Preußisch-deutscher Krieg

[335] Preußisch-deutscher Krieg, der 1866 in Deutschland zwischen Österreich und seinen Verbündeten einerseits, Preußen und seinen Bundesgenossen anderseits geführte Krieg um die Vorherrschaft in Deutschland. Die Ursache des Krieges war die Nebenbühlerschaft zwischen Österreich und Preußen, die seit dem Emporkommen des letztern unter Friedrich d. Gr. bestand und bisher jeden Versuch einer Einigung Deutschlands vereitelt hatte. Schon 1848 war ein großer Teil der deutschen Nation zur Überzeugung gelangt, daß dieser verderbliche Dualismus der deutschen Großmächte nur durch Ausstoßung der einen, nämlich Österreichs, aus Deutschland beseitigt werden könne, und diese Richtung ward mit dem Namen »kleindeutsch« belegt im Gegensatz zu den auf Erhaltung des Bundes gerichteten »großdeutschen« (s. d.) Bestrebungen. Den nächsten Anlaß zum Krieg bot die schleswig-holsteinische Frage, über die Österreich und Preußen in Konflikt miteinander geraten waren, der durch die Gasteiner Konvention vom 14. Aug. 1865 nicht gelöst, sondern nur vertagt war (s. Deutschland, S. 826). Der Notenwechsel beider Mächte über die Verhältnisse der Herzogtümer wurde immer gereizter, die preußenfeindlichen Anträge der Mittelstaaten beim Bunde immer entschiedener, und 16. März 1866 gab Österreich in einer Note an die befreundeten deutschen Höfe die Absicht kund, die schleswig-holsteinische Sache dem Bund anheimzugeben und die deutschen Streitkräfte gegen Preußen aufzubieten. Dieses schloß 8. April 1866 die Allianz mit Italien, die Italien zum Kriege gegen Österreich verpflichtete, wenn derselbe innerhalb dreier Monate ausbräche, dagegen ihm den Besitz Venetiens sicherte, und stellte 9: April beim Bunde den Antrag, eine aus direkten Wahlen und allgemeinem Stimmrecht der ganzen deutschen Nation hervorgehende Versammlung zur Beratung einer Bundesreform zu berufen.

Da in Preußen (s. d., S. 327) der Verfassungskonflikt aufs heftigste entbrannt war und daselbst, besonders in den westlichen Provinzen, Demonstrationen für den Frieden und gegen den deutschen Bruderkrieg stattfanden, so waren Österreich und die mit ihm verbündeten Mittelstaaten des Sieges gewiß. Die beiderseitigen Rüstungen hatten schon im März begonnen, im April wurde über eine Abrüstung verhandelt, die jedoch an der Weigerung Österreichs, sie auch in Italien vorzunehmen, scheiterte. Am 4. und 8. Mai wurde die Mobilmachung der preußischen Armee befohlen und die Landwehr aufgeboten, in den Mittelstaaten verlangten die Regierungen von den Landtagen Militärkredite und erhielten sie meist bewilligt; 1. Juni gab Österreich die Entscheidung der schleswig-holsteinischen Angelegenheit dem Bunde anheim, indem es gleichzeitig die von den neutralen Großmächten vorgeschlagenen Friedenskonferenzen dadurch unmöglich machte, daß es gegen jede Gebietserweiterung und jeden Machtzuwachs einer der eingeladenen Mächte von vornherein protestierte. Am 5. Juni berief der österreichische Statthalter v. Gablenz die holsteinischen Stände auf 11. Juni nach Itzehoe zusammen, 7. Juni rückte Manteuffel von Schleswig in Holstein ein, weil der Gasteiner Vertrag dadurch gebrochen und ungültig sei, worauf die Österreicher Holstein räumten, und 11. Juni stellte Österreich beim Bundestag den Antrag, weil Preußen zu unerlaubter Selbsthilfe in Holstein gegriffen, die Bundesarmee mit Ausnahme des preußischen Kontingents mobil zu machen. Im Gegensatz dazu wurde nur die Mobilisierung einzelner Korps, mit Ausnahme sowohl der österreichischen als auch der preußischen, beschlossen, und zwar nur, um eine Störung des Friedens im Bundesgebiete zu verhindern. Der preußische Gesandte v. Savigny erklärte hierauf, daß Preußen den bisherigen Bund als aufgelöst betrachte, und legte einen neuen Bundesvertrag vor, der Österreich ausschloß und eine starke Zentralgewalt mit Parlament verlangte. Hiermit war der Krieg erklärt. Am 17. Juni erließ der Kaiser von Österreich, am 18. Juni der König von Preußen sein Kriegsmanifest.

Die geographische Lage zwang Preußen, sich vor allem Norddeutschlands zu versichern. Es erließ daher 15. Juni an Hannover, Sachsen und Kurhessen eine Sommation, worin es die dortigen Regierungen zur Zurückführung der Truppen auf den Stand vom 1. März 1866 aufforderte, den Abschluß eines Sonderbündnisses mit Preußen und Zustimmung zur Berufung des deutschen Parlaments verlangte unter der Drohung, im Fall einer ablehnenden oder ausweichenden Antwort den betreffenden Bundesstaat als im Kriegszustand gegen Preußen befindlich zu behandeln. Sofort nach Ablehnung dieser Forderung rückten 16. Juni preußische Truppen von allen Seiten in Hannover, Kurhessen und Sachsen ein. Die Könige von Sachsen und Hannover verließen mit ihren Truppen ihre Hauptstädte, der Kurfürst von Hessen wurde gefangen genommen, sein Kontingent entkam nach dem Süden.

Während Österreich gegen Italien den Krieg nur verteidigungsweise zu führen beschloß und bloß 85,000 Mann unter dem Erzherzog Albrecht im Festungsviereck aufstellte, vereinigte es seine Hauptarmee, 247,000 Mann, für den Krieg gegen Preußen; hierzu kamen 140,000 Mann deutsche Hilfstruppen. Davon wurden 270,000 Mann (Österreicher und Sachsen) unter Benedek in Böhmen und Mähren aufgestellt, 120,000 Mann blieben im Westen und Süden Deutschlands. Preußen verfügte über 300,000 Mann. Hiervon wurden 45,000 Mann für den Krieg in Deutschland[335] bestimmt, mit 255,000 Mann beschloß man den Krieg gegen Österreich zu führen. Den Oberbefehl übernahm König Wilhelm I. selbst, Moltke war sein Generalstabschef. Das Zentrum bildete die erste Armee unter dem Prinzen Friedrich Karlin der Lausitz, den linken Flügel die zweite Armee unter dem Kronprinzen in Schlesien, den rechten die Elbarmee unter dem General Herwarth v. Bittenfeld in Sachsen. Der Kampf entbrannte demnach gleichzeitig auf drei Schauplätzen: in Böhmen, in Deutschland und in Italien.

Der Operationsplan des österreichischen Generals Krismanitsch sah von vornherein die Defensive vor. Die Nordarmee wurde um Olmütz in Mähren zusammengezogen, um Wien zu decken. Die Verbindung mit den süddeutschen Kontingenten wurde aufgegeben, auch Sachsen geopfert. Erst als man erkannte, daß Preußen nicht bloß in Schlesien, sondern auch in der Lausitz und in Sachsen seine Streitkräfte konzentriere, wurde die Armee nach Böhmen in Marsch gesetzt, um zwischen der obern Elbe und der Iser Stellung zu nehmen. Diese Gegend, das Plateau von Gitschin, war auch das Ziel der preußischen Armee, die Ende Juni an drei Stellen die böhmische Grenze überschritt: die Elbarmee bei Schluckenau, die erste bei Reichenberg, die zweite bei Liebau und Nachod. Da Benedek noch in seinem Flankenmarsch von Olmütz auf Josefstadt begriffen war, so wurde keiner dieser Pässe den Preußen streitig gemacht. Der Kronprinz von Sachsen (später König Albert) und Clam-Gallas (1. Korps) hatten nur den Befehl, die Iserlinie zu halten. Clam-Gallas erwartete deshalb bei Münchengrätz die Elbarmee, die am 26. Juni bei Hühnerwasser seine Vorhut zurückwarf. In der Nacht zum 27. bemächtigte sich die erste Armee des Flußübergangs bei Podol, Clam-Gallas wurde 28. Juni aus seiner Stellung am Muskyberg bei Münchengrätz herausgeworfen, und 29. Juni wurden Österreicher und Sachsen nach heftigem, verlustreichem Gefecht bei Gitschin von der ersten Armee gezwungen, auf Smidar zurückzugehen. Inzwischen hatte auch die zweite Armee, die des Kronprinzen, die Gebirgspässe zwischen Schlesien und Böhmen überschritten. Benedek warf dem 5. preußischen Korps nach Nachod bloß das 6. (Ramming), dem 1. preußischen Korps nach Trautenau das 10. (Gablenz) entgegen, von denen am 27. das 6. von Steinmetz zurückgeschlagen wurde, das 10. zwar Bonin bei Trautenau besiegte und auf Liebau zurückwarf, aber am 28. von der Garde bei Soor in der Flanke angegriffen und mit großen Verlusten geschlagen wurde. Bei Skalitz warf Steinmetz 28. Juni auch das 8. Korps unter dem Erzherzog Leopold zurück und erreichte am 29., nachdem er das 4. Korps aus seiner starken Position bei Schweinschädel verdrängt hatte, bei Gradlitz die obere Elbe, die das Gardekorps an demselben Tag bei Königinhof erreichte. Indem die erste Armee 1. Juli bis Miletin und Horitz vorrückte, hatte das preußische Heer den konzentrischen Vormarsch in Böhmen glücklich vollendet, seine Front von 300 auf 40 km verkürzt und war zu gemeinsamen Operationen in demselben Augenblick bereit, in dem König Wilhelm von Reichenberg aus den Oberbefehl über die vereinigten Streitkräfte übernahm.

Dem gegenüber befand sich die österreichische Armee bereits in höchst ungünstiger Lage: die Gefechte der letzten Junitage hatten über 30,000 Mann und 16 Geschütze gekostet, den moralischen Halt der Truppen, besonders aber das Vertrauen Benedeks in sich und sein Heer erschüttert. Benedek riet sogar in einem Telegramm vom 2. Juli zum Frieden um jeden Preis. Auf ausdrücklichen Befehl aus Wien jedoch erwartete er, in fester Stellung zwischen der Bistritz und Elbe auf einem hügeligen Terrain nördlich der Festung Königgrätz, den Angriff des Gegners. Da das preußische Hauptquartier 2. Juli abends von der Stellung der Österreicher unterrichtet wurde und sofort die Befehle zum Angriff an alle drei Armeen erließ, so fand 3. Juli auf den Höhen von Chlum die Entscheidungsschlacht von Königgrätz (s. d.) statt. Obwohl die völlige Vernichtung der österreichischen Armee dadurch verhindert wurde, daß das preußische Hauptquartier, über die Größe des errungenen Erfolgs nicht im klaren, 4. und 5. Juli die energische Verfolgung unterließ, so daß sich Benedek in drei Kolonnen in das befestigte Lager nach Olmütz retten und dort sein Heer neu ordnen konnte, so waren doch die politischen und strategischen Wirkungen des Königgrätzer Sieges außerordentlich. Österreich warf sich jetzt in Napoleons Arme und trat ihm 4. Juli die Provinz Venetien ab, deren Besitz die österreichische Südarmee erst 24. Juni durch den Sieg über die Italiener bei Custoza von neuem gesichert hatte. Es hoffte hierdurch nicht bloß die Neutralität Italiens, sondern auch die energische Intervention Frankreichs zu seinen Gunsten zu erlangen. Jedoch Italien weigerte sich, sein Bündnis mit Preußen zu brechen, und Napoleon, dessen auf die gegenseitige Aufreibung Österreichs und Preußens berechneten Plan der Sieg von Königgrätz durchkreuzt hatte, war infolge der mangelhaften Rüstung seines Heeres nicht in der Lage, mehr als seine guten Dienste für die Vermittelung des Friedens anzubieten. Inzwischen näherte sich das preußische Heer mit bedrohlicher Geschwindigkeit der österreichischen Hauptstadt. Am 13. Juli hielt König Wilhelm seinen Einzug in Brünn, am 16. erreichte die Avantgarde des Prinzen Friedrich Karl den wichtigen Eisenbahnknotenpunkt Lundenburg und sperrte den direkten Weg von Olmütz nach Wien und Preßburg; an demselben Tage drang die Elbarmee bis Hollabrunn, 45 km vor Wien, vor; am 17. Juli schlug der König sein Hauptquartier in Nikolsburg, 70 km von Wien, auf. Als die Österreicher sich zur Wiederaufnahme des Kampfes anschickten, den der zum Oberbefehlshaber ernannte Sieger von Custoza, Erzherzog Albrecht, leiten sollte, und alle erreichbaren Streitkräfte der Nord- und Südarmee zur Verteidigung Wiens heranzogen, konnten jedoch aus Italien nur 50,000 Mann herbeigeschafft werden, und die Nordarmee unter Benedek erreichte nur auf einem beschwerlichen Umweg über die Kleinen Karpathen und durch das Tal der Waag die Donau bei Preßburg. Bereits drohte den Österreichern auch der Verlust dieses wichtigen Punktes, denn die preußische Division Fransecky hatte 22. Juli im Gefecht von Blumenau die österreichische Brigade Mondl, die Preßburg deckte, schon umgangen, als Eilboten den Abschluß einer Waffenruhe meldeten.

Zwar hatte Erzherzog Albrecht einen zuversichtlichen Armeebefehl erlassen, und bei Floridsdorf waren rasch Schanzen aufgeworfen worden. Indes die Preußen standen vor den Toren Wiens in einer Stärke, die größer war als bei Beginn des Krieges, trotz der blutigen Kämpfe, der anstrengenden Märsche, der zahlreichen Detachierungen und trotz der verheerenden Wirkungen der Cholera. 660,000 Mann hatte Preußen am Ende des Krieges unter den Waffen und war entschlossen, den Krieg bis zur Entscheidung mit aller [336] Energie fortzusetzen. Bereits sammelte Klapka in Oberschlesien eine meist aus ungarischen Kriegsgefangenen gebildete ungarische Legion, um das seit 1849 von Österreich geknechtete Land zum Aufstand aufzurufen. Der Sieg, den Tegetthoff 20. Juli bei Lissa über die italienische Flotte erfocht. machte Italien den Abschluß eines Separatfriedens erst recht unmöglich und zwang es, weniger aus Rücksicht auf Preußen als auf den Unwillen und die Ungeduld der Nation, die Operationen zu Lande gegen Venetien, die seit Custoza stockten, wieder aufzunehmen. Unter diesen Umständen war Österreich zum Frieden bereit, und 21. Juli kam in Nikolsburg eine fünftägige Waffenruhe, vom 22.–27. Juli, zustande, während der die Bedingungen des Friedens festgesetzt werden sollten. Diese Waffenruhe erstreckte sich nur auf den Krieg zwischen Preußen und Österreich. Der Waffenstillstand mit Italien kam erst 12. Aug. in Cormons zustande, nachdem Cialdini, ohne Widerstand zu finden, Venetien, mit Ausnahme der Festungen, fast ganz besetzt hatte. Ebenso dauerte der Krieg in Süddeutschland fort.

Durch sein rasches Vorgehen hatte sich Preußen auch gegenüber den deutschen Mittelstaaten in Vorteil gesetzt. Obwohl es nur drei Divisionen (Goeben, Manteuffel und Beyer), im ganzen 45,000 Mann, die sogen. Mainarmee, unter dem General Vogel v. Falckenstein für den Krieg gegen die deutschen Verbündeten Österreichs (Mainfeldzug) verwendete, so erreichte es damit doch völlig seinen Zweck, da die Mittelstaaten an den Ernst des Krieges gar nicht geglaubt und nicht nur unvollkommen gerüstet hatten, sondern auch den Krieg selbst ohne jede ihres Zweckes bewußte Energie führten. Zunächst gelang es, die hannoversche Armee, die zwar noch rechtzeitig bei Göttingen gesammelt worden war, dann aber tagelang plan- und ziellos zwischen dem Harz und Thüringer Wald hin und her zog und die Ankunft des bayrischen Heeres erwartete, während dieses seinerseits auf die Ankunft der Hannoveraner südlich des Thüringer Waldes hoffte, nach dem blutigen Gefecht bei Langensalza (27. Juni) 29. Juni zur Kapitulation zu zwingen. Hierauf rückte Falckenstein 2. Juli über den Thüringer Wald gegen die Bayern, die, 40,000 Mann stark, unter dem Prinzen Karl von Bayern im Begriff waren, vom Tal der Werra sich nach dem der Fulda zu wenden, um dem aus Württembergern, Hessen, Badenern, Nassauern und Österreichern gebildeten 8. Bundeskorps unter dem Prinzen Alexander von Hessen, das von Frankfurt a. M. aus sich ebenfalls Fulda näherte, die Hand zu reichen. Am 4. Juli lieferte die Division Goeben den Bayern das Gefecht bei Dermbach, worauf sich Prinz Karl durch die Rhön hinter die Fränkische Saale zurückzog. Eine einzige preußische Granate, die am 4. Juli bei Hünfeld in zwei Kürassierschwadronen einschlug, scheuchte die ganze bayrische Kavallerie unter dem Prinzen Thurn und Taxis bis nach Schweinfurt zurück. Prinz Alexander wich einem Zusammenstoß nach Westen aus. Falckenstein erzwang darauf 10. Juli die Saalübergänge bei Hammelburg und Kissingen, wo es zu einem blutigen Zusammenstoß kam, wandte sich plötzlich nach Westen den Main abwärts gegen das 8. Bundeskorps, schlug 13. Juli die Hessen bei Laufach, zersprengte 14. Juli bei Aschaffenburg die österreichische Brigade Neipperg und besetzte 16. Juli Frankfurt. Hier wurde Falckenstein abberufen und Manteuffel zum Oberbefehlshaber der Mainarmee ernannt. Dieser bekam den Befehl, in Süddeutschland so weit wie möglich vorzudringen, während gleichzeitig eine aus preußischen und mecklenburgischen Truppen gebildete Reservearmee unter dem Großherzog von Mecklenburg in das bayrische Oberfranken einrückte. Manteuffel marschierte am linken Mainufer aufwärts gegen die Tauber, hinter der die Bayern und Bundestruppen standen. Sein Plan, sich zwischen beide zu schieben und sie einzeln zu schlagen, wurde zwar durch Goeben vereitelt, der am 24. Juli bei Werbach und Tauberbischofsheim sich mit solcher Wucht auf die Badener und Württemberger warf, daß Prinz Alexander sich sofort gegen Würzburg auf die Bayern zurückzog. Indes lieferte dieser 25. Juli nur das matte Gefecht bei Gerchsheim und entwich dann hinter das rechte Mainufer, wo sich sein Korps auslöste. Die Bayern leisteten 25. und 26. Juli bei Helmstadt und Roßbrunn den Divisionen Beyer und Flies hartnäckigern Widerstand, zogen sich dann aber auch nach Würzburg zurück. Jetzt beeilten sich die süddeutschen Regierungen, ebenfalls in Nikolsburg von Preußen einen Waffenstillstand zu erlangen, der ihnen 2. Aug. gewährt wurde.

Inzwischen war 27. Juli in Nikolsburg der Präliminarfriede zwischen Preußen und Österreich zustande gekommen, der Österreich verpflichtete, der Auflösung des Deutschen Bundes zuzustimmen, an Italien Venetien, an Preußen seine Nechte auf Schleswig-Holstein abzutreten, 20 Mill. Tlr. Kriegskosten zu bezahlen und die von Preußen in Norddeutschland herzustellenden neuen Einrichtungen, einschließlich der Territorialveränderungen (von denen nur das Königreich Sachsen ausgeschlossen war), anzuerkennen. Eine Wirkung der französischen Vermittelung war der Zusatz zu Artikel 5, daß die nördlichen Distrikte von Schleswig, deren Bevölkerung durch freie Abstimmung den Wunsch zu erkennen gäbe, mit Dänemark vereinigt zu werden, an dieses abgetreten werden sollten. Hinsichtlich der Neuordnung der Verhältnisse in Deutschland beanspruchte Preußen über Norddeutschland die unbedingte Herrschaft; es war entschlossen, nicht nur Schleswig-Holstein und die norddeutschen Staaten, die am Kriege gegen Preußen teilgenommen, Hannover, Kurhessen, Nassau und Frankfurt a. M., seinem Gebiet einzuverleiben, sondern auch sämtliche norddeutschen Staaten zu einem staatlichen Gemeinwesen, dem Norddeutschen Bund, zu vereinigen. Dagegen bestimmte Artikel 4 des Nikolsburger Vertrags, daß die südlich vom Main gelegenen deutschen Staaten einen besondern, unabhängigen Bund bilden sollten. Indem jedoch Preußen mit Ausnahme von Grenzberichtigungen auf Gebietsabtretungen von seiten der süddeutschen Staaten verzichtete, gewann es dieselben für den Abschluß eines Schutz- und Trutzbündnisses, worin sie sich bei Ausbruch eines Krieges ihre Truppen unter preußischen Oberbefehl zu stellen verpflichteten. Auch wurde ihnen in den Friedensverträgen das absolute Veto in dem neu zu begründenden Zollverein entzogen; außerdem mußte Bayern im Friedensvertrag vom 22. Aug. 30 Mill., Württemberg 13. Aug. 8 Mill., Baden 17. Aug. 6 Mill., Hessen-Darmstadt 3. Sept. 3 Mill. Gulden Kriegskosten bezahlen. Am 23. Aug. ward der definitive Friede mit Österreich in Prag abgeschlossen; mit Sachsen kam er erst 22. Okt. (10 Mill. Tlr. Kriegsentschädigung) zustande. Der Friedensschluß zwischen Österreich und Italien fand 1. Okt. statt. Der Krieg hatte Preußens Überlegenheit in staatlicher und militärischer Beziehung so deutlich kundgegeben, daß sein moralisches Anrecht auf die[337] Führerschaft des deutschen Volkes fast allgemein anerkannt wurde.

Literatur. »Der Feldzug von 1866 in Deutschland«, redigiert von der kriegsgeschichtlichen Abteilung des Großen Generalstabs (Berl. 1867–68); »Österreichs Kämpfe im Jahr 1866«, bearbeitet durch das k. k. Generalstabsbureau (Wien 1867–70, 5 Bde.); »Die kritischen Tage von Olmütz im Juli 1866« (das. 1903), dazu als Fortsetzung: »Die letzte Operation der Nordarmee 1866« (das. 1905); »Offizieller Bericht über die Kriegsereignisse zwischen Hannover und Preußen« (das. 1867–68, 2 Tle.); »Anteil der königlich bayrischen Armee am Krieg des Jahrs 1866« (Münch. 1868); »Der Anteil des königlich sächsischen Armeekorps am Feldzug 1866 in Österreich« (2. Aufl., Dresd. 1870); »Die Operationen des 8. deutschen Bundeskorps im Feldzug des Jahrs 1866« (Darmst. 1869); Blankenburg, Der deutsche Krieg von 1866 (Leipz. 1868); Rüstow, Der Krieg von 1866 in Deutschland und Italien (2. Aufl., Zürich 1867); W. Menzel, Der deutsche Krieg im Jahr 1866 (Stuttg. 1867, 2 Bde.); Fontane, Der deutsche Krieg von 1866 (2. Aufl., Berl. 1871, 2 Bde.); (May) Taktische Rückblicke auk 1866 (4. Aufl., das. 1873); Trinius, Geschichte des Kriegs gegen Österreich und des Mainfeldzugs 1866 (das. 1886); von den Wengen, Geschichte der Kriegsereignisse zwischen Preußen und Hannover (Gotha 1886), Weiteres s. Langensalza; v. Lettow-Vorbeck, Geschichte des Krieges von 1866 in Deutschland (Berl. 1896–1902, 3 Bde.); Friedjung, Der Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland 1859–1866 (Stuttg. 1897–98, 2 Bde.; 6. Aufl. 1904); Hopf, Die deutsche Krisis des Jahres 1866 in Aktenstücken (2. Aufl., Melsungen 1899); Th. v. Bernhardi, Der Krieg 1866 gegen Österreich und seine unmittelbaren Folgen, Tagebuchblätter (Leipz. 1897); Toilow (Graf Crenneville), Die österreichische Nordarmee und ihr Führer im Jahr 1866 (Wien 1906); die Kriegstagebücher vom Grafen Frankenberg (Stuttg. 1896 u. ö.), dem Prinzen Kraft zu Hohenlohe-Ingelfingen (»Aus meinem Leben«, Bd. 3, Berl. 1906) u. a.; Lamarmora, Un po' più di luce (Flor. 1873; deutsch, Mainz 1873); Vilbort, L'œuvre de M. de Bismarck (Par. 1869, 2 Bde.; deutsch, Berl. 1870) u. a.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 335-338.
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