Säule

[5] Säule, 1) ein senkrecht stehendes Stück Bauholz, welches etwas trägt od. unterstützt, bes. in hölzernen Wänden; 2) jede senkrecht stehende Unterstützung, bes. eine nach bestimmten Regeln u. Verhältnissen geformte, frei stehende, runde, mehr hohe als dicke Unterstützung horizontaler od. gewölbter Bautheile. A) An der S. unterscheidet man im Allgemeinen folgende Haupttheile: a) Basis od. Säulenfuß (gr. Stylobates), der untere Theil, auf welchem die S. steht; b) Säulenschaft (gr. Stylos), der mittlere u. längste Theil. Die Verdickung des Säulenschaftes in der Mitte (Ausbauchung, Adjectio, gr. Entasis) soll der S., wenn sie frei steht, ein wohlgefälliges Aussehen geben. Die Ausbauchung darf jedoch nie den untern Säulendurchmesser an Stärke übertreffen. Cannellirt nennt man eine S., wenn der Schaft durch senkrechte, vom Capitäl bis zur Basis gehende kleine Kanäle gefurcht wird (s. Cannellirung) Wenn der Schaft spiral- od. wellenförmig gestaltet ist, so heißt es eine gewundene S. (man findet dergl. bes. noch an Altären in katholischen Kirchen, welche im Jesuiterstyl errichtet sind, auch im St. Petersdom in Rom, im Invalidendome zu Paris, an Napoleons I. Mausoleum etc., die strengere Architektur verwirft sie als Spielerei). c) Capitäl (Knauf, Stock), der obere Theil, welcher den Schaft bedeckt, an welchem sich die verschiedenen Säulenordnungen am deutlichsten unterscheiden. d) Säulenhals (gr. Hypotrachelion), der Theil der S. unmittelbar unter dem Capitäl. e) In späterer Zeitsetzte man häufig die S-n auf einen besonderen Säulenstuhl (Postament). Das Gesims des Säulenstuhls, welches den Würfel bedeckt u. mehr Ausladung erhält, als das Fußgesims, um dieses u. den Würfel vor herabfallendem Wasser zu schützen, heißt Deckel. f) Nach Maßgabe der verschiedenen Säulenordnungen ist auch das auf den S-n ruhende Gebälke verschieden eingerichtet. Bei dem Verhältniß der einzelnen Theile der S-n muß die Höhe u. der Auslauf bemerkt werben. Das Maß zu diesen Verhältnissen ist ein relatives, nämlich der Model (s.d. 1), nebst seiner Eintheilung in Minuten. Inder, Perser, Ägyptier u.a. Völker des Alterthums suchten durch meist willkürliche Verzierungen ihren S-n einen schicklichen Ausdruck zu geben. Die Griechen fanden die ästhetische Entwickelung der Form deshalb nahm man lange Zeit die griechischen S-n als die einzig schönen an. Indessen hat man in neuerer Zeit bei Gebäuden, in anderm Styl, als dem griechischen gebaut, ägyptische, indische, persische, maurische, gothische etc. S-n angewendet.

B) Folgende Säulenordnungen od. der Inbegriff der verschiedenen Formen der S-n sind die eigentlich klassischen: a) die Dorische Säulenordnung ist die älteste griechische u. ward bis auf die Zeiten des Perikles fast ausschließlich angewendet. Ihr Charakter ist Ruhe u. Kraft, Festigkeit u. Würde. Die S-n haben ein starkes Verhältniß, stehen enggestellt u. streben dem mächtig über ihnen lagernden Gebälke entgegen. Die S. besteht nur aus zwei Theilen, dem Schaft u. dem Capitäl, sie stehen also ohne Basis aus der obersten Stufe des Untersatzes empor. Der Schaft ist cannellirt, der Art, daß durch 18–20 straff gespannte, in scharfen Stegen zusammenstoßende Kanäle die in der S. emporstrebende Kraft streng in sich zusammengehalten erscheint; nach oben zu verjüngt sich die S.u. concentrirt dadurch je näher dem Gebälk desto mehr ihre Kraft. Eine leise Schwellung des Schaftes belebt diese Verjüngung. Eine starke vorragende Platte (Abacus), das Obertheil des Capitäls, bildet über jeder S. das feste Unterlager für den Architrav. Gegen diese Platte stößt die S. an; ihre Kraft quillt unter dem Druck der Platte u. des Gebälkes mächtig vor u. bildet ein Glied von ausgebauchter Gestalt (Echinus), das Untertheil des Capitäls. Unterwärts ist dieser durch mehre Ringe umfaßt, welche zum letzten festen Zusammenhalt des aufstrebenden Elementes der S. dienen, u. unterhalb deren sich ein od. mehre seine Einschnitte um die Kanäle ziehen. Auch sind in den Tiefen u. Zwischenräumen von Fleisch entblößte Köpfe von Thieren (Aasköpfe) angebracht. Der Architrav ist ein einfacher, rechtwinklig gebildeter Balken, durch eine vortretende Platte vom Fries getrennt; dieser besteht aus den eigentlichen Stützen des Kranzgesimses, den Triglyphen, viereckigen, aus der Fläche des Frieses etwas hervortretenden, cannellirten Platten, unterhalb mit einem Band u. sogenannten Tropfen verziert, u. den die Zwischenräume ausfüllenden Platten (Metopen), welche meist mit Reliefs geschmückt sind. Über beiden treten sodann kleine Platten (Mutulen) vor, an denen ebenfalls Reihen Tropfen hängen. Darüber ruht das Kranzgesims, dessen Hängeplatten den Mutulen entsprechen u. durch ein seines Blättergesims gekrönt sind. Die Hauptwerke der Dorischen S-n sind in Sicilien: zu Selinus, Agrigent (Tempel des Zeus Olympios) zu Syrakus; in Großgriechenland: zu Pästum (Tempel des Poseidon); in Griechenland: zu Athen (Tempel der Nike Apteros, des Theseus, Parthenon, die Propyläen). Es besteht aber ein sichtbarer Unterschied zwischen der ältern u. spätern dorischen S. In der ältern drückt sich eine große Kraftanstrengung aus; die S-n sind stark, haben etwa nur vier untere Durchmesser Höhe u. der obere Durchmesser beträgt nur gegen 2/3 des untern; sie stehen sehr eng u. das Gebälke ist oft halb so[5] hoch als die S.; der Echinus tritt sehr bauchig vor u. alle Formen erscheinen sehr schwer. Später werden die Verhältnisse leichter, der Ausdruck der Kraftanstrengung gemäßigter. Die S-n erreichen die Höhe von sechs untern Durchmessern, die Verjüngung beträgt nur 1/6 des untern Durchmessers; die Zwischenweite ist gleich 11/3 Durchmesser; die Höhe des Gebälkes ist ungefähr 1/3 der S., der Giebel ein wenig höher; der Echinus erscheint elastisch straff. In den Zeiten des Verfalls werden die Verhältnisse noch leichter u. die Formen ohne Ausdruck von Kraftanstrengung. Die Römer änderten die einfachen Formen der Dorischen S. beträchtlich ab, u. selbst die Bestimmungen des Vitruvius erscheinen neben den alten Baudenkmalen willkürlich. Die Neuern, namentlich Vignola, Scamozzi, Palladio, Serlio etc., welche die griechische Baukunst nicht genau kannten, suchten aus den römischen Beispielen die Dorische S. festzustellen, erfanden für dieselbe auch eine Base u. behandelten sie überhaupt ganz willkürlich. Eine Dorische S. nach späterer Anordnung hat folgende Theile u. Verhältnisse: die Base, 1 Model (s.d. 1) hoch, besteht aus der Plinthe, 14 Minuten Höhe, 43 Min. Auslauf, dem Pfuhle, 12 Min. Höhe, 43 Min. Auslauf, einem Stäbchen, 3 Min. Höhe, 48 Min. Auslauf. Der Säulenschaft ist 14 Model hoch, hat den Untersaum, 2 Min. Höhe, 331/2 Min. Auslauf, den Obersaum u. Ring, zusammen 7 Min. Höhe, 29 Min. Auslauf; nach Verhältniß des Untersaumes zum Obersaume ist der Säulenschaft verjüngt. Das Capitäl ist 1 Model hoch u. besteht aus dem Überschlage, dem obersten Gliede, 2 Min. Höhe, 37 Min. Auslauf, dem Abacus, 8 Min. Höhe, 36 Min. Auslauf, dem Wulste nebst einem Riemchen, zusammen 10 Min. Höhe (der Wulst 85 Min. Auslauf, das Riemchen 27 Min. Auslauf), einer Hohlkehle, 2 Min. Höhe, u. dem Halse, 8 Min. Höhe, 25 Min. Auslauf. Der Unterbalken besteht aus einem Überschlage, 4 Min. Höhe, 29 Min. Auslauf, dem zweiten Streifen, 15 Min. Höhe, 26 Min. Auslauf, dem ersten Streifen, 15 Min. Höhe, 25 Min. Auslauf; der Fries, 39 Min. Höhe, 26 Min. Auslauf; der Kranz besteht aus einem Überschlage, 2 Min. Höhe, 80 Min. Auslauf, einem Wulste nebst Riemchen, 11 Min. Höhe, 79 u. 69 Min. Auslauf, den Kranzleisten, 10 Min. Höhe, 68 Min. Auslauf, einem Wulste, 7 Min. Höhe, 44 Min. Auslauf, einem Riemchen, 2 Min. Höhe, 36 Min. Auslauf, einer Hohlkehle, 7 Min. Höhe, u. einem Bande, 8 Min. Höhe, 28 Min. Auslauf. b) Die Ionische S. ist mehr gegliedert u. ausgebildet als die Dorische; die Verhältnisse sind freier u. leichter, der Charakter im Ganzen ist weiche Würde. Die Ionische S. hat außer Schaft u. Capitäl auch eine Basis. Deren Hauptglied besteht aus einer vortretenden Kehle von elastischer Spannung, welche ein energisches Zusammenziehen der Kraft ausdrückt; darüber ruht ein großes zirkelförmiges Glied (Pfuhl), dessen Form durch den Druck der S. motivirt ist. Diese Gestalt wird weiter entwickelt, indem die Kehle sich verdoppelt u. mit einem schmalen Zwischenglied versieht (ionische Basis); später findet sich sodann unter dieser Basis noch eine viereckige Unterplatte (Plinthe), wodurch der kräftige Eindruck geschwächt wird. Der Schaft ist weicher geschwellt, weniger verjüngt, tiefer cannellirt als der Dorische, u. zwischen den Kanälen laufen breite Stege. Der untere Theil des Capitals ist ein schmaler, flacher Echinus zu einem Eierstabe (Stab, auf welchem Eier mit anderen Figuren, Pfeilen, Blättern wechseln) ausgemeiselt, statt der Ringe des dorischen Capitäls hat es einen zierlichen Perlenstab (einen aus Perlen zusammengesetzten Stab). Statt des Abacus tritt ein Polster auf, dessen nach den Seiten vor u. über den Echinus herabtretende Voluten (Schnecken) den niederwirkenden Druck des Gebälkes u. in kräftig geschwungener Spirale die gegenstrebende Federkraft des Capitäls ausdrücken. Die mittlere Zirkelfläche in den Schnecken, von welcher aus die Schneckenzüge construirt werden, heißen Augen. Der Architrav, zwischen welchem u. dem Capitäl eine seine Deckplatte eingeschoben ist, besteht aus zwei od. drei Platten, welche um ein geringes über einander vortreten, so daß seine Last getheilt erscheint. Seine Bekrönung bildet ein seines Band. Der Fries hat keine architektonischen Abtheilungen (gleich den Triglyphen) u. ist in der Regel mit Bildwerk verziert. Die Hauptplatte des Kranzgesimses wird durch mehre Glieder von bewegter Form getragen, zwischen welchen man öfter die sogenannten Zahnschnitte (kleine viereckige Plättchen, wie Lattenabschnitte) findet. Die Ionische S. ist etwa 81/2 bis 91/2 untern Durchmesser hoch, die Zwischenweite der S-n beträgt etwa 2 untern Durchmesser; die Gebälkhöhe ungefähr 1/4 der S., der Giebel ist noch niedriger. Die besten Beispiele der Ionischen S. geben in Griechenland der Tempel am Ilissos, das Erechtheion in Athen, der Apollotempel in Milet u. der Athenetempel in Priene. Die römischen Nachbildungen sind nicht sein genug u. meist überladen (Tempel der Fortuna, Theater des Marcellus). Die Neuern veränderten die Ionische S.u. Scamozzi gab am Capitäl sogar vier Schnecken. Das neuere ionische Capitäl hat ungefähr folgendes Verhältniß: am Abacus ein Überschlag, 2 Minuten Höhe, 45 Min. Auslauf, eine Kehlleiste, 4 Min. Höhe, 44 Min. Auslauf, ein Riemen, 4 Min. Höhe, 40 Min. Auslauf, zwischen den Schnecken einen Wulst, 5 Min. Höhe, ein Stäbchen nebst Riemchen, 4 Min. Höhe, der Raum zwischen dem Wulste u. dem Riemen, 6 Min. Höhe. Einzelne Glieder der Ionischen S. können mit Blättern od. Eiern verziert werden. c) Die Korinthische S. ist als eine spätere u. reiche Umgestaltung der Ionischen zu betrachten. Die Voluten des Capitäls treten mächtiger hinaus, u. statt der einen Rinne an ihrer Vorderseite bildet sich eine doppelte, so daß zwei Polster übereinander zu liegen u. in einander gewickelt zu sein scheinen. Da dadurch das Capitäl zu schwer werden würde, so wird der oberste Theil des Schaftes als Säulenhals zum Capitäl gezogen, durch einen Ring von den Kanälen des Schaftes abgetrennt u. mit einem umherlaufenden reichen Blumenschmuck versehen. Diese Formation (Krater) hat zu der Erzählung Veranlassung gegeben, daß Kallimachos das Capitäl einem, von einer Akanthuspflanze umwachsenen Korb nachgebildet habe. In der Mitte des Abacus ist eine rosenförmige Verzierung (Blume). Die Entwickelung der Korinthischen S. zeigt sich am besten am Thurm der Winde zu Athen, am Choragischen Monumente des Lysikrates, am Tempel des Zeus Olympios daselbst; ihre größte Ausbildung erlebte sie in Rom zu den Zeiten des Augustus (Pantheon, Forum des Nerva, Tempel des Jupiter Tonans, des Antonin u. der Faustina etc.); Vignola u. seine Zeitgenossen sind den römischen Beispielen[6] ziemlich getreu geblieben. Als gute, mittlere Höhenverhältnisse kann man ansehen: Base 1/2, Schaft 81/2, Capitäl 11/4, Architrav 3/8, Fries 3/8, Kranz 1 untern Säulendurchmesser. Meist ist die Korinthische S. cannellirt mit Stäben zwischen den Kanälen. Der Fries ist glatt od. mit Sculpturen bedeckt. Ausgebauchte Friese gehören einer verdorbenen Zeit an. d) Die Toscanische Säulenordnung, welche auch von Manchen als die erste Ordnung betrachtet wird, weil sie gleichzeitig mit der Dorischen Ordnung bei den Etruskern entstand u. die einfachste Säulenordnung ist. Von der alten Toscanischen S. gibt es keine Überbleibsel mehr, sondern nur eine Beschreibung des Vitruv. Nach ihm hat die S. 7 untre Säulendurchmesser zur Höhe, die Basis ist wie bei der Dorischen S.; der Schaft ist oben um den vierten Theil eingezogen; das Capitäl ist wie bei der Dorischen S., jedoch der Abacus rund u. mit so viel Auslauf, als die untere Säulenstärke betrug. Die Höhe des Unterbalkens richtete sich nach dem Gebäude, die Balkenköpfe sprangen um den vierten Theil der Säulenhöhe vor u. die Dachsparren sprangen wieder um den dritten Theil der Dachhöhe vor. In neuerer Zeit machte man bei der Toscanischen S. den Abacus viereckig u. fügte dem Capitäl einen Hals hinzu, welcher durch einen Ring vom Schafte getrennt wird. Man verband mit dieser Ordnung das dorische Gebälke, ließ jedoch die Triglyphen im Friese weg. e) Die Römische od. Zusammengesetzte Säulenordnung (Columna composita) unterscheidet sich von der Korinthischen nur durch das Capitäl, welches die großen Schnecken des ionischen Capitäls u. eine Reihe Blätter darunter hat (Triumphbogen des Titus u. des Septimius Severus). Die Alten erlaubten sich kleine Abweichungen von den hier angegebenen Maßen mit Rücksicht auf die Beschaffenheit des Gebäudes u. die verschiedene Säulenweite, bei Tempeln u. bei großen Zwischenräumen wählte man ein niedrigeres, aber stärkeres Verhältniß. Bei Verjüngung der S-n nahm man Rücksicht auf ihre Höhe. Bei S-n von 15 Fuß betrug die Verjüngung 1/6, bei S-n von 50 Fuß nur 1/8 des Durchmessers. In Athen findet man noch eine Art S-n mit dreiseitigem Capitäle, welches mit Schnecken u. Blättern verziert ist. f) Die Attische Säulenordnung, bei welcher man über einer Bogen- od. Säulenstellung noch eine Attika anbrachte. Bei der Toscanischen u. Dorischen Ordnung hat der Säulenstuhl 5 Model Höhe, bei den übrigen drei Säulenordnungen 6 Model. Bei der ersten Art theilt man die Höhe des Säulenstuhls in 10 Theile u. rechnet 2 Theile auf den Fuß, 1 Theil auf den Kranz u. 7 Theile auf den Würfel; bei der zweiten Art theilt man die Höhe des Säulenstuhls in 12 Theile u. rechnet 2 Theile auf den Fuß, 1 Theil auf den Kranz u. 9 Theile auf den Würfel. Der Säulenstuhl ist nach Maßgabe der darauf zu stellenden S. mit mehr od. weniger Gliedern versehen.

Die Anwendung der S-n findet man auch in der indischen, ägyptischen, persischen u. hebräischen Baukunst. Die S-n der Ägyptier hatten keine Verjüngung, waren vielseitig u. eckig, später gleichsam aus runden Stäben zusammengesetzt; Anfangs bedeckte man die S-n nur mit einer Platte, später gab man ihnen ein Capitäl, welches einem Fasse od. auch einer umgekehrten Glocke glich, ließ es glatt, od. verzierte es auf die verschiedenste Weise, auch mit Hieroglyphen; auch hatte man Capitäle, welche dem Gipfel eines Palmenbaums glichen. An dem Salomonischen Tempel zu Jerusalem waren zwei S-n, welche ohne den Knauf 18 Ellen hoch waren, der Knauf war 5 Ellen hoch, von Erz gegossen, mit sieben gewundenen Ringen od. Ketten umgeben u. mit zwei Reihen Granatäpfeln verziert, über den Ringen ragte eine Reihe Blätter hervor, der Umfang der S-n betrug 12 Ellen. Die S-n der Inder sind oft sehr niedrig od. übermäßig schlank, haben zuweilen nach einer Wellenlinie geschweifte Schäfte u. das Capitäl gleicht einem platt gedrückten Kissen, gleichsam ein doppelter Echinus, welcher in der Mitte durch einen glatten Streifen getrennt ist, unter dem Capitäl ist ein Riemchen u. eine Rinnleiste. Übrigens besitzen die Inder nicht weniger als 15 Hauptsäulenordnungen, deren Verhältnisse aufs genaueste festgesetzt sind. Bei den Persischen S-n hat das Capitäl oft die halbe Säulenhöhe u. besteht aus mehrern übereinander gestellten Reihen Federn od. ähnlichen Verzierungen, auch gibt es Capitäle, welche aus zwei zusammengesetzten Vordertheilen des Einhorns bestehen. Der Säulenschaft ist häufig cannellirt. In der Maurischen Baukunst gebrauchte man auch S-n. Sie sind nicht nach strengen Principien gebildet u. deuten auf eine Verbindung orientalischer u. occidentalischer Eindrücke. In der mittelalterlich christlichen Architektur unterscheidet man Byzantinische u. Romanische S-n (Germanische od. Gothische S-n sind Säulenbündck od. Pfeiler). Sie sind aus der allmäligen Umbildung der antiken (Römisch-korinthischen) S-n entstanden. Bestimmte Verhältnisse walten nicht vor; charakteristisch ist vornämlich das. Säulencapitäl, dessen Grundform immer als der Übergang aus dem cylindrischen Säulenschaft in die viereckte Fläche des Bogens, welchen er tragen soll, zu betrachten ist. Es ist somit ein an seinen untern Ecken abgerundeter Würfel, entweder einfach (Würfelcapitäl), od. mit einer etwas geschwungenen Fortsetzung in die Richtung der S. (Vasen- od. Kelchcapitäl). An der Byzantinischen S. gibt noch der viereckige, meist nach unten verjüngte Untersatz zwischen Gewölbe u. Capitälplatte ein Kennzeichen. In neuerer Zeit versuchte man neue Säulenordnungen zu erfinden, welche jedoch sich immer auf das korinthische Capitäl gründeten. So haben die Französischen S-n, für deren Erfindung Ludwig XIV. einen Preis ausgesetzt hatte, statt der Akanthusblätter Straußenfedern, an welchen die Ordensbänder des Königs hängen, unter den Federn ist ein Diadem von Lilien, in der Ausschweifung des Abacus eine Sonne statt der Blume. Bei der sogenannten Spanischen Säulenordnung setzte man statt der Rosen im Abacus Löwenköpfe. Leonhardt Christian Sturm suchte auch eine Deutsche Säulenordnung zu erfinden, er wählte dazu ein Capitäl mit einer einzigen Reihe Blätter u. 16 kleinen Schnecken verziert. In der Menge u. dem Verhältnisse der einzelnen Glieder haben auch neuere Baumeister Veränderungen vorgenommen, z.B. Palladio, Scamozzi, Serlio, Vignola, Goldmann.

C) Bei dem Gebrauche der S-n (Säulenstellung) hat man nicht nur auf das richtige Verhältniß der einzelnen Theile einer S. zu sehen, sondern auch auf das richtige Verhältniß der S-n unter einander u. zu dem Gebäude, bei welchem sie gebraucht werden. Von der Höhe eines Gebäudes rechnet man gewöhnlich 1/5 auf das Gebälk u. das Übrige auf die S.;[7] bekommt die S. ein Postament, so wird die Höhe desselben von der Höhe des Gebäudes erst abgezogen. Nach diesen Rücksichten wird zugleich die Säulenweite (gr. Mesostylion, Intercolumnium), die Entfernung, in welcher S-n von einander stehen, bestimmt. Die Alten hatten dafür fünf Arten: Pyknostylos, dichtsäulig, die Zwischenweite betrug im Lichten 11/2 untern Säulendurchmesser; Systylos, nahesäulig, in der Entfernung von 2 Durchmessern; Diastylos, weit- u. fernsäulig, in der Entfernung von 3 Durchmessern; Aräostylos, rarsäulig, in der Entfernung von 4 od. mehr Durchmessern; Eustylos, schönsäulig, in der Entfernung von 21/4 Durchmessern. Nur bei der Ionischen Ordnung wurden alle fünf Arten der S. angewendet; bei der Dorischen Ordnung gebrauchte man wahrscheinlich nur Diastylos u. Systhlos; bei der Toscanischen Ordnung nur Aräostylos. Da in der neuern Baukunst die S-n mehr zur Verzierung, als zum Tragen gebraucht werden, so ist man bei Entwerfung der Säulenstellung weniger gebunden u. hat nur auf das Verhältniß zu den Gegenständen hinter den S-n (Thüren, Fenster) u. zu dem ganzen Gebäude Rücksicht zu nehmen. Über die Säulenstellung bei den griechischen Tempeln, je nach Zahl u. Anwendung auf der Vorder- od. Hinterseite etc., wornach Dekastylos, Amphiprostylos etc. entsteht, s.u. Tempel. Bisweilen wird es nöthig, zwei S-n ganz nahe zusammenzustellen, sie zu kuppeln, dann berühren sich die Basen u. Capitäler, u. beide S-n bekommen nur ein Postament. Bei sehr hohen Gebäuden od. Bogenstellung setzt man bisweilen zwei od. drei Reihen S-n übereinander (Verdoppelung, Übereinanderstellung der S-n); dabei wechselt man mit den Säulenordnungen ab u. sucht eine Gradation zu bewirken, indem man die Ionischen S-n über die Toscanischen od. Dorischen u. unter die Korinthischen od. Römischen stellt. Die einzelnen S-n müssen genau übereinander stehen, das Verhältniß ihres Models ist wie 5, 4, 3. S-n, welche zum Theil in die Wand eingerückt stehen, nennt man eingeblindete etc. S-n, da sie aber nichts tragen u. nur zur Verzierung dienen, verwirft sie die neuere Architektur. Eine bes. Art S-n sind die Ehrensäulen, sie stehen frei u. tragen auf ihrem Capitäl gewöhnlich ein Monument, od. irgend ein Kunstwerk der Bildhauerkunst, sie stehen auf einem Postamente, bei ihnen wird aller Reichthum des Schmucks angewendet, der Säulenschaft u. das Postament werden mit Basreliefs u. Inschriften verziert. Vorzüglich merkwürdig sind die S-n des Trajan u. Antonin in Rom (s.d. [a. Geogr.] S. 250 f. u. [n. Geogr.] S. 261), die S. auf dem Vendomeplatz in Paris (s.d. S. 583) u. die Alexanderssäule in Petersburg (s.d. S. 901). 3) Ein nicht zu dicker Körper von bedeutender Höhe; 4) sehr starke, in die Erde eingegrabene Pfosten, auf welchen das Gerüste der Bohrmaschine ruht; 5) so v.w. Pfahl, s.u. Ehrenstücke A) e); 6) bei verschiedenen Maschinen senkrechte Stücken, welche etwas zu tragen haben; 7) Krystallflächen, welche alle parallel einer geraden Linie zusammengefügt sind, so daß auch die durch das Schneiden angrenzender Flächen entstandenen Kanten einander parallel laufen. Diese muß man sich unendlich lang denken, u. sie werden an dem Krystalle nur durch andere Flächen begrenzt. Nach der Anzahl der Seitenflächen unterscheidet man drei-, vier-, sechsseitige S-n etc., sie heißen gerade, wenn eine Abstumpfungsfläche senkrecht darauf sitzt, schief, wenn sie unter einem schiefen Winkel abgestumpft werden. 8) Galvanische S., s.u. Galvanismus C); 9) Orgelpfeife, deren Körper in der ganzen Höhe gleiche Weite hat, sie mögen rund od. viereckig sein.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 5-8.
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