzer Züge oder Kurswagenläufe betreffen, werden für einen großen Teil solcher Verbindungen Mitteleuropas für jede Fahrplanperiode auf den europäischen Wagenbeistellungskonferenzen getroffen. Die Herstellung und Unterhaltung der für den internationalen Verkehr bestimmten Personen- und Gepäckwagen ist äußerst schwierig, weil die Wagen mit mehrfacher Heiz-, Beleuchtungs-, Brems- u.s.w. Einrichtung versehen sein müssen.
Anders als bei den Güterwagen (s. B.) wird bei gegenseitiger Benutzung der Personen- und Gepäckwagen regelmäßig Naturalausgleich gewährt. Hat eine Eisenbahnverwaltung einen Wagenzug oder Kurswagen des durchgehenden Verkehrs eine Zeitlang gestellt, so stellt ihn demnächst eine andre an demselben Kurs beteiligte Verwaltung kürzere oder längere Zeit, je nachdem ihre befahrene Strecke kürzer oder länger ist als die der ersteren Verwaltung. Hierbei wird eine Leistung einer Verwaltung in einer Sommer- oder Winterfahrplanperiode durch eine Leistung einer andern Verwaltung in einer andern bezw. Sommer- oder Winterfahrplanperiode tunlichst ausgeglichen, ohne daß doch jemals ein genauer Ausgleich erfolgt. Die Rechnung bleibt vielmehr ständig offen, wird übrigens erleichtert, wenn man mehrere oder zahlreiche Kurse in einem Rechnungsverfahren zusammenfaßt.
In neuerer Zeit gehen auch häufiger als früher zu besonderen Zwecken (für Fürstlichkeiten, reiche Leute, Kranke) einzelne Salonwagen, Schlaf- und Krankenwagen auf fremde Bahnen über. Die Bedingungen für solchen Uebergang (betreffend zulässige Umgrenzungslinie und Bauart der Wagen, Einrichtung für Bremsen, Heizung, Beleuchtung, Interkommunikations- und Notsignal u.s.w.) sind von der LübeckBuchener Bahn eingeholt und zusammengestellt, so daß sie nicht mehr, wie früher, in jedem einzelnen Fall vereinbart zu werden brauchen.
Die Ueberwachung und Instandhaltung der im Betriebe befindlichen Personen-, Gepäck- und Postwagen geschieht in der Hauptsache auf den Zugbildungsbahnhöfen der Züge bezw. auf den Heimatbahnhöfen der Bereitschaftswagen, außerdem auf den Unterwegsstationen und während der Fahrt und endlich wieder in erhöhtem Maße auf den Wendestationen der Züge. Auf den Zugbildungsbahnhöfen und ebenso (außer bei ganz kurzen Aufenthalten) auf den Wendestationen werden die Züge in die Abstellgleise gesetzt (die auf großen Zugbildungsbahnhöfen einen besonderen Bahnhofsteil, den »Abstellbahnhof« [s. Bahnhöfe], bilden), wo die Wagen nachgesehen, gereinigt (erforderlichenfalls auch desinfiziert), mit Gas und Wasser versehen, angeheizt werden u.s.w. (hierzu dienen oft Wagenreinigungsgleise mit Gruben oder Wagenreinigungsschuppen), wo auch, soweit erforderlich, die Reihenfolge der Wagen und die Zusammensetzung der Züge geändert wird. Die Ausnutzung der Gleise eines Abstellbahnhofs und der Mindestbedarf an Gleisen ergibt sich zweckmäßig durch eine zeichnerische Tabelle.
Ebenso wie die Lokomotiven und Güterwagen müssen auch die Personen- und Gepäckwagen u.s.w. vor der Ingebrauchnahme und dann von Zeit zu Zeit untersucht werden. Die deutsche B.O. schreibt z.B. solche Untersuchung für die vorzugsweise in Schnellzügen laufenden Personen-, Gepäck-, Post- und Güterwagen spätestens sechs Monate, bei den übrigen Personen-, Gepäck- und Postwagen (wegen der übrigen Güterwagen s. unter C., 2.) spätestens ein Jahr nach der Inbetriebnahme oder nach der letzten Untersuchung vor. Diele Fristen können bis zur Dauer von drei Jahren überschritten werden, solange ein Wagen nicht 30000 km durchlaufen hat.
Die Kontrolle der Wagenbeschaffenheit (wegen häufig vorkommender Mängel s. unter C., 2.) auf den Zugbildungs-, Wende- und Unterwegsstationen ist hauptsächlich Sache der Wagenmeister (gelernter Schlosser), die auf großen Stationen wohl einem Werkmeister unterstehen. Außerdem hat das Zugbegleitpersonal die Beschaffenheit der Wagen ständig zu überwachen, der Zugführer auch namentlich vor Beginn der Fahrt sich von der ordnungsmäßigen Beschaffenheit zu überzeugen. Neuerdings gibt man schnellfahrenden Personenzügen technische Begleiter (Wagenwärter) mit. Schadhafte Personenwagen werden, soweit die Schäden sich nicht ohne weiteres beheben lassen, einer Werkstätte zugeführt. Für den gegenseitigen Ersatz der Ausbesserungskosten gilt im wesentlichen das bei den Güterwagen (C.) Gesagte.
Die Personen-, Gepäck- und Postwagen weisen eine Reihe von Einrichtungen auf, deren Ueberwachung und Bedienung besondere Sorgfalt erfordert wie die durchgehenden Bremsen (s.d.), die Wagenbeleuchtung,9 die Heizeinrichtungen (s. Eisenbahnwagen), die Ausstattungs- und losen Zubehörstücke oder Geräte wie die Ausrüstungsstücke der Gepäckwagen, die Fußdecken.[303]
Fensterscheiben, Fensterriemen, Wascheinrichtungen der Personenwagen u.s.w. Besondere Einrichtungen haben schließlich die Schlaf- und Speisewagen, die Wagen der D-Züge und Luxuszüge, die Salonwagen und Krankenbeförderungswagen.
XI. Betriebskosten.
Ein großer Teil der Betriebskosten erwächst für die Eisenbahn im ganzen, wie die Bahnunterhaltung, der Werkstättendienst, der Stations- und Streckendienst u.s.w., so daß es nicht angängig ist, mit auch nur annähernder Genauigkeit anzugeben, was eine einzelne Betriebsleistung (die Fahrt eines Zuges, die Beförderung einer Person oder einer Tonne Gut) kostet. Wohl aber ist es möglich, einmal mit gewisser Annäherung die Mehr- oder Minderkosten zu schätzen, die durch Einlegung oder Fortfall eines Zuges entstehen (vgl. unter V., B.), und ferner die jährlichen Gesamtbetriebskosten einer Bahn anzugeben und nachzuweisen, wie sie entstehen. Das Verhältnis der Betriebsausgaben zu den Betriebseinnahmen eines Jahres nennt man den Betriebskoeffizienten. Der Ueberschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben stellt die Verzinsung des Anlagekapitals dar. Eigentlich ist indessen die normale Verzinsung des Anlagekapitals als Teil der Betriebskosten zu betrachten (vgl. im übrigen Eisenbahnstatistik).
Literatur: [1] Die Eisenbahntechnik der Gegenwart, III, Bd. 2, Wiesbaden 1902. [2] Cauer, Betrieb und Verkehr der preußischen Staatsbahnen, I, Berlin 1897; II, Berlin 1903. [3] Flamache et Huberti, Traité d'exploitation des chemins de fer, Brüssel 1885. [4] Humbert, Traité complet des Chemins de fer, Paris 1891. [5] Bricka, Cours de chemins de fer, Paris 1894. [6] Galine, Exploitation technique des chemins de fer, Paris 1901. [7] Deharme, Chemins de fer, superstructure, Paris 1890. [8] Findlay, The Working and Management of an English Railway, 6. Aufl., London 1899. [9] Roß, H.M., British Railways, London 1904. [10] Büte und v. Borries, Die nordamerikanischen Eisenbahnen in technischer Beziehung, Wiesbaden 1892. [11] Bartels, Betriebseinrichtungen auf amerikanischen Eisenbahnen, Berlin 1879. [12] Gostkowski, Die Mechanik des Zugsverkehrs auf Eisenbahnen, Wien 1891. [13] Oder, Blum, Abstellbahnhöfe, Berlin 1904. Außerdem zahlreiche Artikel in [14] Röll, Encyklopädie des gesamten Eisenbahnwesens, und zahlreiche Aufsätze in Zeitschriften, namentlich dem Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens, Zentralblatt der Bauverwaltung, Annalen für Gewerbe und Bauwesen, Oesterr. Eisenbahnzeitung, Railroad Gazette u.s.w.; ferner die Gesetze und Staatsverträge, die Vereinbarungen, die Vorschriften der Aufsichtsbehörden und Bahnverwaltungen.
Cauer.
1 | Die österreichischen Staatsbahnen besitzen ein eigenartiges Zugnumerierungssystem (vgl. [1], S. 348). Die englischen Bahnen haben nur zum Teil eine Numerierung der Züge, in der Regel aber dann ohne Unterscheidung der Fahrrichtungen durch gerade und ungerade Nummern. |
2 | In manchen Ländern, so z.B. in der Schweiz, findet man die umgekehrte Bedeutung der wagerechten und senkrechten Längen der Fahrpläne. |
3 | Dasselbe Verfahren findet sich z.B. in der Schweiz. In England und Frankreich werden (wenig zweckmäßig) die Bezeichnungen Vor- und Nachmittag angewendet, in Italien und manchen andern Ländern zählt man. die 24 Stunden durch. |
4 | Genauere Ermittlungen namentlich von Frank: a) Neuere Ermittlungen über die Widerstände der Lokomotiven und Bahnzüge; b) Versuche zur Ermittlung des Luftwiderstandes, dessen Abhängigkeit von der Geschwindigkeit und der Gestalt der Körper; c) Die Gestaltung der Lokomotiven und Einzelfahrzeuge zur Erreichung hoher Fahrgeschwindigkeiten, im Jahrgang 1903, 1904 der Zeitschr. des Vereins deutscher Ingen., und Annalen der Physik, 4. Folge, Bd. 16. |
5 | Nach den T.V. und der B.O. in allen Fällen. |
6 | Nach den T.V. und der B.O. in allen Fällen. |
7 | Nach der B.O. auch, falls sie verschieblich sind. |
8 | In England ist das Railway-Clearing-House der Vereinigungspunkt der Bahnen für diesen Zweck wie für andre Zwecke. |
9 | Die Beleuchtung der Wagenzüge geschieht in der Regel nach Maßgabe eines Beleuchtungskalenders (Beleuchtungsplans), der angibt, auf welchen Bahnhöfen je nach der Jahreszeit die Lampen anzuzünden und auszulöschen sind [14], S. 427. |
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