[148] Moritz (Moriz, franz. Maurice, ital. Maurizio, »der Dunkelfarbige«), männlicher Name, germanisiert für lat. Mauricius (griech. Maurikios). Die hervorragendsten Träger desselben sind:
1) Prinz von Anhalt-Dessau, geb. 31. Okt. 1712 in Dessau, gest. 11. April 1760, Sohn des Fürsten Leopold und seiner Gemahlin Anna Luise, tat seit 1723 bei seinem Vater Adjutantendienste, trat 1727 in die preußische Armee, machte 173435 den Feldzug am Rhein sowie die Schlesischen Kriege mit und zeichnete sich bei Hohenfriedeberg und Kesselsdorf aus. Nachdem er dann im Auftrag des Königs Friedrich II. die Kolonisation wüster Landstriche an der Oder und in Pommern geleitet hatte, wurde er 1752 Gouverneur von Küstrin. Im Siebenjährigen Kriege griff er bei Kolin infolge eines Mißverständnisses nicht zur rechten Zeit und an der rechten Stelle an und verschuldete mit die Niederlage, zeichnete sich aber bei Roßbach aus und ward bei Leuthen, wo er den rechten preußischen Flügel führte, vom König auf dem Schlachtfeld zum Feldmarschall ernannt. Desgleichen kämpfte er bei Zorndorf und Hochkirch und wurde hier, als er sich schwer verwundet nach Bautzen wollte schaffen lassen, von Panduren gefangen. Aus der Gefangenschaft durfte er nach Dessau zurückkehren, starb aber bald unvermählt an einem Krebsgeschwür an der Lippe. 1889 erhielt das 42. Infanterieregiment seinen Namen.
2) Prinz von Oranien, Graf von Nassau, Statthalter der Niederlande, zweiter Sohn Wilhelms I. von Oranien, durch seine Mutter, Anna von Sachsen, Enkel von M. 3), geb. 13. Nov. 1567 in Dillenburg, gest. 23. April 1625, studierte in Heidelberg und Leiden und ward nach der Ermordung seines Vaters 1585 von den Provinzen Holland und Zeeland und 1590 auch von Utrecht, Overyssel und Gelderland zum Statthalter sowie gleichzeitig zum Generalkapitän und Admiral der Union erwählt. Als Befehlshaber des niederländischen Heeres, das er auf eine bedeutende Stärke brachte, vorzüglich organisierte und einübte, führte er den Krieg mit Spanien mit genialem Geschick und außerordentlichem Erfolg. In wenigen Jahren säuberte er den Boden der sieben Provinzen von den Spaniern und trug dann den Krieg in die spanischen Niederlande, wo er 2. Juli 1600 den glänzenden Sieg von Nieuwpoort erfocht. Da er sich fast ausschließlich mit dem militärischen Angelegenheiten beschäftigte, überließ er die Leitung der Staatsangelegenheiten anfänglich dem staatsklugen Oldenbarnevelt (s. d.), mit dem er lange Zeit in gutem Einvernehmen stand, bis derselbe sehr gegen seinen Willen 1609 den zwölfjährigen Waffenstillstand mit Spanien durchsetzte. Der Gegensatz zwischen der kriegerisch gesinnten Partei, deren Haupt M. war, obgleich als Politiker ebenso unbedeutend wie hervorragend als Feldherr, und der republikanischen Aristokratie Hollands unter Oldenbarnevelt kam infolge der religiösen Streitigkeit der Arminianer und Gomaristen 1617 zum Ausbruch und endete 1619 mit der Hinrichtung Oldenbarnevelts. Trotzdem ließ sich M. nicht die Alleinherrschaft übertragen, sondern begnügte sich, seit 1621 den Krieg gegen Spanien wieder zu führen, in dem er übrigens weniger glänzende Erfolge als früher errang. Er starb unvermählt im Haag und hatte seinen Bruder Friedrich Heinrich zum Nachfolger. Vgl. v. d. Kemp, Maurits van Nassau, Prins van Oranje (Rotterd. 1843, 4 Tle.); Groen van Prinsterer, Maurice et Barnevelt (Utrecht 1875).
3) M., zuerst Herzog, seit 1547 Kurfürst von Sachsen, der älteste Sohn Herzog Heinrichs des Frommen, geb. 21. März 1521 in Freiberg, gest. 11. Juli 1553, ward am Hofe seines Oheims Georg des Bärtigen in Dresden, dem Albrechts von Mainz in Halle und dem des Kurfürsten Johann Friedrich in Torgau erzogen und zeigte früh einen selbständigen Charakter, aber religiöse Gleichgültigkeit. Ohne Vorwissen seiner Eltern 9. Jan. 1541 mit Agnes, der Tochter Landgraf Philipps von Hessen, vermählt, folgte er noch in demselben Jahre seinem Vater in der Regierung, während er seinen Bruder August (s. August 6) durch die Ämter Freiburg, Laucha, Sangerhausen, Weißensee, Kindelbrück und Sachsenburg entschädigte und ihm die Administration des Hochstifts Merseburg verschaffte. Jeder Bevormundung durch den Kurfürsten Johann Friedrich abhold, verweigerte er den Beitritt zum Schmalkaldischen Bund und trat der Eigenmächtigkeit, mit der jener in dem Stift Wurzen die Türkensteuer ausgeschrieben und das Kirchenwesen geändert hatte, mit bewaffneter Hand entgegen (s. Fladenkrieg). Dagegen befestigte er das neue Kirchenwesen durch Schaffung einer Organisation: in Leipzig und Meißen wurden Konsistorien errichtet, von denen das letztere später nach Dresden verlegt ward; einen Teil der eingezogenen Klostergüter verwendete er zur reichlichern Ausstattung der Universität Leipzig und 1543 zur Stiftung dreier Landesschulen in Meißen, Pforta und Merseburg; letztere kam nicht[148] zustande, und an ihrer Stelle erstand 1550 die zu Grimma. Begierig nach Vergrößerung seines Gebiets, suchte sich M. bereits damals dem Kaiser zu nähern, leistete ihm gegen die Türken in Ungarn 1542 Hilfe und beteiligte sich 1544 an des Kaisers Krieg gegen Frankreich. Seinen Wunsch, den Erbschutz über die Stifter Magdeburg und Halberstadt zu erhalten, erfüllte der Kaiser erst 19. Juni 1546 in dem geheimen Bündnis zu Regensburg, wogegen sich M. zum Dienste des Kaisers verpflichtete; doch wurde bereits hier statt der Stifter das Ernestinische Sachsen und die Kur als Lohn für die zu leistende Hilfe in Aussicht genommen. Seine Absicht, zunächst untätig der Entwickelung der Dinge zuzuschauen, kreuzte der Kaiser dadurch, daß er ihm 1. Aug. die Vollstreckung der über den Kurfürsten von Sachsen verhängten Acht übertrug. M. vergewisserte sich der Zustimmung seiner Landstände, deckte sich durch den Vertrag mit König Ferdinand vom 14. (19.) Ott. den Rücken, erhielt vom Kaiser 27. Okt. die formelle Zusage der sächsischen Kur und brach nun in das Ernestinische Sachsen ein. Zwar mußte er es vor dem von der Donau herbeieilenden Johann Friedrich wieder räumen und wurde selbst bis an die böhmische Grenze zurückgedrängt, als aber der Kurfürst, bei Mühlberg geschlagen und gefangen, in der Wittenberger Kapitulation auf sein Land und die Kurwürde verzichtete, übertrug der Kaiser beides 4. Juni 1547 versprochenermaßen auf M., der die Söhne des Gefangenen mit einigen thüringischen Ämtern abfand; die feierliche Belehnung fand 24. Febr. 1548 in Augsburg statt. Trotzdem nicht gewillt, dem Kaiser als Werkzeug zur Unterdrückung der evangelischen Lehre und zur Ausrichtung einer erblichen Despotie zu dienen, suchte M. sich mit seinen Glaubensgenossen zu versöhnen, zumal da er sich persönlich durch die Gefangenhaltung seines Schwiegervaters, für dessen Freiheit er sich mit verbürgt hatte, verletzt fühlte. Er entschädigte seinen Bruder August für das verlorne Hochstift Merseburg durch Abtretung der Ämter Weißenfels, Eisenberg und Schwarzenberg und entzog sich der Annahme des Augsburger Interims durch Ausstellung des Leipziger Interims; die von mehreren norddeutschen Fürsten gegen den Kaiser geschlossene Verschwörung benutzend, söhnte er sich heimlich mit den Ernestinern aus und sicherte sich durch den geheimen Vertrag zu Friedwalde, 5. Okt. 1551, den Beistand König Heinrichs II. von Frankreich, dem er die Bistümer Metz, Toul, Verdun und Cambrai preisgab. Die Vollstreckung der Acht an Magdeburg gab ihm einen erwünschten Vorwand zur Verdeckung seiner Rüstungen, während er den Kaiser durch seine Anstalten, das Tridentiner Konzil zu beschicken und zu besuchen, täuschte. Sobald seine Vorbereitungen beendet waren, führte er im März 1552 sein Heer windesschnell von Thüringen nach Süddeutschland, verkündigte von Augsburg aus in einem Manifest die Gründe seiner Schilderhebung und nötigte durch die Erstürmung der Ehrenberger Klause den ungerüsteten Kaiser zur Flucht von Innsbruck nach Villach und zur Anknüpfung von Unterhandlungen. Diese führten Anfang August 1552 zu dem Passauer Vertrag (s. d.). Nunmehr leistete er dem Kaiser die Türkenhilfe in Ungarn; als aber sein ehemaliger Kriegsgefährte, Markgraf Albrecht von Brandenburg-Kulmbach, den Passauer Vertrag nicht anerkennend, im Reiche den Krieg auf eigne Faust fortsetzte und sich als Werkzeug der kaiserlichen Rache brauchen zu lassen schien, verbündete sich M. mit den Bischöfen in Franken, dann auch mit Heinrich dem Jüngern von Braunschweig und schlug den Markgrafen 9. Juli 1553 bei Sievershausen, starb aber zwei Tage darauf im Feldlager an einer in der Schlacht erhaltenen Schußwunde, erst 32 Jahre alt. M. war ein Fürst von höchster Begabung, aber mit Unrecht wird ihm eine skrupellose Politik mit weit ausschauenden Zielen angedichtet; auch er ließ sich von den Umständen, sogar gegen seine Absicht, stark beeinflussen. Seine Verdienste um die tatsächliche Rettung der protestantischen Glaubensfreiheit haben den auf ihn fallenden Schatten des an seinem Glauben und seinen Verwandten begangenen Verrats nicht zu tilgen vermocht. Da er keinen Sohn hinterließ, folgte ihm sein Bruder August. Seine Witwe vermählte sich 1555 mit Johann Friedrich dem Mittlern, seine einzige Tochter, Anna, mit Wilhelm von Oranien, endigte aber in Geistesstörung. M.' »Politische Korrespondenz« gab Brandenburg (bisher 2 Bde., bis 1546 reichend, Leipz. 190004) heraus. Vgl. v. Langenn, M., Herzog und Kurfürst zu Sachsen (Leipz. 1841, 2 Bde.); G. Voigt, M. von Sachsen 15411547 (das. 1876); Brandenburg, M. von Sachsen (das. 1898, Bd. 1).
4) Graf von Sachsen, bekannt unter dem Namen Marschall von Sachsen, geb. 28. Okt. 1696 in Goslar, gest. 30. Nov. 1750 in Paris, natürlicher Sohn Augusts des Starken von Sachsen und der Gräfin Aurora von Königsmark (s. d. 4). 1709 focht er in Flandern unter Eugen und Marlborough mit Auszeichnung. Bald vermählte ihn seine Mutter mit der reichen Gräfin Löben, doch war die Ehe nicht glücklich und wurde 1721 wieder getrennt. Bei allem Hang zu Ausschweifungen betrieb M. aufs eifrigste das Studium der Kriegskunst. 1717 nahm er in Ungarn unter Eugen an dem Kampfe gegen die Türken teil, 1720 trat er in französische Militärdienste. 1726 wählten ihn die Stände von Kurland auf Antrieb der Herzogin-Witwe Anna Iwanowna, der Tochter des Zaren Iwan Alexiewitsch, zum Herzog. Jedoch durch den Einfluß der Russen verdrängt, ging M. 1729 wieder nach Frankreich und wurde, nachdem er sich 1733 im Polnischen Erbfolgekrieg am Oberrhein ausgezeichnet, 1736 zum Generalleutnant befördert. Im Österreichischen Erbfolgekrieg erlangte seine ungestüme Tapferkeit glänzende Erfolge. Im März 1744 ward er zum Marschall von Frankreich ernannt. Am 11. Mai 1745 erfocht er über die Engländer den Sieg bei Fontenoy und 11. Okt. 1746 einen neuen bei Raucoux und ward hierauf zum Generalfeldmarschall aller französischen Armeen sowie nach dem Sieg bei Laffeld (2. Juli 1747) und der Einnahme von Bergen op Zoom (16. Sept. 1747) zum Oberbefehlshaber in den eroberten Niederlanden ernannt. Nachdem zu Aachen 18. Okt. 1748 Friede geschlossen war, zog sich M. auf das ihm vom König geschenkte Schloß Chambord zurück und machte es zu einem Sammelpunkt von Gelehrten, Künstlern und Philosophen. Er ward dann zu Straßburg in der protestantischen Thomaskirche bestattet, wo ihm 176576 von Pigalle ein großartiges Grabdenkmal errichtet wurde. Bekannt ist M.' Liebesverhältnis zur berühmten Tragödin Adrienne Lecouvreur. Von einer natürlichen Tochter M. ', Aurora de Saxe, verehelichten Dupin, stammt die Schriftstellerin George Sand ab. Die neuen Ansichten in der Kriegswissenschaft, die er in seinen »Rêveries« (beste Ausg., Par. 1751, 2 Bde.) aufstellte, fanden erst in späterer Zeit Beachtung. Aus seinem Nachlaß erschienen: »Lettres et mémoires choisis parmi les papiers originaux du [149] maréchal de Saxe« (Par. 1794). Vgl. K. v. Weber, M., Graf von Sachsen, Marschall von Frankreich (Leipz. 1863, Volksausg. 1870); Saint-René Taillandier, Maurice de Saxe (Par. 1865); Vitzthum v. Eckstädt, Maurice, comte de Saxe, et Marie-Josèphe de Saxe, dauphine de France (Leipz. 1867); Herzog v. Broglie, Maurice de Saxe et le marquis d'Argenson (2. Aufl., Par. 1893, 2 Bde.); Colin, Les campagnes du maréchal de Saxe (das. 19011905, Bd. 13). Zschokke schrieb ein Schauspiel: »Der Marschall von Sachsen« (Bayreuth 1804).
5) M. der Gelehrte, Landgraf von Hessen-Kassel, ältester Sohn des Landgrafen Wilhelm IV., geb. 25. Mai 1572, gest. 15. März 1632, folgte seinem Vater 1592. Geistig vielseitig beanlagt, selbst Philolog, Theolog, Komponist, Dichter und Philosoph, war M. Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft, schuf geistliche Musikstücke und bildete den Kirchenmusiker Heinrich Schütz (s. d.) aus. Verfasser zahlreicher lateinischer Schauspiele für Schulfestlichkeiten, errichtete er die erste stehende Bühne in Deutschland, auf der englische Komödianten wahrscheinlich auch Shakespearesche Stücke zuerst in Deutschland spielten. Durch Gründung des Collegium Mauritianum, ein ritterliches Erziehungsinstitut in Kassel, veranlaßte er die Söhne des Adels zum Universitätsstudium. Er verfaßte 1600 das erste Exerzierreglement und gehört durch seine zahlreichen Denkschriften (Organisation einer Volksmiliz u.a.) zu den Kriegstheoretikern von Ruf. Religiös dem Calvinismus zuneigend, suchte er dieses Bekenntnis in seinem Land ausschließlich zur Geltung zu bringen und erließ, nachdem er 1604 infolge des Erlöschens der Linie Hessen-Marburg die Hälfte Oberhessens geerbt hatte (s. Hessen, S. 263 u. 271), als Bischof der Landeskirche die »Verbesserungspunkte« von 1605. Bei ihrer Durchführung auf Widerstand stoßend und von dem auf das ganze Hessen-Marburger Erbe rechnenden Darmstädter Vetter Ludwig V. beim Kaiser verklagt, schloß sich M. enger an den Protestantismus an, versöhnte im Jülicher Erbfolgestreit den Pfälzer und Brandenburger im Dortmunder Vertrag, trat der Union bei und suchte mit Schweden und Frankreich Verbindung gegen das Haus Habsburg. 1619 wünschte er eine allgemeine Vereinigung der Gegner Österreichs; aber Kursachsen und Hessen-Darmstadt hielten sich zurück, und M. verlor 1623 durch den Spruch des Reichshofrats das Erbe von 1604 an Hessen-Darmstadt. Ligistische Truppen vollstreckten das Urteil, und 162526 tummelten sich Ligisten und Kaiserliche auf hessischem Boden. Mit seinem Sohn und Nachfolger Wilhelm V. und seiner zweiten Gemahlin, der Oranierin Juliane, lag M. in Streit, trat ihr und ihren Söhnen 1627 ein Viertel des Landes, die Rotenburger Quart (s. Hessen-Rheinfels-Rotenburg), als Eigentum unter Hessen-Kassels Landeshoheit ab und legte im März 1627 zugunsten seines Sohnes die Regierung nieder. Der Alchimie und Metaphysik hingegeben, lebte er noch fünf Jahre. Vgl. Duncker, Landgraf M. von Hessen und die englischen Komödianten (»Deutsche Rundschau«, Jahrg. 1886).
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