1. Beim Reiten macht man den Mund zu und den Ars auf, in der Gesellschaft ist's umgekehrt. (Schles.)
Beim Einüben der Rekruten der Cavalerie, auch von Reitlehrern angewandt. Zur richtigen Haltung der Schenkel ist das eine und zur Vermeidung eines einfältigen Aussehens das andere erforderlich.
2. Besser demütig geritten als stoltz zu fuss gangen. – Gruter, III, 9.
In Aegypten, wo Personen von hohem Range eine ungewöhnliche Furcht oder Abneigung vorm Gehen besitzen und sich, wenn sie die Kinderjahre hinter sich haben, selten ausser dem Hause zu Fuss sehen lassen, sagt man, dieser Abneigung sprichwörtlich Ausdruck gebend: »Auf einem Rosskäfer reiten ist immer besser als auf einem Teppich (selber) gehen.« Sie entschuldigen sich gewöhnlich mit der Unreinlichkeit der Strassen, die aber wahrscheinlich erst eine Folge ihrer Abneigung gegen das Gehen ist. Die Ursache dieser Abneigung ist in der für Fussgänger unbequemen Tracht, noch mehr aber in dem Hange zur Unthätigkeit und Gemächlichkeit zu suchen. Die Vornehmen bedienen sich der Pferde, am liebsten aber der Esel, da man sich bequem auf sie setzen und durch die niedern Eingänge der Häuser reiten kann. Man findet daher an allen Strassenecken gesattelte Esel, welche für einen geringen Preis zu miethen sind. (Burckhardt, 308.)
3. Besser reiten als geritten werden.
4. Besser übel g'ritte als gut g'laufe. (Luzern.)
5. Besser zu zwei reiten als allein laufen (zu Fuss gehen). (Stuttgart.)
6. Das Reiten, Fechten und die Laut, das Spielen, Saufen und die Braut verderben manche gute Haut. – Gerlach, 216.
7. Der reitet sanfft, den Gottes gnade trägt. – Henisch, 1692, 65.
8. Der reitet wohl, der mit seinesgleichen reitet. – Henisch, 1645, 54; Petri, II, 105; Gryphius, 106.
9. Es ist besser, liederlich geritten als hoffärtig gefahren. – Simrock, 8416.
10. Es muss mancher reiten, der nicht gesattelt hat.
Port.: Ainda não sellamos, ja cavalgamos. (Bohn I, 264.)
11. Es reitet mancher auf einem Gaul, der zuvor zu Fuss ging.
12. Et is better demoidig geridden osse hauchmoidig gegangen. (Waldeck.) – Curtze, 338, 303.
[1649] 13. Hineingeritten oder hineingefahren, ist gleich. – Klix, 74.
14. Jeder ritt sin Steckenperd. (Rendsburg.)
Engl.: Every one has his hobbyhorse. (Masson, 321.)
Frz.: Chacun a son califourchon, son grand cheval de bataille. – Chacun a son dada. (Masson, 321.)
15. Lang vnd müd reiten, als man spricht, einen gekrümmten Fuss wol richt. – Sutor, 407.
Lat.: Quando fatigatur, equitis pes rectificatur. (Fallersleben, 451; Loci comm., 104.)
16. Langes Reiten richtet den krummen Fuss. – Petri, II, 431; Simrock, 8417; Körte, 5058.
17. Man kann nicht miteinander reiten und reden. – Simrock, 8415.
18. Mi mues rît'a und reda z'säma chönna. (Bern.) – Zyro, 10.
19. Reite nicht auf anderer Leute Pferden.
Altfries.: Rid ek üp üdderlids hingster. (Hansen, 12.)
20. Reiten macht krumme Beine.
Holl.: Langhe riden richt den crommen voet. (Tunn., 17, 7.)
21. Reiten und Singen ist zweierlei. – Sutor, 218.
Ernst- und scherzhafte Dinge müssen nicht miteinander vermengt werden.
Lat.: Alia res sceptrum, alia plectrum. – Equitandi peritus ne cantet. (Binder I, 416; II, 958; Erasm., 821; Philippi, I, 134; Seybold, 17 u. 147.)
22. Reiten vnd lauffen gehet nicht gleich zu. – Henisch, 1436, 32.
Beide strengen an, eins mehr als das andere. Die Franzosen sagen: C'est grand peine d'aller à cheval et la mort d'aller à pied. (Leroux, II, 193.)
23. Reiten vnd ⇒ Rauben (s.d. 7) ist keine Schande, es thuns die besten (Edelsten, Tapfersten) im Lande. – Petri, III, 10; Körte, 5056; Graf, 98; Venedey, 165; Simrock, 8412.
Aus einem Liede der alten Raubritter in ein Sprichwort übergegangen. Die Bauern antworteten auf diesen Spruch: »Kein Sünd' ist's, sie hängen, rädern, köpfen, niederstechen, wir behielten sonst nichts zu beissen und zu brechen.« (Vgl. Westfäl. Charaktere über das ehem. Leben des höhern und niedern Adels, von L. Schücking im Illustr. Familienbuch, Bd. 7, Hft. 2, S. 50.)
24. Riden un Rowen dat wir kein Schand, dat ded dei Adel in ganzen Land.
25. Ungewohnt Reiten macht wunden Ars. – Simrock, 8413; Körte, 5057.
Holl.: Onghewoon riden maket den eers seer. (Tunn., 21, 3.)
Lat.: Laeditur in clune vir raro solens equitare. (Fallersleben, 565.)
26. Viel Reiten macht gerade Beine.
Bei Tunnicius (688): Vele ryden maket rechte beine. (Crebro facit diuturna pedes equitatio rectos.)
27. War ni zu räiten versteiht, wäit sicherer zu Fusse geiht. (Kreis Militsch in Schlesien.)
28. Wär vêle ritt, (dei) mot vêle beslâen (laten). – Schambach, II, 519.
Wer ein gross Haus macht, hat viel Unkosten zu bestreiten.
29. Warde reit, der reit; warde leit, dar leit. – Gomolcke, 1064; Petri, II, 748; Körte, 6776.
Geehrt wird jener, mit Füssen getreten dieser.
30. Wei junk riet, mott alt gohn. (Waldeck.) – Curtze, 339, 315.
Wenn jemand grossartig anfängt und es nicht ausführen kann.
31. Wei vöer fiftig (funfzig) Joahren ritt, mut noa fiftig goaen. (Marsberg.) – Firmenich, I, 320, 10; für Meurs: Firmenich, I, 401, 78; für Waldeck: Curtze, 339, 316.
32. Wenn einer nit wohl reiten kann, so muss der Gaul die Schuld dran han. – Hausblätter (Stuttgart 1867), Hft. 9; Petri, II, 651.
33. Wer das Reiten gewohnt ist, dem wird dann das Gehen sauer (schwer). – Altmann VI, 451.
34. Wer dess reitens vngewöhnt ist, der verwundet den Hindern. – Petri, II, 694.
Holl.: Ongewoonte in't rijden brengt smartende billen. (Harrebomée, II, 234a.)
35. Wer hinter einem andern reitet, kann nicht absteigen (halten, satteln), wann er will.
Span.: Quien tras otro cabalga, no ensilla cuando quiere. (Bohn I, 253.)
[1650] 36. Wer langsam reitet, kommt am weitesten.
37. Wer langsam reitet, muss früh satteln. – Steiger, 87; Körte, 6775.
38. Wer nicht reiten kan, der helt sich an den Sattelknopff. – Lehmann, 515, 66.
»Also der die recht vnd gesatz nicht weiss, der folgt den opinionen.«
39. Wer reiten gelernt hat, singe nicht.
Wer sich zu Ernstem bekennt, treibe keine Possen.
40. Wer reiten, will mit Glück, werf' vor und hinter sich den Blick.
Holl.: Rijd voort, maar ziet om. (Bohn I, 337.)
41. Wer reiten will, seh' nach den Sattelschnallen.
Holl.: Die qualic ghereden is, sal voor sadelen.
Lat.: Primo selletur equus, qui tardus habetur. (Fallersleben, 228.)
42. Wer reiten will weit, schon' sein Thier in der ersten Zeit.
Frz.: Qui veut aller loin, ménage sa monture.
43. Wer reitet, wenn gesattelt ist, bekommt den Kranz. – Sprichwörtergarten, 131.
Gegen den alles morgen machenden Aufschub. Wol überlegt und rasch gehandelt.
44. Wer selten reit(et), dem thut der Ars bald weh. – Grimmelshausen, Springinsfeld; Eiselein, 527; Simrock, 581.
Bei Tunnicius (844): De selden rit, dem doet de êrs wî. (Dura nates cito desuetas equitatio laedit.)
45. Wer selten reitet, hat bald einen Wolf. – Simrock, 8414.
Holl.: Nieuwe ruiters hebben ligt smartende billen. (Harrebomée, II, 234a.)
46. Wer vil will reitten, der muss vil beschlagen. – Henisch, 306, 8.
47. Wer weiter will reiten, als sein Pferd kann, der soll absteigen und zu Fuss schreiten.
Holl.: Die verder wil rijden, dan zijn paard kan, die zitte af, en ga te voet. (Harrebomée, II, 161b.)
48. Wer wöll stramm riede, mot ok wat liede. (Lit.)
49. Willst du nicht reiten, so trage die Decke.
50. Wiltu reiten vnd hast du zu eilen; eigene sporen vnd fremd Pferde machen kurtze meilen. – Gruter, III, 114; Lehmann, II, 881, 298; Zinkgref, IV, 381.
Lat.: Ascendit Walter, veniet boa unus et alter. (Chaos, 767.)
51. Zum Reiten gehört mehr als ein Paar Stiefeln. – Gaal, 1502.
... Als ein Paar Sporen, sagen die Russen. Auch sagen sie: Zum Reiten gehören meist zwei Thiere: ein Pferd und ein Mensch. (Altmann VI, 392 u. 401.)
52. Zum Reiten gehört mehr, denn zwo Lenden (Schenkel) über ein Pferd zu schlagen. – Blum, 700; Simrock, 8411; Körte, 5059.
Gegen das Hineinpfuschen und Stümpern in ein Geschäft oder in eine Kunst.
Frz.: Ne sont pas tous chevaliers qui sur cheval montent.
*53. Alle willen up em riden. – Dähnert, 380a.
Jeder will sich an ihm reiben.
*54. Die reiten einander auf dem Halse herum. – Klix, 74.
*55. Enen regden (reiten). (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 325, 258.
*56. Er reit ein geck pferd. – Franck, II, 74a.
*57. Er reit einn bösen esel. – Franck, II, 74a.
Lat.: Malo asino vehitur.
*58. Er reitet auf der Stute und sucht sie.
*59. Er reitet auf Schusters Rappen.
Frz.: Aller sur la haquenée des cordeliers. (Kritzinger, 369a.) – Il est à beaux pieds s ans lance. – Il monte sur la haquenée des cordeliers. (Masson, 278.)
*60. Er reitet auf seinem grössten Pferde.
Nimmt einen hochfahrenden und drohenden Ton an.
*61. Er reitet auf zwei Sätteln.
»Sie tragen wasser auff beyde achsslen vnd schleiffen scheren vnd wenden, vnd reitten auf zweyen sätlen.« (Pauli, Schimpff, LXIIIIb.)
*62. Er reitet ein tolles Pferd.
*63. Er reitet gern auff Stutten, die den Sattel zwischen Beinen tragen. – Lehmann, 400, 39.
*64. Er reitet stets sein eigenes Pferd.
Beaufsichtigt seine Sachen, führt seine Pläne selbst durch.
[1651] *65. Er reitet wie die Bauern, die einen neuen Pfarrer (Pastor) einholen.
*66. Er reitet wie Heinrich der Zweiundsiebzigste auf seinem Princip. (Thüringen.) (S. ⇒ Principienreiter.)
*67. Er ritet uf em obrigkeitliche Schimmel. – Sutermeister, 69.
Von einem, der sich viel einbildet, einem Eiteln, Hochmüthigen, Dünkelhaften. Zur Charakterisirung von Leuten dieser Art bedient man sich in der Schweiz auch folgender a.a.O. erwähnten Redensarten: Babili reg di, so falle d' Lüs ab der. Däge, wo witt de Bueb (oder: de Nar) hiträge? Er hät en Hochmuet, wenn's Bättelseckli a der Wand gumpet. Er het nu scho vo dem Oel gha und wird ieg nümme gesund. Er rüemt si, das er Milch gee möcht.
*68. Er will reiten, ehe er ein Pferd hat.
Holl.: Hij wil rijden, eer hij een paard heeft. (Harrebomée, II, 165a.)
*69. Hâ rick op Môdersch Fülle. (Köln.) – Firmenich, I, 477, 272.
Er reitet auf dem Füllen der Mutter, d.h. er geht zu Fuss.
*70. He kan ryden ende vmme sienn. – Tappius, 99b.
*71. He rit't as 'n Danzmester. (Ostfries.) – Frommann, VI, 281, 659; Bueren, 690; Kern, 299.
Nicht sattelfest.
*72. Hi read egh thi Dai, thiar hi sadeld. (Nordfries.) – Hansen, 2.
Er ritt nicht den Tag, da er sattelte. Der Sinn des hochdeutschen: Früh gesattelt, spät geritten.
*73. Kannst rîde wie du wöllst. – Frischbier2, 3126.
Die Art und Weise der Ausführung einer Arbeit bleibt dir überlassen.
*74. Reit zu, Tschierschke. (Breslau.)
Ermuthigender Zuruf. Graf Tschierschke ist ein allen Breslauern bekannter und beliebter Rennpferdbesitzer.
*75. Reiten und rennen. – Mathesy, 236a.
*76. Wenn er reiten will, hat er kein Pferd; hat er ein Pferd, so hat er weder Sattel noch Zaum. (Pfalz.)
Holl.: Toen hij ruiter wilde worden, had hij geen paard; toen hij een paard vond, ontbraken hem stevels en sporen; en toen hij alles had, was er geen courage; 't gaat hem als Matthijs van Dresden. (Harrebomée, II, 305b.)
77. Hinten nach reitet der Dechant. (Rheinpfalz.)
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