Münzwesen

[274] Münzwesen. Wenn ein Metallstück mittels Gusses oder Gepräges zu einem echten Tauschmittel innerhalb einer Gemeinschaft erklärt und durch Gewohnheit des Stammes oder Gesetz als Münze anerkannt ist, ein Stück unter vielen gleichartigen, sämtlich mit derselben Kaufkraft ausgestatteten, so wird sein Tauschwert durch das Verhältnis zu andern Tauschmitteln bestimmt (vgl. Geld), in zivilisierten Ländern einfach durch seine Stellung zur Währungseinheit. Eine allenthalben geltende Weltmünze ist öfters in Vorschlag gebracht und durch Münzverträge (s. d.) immerhin so viel erreicht worden, daß gewisse Münzen eines Landes volles Umlaufsrecht in einem andern besitzen; auch dann jedoch wird die Eigenschaft der Münze, einem ganz bestimmten Land anzugehören, nicht verletzt. Diese verleiht ihr der Münzherr als Inhaber der Staatsgewalt, früher auch rechtmäßig oder gewaltsam zur Münzherrlichkeit gelangte Personen, durch Zeichen, die dem Metallstück beigebracht wurden, und nimmt zum Entgelt für Gewähr der Richtigkeit eine Prägegebühr (Schlagschatz, Prägeschatz, franz. seigneuriage), z. B. das Deutsche Reich 25 Pf. für das Pfund Feingold, das Private in Goldmünzen ausprägen lassen. Gewöhnlich besorgt der Staat die Herstellung der Münzen in eignen oder fremden Münzanstalten (s. d.) und zieht als Prägeschatz in weitestem Sinn den Unterschied zwischen dem Nennwert der Münzen und den Ankaufskosten des Metalles ein, wovon dann die Prägekosten etc. abgehen. Wo er diese Befugnis nicht ausübt, vertreten die an seinen Kassen zu bestimmtem Wert angenommenen fremden Münzen die Stelle der Landesmünzen. Von der Münzwissenschaft (Numismatik, s. d., betrachtet als Teil der Wirtschaftskunde) ausgeschlossen bleiben aber einerseits alle unter einem Volk umlaufenden Tauschmittel aus nichtmetallenen Stoffen, anderseits Edelmetall mit ausgezeichneter Privatbürgschaft für Echtheit und Gewicht, ferner die eine Anweisung bedeutenden Marken, Notmünzen und sonstigen dem Münzfuß nicht unterworfenen oder für den Umlauf zugelassenen Metallstücke. Der Begriff deckt sich demgemäß mit dem des Geldes nicht. Ist eine Münze als bestimmter Wert allgemein bekannt, so bedarf sie zu ihrer Gültigkeit nicht einer ausdrücklichen Wertangabe. Daß gegenwärtig Änderungen des Gepräges im Gegensatz zu frühern Perioden möglichst unterbleiben, und daß abgeschliffene Stücke auf Kosten des Münzherrn umgetauscht werden, hat Treue und Glauben im Volk erhöht und den Verkehr erleichtert. Kommt auf Bild, Umschrift u. dgl. wirtschaftlich wenig an und stören gelegentliche Denkmünzen mit Umlaufsrecht kaum den Verkehr, so sind allgemein doch behufs Vorbeugung vor Fälschungen und Verminderungen nicht bloß das Prägen im Ring und das Verzieren des Randes, sondern auch ein künstlerisch wohl umrissenes und nicht zu flaches Bild empfehlenswert. Von der Technik, wofür in älterer Zeit unter anderm Salomon Haase Vorschriften gab (»Vollständiger Münzmeister und Münzwardein«, Frankf. 1765), interessieren hier ferner die Beschaffung des Metalls, eine möglichst verlängerte Umlaufsfähigkeit, die Sorge für eine ausreichende, das Verkehrsbedürfnis aber nicht wesentlich übersteigende Menge der einzelnen Münzen und Maßregeln zur Verhütung eines gewinnbringenden Nachprägens von Scheidemünze.

In allen zivilisierten Ländern bestehen die Münzen aus mit Kupfer legiertem Gold und Silber, reinem Kupfer oder einer Kupferlegierung (mit Nickel, Zinn, Zink etc., s. Bronze, S. 455). Man nennt die dem leitenden Münzfuß (s. d.) eines Landes entsprechend hergestellten Münzen Kurantmünzen, dagegen Scheidemünzen (franz. pièces divisionnaires) die kleinen Münzsorten, die gewöhnlich aus minderwertigem Material (Scheidemünzfuß) geprägt werden, wozu das Scheidemünzsilber oder Billon gehört, das mehr Kupfer als Silber enthält. Das ganze Gewicht (Rauhgewicht) einer Münze nennt man Schrot, das Gewicht des darin enthaltenen reinen Goldes oder Silbers (Feingewicht) aber Korn, das Verhältnis zwischen Feingewicht und Schrot Feingehalt. Das Schrot bestimmte man in Deutschland früher durch die Anzahl Münzstücke, die zusammen eine kölnische Mark (rauhe, Brutto-, beschickte Mark) wogen, das Korn durch die Anzahl der Stücke, die zusammen eine Mark edlen Metalls enthielten (seine Mark, s. Mark, S. 317), jetzt durch die Stückzahl im Pfund reinen Edelmetalls: 1391/2 Goldstücke zu 10 Mark und 100 Silberstücke zu 1 Mark im Mischungsverhältnis von 900 Teilen Gold, bez. Silber mit 100 Teilen Kupfer. In der beigegebenen Tabelle der gegenwärtig gesetzlichen Gold- und Silbermünzen sind Rauh-, Feingewicht und Wert gleichartig für alle Länder verzeichnet, auch einige früher maßgebende Münzen zur Vergleichung hinzugefügt. Für Schrot und Korn der Münzen ist eine kleine Abweichung unter oder über den gesetzlichen Vorschriften gestattet (Remedium, Toleranz), weil es praktisch so gut wie unmöglich ist, den Vorschriften mit völliger Schärfe für jedes Stück zu genügen. Die Toleranz beträgt bei den deutschen Goldmünzen in der Feinheit 0,002, im Gewicht bei den 10- und 20-Markstücken 0,0025, bei den Silbermünzen in der Feinheit 0,003 und im Gewicht 0,01. Unter Münzsystem versteht man den Münzfuß in Verbindung mit dem Verhältnis der Münzeinheit zu den einzelnen Münzsorten, den Vielfachen und Teilen. Zugleich wird auch in den neuern Münzgesetzen ausgesprochen, welche Münzsorten jedermann unbeschränkt in Zahlung nehmen muß (Kurant, engl. full legal tender) und bis zu welchem Betrage die Scheide- oder Teilmünzen (engl. subsidiary silver coins und ohne Silber minor coins). Außer der von Kurantmünzen erwarteten Leistung, die Bilanz im äußern Verkehr leicht und sicher auszugleichen, sollen sämtliche Münzsorten hinsichtlich der Stückelung den Anforderungen des innern Verkehrs genügen. Dieser heischt ferner eine gegen Abnutzung möglichst widerstandsfähige Legierung, eine kreisrunde Plattenform, eine nur durch deutliches Gepräge unterbrochene gleichmäßige Oberfläche, eine angemessene Abstufung der Größe (des Durchmessers) und Schutz vor Täuschungen des gutgläubigen Empfängers, zu welchem Zwecke Belgien seine neuern Nickelmünzen durchlocht. Das Rechnungswesen wird durch Abkürzungen und Zeichen vor oder hinter den Summenzahlen erleichtert; die gebräuchlichsten sind: c. oder ct. für Cents, Centavos, Centesimos, Centièmes. Centimes[274] und Centimos, D. oder $ für Dollar (dasselbe Zeichen auch für amerikanische Pesos, Milreis u. dgl.), d. für Penny, fl. für Gulden (Floren), fr. für Frank, g. oder gl. für Gulden, h. für Heller, kop. (russ. коп.) für Kopeken, kr. für Kronen, l. für Lire, l. und £ oder Lst. für Pfund Sterling, l. e. für ägyptisches und l. t. für türkisches Pfund, M für Mark, ö. für Öre, pf. oder, Bild im Fließtext für Pfennig, r. oder rbl.. (russ. .) für Rubel, r. oder rp. für Rupien, s. oder sh. für Schilling.

Das Gepräge der Münze soll den Nennwert bezeichnen und die Oberfläche vor betrügerischem Wegnehmen von Metall schützen. Man unterscheidet Avers (Vorder-, Kopf-, Bild-, Hauptseite) und Revers (Rück-, Kehr-, Wappen-, Schriftseite); erstere zeigtinder Regel das Bild des Landesherrn, letztere das Wappen, eine oder beide Seiten noch eine Um- oder Aufschrift, die Legende. Außerdem findet sich auf einer Seite der Münzbuchstabe, durch den in Staaten mit mehreren Münzstätten die jeweils prägende Münzstätte bezeichnet wird; neuere deutsche Münzen haben der Symmetrie halber doppelte Münzbuchstaben (AA = Berlin etc.). (Wegen der Münzbuchstaben auf deutschen, österreichischen, französischen etc. Münzen s. die einzelnen Buchstaben: A, B etc.) Der Rand der Münzen hat einen durch das Rändeln aufgeworfenen schmalen Reisen, das Stäbchen, über das kein Teil des Gepräges hinausragen darf, und wird oft mit einer Rändelung versehen, d.h. mit einem Gepräge (Schrift oder figürlicher Verzierung) im Relief (hoher Rand) oder gewöhnlicher einwärts gehend (vertiefter Rand), das die Münzen vor Abfeilen etc. schützt. Goldmünzen verlieren die Umlaufsfähigkeit, wenn sie unter das Passiergewicht (s. d.) sinken, also in Deutschland 5 Tausendstel des Rauhgewichts verloren haben; die Grenze für Kronenstücke ist 3,9625 g. Aus Soetbeers Untersuchungen hat man als wahrscheinliche Abnutzung im Jahre für unsre Doppelkronen 0,0904 und für die Kronen 0,2026 Tausendstel des Gewichts gefolgert. Deutsche Doppeltaler verloren jährlich 0,107 und ältere preußische Taler 0,242 vom Tausend; für 100 Jahre Umlaufszeit hat man bei frei geprägten großen Silbermünzen 1 vom Hundert Abnutzung angenommen, bei im Ringe geprägten mehr, bei kleiner Scheidemünze das Zehn- bis Zwanzigfache. Die englischen Sovereigns verlieren nach neuester Berechnung jährlich 0,21 und die Halbstücke 0,65 Tausendstel. Eine amerikanische Untersuchung von über 1,5 Mill. Stück ergab, daß kleinere Silbermünzen sich merklich schneller als größere abschleifen.

Finanzielle und volkswirtschaftliche Zusammenhänge unter den verschiedenen Münzen bestehen besonders in ihrem Edelmetallwert (vgl. Preis, Valvation und Währung), werden aber auch nach trüben Erfahrungen bei den Völkern weit mehr als vor einem Menschenalter gewürdigt. Trotz der Gemeinsamkeit des behandelten Stoffes vermag indessen kaum jemand das Gebiet der Zahlen und Verhältnisse als Teil der Wirtschaftslehre und zugleich das historische Gebiet der Numismatik, auf dem die endlose Mannigfaltigkeit vorhandener Individuen ein Vorgehen nach Weise der Naturforscher bedingt, zu beherrschen. Grotes spärlich befolgte Forderung, mit der Münzenkunde müsse Geldkunde verbunden sein, ist vielmehr so auszulegen, daß die Pfleger des einen Gebietes auf Unterstützung des verbrüderten andern bedacht sein sollten. Unsre Kenntnis vom Wert und Umlauf alter Münzen stützt sich ohnehin auf die Erforschung der einzelnen Stücke, weil die Wirtschaftslehre eine noch junge Wissenschaft ist, die Chroniken weniger über den regelmäßigen Zustand als über auffällige Ereignisse berichten und sogar die Münzordnungen nur kurze Zeitabschnitte hindurch wirksam zu bleiben pflegten. Nach diesen Quellen sowie nach Bau-, Kloster-, Stadtrechnungen und andern Urkunden sind gediegene Monographien herausgegeben worden, die wir nicht einzeln erwähnen. Allgemeiner behandeln den Gegenstand außer den unter andern Stichwörtern vorkommenden Werken: OresmeTractatus de origine et jure nec non mutionibus monetarum«, hrsg. von Wolowski, Par. 1864), Byel (»De monetarum potestate et utilitate«, Nürnb. 1542), Galliani (»Della moneta libri cinque«, Neap. 1750), BüschGrundsätze der Münzpolitik«, Hamb. 1789), Buse (»Handbuch der Geldkunde«, Erfurt 1800–03, 2 Bde.), BonnevilleTraité des monnaies d'or et d'argent«, Par. 1806), H. Grote (»Die Geldlehre«, Leipz. 1865), Max Wirth (»Das Geld, Geschichte der Umlaufsmittel von der ältesten Zeit bis in die Gegenwart«, Leipz. u. Prag 1882), RidgewayThe origin of metallic currency and weight standard«, Cambridge 1892), W. A. ShawThe history of currency 1252–1894«, 2. Aufl., Lond. 1896), E. BabelonNotice sur la monnaie«, Par. 1898). Vorzugsweise aus dem Standpunkt des Rechtes beleuchteten das M. früh: Matthäus BoißTractatus varii atque utiles de monetis«, Köln 1574) und vermehrt Reinhard Budelius (»De monetis et re numeraria libri duo«, das. 1591, schon mit Abbildungen), G. A. ThesaurusDe monetarum augmento, variatione et diminutione tractatus varii«, Turin 1609), Melchior Goldast von Haimensfeld (»Catholicon rei monetariae, sive leges monarchicae generales de rebus numariis et pecuniariis«, 1620), Joh. Chr. Hirsch (»Des Deutschen Reichs Münzarchiv«, 9 Bde., 1756 ff.). Von neuern Forschern hat Rudolf Weil »Studien auf dem Gebiete des antiken Münzrechts« veröffentlicht (auch über arkadische und achäische Münzen).

Herstellung der Münzen.

(Hierzu Tafel »Münzwesen« mit Text.)

Die Herstellung der Münzen (Münzkunst) zerfällt in die Herstellung der Legierung von festgestelltem Gehalt, und die Herstellung der runden Platten von festgestelltem Gewicht in vorgeschriebener Größe und Prägung. Das Münzmetall gelangt in verschiedenen Formen (alte Münzen, Barren etc.) in die Münzwerkstätten, wird in Graphittiegeln (im Tiegelofen, s. Gießerei) unter gleichzeitigem Zusatz der fehlenden Metalle und zur Vermeidung von Oxydation unter Kohlenstaub geschmolzen (legiert), mit Rührern (runde, 50 cm lange und 5–7 cm dicke Stangen aus Graphit an Holzstangen befestigt) umgerührt und nach Probenahme in sogen. Zaine von 40–45 cm Länge, 6–10 mm Dicke und einer Breite gegossen, die dem 1-, 2- oder 3fachen Durchmesser der daraus zu fertigenden Münze nahe kommt. Die Gießform besteht aus Platteneingüssen, die, 20–100 an der Zahl, so nebeneinander aufrecht hingestellt werden, daß der Rücken des einen Eingusses den andern bedeckt, und zwar in einem Rahmen, der auf einem fahrbaren Gestell (Wagen) angebracht ist (Gießmaschine, Tafel, Fig. 1).

Die gegossenen Zaine sind durch Strecken mittels Walzen auf die genaue Dicke der Münzplatten zu bringen, zu welchem Zwecke sie der Reihe nach das Streck- oder Vorwalzwerk und darauf das Schlicht- oder Justierwalzwerk passieren. Das Strecken erfolgt meistens kalt; nur sehr dicke Platten[275] werden anfangs glühend gestreckt. Da die Zaine durch das Walzen eine bedeutende Härte und Sprödigkeit annehmen, so glüht man sie in der Regel nach jedem zweimaligen Durchgang in besondern Muffelöfen unter möglichstem Luftabschluß aus. Goldzaine bedürfen vielfach des Ausglühens nicht. In manchen Münzen zieht man die gestreckten Zaine mittels Zangen auf einem Zainzug durch zwei stählerne Backen, um alle Ungleichheiten in der Dicke zu beseitigen. Nachdem die Zaine nochmals ausgeglüht sind, zerschneidet man sie auf Kreisscheren in Streifen von etwa 1 m Länge und entsprechender Breite, um aus diesen durch das Stückeln oder Ausstückeln die runden Münzplatten zu gewinnen. Hierzu dient ein Durchschnitt (s. Lochen) mit Schraube, auf der ein Arbeiter in einer Stunde, je nach der Größe, 1000–1500 Platten ausstückeln kann. In großen Münzen benutzt man Exzenterdurchschnitte (mit Vorrichtungen zum selbsttätigen Vorschub der Zaine). Die ausgestückelten Streifen heißen Schroten, betragen etwa 33 Proz. des Metalls und gelangen zur Schmelze zurück. Obgleich beim Walzen der Zaine und Ausschneiden der Platten die größte Sorgfalt verwendet wird, so sind doch Platten von ganz gleichem Gewicht nicht zu erhalten. Deswegen folgt auf das Ausstükkeln das Justieren (Adjustieren), wobei die Platten einzeln abgewogen und nach dem Gewichte getrennt werden, um die zu leichten in die Schmelze zurückgehen zu lassen, die normalen zum Prägen zu bringen und zu schwere so lange durch Schaben mit Handschabern oder auf Schabemaschinen zu bearbeiten, bis sie das richtige Gewicht haben. Zum Abwägen gebraucht man die Justierwage, welche die Münzen nach genau festgestellten Gewichtsunterschieden sichtet und einzeln in entsprechende Behält er ab liefert (Tafel, Fig. 2). – Geringwertige Münzen justiert man in der Mark, indem man die Anzahl Stücke, die auf 1 kg gehen, abzählt und wägt; Goldmünzen werden zum Vorjustieren geschabt (Schaber, Fig. 3–5), zum Nachjustieren gefeilt. Bei dem nun folgenden Rändeln erzeugt man an dem Rande der Münzen einen Grat und auf der Randfläche eine Verzierung oder Schrift, um das Gepräge der Münzen vor Abnutzung und die Münzen selbst gegen betrügerische Wertverringerung durch Beschneiden oder Befeilen zu schützen. Die Rändelwerke (Fig. 6–9) bestehen aus zwei gehärteten stählernen Rändeleisen oder Backen, die entweder geradlinige Lineale oder konzentrische Kreisbogen bilden, und dadurch zur Wirkung gelangen, daß der eine Backen verschoben oder gedreht wird, während der zweite festliegt, und somit die zwischen den beiden Backen liegende Münze unter entsprechendem Druck wälzt, wobei der Rand verbreitert und die auf den Backen angebrachte Verzierung oder Schrift eingepreßt wird. Vor oder gewöhnlich nach dem Rändeln werden die Münzen geglüht, um anhaftenden Schmutz (Öl etc.) zu verbrennen und das Metall weich zu machen, und dann zur Bildung einer metallreinen Oberfläche gebeizt. Das Glühen findet in offenen Pfannen bei Luftzutritt oder in kupfernen oder eisernen Zylindern unter Luftabschluß und Zusatz von Kohlenpulver statt. Als Beizflüssigkeit benutzt man verdünnte Schwefelsäure (auf 14 Lit. Wasser 150 g Schwefelsäure), selten eine Lösung von Weinstein. Zum Beizen dienen hölzerne Beizfässer, die, mit Platten und der kochenden Beizflüssigkeit versehen, etwa 3–4 Minuten gedreht und darauf in ein Siebbecken entleert werden. Nachdem die Beize abgelaufen, spült man die Platten mit Wasser gehörig ab und trocknet sie auf heißen Tischplatten durch Abreiben mit Tüchern. Da die Beize von den Gold- und Silbermünzen das auf der Oberfläche oxydierte Kupfer löst, so besitzen sie neu ganz die Farbe des reinen Goldes und Silbers, nach Abnutzung der zarten Gold- und Silberhaut aber die Farbe der Legierung. Der Beizverlust beträgt bei Silbermünzen 0,12 bis 2,5 Proz., bei Goldmünzen 0,07 Proz. im Durchschnitt.

Das Prägen der Münzen erfolgt zwischen zwei gehärteten Prägstempeln aus Stahl durch einen auf den Oberstempel ausgeübten äußerst kräftigen Druck oder Stoß. Die Prägstempel, die das Gepräge umgekehrt besitzen, werden durch Abpressen eines recht geschnittenen oder gravierten und gehärteten Stahlstempels (Urstempel) mittels eines besonders starken Prägwerkes erhalten (Senken, Absenken). Auf diese Weise lassen sich eine größere Anzahl vollkommen gleicher Prägstempel herstellen, die bis 400,000 Prägungen aushalten. In einzelnen Münzen preßt man den erhaben gravierten Urstempel (Patrize) ab, erzeugt mit der so gewonnenen Matrize einen wieder erhabenen Stempel und benutzt diesen zur Herstellung der Prägstempel durch Absenken. Den Stoß erzeugte man anfangs durch einen Hammer (Klippwerk), später, bisweilen noch heute, auf einem Schraubenstoßwerk (Spindelwerk, Druckwerk, Anwurf), das wie die Lochmaschine eingerichtet ist. Am gebräuchlichsten ist jedoch die Prägmaschine mit Kniehebel (Tafel, Fig. 10–12), die in Deutschland von Uhlhorn in Grevenbroich erfunden wurde. Bei dieser mechanisch äußerst vollkommen ausgebildeten Prägmaschine werden die in größerer Anzahl in einen rohrartigen Behälter (Köcher) geschütteten Münzplatten von der Maschine selbsttätig einzeln mittels eines Fingers (Zubringer) zwischen die Stempel geschoben, darauf durch einen kräftigen Druck auf den Oberstempel geprägt und dann fertig aus der Maschine ausgeworfen. Damit unter dem großem Druck zwischen den Stempeln die Platten nicht seitlich ausweichen und dadurch unansehnlich werden, wird über dem Unterstempel ein sogen. Prägring aus gehärtetem Stahl angebracht, der genau auf den Durchmesser der Münzen ausgedreht ist (glatter Ring) und die Platten während des Prägens umschließt (Ringprägen). Das Innere dieses Ringes enthält mitunter Schrift oder Verzierung, um zugleich den Rand der Münze zu prägen. Um in diesem Falle die Münze aus dem Ringe leicht herausbringen zu können, teilt man diesen in drei Segmente, die sich beim Auswerfen etwas voneinander entfernen (gebrochener Ring). Bestehen die Verzierungen im Ringe nur aus Kerben zur Hervorbringung von parallelen Riffeln, so ist die Teilung des Ringes nicht notwendig (Kerbring). Da die Prägung schärfer ausfällt und weniger Kraft gebraucht, wenn im Moment des Druckes der Unterstempel um etwa 3 Grad gedreht wird, so ist jede Prägmaschine mit einer hierzu dienenden Einrichtung versehen. Das geprägte Geld ist nur noch auf Gewicht, Gehalt etc. zu prüfen, zu welchem Zweck es genügt, aus einer größern Menge ein Stück herauszugreifen.

Trotz der bedeutenden Fortschritte der Münztechnik kommen falsche Münzen doch noch häufig vor. Von dem Polizeipräsidium in Berlin wurden z. B. 1880 an falschen Münzen angehalten: 1263 1-Markstücke, 101820-Pfennigstücke, 6292-Markstücke, 147 Talerstücke, 132 5-Markstücke, 4 10-Markstücke, 3 20-Markstücke. Die falschen Münzen sind entweder a) mit nachgeahmten Stempeln aus minderwertigen Metallen[276] und Legierungen geprägt und dann event. noch galvanisch versilbert oder vergoldet;. b) in von echten Münzen abgenommenen Formen gegossen und dann häufig versilbert oder vergoldet; oder sie bestehen c) aus einem minderwertigen Metallkern, auf den die mittels einer ganz seinen Säge in Gestalt dünner Blättchen abgeschnittene Avers- und Reversseite einer echten Münze aufgelötet sind; d) aus einem minderwertigen Metallkern. auf den Kupferplatten, die galvanisch auf echten Münzen erzeugt, dann vergoldet und versilbert wurden, aufgelötet sind; e) häufig werden echte Münzen am Rande befeilt, beschnitten, abgekratzt; seltener werden Goldmünzen am Rande ausgebohrt und das Bohrloch mit unedlem Metall gefüllt. Auch werden die Münzen durch Ätzen mit Säuren minderwertig gemacht. Alle derartig gewaltsam minderwertig gemachten Münzen werden in Deutschland von den Staats-, resp. Reichskassen angehalten und dem Einlieferer eingeschnitten zurückgegeben. Falschstücke von Goldmünzen wurden bisweilen hergestellt, indem man Silber- oder Platinbleche mit dünnen Goldblechen belegte und dann ausprägte. Vergoldete Münzen aus Platin-Kupferlegierungen mit Silber- und Zinkgehalt werden seit länger als 20 Jahren in Valencia und Barcelona hergestellt.

Zur Prüfung der Münzen benutzt man vor allem das Gewicht. Es wiegt:

Tabelle

Auster dem absoluten Gewicht kommt auch das spezifische Gewicht in Betracht, das äußere Ansehen und der Klang. Für die Anwendung chemischer Erkennungsmittel ist in Betracht zu ziehen, daß die falschen Münzen meist vergoldet oder versilbert vorkommen; man muß also die äußere Schicht abkratzen, wenn man die Strichprobe anwenden will. Vgl. Dammer, Lexikon der Verfälschungen (Leipz. 1886).

Medaillen haben in der Regel einen größern Umfang und ein stärkeres Relief als Geldmünzen, fordern deshalb zum Prägen sehr bedeutende Kraft und häufiges Ausglühen und Beizen, werden im übrigen wie Münzen erzeugt. Um die Prägstempel zu schonen, verwendet man hier vielfach erst Vorstempel, welche die Prägung im Groben hervorbringen, und dann die Prägstempel (Glanzstempel) zur Vollendung (Glanzstoß). Kupferne Medaillen werden bronziert (s. Bronzieren). Vgl. Karmarsch, Beitrag zur Technik des Münzwesens (Hannov. 1856); Ansell, The Royal Mint; its working, conduct and operations, etc. (3. Aufl., Lond. 1871); Schlösser, Die Münztechnik (Hannov. 1884).

Geschichtliches.

(Hierzu die Tafeln »Münzen I-VI«, mit Textbeilage: »Übersicht der wichtigern Münzen«.)

Das M. des ältesten Kulturvolkes, der Ägypter, ist noch in Dunkel gehüllt; doch scheint es, daß sie keine Münzen im eigentlichen Sinn des Wortes besessen, sondern sich nur gewisser Metallmengen (auch in Form von Ringen) als eines Tauschmittels bedient haben. Für das klassische Altertum und die den Griechen benachbarten asiatischen Reiche sind die Anfänge der Ausprägung von Münzen chronologisch nicht festzustellen; jedoch scheinen gewissen, ein bestimmtes Gewicht andeutenden Zeichen auf babylonischen Goldklumpen zuerst in Lydien um 600 v. Chr. Münzen aus Elektron gefolgt zu sein, welche die verbundenen Vorderteile eines Löwen und eines Stieres geprägt auf einer Seite, den Eindruck des Punzens auf der entgegenstehenden zeigen und sich der Kugelgestalt nähern. Die ältesten, bis etwa 600 in Großgriechenland zurückgehenden griechischen Münzen (Tafel I) sind, wenn man Lykurgs eiserne nicht als geprägt ansieht, von Silber; Gold und die Elektron genannte Mischung von Gold und Silber treten etwas später auf; Kupferprägung beginnt erst um 400. Rechnungseinheiten auch für die Werte sind das Talanton = 60 Minai und die Mina = 100 Drachmai; Münzeinheit ist die Drachme = 6 Oboloi, aber von verschiedenem Gewicht: in Ägina = 6,20 g, in Attika seit Solon = 4,366 g und so durch Alexander d. Gr. weit verbreitet, in Korinth = 2,91 g, in Tyrus = 3,57 g für Ägypten, die Drachme der Cistophoren = 3,125 g für das römische Kleinasien. Die größte griechische Goldmünze ist das 20-Staterenstück des griechisch-baktrischen Königs Eukratides (in Paris; Tafel II, Fig. 13, vgl. damit Tafel I, Fig. 3); die größten Silbermünzen sind die 10-Drachmenstücke von Syrakus (Tafel I, Fig. 4), Alexander d. Gr. und Athen. Das Metall der griechischen Münzen ist gewöhnlich sehr rein; erst lange nach Alexander (Tafel I, Fig. 7) beginnt das Silber sich zu verschlechtern, jedoch sind antike Fälschungen, versilberte Kupfermünzen (nummi subaerati) sehr häufig schon in ältester Zeit. Die Gestalt der griechischen Münzen ist rund oder unabsichtlich oval, bei griechisch-baktrischen Silber- und Kupfermünzen in Mengen viereckig. Das Metallstück der Münzen wurde kugel- oder eiförmig gegossen und der Stempel dann aufgeschlagen, wobei oft tiefe Risse am Rand entstanden. Die uralten Münzen Großgriechenlands tragen auf einer Seite ein erhabenes, auf der andern ein vertieftes Bild (nummi incusi); fast alle übrigen sehr alten Münzen zeigen auf der Rückseite ein vertieftes, oft mehrfach geteiltes Viereck (quadratum incusum; Tafel I, Fig. 1), den Eindruck des Zapfens im Amboß auf den Schrötling. Beispiele griechischer Silbermünzen zeigt Tafel I (Fig. 1 aus Ägina, 2 aus Attika, 5 aus Thrakien, 3, 7, 10 und 11 aus Mazedonien, 8 aus Thessalien, 6 aus Elis, 9 aus Großgriechenland, 4, 12 u. 13 aus Sizilien.) Neben den einheimischen Münzen waren in Griechenland auch persische Goldmünzen (Dareiken; Tafel II, Fig. 11) in Umlauf. In der römischen Kaiserzeit prägten die griechischen Städte fast stets Münzen mit den Bildnissen der Kaiser; in spätester Zeit hörte jede Autonomie auf, und die griechischen Städte wurden zu Münzstätten des römischen Reiches (Weiteres s. Griechische Münzen). Die ältesten römischen Münzen (Tafel II) sind große, bisweilen bei den bis 1790 g wiegenden schwersten viereckige Stücke aus rohem Kupfer (aes grave) und zur Verhinderung des Einschmelzens zugesetztem Blei, deren Kennzeichen (ein Götterkopf und das Wertzeichen, gemeinsam auf der Kehrseite das Schiffsvorderteil) nicht geprägt, sondern mitgegossen waren. Die Einheit, der As von 12 Unzen, sollte eine Libra wiegen, enthielt aber meistens nur ungefähr 273 g und sank von 268 v. Chr. ab stufenweise auf eine halbe Uncia als Scheidemünze, bis im J. 74 v. Chr. die Prägung von Kupfer unter der Republik eingestellt ward. Die nachweisbar ältesten römischen Münzen von etwa 400 v. Chr. sind runde Affe (Tafel II, Fig. 8) und deren Teilstücke. Silber (Denar und seine Teilstücke; Tafel II, Fig. 1–3 u. 6) wurde in Rom seit 269 v. Chr. geprägt; Goldmünzen[277] der Republik erscheinen sehr spät und sind sämtlich sehr selten. Das edle Metall der Republikmünzen ist sein, doch sind versilberte Kupfermünzen häufig. Das Gold der römischen Kaisermünzen (aurei, später solidi; Tafel II, Fig. 4, 5, 7, 9, 12 u. 14) ist immer rein; erst die Byzantiner mischen es mit Silber und Kupfer (Weiteres s. Römische Münzen). Innerhalb des römischen Reiches durfte das Münzrecht von keinem der unterworfenen Völker ausgeübt werden. Eine Ausnahme machten nur die Juden unter den Makkabäern (Tafel II, Fig. 10, vgl. Makkabäermünzen). Die Münzen der aus der Völkerwanderung hervorgegangenen Reiche schließen sich, wenn auch meist viel roher, in Typen und Metall den spätesten römischen an; auch ihre Sprache war fast durchweg lateinisch, und die erste Münze mit deutscher Inschrift stammt aus dem 11. Jahrh. (Prägort Gittelde, Rückseite HIR STEID TE BISCOP). Die Münzen der Langobarden (s. Langobardische Münzen und Tafel III, Fig. 1), der Westgoten und der Merowinger (s. Merowingermünzen) waren roh geprägt, während die der Karolinger (Tafel III, Fig. 2) und der englischen Könige des frühesten Mittelalters (fast nur Silber; Tafel III, Fig. 9) saubere Arbeit und meist richtige Aufschriften zeigen. Die deutschen Münzen (Denare, selten Teilstücke) sind meist rohe, bisweilen aber auch zierliche Gepräge von reinem Silber (Tafel III, Fig. 3, 4, 6 u. 8). In der Mitte des 12. Jahrh. begann die Ausprägung der oft künstlerisch sehr hoch stehenden Hohlmünzen (damals denarii, jetzt Brakteaten genannt; Tafel III, Fig. 5 u. 7), die im 13. und 14. Jahrh. seltener werden und in den folgenden Jahrhunderten verschwinden. Schon im 13. und besonders im 14. Jahrh. werden überall zweiseitige Gepräge in Gold (Tafel III, Fig. 11) und Silber häufiger; wichtige Klassen und vielfach nachgeahmt sind die Goldgulden und Zechinen (Tafel III, Fig. 12–14; Tafel IV, Fig. 8), die Turnosen (Silber), die Testons (Tafel III, Fig. 16), die Groschen (Tafel III, Fig. 15; Tafel IV, Fig. 5 u. 6). Seit dem Ende des 15. Jahrh. werden große Silbermünzen (Taler) geprägt (Tafel III, Fig. 10; Tafel IV, Fig. 1, 3 u. 9). Seit dem 16. Jahrh. vermehrt sich die Zahl der Münzsorten, besonders in Deutschland, ins Unendliche (Tafel IV, Fig. 2, 4 u. 10), auch durch Notmünzen aller Art (Tafel IV, Fig. 7). Von den metallenen Wertzeichen des nichtgriechischen Orients sind die der Chinesen aus Messing, Kupfer, Blei oder Eisen die ältesten. Wohl 2000 Jahre oder mehr vor unsrer Zeitrechnung begann der Umlauf von Stücken in Form eines Messers, einer Fischgabel, eines Säbels etc., und erst lange nachher wählte man runde, zum Durchziehen eines Fadens durchlochte Kupferscheibchen (Li). Die indischen Münzen (namentlich Gold und Kupfer) schließen sich an die spätesten Münzen der griechisch-indoskythischen Könige an; nur wird die griechische Inschrift ganz von der einheimischen verdrängt. Die mohammedanischen Münzen ahmen zuerst die byzantinischen und sassanidischen in Gepräge und Münzwert nach; später verschwindet jedes Bild, und das Gepräge besteht bis auf die neueste Zeit nur aus Inschrift. Über das gegenwärtige M. in den verschiedenen Staaten geben die betreffenden Länderartikel Auskunft, sowie beifolgende tabellarische »Übersicht der wichtigern Münzen« zu Tafel V und VI, die eine Auswahl der verbreitetsten Gold- und Silbermünzen enthalten. Literatur s. Numismatik.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 274-278.
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Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.

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