[287] Johanniterorden (später Rhodiser- und Malteserorden). Die Anfänge dieses ersten und ältesten geistlichen Ritterordens sind in Dunkel gehüllt. Nach den besten Quellen gründete Karl d Gr. in Jerusalem südlich und gegenüber von der heiligen Grabeskirche, auf dem jetzt Muristan genannten Platze, der seit 1869 der preußischen Krone gehört und seit 1898 eine protestantische St. Salvatorkirche trägt, ein Hospiz und eine St. Marienkirche, die zwar verfielen, aber durch Amalsitener restauriert wurden (etwa 1065). Die Kirche, Santa Maria latina genannt, gehörte den Benedikt inern, die bald darauf eine St. Maria Magdalenenkirche mit einem Hospiz erbauten, um den Pilgerinnen Unterkunft zu gewähren; sie wurden als Santa Maria latina major und minor unterschieden. Das ältere Hospital, für die Aufnahme von Männern bestimmt, war anfangs dem St. Johannes Eleemon aus Alexandria geweiht, nahm aber später St. Johannes Baptista zum Schutzpatron an und trennte sich unter einem gewissen Gerhard bald nach der Eroberung Jerusalems 1099 von der Verbindung mit jenen Kirchen. Die neue Bruderschaft erhielt eine eigne Verfassung und deren Bestätigung durch Paschalis II. (15. Febr. 1113). Nach Gerhards Tode (3. Sept. 1120) folgte Raymund von Puy als Meister, der den Brüdern die Pflichten der Armut, Keuschheit und des Gehorsams auferlegte und als Ordenstracht einen schwarzen Mantel mit weißem Kreuz auf der linken Seite vorschrieb; später verband er mit der Krankenpflege auch die Verpflichtung zum Schutz der Pilger und zum Kampf gegen die Muselmänner. Die Mitglieder zerfielen in Ritter adliger Geburt, Ordenspriester und dienende Brüder, die zum Kampf auszogen. den Kirchen- und Krankendienst übernahmen. Der Orden fand bald überall weite Verbreitung im ganzen Abendland und erwarb auch einen umfangreichen Besitz im Königreich Jerusalem. Innere Streitigkeiten, auch häufige Zwiste mit dem Orden der Templer schwächten bald seine Macht, doch tat er auf allen Kreuzzügen seine Schuldigkeit; besonders durch die Eroberungen des Sultans Bibars verlor er die meisten seiner Besitzungen im Heiligen Land und durch den Fall Akkons (18. Mai 1291) auch diesen letzten Stützpunkt, weshalb er nach Limissol auf Cypern übersiedelte, von wo er nach vergeblichen Bemühungen, in Palästina wieder festen Fuß zu fassen, unter Fulco von Villaret die Insel Rhodus (1309) eroberte, so daß er seitdem auch der Rhodiserorden hieß. Nach dem Untergang der Templer ging 1312 ein großer Teil ihrer Besitzungen auf den Orden über, der die Insel lange unangefochten behauptete, auch zeitweise auf dem Festland von Kleinasien festen Fuß faßte. Unter Johann von Lastic (1437--54) wurde sie zweimal, unter Pierre d'Aubusson durch ein großes Heer Mohammeds II. (1480) bestürmt, aber jedesmal durch den Heldenmut der Verteidiger gerettet. Als aber Philipp Villiers de l'Isle (152134) Großmeister geworden war. übte der frühere Kanzler Andreas von Amaral, der sich dadurch gekränkt fühlte, Verrat und ging zu den Türken über. Alsbald erschien Soliman mit einer Flotte von 400 Segeln und 140,000 Mann Landtruppen 26. Juni 1522 auf der Höhe von Rhodus, während die Johanniter dem Feinde nur 600 Reiter und 4500 Mann entgegenzustellen hatten; die Stadt ergab sich nach heldenmütiger Gegenwehr 21. Dez. d. J. In der Neujahrsnacht zu 1523 verließ der Rest des Ordens unter Villiers die Insel und kam im Mai nach Messina, das ihm der Vizekönig Pignatelli angewiesen hatte. Überall in Europa, besonders bei Kaiser und Papst, fand der Orden das tiefste Mitleid, und Karl V. überließ ihm 24. März 1530 Malta samt Gozzo, Comino und Tripolis als Lehen, wofür derselbe alljährlich einen weißen Falken als Symbol der Abhängigkeit an die spanischen Statthalter von Sizilien geben sollte; Clemens VII. bestätigte diese Schenkung 25. April 1530. Am 26. Okt. 1530 landete der Großmeister auf Malta, und der Orden nahm davon den Namen Malteserorden an. Auch hier ward die ursprüngliche Aufgabe des Ordens nicht verabsäumt; das große, schöne, bis zuletzt unterhaltene Hospital gab Zeugnis davon.
Als der Orden unter dem Großmeister Juan d'Omedes (153653) Karl V. im Kriege gegen die Barbareskenstaaten wirksamen Beistand leistete, erhielt der Admiral der Ordensgaleeren (der tapfere Georg Schilling von Kannstatt aus Schwaben) die Reichsfürstenwürde (1548). Das Schloß Tripolis ging 1552 an die Türken verloren, die hierauf auch[287] die Belagerung Maltas unternahmen. Vier Monate lang (28. Mai bis 8. Sept. 1565) leisteten die Ritter unter dem Großmeister Jean de la Valette Parisot Widerstand und zwangen endlich den Sultan, mit einem Verlust von 20,000 Mann die Belagerung aufzuheben. Am 28. März 1566 ward die Stadt La Valetta gegründet. Nach dem Tode La Valettes (1568) wurde zwar der Sitz des Ordens von Pietro del Monte nach La Valetta verlegt und neuer Ruhm durch die Teilnahme an der Schlacht bei Lepanto (7. Okt. 1571) gewonnen, allein unter den folgenden Großmeistern schwächten innere Zwistigkeiten und der unglückliche Westfälische Friede die Macht des Ordens. Der Versuch, durch Ankauf westindischer Besitzungen seine Verluste zu ersetzen, mißlang insofern, als nach zwölfjährigem Besitz die Inseln St.-Christoph nebst St.-Barthélemy, St.-Martin, Ste.-Croix einer Handelsgesellschaft überlassen werden mußten (1665). Eine glänzende Periode führte 16971720 der Großmeister Ramon Perellos y Roccaful noch einmal für den Orden heraus. Seine Siege über die Türken bewirkten, daß sich alle im Kriege gegen den Halbmond befindlichen Mächte um seine Hilfe bewarben. Emanuel Maria, Prinz von Rohan (177597), eifrigst bemüht, einen wissenschaftlichen Geist in dem Institut zu verbreiten, berief ein neues Ordenskapitel (1773) und ließ neue Statuten beraten, die 1782 erschienen. Diese zeitgemäße Umgestaltung schien den Orden von neuem zu heben; er zählte damals nicht weniger als 3000 Mitglieder. Er erwarb die Güter des aufgehobenen Ordens der Spitalherren des heil. Anton von Vienne (1781), erhielt die ihm in Polen unrechtmäßigerweise entzogenen Besitzungen zurück und trat in Pfalzbayern durch Karl Theodors Gunst in den Besitz der 1772 durch Aufhebung der Jesuiten an den Staat heimgefallenen Güter (1782). Aber der Beschluß der französischen Regierung (19. Sept. 1792), der die Einziehung aller Ordensgüter dekretierte und den des französischen Bürgerrechts für verlustig erklärte, der eine Ahnenprobe fordern oder ableisten würde, traf den Orden schwer. Viele französische Malteserritter verließen ihr Vaterland und fanden auf Malta ein Asyl. Die Siege der Republik in Oberitalien entrissen dem Orden bald auch alle dort gelegenen Güter. Dagegen unterstützte der Kaiser Paul 1. von Rußland den Orden bedeutend. Er schloß 1797 mit dem Großmeister einen Vertrag ab, durch den Rußland zu einem Großpriorat erhoben wurde und der Orden einen Länderbesitz mit 300,000 Gulden Einkommen erhielt. Der Nachfolger Rohans, Ferdinand, Freiherr v. Hompesch (179798), der erste Deutsche in dieser Würde, war seiner Stellung in so verwickelten Verhältnissen nicht gewachsen. Französische Emissäre drangen bis in die vertrautesten Kreise des Ordens ein und wußten ihn in völliger Untätigkeit zu erhalten, bis 9. Juni 1798 Napoleon I. auf seinem Zuge nach Ägypten plötzlich vor Malta erschien und sich, da man sich seiner Landung widersetzte, 13. Juni mit Hilfe des Verrats einiger Ordensritter der Festung La Valetta und damit der ganzen Insel bemächtigte. Nur der Kaiser Paul I. mißbilligte die Gewalttat offen und warf sich zum Verteidiger des Ordens auf, in dem er eine kampfbereite Schar gegen die Revolution zu gewinnen hoffte. Als er aber 27. Okt. 1798 zum Großmeister gewählt ward, widersetzte sich der Papst seiner Wahl; am 4. Sept. 1800 eroberten die Engländer Malta. Zwar wurde im Frieden zu Amiens (1802) Malta wiederum dem Orden zugesprochen, aber die Engländer gaben sie nicht heraus. Kaiser Alexander I. ließ zwar den Orden im Besitz seiner Güter in Rußland, schlug aber das Großmeistertum aus und nahm nur den Titel eines Protektors an. Nachdem der Orden durch den Frieden von Preßburg und die Rheinbundsakte alle seine Besitzungen in Süddeutschland und Italien eingebüßt, wurden auch seine Güter in Bayern, im Königreich Westfalen und in Preußen 1808, 1810 und 1811 eingezogen, ebenso in Rußland 1810. Dem Orden verblieb jetzt nur noch das Großpriorat in Böhmen. Sitz des Ordenskapitels war seitdem Catania in Sizilien, seit 1826 Ferrara. Nach Kaiser Pauls I. Tod (1801) wurde Tommasi di Cortona im Februar 1803 zu Messina gewählt. Nach seinem Tod (13. Juli 1805) wurde der Sitz des Ordens 1834 nach Rom verlegt.
Auf Österreichs Andringen wurden dem Orden später mehrere seiner Besitzungen in den italienischen Staaten zurückgegeben, und Kaiser Ferdinand I. stiftete 1841 das lombardo-venezianische Großpriorat. Infolgedessen besteht der Orden heute aus der italienischen und der deutschen Zunge. (Weiteres über die gegenwärtige Organisation des Ordens s. S. 289.) Ordensoberhaupt war seit dem Tode des letzten Großmeisters, Johann Tommasis (gest. 13. Juni 1805), nur ein Großmeisterstellvertreter (Luogotenente del magisterio), bis Papst Leo XIII. durch eine Bulle vom 28. März 1879 die Würde des Großmeisters wiederherstellte und den am 14. Febr. 1872 zum Luogotenente gewählten Fra J. B. Ceschi a Santa Croce damit bekleidete. Der Orden, der sich als souverän betrachtet, unterhält eine Gesandtschaft am kaiserlichen Hofe zu Wien.
Was die innere Einrichtung des Ordens betrifft, so stand zur Zeit seiner Blüte an der Spitze der Großmeister »des Hospitals zu St. Johannes in Jerusalem und Hüter der Armen Jesu Christi«. Als der Zudrang zu dem Orden während der Kreuzzüge immer größer wurde, sah man sich genötigt, die Mitglieder nach den verschiedenen Nationen oder Zungen abzuteilen. Diese Teilung des ganzen Ordens in acht Zungen blieb auch in späterer Zeit. Man zählte als solche die Provence, Auvergne, Frankreich, Italien, Aragonien, Kastilien, Deutschland und England. Jede Zunge wählte sich aus ihren Rittern ein Oberhaupt und besetzte mit diesem zugleich ein Ordensamt. Die durch alle Nationen so gleichmäßig verteilten Großwürden waren: der Großkommandeur, aus der Provence gewählt (Präsident der Schatzkammer, Aufseher der Magazine und des Arsenals); der Großmarschall aus der Auvergne (Befehlshaber aller Streitkräfte zu Lande); der Großhospitalier aus Frankreich (Aufseher der Wohltätigkeitsanstalten); der Großadmiral aus Italien (Befehlshaber der Seemacht); der Großkonservator oder Drapier, mit dem Titel Castellan d'Emposta, aus Aragonien (Vorstand der innern Verwaltung); der Turkopolier aus England (Befehlshaber der Reiterei); der Großbailli aus Deutschland (Aufseher über die Festungswerke); der Großkanzler aus Kastilien (Oberrichter). Sämtliche Inhaber dieser Würden, die Ballivi conventuales, trugen (nebst den Prioren und Baillis) ein größeres Kreuz als die Ritter, daher ihr Name Großkreuze. Aus ihrer Mitte wurde der Großmeister gewählt. Die Zungen zerfielen in Großpriorate oder Priorate und Balleien, diese in Kommenden (Commanderies, Komtureien) geteilt. An ihrer Spitze standen Großprioren, Prioren, Baillis, Kommendatoren. Die Ritter schieden sich in Cavalieri di grazia[288] und Cavalieri di giustizia, Gnaden- und Rechtsritter. Jeder Bewerber um die Ritterwürde mußte eine Ahnenprobe bestehen, ausgenommen waren nur die natürlichen Söhne der Fürsten. In der Regel verlangte man dazu 8 Ahnen; in Spanien und Italien genügten 4, in Deutschland waren 16 nötig. Wer diese Formalität erfüllte, wurde Rechtsritter und hatte die Befähigung zu allen Ordensämtern. Wenn aber das Kapitel mit Umgehung dieser vorgeschriebenen Adelsprobe verdienstvollen Männern die Ritterwürde erteilte, so konnten diese nie eine Würde im Orden bekleiden und hießen Gnadenritter. Gewöhnlich begann die Laufbahn eines Ritters mit dem 17. Jahre. Mit dem 18. konnte der Novize zum Profeß gelangen. Bei der Aufnahme der Geistlichen und der dienenden Brüder fiel der Ritterschlag weg, sie konnten daher das Kreuz nur auf besondere Bewilligung des Großmeisters tragen. Die Geistlichen wurden gewöhnlich nur auf 10 Jahre in Pflicht genommen. Außer diesen zum Orden gehörigen Mitgliedern konnten später noch andre Personen ihm Beistand und Treue geloben, ohne das bindende Gelübde abzulegen. Sie hießen Donaten, weil sie durch Geschenke und Vermächtnisse ihre Aufnahme einleiteten; sie trugen nur halbe Kreuze, d. h. es fehlte ein Flügel des Kreuzes, und konnten nach Wunsch austreten. In geistlichen Angelegenheiten war der Orden dem Papst untergeben, sonst aber souverän. Das Wappen des Ordens war und ist noch jetzt ein silbernes einfaches Balkenkreuz im roten Felde mit einer Fürstenkrone darüber, woraus ein Rosenkranz hervorging und sich um den Schild legte; unten hing ein kleines Johanniterkreuz (s. S. 290), dabei die Devise: »Pro fide«.
Der jetzigen Einrichtung nach teilt sich der Orden (souveräner Orden des heil. Johannes von Jerusalem, souveräner Malteserorden) in die deutsche und italienische Zunge, die beide unter dem Ordensmagisterium und dem Sagro consiglio in Rom stehen. Die italienische Zunge umfaßt drei Großpriorate: 1) das Großpriorat von Rom mit 20 Ritter- und 3 geistlichen Kommenden, außerdem 12 sogen. Juris patronatus oder Familienkommenden; 2) das Großpriorat der Lombardei und Venedig mit 10 Ritter- und einer geistlichen Kommende, außerdem 23 Juris patronatus-Kommenden; 3) das Großpriorat beider Sizilien mit 12 Ritter-, einer geistlichen und 3 Juris patronatus-Kommenden. Die deutsche Zunge besteht gegenwärtig aus: 1) dem Großpriorat von Böhmen mit 14 Ritter- und 3 geistlichen Kommenden; 2) der Genossenschaft der Ehrenritter in Schlesien; 3) der Genossenschaft der Ehrenritter in Westfalen und am Rhein; 4) der Genossenschaft der Englischen Ritter und 5) den in gremio religionis aufgenommenen Rittern, d. h. solchen, die weder in ein bestimmtes Großpriorat noch in eine der drei vorgenannten Genossenschaften eingereiht sind. Die Gesamtzahl der heute in allen vier Großprioraten, in den drei Genossenschaften und in gremio religionis aufgenommenen wirklichen und Ehrenritter sowie sonstigen Angehörigen des Ordens beläuft sich auf ungefähr 1500 Personen. An der Spitze des Ordens steht der Großmeister; den einzelnen Großprioraten sind die Großprioren, den Genossenschaften die Präsidenten vorgesetzt. Jedes Priorat hat eine gewisse Anzahl von Baillis (Großkommendatoren), Kommendatoren, Profeßrittern (die bereits die feierlichen Ordensgelübde abgelegt haben), Rechtsrittern (d. h. Ritternovizen), Ehrenrittern, Chevaliers de grâce, Donaten und Ordensgeistlichen.
Die Bedingungen der Aufnahme sind im wesentlichen bei den verschiedenen Großprioraten und Genossenschaften gleich. Bei der Aufnahme sind zwei Punkte sofort von Bedeutung. Die Aufnahme als Chevalier de justice (Justiz- oder Rechtsritter) ist wesentlich von der Verleihung des Ehren- oder Devotionskreuzes verschieden; ebenso ist bezüglich der Aufnahme vor oder nach der Großjährigkeit ein Unterschied. Um als Chevalier de justice in der Minderjährigkeit, d. h. vor vollendetem 15. Lebensjahre (für den Orden ist man mit 15 Jahren volljährig), aufgenommen zu werden, ist es vor allem nötig, daß der Kandidat innerhalb der Grenzen der betreffenden Länder geboren sei. Der Vater des Kandidaten muß außerdem in einer dieser Provinzen begütert sein und das Inkolat (Staatsbürger- oder Untertanenrecht) besitzen; auch die Mutter muß eine Inländerin, d. h. in den obengenannten Grenzen geboren sein. Der Kandidat hat ferner 16 ritterbürtige und stiftsmäßige Ahnen, nämlich 8 väterlicher- und 8 mütterlicherseits, zu »probieren« und einen von vier adligen Zeugen sub fide nobili an Eides Statt zu bestätigenden Stammbaum vorzulegen. Außerdem ist es für die österreichischen Untertanen nötig, daß sie bei dem Kaiser die vorläufige Bewilligung des beabsichtigten Schrittes besonders nachsuchen. Ist auf die Erlaubnis hin die Zulassung des Aspiranten vom Kapitel ausgesprochen, so wird die Aufnahmebulle für den Kandidaten vom Ordensmagisterium in Rom erwirkt, und sobald sie eingetroffen ist, tritt der Kandidat in das Recht ein, das Ordenskreuz als Rechtsritter in der vorgeschriebenen Weise zu tragen. Der Ablegung der feierlichen Ordensgelübde (Profeß) muß eine durch zehn aufeinander folgende Jahre ununterbrochen alljährlich wiederholte einfache Angelobung der Ordenspflichten vorangehen. Während dieser zehn Jahre des einfachen Gelübdes ist es dem Rechtsritter gestattet, ohne weitern Dispens aus dem Orden zu treten; nur muß er dem Großpriorat die Anzeige davon machen, und er verzichtet damit selbstverständlich auf das Recht, das Ordenskreuz zu tragen, außer er würde ausdrücklich darum einkommen und es würde ihm gestattet werden, das Kreuz als Ehrenritterkreuz (croix de dévotion) auch fernerhin zu tragen. Die Ehrenritter sind zu jährlichen Beiträgen für den Fonds des Hospizes von Jerusalem und für den Militärsanitätsfonds des böhmischen Großpriorats verpflichtet. Dieses Devotionskreuz wird zuweilen auch Damen vom höhern Adel verliehen. Um das Kreuz der Ehrenritter oder Devotionsdamen erlangen zu können, sind die Ahnen- und Adelsproben wie bei den Rechtsrittern nötig; nur fällt die Beschränkung der Nationalität weg, da auch Ausländer zugelassen werden.
Außer dem Ehren- oder Devotionskreuz wurde vom Großmeister in Rom bis in die neuere Zeit das Ordenskreuz auch an sogen. Chevaliers de grâce (Gnadenritter) und solche adlige Personen verliehen, die sich entweder im Dienste des Ordens oder in andrer Weise hervorragende Verdienste um diesen erworben hatten, dabei aber nicht imstande waren, solche Ahnenproben zu liefern, wie dies für den eigentlichen Ehrenritter vorgeschrieben ist. Die Ernennung eines solchen Chevalier de grâce ist neuerdings zum ausschließlichen Rechte des Großmeisters erklärt worden, das er motu proprio ausübt; deshalb darf aber auch von keinem Aspiranten darum nachgesucht werden. Das Donatkreuz endlich ist seiner Bestimmung nach ein Verdienstkreuz des Ordens; es wird ausschließlich an Beamte des Ordens oder solche Personen[289] verliehen, die sich in andrer Weise um ihn verdient gemacht haben. Für sie wird keine Ahnen- oder Adelsprobe verlangt, nur die Abstammung von ehrlichen katholischen Eltern, eine anständige Lebensstellung und unbescholtener Charakter. Souveränen und Prinzen wie überhaupt hervorragenden Personen des höchsten Adels wird zuweilen das Großkreuz des Ordens verliehen, womit die Würde des Ehrenbaillis verbunden ist.
Das Großpriorat von Böhmen hat sich die Krankenpflege und speziell den »freiwilligen Sanitätsdienst im Kriege« zur ganz besondern Aufgabe gestellt, worüber eine ausführliche Schrift unter diesem Titel (Wien 1879) erschienen ist. Das Hospiz zwischen Bethlehem und Jerusalem, dessen Protektorat der Kaiser von Österreich übernommen hat, wird durch gemeinschaftliche Beiträge des gesamten Ordens erhalten.
Die Dekoration des Großpriors, Bailli anziano, Baillis, Minister-Receveurs, der Komture und Profeßritter ist ein am schwarzen Band um den Hals getragenes goldenes, weiß emailliertes sogen. Malteserkreuz mit Krone und Trophäe, in der sich die Distinktion für Jerusalem, das Balkenkreuz im roten Felde, befindet, und außerdem auf der Brust das achtspitzige linnene Kreuz (s. Abbild.).
Die Rechtsritter tragen nur das goldene, weiß emaillierte Kreuz um den Hals, erst nach dem Profeß auch das Brustkreuz; sämtliche Ordensgeistliche tragen das Brustkreuz aus Leinwand. Die Chevaliers de grâce tragen das goldene Kreuz, anstatt der Trophäe eine Agraffe; die Donaten erster Klasse das goldene, weiß emaillierte Kreuz, nur ist der obere Arm nicht emailliert; die Rechtsdonaten ein Kreuzchen ohne den obern Arm; die Donaten zweiter Klasse das Kreuz mit dem Arme mit Krone, ohne Agraffe; die Ehrendamen das Kreuz der Chevaliers de grâce. Der Orden hat außerdem eine Uniform. Vgl. »Statuta ordinis hosp. St. Jo.« (Rom 1588); Beckmann, Beschreibung des ritterlichen Johanniterordens (Frankf. a. O. 1726); Herquet, Der St. J. und seine innere Verfassung (Würzb. 1865) und Chronologie der Großmeister des Hospitalordens während der Kreuzzüge (Berl. 1880); Villeneuve-Bargemont, Monuments historiques des Grand-maîtres de l'ordre de St-Jean de Jérusalem (Par. 1829, 2 Bde.); Ortenburg, Der Ritterorden des heil. Johannes von Jerusalem (Regensb. 1866); Delaville le Roulx, Les archives, la bibliothèque et le trésor de l'ordre de St-Jean à Malte (Par. 1883), Cartulaire général de l'ordre des Hospitaliers de St-Jean de Jérusalem, 11001310 (das. 18941904, 4 Bde.) und Les Hospitaliers en Terre sainte et à Chypre (das. 1904); Porter, The knights of Malte (3. Aufl., Lond. 1884), und die Darstellungen der Geschichte des Johanniterordens von Vertot (Par. 1725; deutsch von Niethammer, Jena 1792, 2 Bde.), Wedekind (Berl. 1853), v. Winterfeld (das. 1859), Falkenstein (2. Aufl., Leipz. 1867), Spencer-Northcote (deutsch von Studemund, Münst. 1874), Drane (a. d. Engl., Aach. 1888); v. Finck, Übersicht der Geschichte des Ordens St. Johannis vom Spital zu Jerusalem und der Ballei Brandenburg (Leipz. 1890); v. Pflugk-Harttung, Die Anfänge des Johanniterordens in Deutschland, besonders in der Mark Brandenburg und in Mecklenburg (Berl. 1899), und Der J. und der Deutsche Orden im Kampfe Ludwigs des Bayern mit der Kurie (Leipz, 1900); Ferd. v. Hellwald, Bibliographie méthodique de l'ordre souverain de St.-Jean de Jérusalem (Rom 1885).
Durch die Kabinettsorder vom 15. Okt. 1852 und die Urkunde König Friedrich Wilhelms IV., datiert Putbus 8. Aug. 1853, wurde die Ballei Brandenburg wieder ausgerichtet, die infolge des Säkularisationsedikts vom 30. Okt. 1810, laut der Urkunde vom 23. Jan. 1811 aufgelöst worden war, deren rechtliches Bestehen auf dem Vergleich von Heimbach vom Tage St. Barnabä (11. Juni) 1382 basierte und durch den Artikel 12 im Instrument des Westfälischen Friedens ausdrücklich anerkannt worden ist. Der königlich preußische J., der 1812 gestiftet worden war, erlosch, und seine Mitglieder gingen als Ehrenritter zur neu ausgerichteten Ballei Brandenburg über, der die Förderung und Ausübung der christlichen Krankenpflege, entsprechend dem ursprünglichen Stiftungszwecke des Johanniterordens, zur Aufgabe gemacht wurde. Nachdem Prinz Karl von Preußen (gest. 21. Juni 1883) infolge der auf ihn gefallenen Wahl 17. Mai 1853 als Herrenmeister der neu ausgerichteten Ballei installiert worden war, trat das Ordenskapitel 24. Juni 1853 zum erstenmal zusammen und stellte die Statuten fest, die durch die Urkunde vom 8. Aug. 1853 landesherrlich bestätigt wurden. Die gegenwärtige Organisation der Ballei Brandenburg, deren höchster Protektor der Kaiser und König Wilhelm II. und dessen Herrenmeister der Prinz Albrecht von Preußen ist, wurde wie folgt gestaltet: Die Ordensmitglieder stufen sich ab: 1) in Kommendatoren und Ehrenkommendatoren, die unter dem Vorsitz des Herrenmeisters nebst dem Ordenshauptmann und den Ordensbeamten das Ordenskapitel bilden; 2) Rechtsritter, die das Ordensgelübde ablegen und durch Ritterschlag und Investitur als solche aufgenommen werden; 3) Ehrenritter. Jeder Rechtsritter muß vorher Ehrenritter gewesen sein und sich wie dieser zur evangelischen Kirche bekennen.
Das Ordenskapitel entscheidet über die Aufnahme neuer Mitglieder, bei denen adlige Geburt, ein Lebensalter von 30 Jahren und eine der Würde des Ordens entsprechende soziale Stellung Bedingung ist. Jeder Ehrenritter zahlt an die Ordenskasse ein Eintrittsgeld von 1000 Mk. und einen jährlichen Beitrag von 6090 Mk., je nachdem er einer der 15 Genossenschaften des Ordens in den preußischen Provinzen und in Württemberg, Mecklenburg, Hessen, Sachsen und Bayern beigetreten ist. Die Ballei zählte 1. Jan. 1905: einen Herrenmeister, 18 Kommendatoren, 4 Ehrenkommendatoren, einen Ordenshauptmann, 973 Rechtsritter, 2 Ehrenmitglieder und 1912 Ehrenritter, zusammen 2911 Mitglieder. Die Ballei und ihre Genossenschaften besitzen zurzeit 50 Kranken- und Siechenhäuser mit 2860 Betten, in denen 1904 zusammen 18,000 Kranke u. Sieche, zusammen 751,328 Tage ärztlich behandelt und zum Teil unentgeltlich oder für einen die Selbstkosten nicht deckenden mäßigen Betrag verpflegt worden sind, außerdem in Jerusalem an der Via dolorosa ein Hospiz zur Aufnahme von Reisenden. Bei Landeskalamitäten sowie während der Kriege 1864, 1866 und 1870/71 hat der Orden Gelegenheit gefunden, sich segensreich zu betätigen. Das Ordenszeichen (s. Tafel »Orden I«, Fig. 30), ein goldenes achtspitziges, weiß emailliertes Kreuz mit goldenen Adlern zwischen den Armen und einer Krone bei den Rechtsrittern, mit schwarzen [290] Adlern und ohne Krone bei den Ehrenrittern, wird an einem schwarzen Band um den Hals, außerdem das einfache weiße linnene Kreuz (s. S. 290) auf der linken Brust getragen. Die Ordenskleidung (s. Abbild.) besteht seit 1896 für die Rechtsritter in einem scharlachroten, oben aufgeschlagenen. mit zwei Reihen von Johanniterknöpfen besetzten Waffenrock, dessen Kragen, Ärmelaufschläge, Rabatten- und Taschenbesatz weiß mit goldener Stickerei sind, weißen Beinkleidern, hohen Stiefeln mit weiten Stulpen und goldenen Anschnallsporen und schwarzem Filzhut mit goldener Schnur, weißer und schwarzer Straußfeder und statt der Agraffe mit einer schwarzseidenen Schleife mit weißem Johanniterkreuz. Das Schwert mit brauner Lederscheide wird an einem goldenen Schwertgurt mit einem mit silbernem Johanniterkreuz belegten Schloß getragen. Auf den Schultern befindet sich ein goldenes Geflecht mit Johanniterkreuz. Das Ordenskreuz wird an dem schwarzen Band über dem Rock getragen. Die Uniform der Ehrenritter unterscheidet sich von der der Rechtsritter dadurch, daß die Rabatten rot, die Sporen stählern sind und sich auf dem Hute zwei schwarze Straußenfedern befinden. Die Kommendatoren, Ehrenkommendatoren und der Ordenshauptmann tragen auf den Schultern goldene Raupen. Zur kleinen Uniform werden lange schwarze Beinkleider mit goldenen Tressen getragen. Für den Dienst in der freiwilligen Krankenpflege im Kriege besteht eine Interimsuniform.
1886 hat der Orden auch begonnen, deutsche evangelische Jungfrauen und Witwen auf seine Kosten durch Diakonissenhäuser, mit denen der Orden ein Abkommen darüber getroffen hat, in der Krankenpflege ausbilden zu lassen. Nachdem diese Lehrpflegerinnen für den Dienst des Ordens geeignet befunden worden sind, erhalten sie ein vom Herrenmeister ausgefertigtes Patent, durch das sie als »dienende Schwestern des Ordens« aufgenommen werden. Bis 1903 sind 1620 dienende Schwestern ernannt worden. 1904 verfügte der Orden über 985 dienende Schwestern, von denen 858 als felddienstmäßig bezeichnet werden konnten. Vgl. Herrlich, Die Ballei Brandenburg des Johanniterordens von ihrem Entstehen bis zur Gegenwart etc. (4. Aufl., Berl. 1904).
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