Handelsgesellschaften

[942] Handelsgesellschaften (Handelsvereine), sind die Vereinigungen einer größeren Anzahl von Kaufleuten od. Capitalisten, um große, weit aussehende Handelsunternehmungen, Ansiedelungen, Manufactur- u. Fabrikunternehmungen zu errichten, wozu die Kräfte Einzelner nicht ausreichen, u. deren Geschäfte auf gemeinschaftliche Rechnung zu betreiben, wo jeder nach Verhältniß seines gegebenen Antheils Gewinn u. Verlust trägt. I. Die H. zerfallen in drei Hauptarten, welche z.B. in Frankreich u. da, wo das französische Handelsgesetzbuch eingeführt ist od. noch in Kraft besteht, ferner in Spanien, den Niederlanden etc. gesetzlich anerkannt sind: a) die namentlich vereinte, gemeine, gewöhnliche, auch offene Gesellschaft unter vereinigtem Namen (Collectivgesellschaft), welche zwei od. mehrere Personen in der Absicht gründen, um mit einander unter einem gewissen gesellschaftlichen Namen (Firma der Societät) während einer im Gesellschaftsvertrage bestimmten Zeit Handelsgeschäfte auf gemeinschaftlichen Gewinn od. Verlust mit gemeinschaftlichen Mitteln zu unternehmen. Die im Vertrage angegebenen Associés haften solidarisch mit ihrem ganzen Vermögen für alle Verbindlichkeiten, welche die Societät gegen Dritte eingeht, u. hierin besteht das wesentliche Kennzeichen, wodurch sich die namentlich vereinte Gesellschaft von den übrigen Societäten unterscheidet; b) die stillen, geheimen od. Gemächlichkeitsgesellschaften (Commanditen), welche zwischen einem od. mehreren solidarisch haftbaren Gesellschaftern u. einem od. mehreren blos zum Handelsfonds beitragenden Associés, die sich dadurch am Geschäft interessiren, u. nach Maßgabe ihres eingelegten Capitals dessen Gewinn u. Verlust theilen, geschlossen werden. Die Ersteren werden Commanditirte od. Complementirer, Letztere aber Commanditaire od. Stille Gesellschafter genannt u. dieselben dürfen sich weder an der Führung der Geschäfte betheiligen, noch darf deren Namen in die gesellschaftliche Handelsfirma aufgenommen werden; c) die anonymen, namenlosen Gesellschaften (Actiengesellschaften), bei welchen jeder Theilhaber nach Verhältniß seines Einschusses am Gewinn od. Verlust betheiligt ist. Der Credit einer solchen Gesellschaft beruht weniger auf der Zahlungsfähigkeit seiner Theilhaber, wie es bei den früheren ausschließlich der Fall ist, als auf der Meinung, welche das Publikum von dem Unternehmen hat. Der Zweck der Actiengesellschaften ist, die zu einem großen Unternehmen erforderliche Masse von Capitalien zu vereinigen, den Beitrag hierzu jedoch auf solche Beträge festzustellen, daß auch der Minderbegüterte an den Vortheilen des Unternehmens Theil haben kann; s.u. Actien. Bevor dieses jedoch in die öffentliche Wirksamkeit treten darf, müssen die Statuten der Gesellschaft (der Societätsvertrag) der zuständigen Regierung vorgelegt werden, welche sich in allen Ländern das Recht vorbehält, dieselben zu prüfen, zu verbessern od. zu verwerfen, u. erst nachdem Alles wohl erwogen u. das Unternehmen als nützlich anerkannt ist, wird die Genehmigung zur Gründung des Geschäftes ertheilt. Diese Genehmigung kann jedoch, wenn die Regierung es für zweckmäßig erachtet, wieder zurückgenommen werden, in welchem Falle dann das Bestehen der Gesellschaft aufhört. Eine besondere Art von Gesellschaften, welche indessen nach den Handelsgesetzen mancher Staaten, z.B. Frankreich, Spanien, den Niederlanden etc., nicht als wirkliche Societät anerkannt werden, sind d) die Verbindungen zu Participationsgeschäften, Participations- od. Gelegenheitsgesellschaften, wobei zwei od. mehrere Personen ein Capital zu einem einzelnen bestimmten Unternehmen zusammenlegen, nach dessen völliger Abwickelung jeder Theilnehmer sein Capital nebst Gewinnantheil, od. bei Verlust nach Abzug des ihn betreffenden Antheils, zurückerhält. In England unterscheidet man von den H. e) die Compagniehandlungen, welche mittelst Vertrages von zwei od. mehreren Personen gebildet werden, um für gemeinschaftliche Rechnung u. Gefahr ein Geschäft zu gründen od. sonst eine Unternehmung im Handel, Manufactur od. Fabrikwesen zu machen. Diese Art Societät unterscheidet sich von der namentlich vereinten Gesellschaft hauptsächlich dadurch, daß der Societätsvertrag wie beim Participationsgeschäft ebenfalls auch nur mündlich sein kann; daß selbst ohne vorangegangene mündliche Association die Theilnahme am Gewinn eines Geschäftes od. einer Unternehmung schon genügt, um eine Person als Gesellschafter anzusehen, welcher für die Verbindlichkeit der Societät einzustehen hat; daß ein Associé auch während der Dauer der Societät seine Verbindlichkeit bis zu einer gewissen Grenze ausdehnen od. vermindern kann; u. daß, im Falle ein Associé eine gesetzwidrige Handlung begeht, z.B. Schleichhandel treibt, nicht nur allein gegen den Übertreter, sondern gegen die ganze Gesellschaft die Untersuchung eingeleitet werden kann. Die Mittheilung [942] der Auflösung der Societät muß mittelst Circular geschehen, da im Falle der Unterlassung der ausgeschiedene Associé noch fortwährend mit Namen u. Vermögen für die Societät verbindlich bleibt. Die eigentlichen H, Handelsvereine zu großen Unternehmungen, genießen in England gewisse Privilegien u. zerfallen in zwei Klassen: die geschlossenen od. Actienvereine (Exclusive or joint-stock-companies), welche von einer Anzahl aus der Mitte des Vereins gewählter Actionäre geleitet werden, u. H., denen ein Director od. mehrere vorstehen (open or regulated companies). Bei den geschlossenen od. Actienvereinen haften sämmtliche Theilhaber solidarisch mit ihrem ganzen Vermögen, wenn sie nicht durch Parlamentsacte, was zuweilen geschieht, von dieser Solidarität freigesprochen werden, um nur bis zum Betrage des von jedem Actionär eingelegten Capitals verbindlich zu sein. Bei diesen H. ist weder die Zahl der Mitglieder bestimmt, noch ist ein bestimmtes Capital festgesetzt, sondern jedes beitretende Mitglied bezahlt bei der Aufnahme eine gewisse Summe u. liefert außerdem jährlich noch einen allgemeinen Beitrag an Geld.

Die H. haben den Vortheil, daß die Gefahr des Verlustes durch die Menge der Theilnehmer verringert wird; der zu hoffende Gewinn muß aber bedeutend sein u. die landesüblichen Zinsen von 31/2 – 6 Proc. übersteigen, wenn es sich der Mühe verlohnen soll, sein Capital in H. anzulegen. Meist zieht eine Handelsgesellschaft entfernte Plätze, nach denen der Handelsweg zur See geht, in den Bereich ihrer Speculationen; wenn aber die Concurrenz od. andere Hindernisse dem Einzelnen ein Unternehmen im Lande selbst od. in benachbarten Staaten erschweren od. unmöglich machen, wird durch das Zusammentreten Mehrerer das Capital gewonnen, damit mit den Nebenbuhlern das Gleichgewicht gehalten werden kann.

II. Unter den bestehenden H. sind folgende bes. bemerkenswerth: A) Belgien: a) Gesellschaft industrieller Gegenseitigkeit (Société des capitalistes réunis dans un but de mutualité industrielle), gewöhnlich Mutualité genannt, wurde durch die Société générale im Jahre 1836 mit 50 Mill. Frcs. Capital auf Actien zu 1000 Fr., an Inhaber lautend, gegründet; das Capital kann verdoppelt werden. Die Actien bringen 4 Procent jährlich feste Zinsen u. eine veränderliche Dividende. Vom Geschäftsgewinn werden 20 Proc. für den Reservefonds u. 10 Proc. für zwei Hospitäler zurückbehalten; b) Gesellschaft der vereinigten Actien (Société des actions réunies) wurde im Jahre 1837 durch die Bank von Belgien mit 12 Mill. Fr. Capital auf Actien zu 1000 Fr. an den Inhaber u. vorläufig bis Ende 1859 gegründet. Geschäfte: Kauf belgischer Staatspapiere u. industrieller Actien. Die disponibeln Fonds werden bei der Bank von Belgien gegen 4 Proc. jährliche Zinsen deponirt. Die Actien bringen 4 Proc. jährlich feste Zinsen u. eine Dividende aus dem Geschäftsgewinn, von welchem mindestens 10 Proc. für den Verwaltungsrath zurückbehalten werden. Die Zinsen u. Dividenden werden bei der Bank von Belgien ausbezahlt; erstere am 10. Januar, letztere am 10. April; c) Antwerpener Handelsgesellschaft (Société de Commerce d'Anvers), im Jahre 1838 auf 25 Jahre gegründet; Capital 12 Mill. Fr. Actien zu 1000 Fr., theils auf den Namen, theils auf den Inhaber lautend, welche zunächst 4 Proc. feste jährliche Zinsen tragen. Geschäfte: Vorschüsse auf belgische Waaren, Besorgung ihrer Ausfuhr u. passender Retouren, kaufmännische Operationen aller Art; ausgenommen sind Speculationen in öffentlichen Fonds für eigene Rechnung.

B) Bremen: Norddeutscher Lloyd, ein Rhederei- u. Assecuranzunternehmen auf Actien, im Jahre 1857 errichtet, für die Dampfschifffahrt nach New York, Großbritannien u. auf der Weser.

C) England: a) Englisch-Ostindische Compagnie (Company of merchants of London trading to the East Indies, gewöhnlich East India Company), die wichtigste von allen H. Ihre erste Anlage fällt in das Jahr 1659, ihre Begründung als eigentliche Actiengesellschaft in das Jahr 1612. Im Jahre 1702 vereinigte sie sich mit einer neu concurrirenden Compagnie u. machte nach wie vor neben dem monopolisirten Handelsbetriebe nach Ostindien der Regierung beträchtliche Vorschüsse, sowie sie regelmäßige Beiträge zur Staatskasse zahlte, die zuletzt auf die Summe von 500,000 Pfd. Sterl. jährlich festgesetzt wurden. Seit der Mitte des 18. Jahrh. wurde sie ein mehr politischer Körper, der Regent der ostindischen Colonien, wodurch aber ihre Erträgnisse abnahmen u. die vorher sehr großen Dividenden geringer wurden, so daß sie mehrere Anleihen bei der Regierung aufnehmen mußte. Im Jahre 1784 erfolgte eine Umwandlung durch Einsetzung eines Bureau der ostindischen Angelegenheiten (Board of Control), welches von der Krone abhängig gemacht u. dem Ministerium einverleibt wurde; durch diese Behörde gingen von nun an alle Angelegenheiten der Gesellschaft, während die Actionäre ohne directen Einfluß auf die Verwaltung blieben. Die Finanzen aber besserten sich auch hiernach nicht, es entstand ein bleibendes Deficit, obgleich das Gesellschaftscapital vergrößert u. Schuldscheine (Indian Bonds) ausgegeben wurden, welche an der Londoner Börse Curs haben. Bei der im Jahre 1793 erfolgten Erneuerung des Freibriefes wurde das Monopol der Compagnie beschränkt u. ein großer Theil des ostindischen Handels freigegeben; bei der nächsten Erneuerung wurde dieser Handel unter einigen Beschränkungen vom Gesellschaftsmonopol fast ganz befreit u. das letztere auf China beschränkt; im Jahre 1833 u. 1834 aber, bei der Verlängerung des Freibriefes bis 1854, auch der Handel nach China freigegeben u. damit der Handelscharakter der Gesellschaft aufgehoben. Dieselbe verwaltete nnn in Gemeinschaft mit dem Board of Control u. unter dessen Aufsicht die ostindischen Besitzungen; ihr Eigenthum wurde der Krone einverleibt u. ihre Verpflichtungen den Ostindischen Colonien auferlegt. Die Compagnie begab sich aller Ansprüche auf Gewinn, mit Ausnahme einer festen Dividende von 101/2 Proc., ein Stand, den diese schon seit 1793 hat. Diese Dividende wird aus den Einkünften Ostindiens bezahlt; für die Schuldenabtragung ist ein Reservefonds eingerichtet. Das Parlament kann von Ablauf des April 1874 an die Dividendenzahlung durch Bezahlung von 200 Pfd. St. für jede 100 Pfd. St. Actiencapital aufheben; sollte im Jahre 1854 die Verwaltung Indiens der Compagnie abgenommen werden, wie es wirklich im Jahre[943] 1858 in Folge der großen Indischen Revolution geschehen ist, so ist diese berechtigt, die vorerwähnte Ablösung schon zu dieser Zeit zu fordern. Das Actiencapital der Gesellschaft ist (1833) auf überhaupt 6 Mill. Pfd. St. liquidirt u. nebst seiner Verzinsung als erste Hypothek auf die Staatseinnahmen Ostindiens übernommen; außerdem wurde ein Capital von 2 Mill. Pfd. St. fest belegt, dessen Zinsen zum Capital geschlagen werden sollten, um seiner Zeit nöthigenfalls das vorerwähnte Actiencapital zu tilgen. Die Actien haben unter dem Namen India Stock Curs an der Londoner Börse. Die besondere schwebende Schuld der Compagnie, die India Bonds (in Abschnitten zu 100,200,300,500 u. 1000 Pfd. St., welche man zu jedem halbjährigen Zinstermine, 31. März u. 30. Sept., bei der Compagnie al pari einziehen kann), trägt jetzt 41/2Proc. Zinsen, welche im East India House ausbezahlt werden. Die europäischen Rechnungen der Gesellschaft ergaben für das Jahr vom 1. Mai 1851 bis 30. April 1852 eine Einnahme von 6,999,852 Pfd. St. 8 Sch. 5 D., eine Ausgabe von 3,734,003 Pfd. St. 14 Sch. 6 D., also einen Überschuß von 3,265,8.48 Pfd. St. 13 Sch. 11 D. Für das Verwaltungsjahr 1852 53 war dagegen die Einnahme auf nur 3,858,521 Pfd. St., die Ausgabe aber auf 4.439,272 Pfd. St. veranschlagt. b) Als öffentliche Handelscompagnien in Großbritannien sind ferner zu erwähnen: die Russische Gesellschaft (Russian Company), Südsee-Gesellschaft, Hudsonbay-Pelz-Gesellschaft, Londoner Ostindien- u. China-Gesellschaft, Gesellschaft des britischen Indien, Sierra-Leone-Gesellschaft, Mexicanische u. Südamerikanische Gesellschaft, Gesellschaft der nach dem Continent handelnden Kaufleute, Ostsee-Gesellschaft.

D) Frankreich: a) Kasse der vereinigten Actien (Caisse des actions réunies), für Speculation in Fonds u. Actien; Gesellschaftscapital 5 Mill. Fr., Actien von 10,000 Fr., theilbar in Abschnitte zu 500, 1000, 2000, 3000 Fr. etc. Man kann sich für je ein Vierteljahr an der Unternehmung betheiligen; b) Gesellschaft der vereinigten Actionäre (Compagnie des actionnaires réunis), für den Kauf u. Verkauf der an der Pariser Börse notirten Werthpapiere; Gesellschaftscapital 12,000,000 Frcs., Actien von 500 Frcs., verzinslich mit jährlich 5 Proc., welche halbjährlich bezahlt werden, außerdem eine vierteljährlich zu zahlende Dividende genießen. Alle ungedeckten Lieferungsgeschäfte (Differenzgeschäfte) sind untersagt. Einzahlungen müssen in baarem Gelde, oder in solchen Actien oder Obligationen erfolgen, welche an der Pariser Börse Curs haben; c) K. K. österreichische privilegirte Gesellschaft der Staatseisenbahnen, wurde im December 1854 mit 200 Millionen Francs Capital auf Actien gegründet u. hat mit diesem Capital den Betrieb der österreichischen Staatseisenbahnen (mit Ausschluß der italienischen) erworben, so wie eine Anzahl österreichische Bergwerke, Ländereien u. Waldungen erkauft. Die k.k. österreichische Regierung garantirt der Gesellschaft einen Zins von 5 Proc. u. eine Annuität von., 2/10 Proc. für die Amortisation der zu emittirenden Obligationen. Die Concession zum Betriebe der Eisenbahnen kann ihr nach 30 Jahren entzogen werden, wenn die österreichische Regierung sich mit ihr darüber in einer im Vertrage stipulirten Weise einigt. Vom Juni 1855 hat die Gesellschaft für 150 Millionen Frcs. dreiprocentige Obligationen zu 500 Frcs., an. Inhaber lautend, creirt, welche halbjährlich (1. März u. 1. September) gegen Coupons verzinst werden, Die Verzinsung u. Rückzahlung erfolgt in Paris, Lyon, Frankfurt a.M. u. Genf, in französischen Gold- od. Silbermünzen; in Wien, Hamburg, Berlin u. Antwerpen entweder gleichfalls in französischen Gold- od. Silbermünzen, od. in der betreffenden Landesmünze, berechnet nach dem Mittelcurse der dem Verfalltage der Coupons vorhergehenden Woche. Jede Obligation von 500 Fr. wurde für den Preis von 275 Fr. abgelassen; Einzahlung in vier Raten (50,75,75 u. 75 Fr.) bis 10. März 1856 an den oben erwähnten Orten, sowie auch in Antwerpen, Brüssel u. Köln.

E) Hannover: Drei Compagnien für die große Fischerei (Häringsfang), Sitz Emden; die Deutsche Seehandlungsgesellschaft in Emden, im Jahre 1857 mit 1 Mill. Thaler für den Zweck directer Ein- u. Ausfuhr von u. nach außereuropäischen Ländern, einschließlich der Beförderung von Passagieren, gegründet.

F) Die Niederlande: Niederländische Handelsgesellschaft (Nederlandsche Handel Maatschappy), wurde im Jahre 1824 mit 37 Mill. Gulden Capital auf Actien errichtet, woran sich der König mit 4 Mill. betheiligte. Durch Rückkäufe von Actien war das Capital Ende 1846 bis auf 23 Mill. vermindert; Ende 1849 wurde dasselbe mittelst des Reservefonds (von 111/2 Mill. Gulden) auf 331/3 Mill. Gulden erhöht, u. es werden auf jeden Antheil von zwei ganzen Actien (zu 1000 Fl.) drei eben solche neue verabfolgt. Die Actien lauten über 1000, 500 u. 200 Gulden u. erhalten außer jährlich 41/2 Proc. festen Zinsen (am 1. Jan. u. 1. Juli zahlbar) eine veränderliche Dividende. Das Privilegium auf 25 Jahre wurde 1846 auf weitere 25 Jahre bis Ende 1874 verlängert. Vom Gesellschaftscapital sind 10 Mill. Gulden der Regierung zu 4 Proc. bis Ende 1874 vorgeschossen, die aber schon eher, u. namentlich bis Ende 1854, zurückbezahlt werden können. Zweck der Gesellschaft: der Handel mit den niederländisch-ostindischen Colonien, ihre regelmäßigen periodischen Auctionen von Colonialwaaren in Amsterdam, Rotterdam u. Middelburg reguliren die Preise für den halben Continent; Beförderung der Ostindienfahrt u. Schiffbau dazu; Beförderung der inländischen Industrie. Die Gesellschaft macht auch Darlehen gegen hypothekarische Sicherheit. Die Zahl der Actien wird durch Rückkauf allmälig verringert, sie haben Curs an der Amsterdamer Börse. Für die Factorei der Gesellschaft in Batavia zahlt die Regierung jährlich 148,000 Gulden. Am 22. Juli 1853 wurde ein wichtiger, die Verhältnisse neu regelnder Vertrag zwischen dem Staate u. der Gesellschaft abgeschlossen, wornach die Letztere sich verpflichtet, auf die ihr in Commission gegebenen Producte fortwährend einen durchlaufenden Vorschuß von 10 Mill. Gulden gegen eine jährliche Rente von 31/2 Proc. zu machen, so. lange dieser Betrag durch den Werth der unverkauften Producte, welche sie in den Niederlanden od. in Indien besitzt, bei Einbringung der verkauften Producte gesichert wird. Dagegen soll die Gesellschaft für ihre verschiedenen Verrichtungen folgende Concessionen genießen: für das Verwerthen[944] der Producte, Delcredere einbegriffen, während des Jahres 1854 21/4 Proc., nach 1854 2 Proc.; für die Bestellung u. die Versendung von Gütern 1 Proc.; für die Versendung von Geldern 1/2 Proc.; für die Bezahlung von Pensionen, Delegationen u. Urlaubsgehalten 1 Proc.; für die Geschäfte ihrer Factorei 140,000 Gulden jährlich.

G) Österreich: a) Österreichischer Lloyd (Lloyd Austriaco), nach dem Muster des Lloyd in London (s.d.), dessen eine Section eine große Dampfschifffahrts-Gesellschaft bildet; Gesellschaft zur Ausfuhr inländischer Erzeugnisse; b) Venetianer Handelsgesellschaft (Societa Venetia commerciale), im Jahre 1840 mit 5 Mill. Gulden C.-M. od. 15 Mill. Lire austr. Capital, auf Actien zu 500 Gulden od. 1500 Lire austr., auf vorläufig 30 Jahre errichtet, bezweckt directen u. indirecten Ausfuhrhandel für eigne u. fremde Rechnung, sowie andere für angemessen erachtete Handelsoperationen. Die Actien werden zunächst mit 4 Proc. jährlich verzinst.

H) Portugal: Die Fischcompagnie von Lissabon, die Nationalgesellschaft des Seidenhandels, gegründet durch den im Jahre 1835 in Lissabon gebildeten Handelsverein.

I) Preußen: a) Seehandlungs-Societät, wurde im Jahre 1772 auf Actien errichtet, im Jahre 1820 aber als Staatsanstalt übernommen. Sie besorgte nun die Geldgeschäfte des Staats u. gründete viele industrielle Institute, als Fabriken, Mühlen, Dampfschifffahrten etc. Im Jahre 1848 wurde ihre Auflösung beschlossen, u. seitdem erfolgt allmälig der Verkauf ihrer Etablissements; dagegen wird sie in Folge neuerer Beschlüsse auch ferner als Geldinstitut des Staats (Staatsbankierhaus) fortbestehen. Ihre jährliche Zahlung an den Staat beträgt 100,000 Thaler; b) Berliner Handelsgesellschaft wurde im Jahre 1856 in Form einer Commanditen-Handelsgesellschaft gegründet. Zweck: der Betrieb von Bank-, Handels- u. industriellen Geschäften aller Art; ihre Wirksamkeit erstreckt sich daher insbesondere auch auf industrielle u. landwirthschaftliche Unternehmungen, auf Bergbau, Hüttenbetrieb, Kanal-, Chaussee- u. Eisenbahnbauten, sowie auf die Begründung, Vereinigung od. Consolidirung von Actiengesellschaften u. die Emission von Actien od. Obligationen solcher Gesellschaften. Das Recht der Errichtung von Filialen, Commanditen u. Agenturen an anderen Orten steht der Gesellschaft zu Dauer 50 Jahre; Grundcapital 15 Mill. Thaler in Actien zu 200 Thalern; dasselbe kann auf 30 Mill. Thaler u. mehr erhöht werden; c) Preußische Handelsgesellschaft, eine im Jahre 1856 in Königsberggegründete Commanditen-Handelsgesellschaft, welche in ihrer Einrichtung der Berliner Handelsgesellschaft gleicht. Grundcapital 5 Mill. Thaler, in auf den Inhaber lautenden Actien zu 200 Thalern; das Capital darf bis zu 10 Mill. Thaler erhöht werden; d) Magdeburger Handelscompagnie, ein im Jahre 1856 in Form einer Commanditen-Handelsgesellschaft gegründeter Verein, welcher außer dem commissionsweisen Ein- u. Verkauf von Waaren aller Art, Leistungen von Vorschüssen, Beleihung von Waaren u. soliden Werthpapieren, Discontiren von Wechseln, sowie Einrichtung eines Waarencontos, auch Geschäfte für eigene Rechnung betreibt. Dauer der Gesellschaft 50 Jahre, vom 1. August 1856. Grundcapital 5 Mill. Thaler, zu Actien von je 100 Thalern.

K) Rußland: a) Russisch-amerikanische Compagnie, wurde im Jahre 1799 in Petersburg mit 2,750,000 Rubel Bank-Assignationen Capital auf Actiengegründet, welche bei Kronstellen zu ihrem halben Nennwerth in Pfand genommen werden, u. bezweckt die Ausübung der Pelzjagd im Russischen Amerika, die Colonisation daselbst u. die Beförderung des Pelz- u. Theehandels. Im Jahre 1849 wurde ihre vorläufige Dauer bis Ende 1861 verlängert. Die Gesellschaft hat Contore od. Factoreien in Moskau, Kasan, Tomsk, Irkutsk, Jakutsk, Aïan u. Kamtschatka; das Colonialhauptcontor befindet sich in Neu-Archangelsk auf der Insel Sitka. Das Actiencapital beträgt 1,122,600 Silberrubel, getheilt in 7484 Actien, seit 1844 auf je 150 Silberrubel lautend; der Reservefonds, in welchen 1/10 des Reingewinnes fließt, belief sich am 1. Januar 1854 auf 374,324 Silberrubel. Für das Jahr 1853 wurden 12 Proc. Dividende berechnet; doch schuldete man am 1. Januar 1855 den Actionären noch, sowie dieselben gleichzeitig noch 81,355 Silberrubel von früheren Gewinnen zu fordern hatten. b) Als kürzlich neugebildete Handelsgesellschaften sind zu erwähnen: die Russische Schifffahrts- u. Handelsgesellschaft u. die Gesellschaft der russischen Eisenbahnen, deren Actien an der Petersburger Börse Curs haben.

L) Spanien: die Spanische Handelsgesellschaft, Gesellschaft der Havana, Gesellschaft der Philippinen, Peninsular-Zucker-Gesellschaft, Industrielle Gesellschaft. Ferner ist in Madrid im Jahre 1856 errichtet worden: die Spanische Handels- u. Industrie-Gesellschaft; projectirtes Capital 304 Mill. Realen (80 Mill. Franken od. 3,200,000 Pfd. St., zum Curse von 19 Realen für 5 Franken od. 95 Realen für 1 Pfd. St.), in 160,000 auf den Inhaber lautenden Actien zu 1900 Realen (500 Franken od. 20 Pfd. St.); zunächst sind 64,000 Actien (für 121,600,000 Realen) ausgegeben worden.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 942-945.
Lizenz:
Faksimiles:
942 | 943 | 944 | 945
Kategorien:

Buchempfehlung

Neukirch, Benjamin

Gedichte und Satiren

Gedichte und Satiren

»Es giebet viel Leute/ welche die deutsche poesie so hoch erheben/ als ob sie nach allen stücken vollkommen wäre; Hingegen hat es auch andere/ welche sie gantz erniedrigen/ und nichts geschmacktes daran finden/ als die reimen. Beyde sind von ihren vorurtheilen sehr eingenommen. Denn wie sich die ersten um nichts bekümmern/ als was auff ihrem eignen miste gewachsen: Also verachten die andern alles/ was nicht seinen ursprung aus Franckreich hat. Summa: es gehet ihnen/ wie den kleidernarren/ deren etliche alles alte/die andern alles neue für zierlich halten; ungeachtet sie selbst nicht wissen/ was in einem oder dem andern gutes stecket.« B.N.

162 Seiten, 8.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Hochromantik

Große Erzählungen der Hochromantik

Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon