Singen

1. Allein singen und allein dreschen ist eine langwierige Arbeit.Simrock, 9546; Steiger, 398; Tappert, 5.


2. Besser singen als fluchen.

Böhm.: Lépe zpívati, nežli klivati. (Čelakovsky, 16.)


3. Dar könnt völ toglîk (zugleich) singen, man (aber) nich spreken.Bueren, 162; Eichwald, 1717; Frommann, II, 539, 98; Kern, 1503; Hauskalender, I.


4. Dem einen singen sie und der andere muss es sich anhören.

Etwa wie: Man schlägt auf den Sack (s.d. 106) und meint den Esel.

Böhm.: Vám zpívají, a na nás nota padá. (Čelakovsky, 88.)


5. Der nicht wol singen kan, facht alle czeit vil gesanges an.Werdea, B.


6. Der so lustig singt nach Noten, kann nicht wechseln einen Groten.


7. Die einen singen vor Freude und den andern bricht das Herz.

Böhm.: Vy zpéváte, a nás krvavé polévají. (Čelakovsky, 183.)


8. Die heut' singen, können morgen weinen.

Engl.: He that sings on friday shall weep on sunday.


9. Die mit einander singen, müssen in der Harmonie bleiben vnd Takt halten.Lehmann, 165, 21.


10. Die singen am lustigsten, die nichts aus der Tasche verlieren können.

Engl.: Who doth sing so merry a note as he that cannot change a groat. (Bohn II, 132.)

Lat.: Cantabit vacuus coram latrone viator.


11. Eines vollen vnd hungrigen singen ist nicht einerley gesang.Henisch, 1529, 15.


12. Einmal1 gesungen ist zweimal gebetet. Schulmeisterspiegel (München 1858), S. 189.

1) Nämlich zur Ehre Gottes.


13. Es hilft nicht wohl singen, sondern gern hören.Winckler, XIV, 72.


14. Es ist übel singen, wenn's nicht von Herzen geht.

It.: Non si può cantar mai bene, quando il canto dal cuor non viene. (Pazzaglia, 44, 2.)


15. Es ist überall gut singen: Ein feste Burg ist unser Gott.Herberger, Hertzpostille, I, 550.


[565] 16. Es leyt nit wol am singen, aber am gerne hören.

»Spricht man.« (Der Blindenführer, 19b.)


17. Es singt ein yeglicher vogel, als jm ein schnabel gewachsen ist.Franck, I, 89b.


18. Es singt mancher, dem's nicht ums Herz ist.

Dän.: Mangen kveder som ei er glad. (Prov. dan., 362.)

Frz.: Tel chante qui a peur. (Cahier, 1361.)

It.: Tal canta che allegro non è. (Bohn I, 127.)

Schwed.: Mången quäder och är intet glader; mången gråter när intet skadar. (Grubb, 545.)


19. Fein singen und grob scharren ist des Teufels Handwerk.

It.: Cantar bene, e ruspar male è un arte del diavolo. (Pazzaglia, 86.)


20. Für Singen und Saitenklang begehrt (erwartet) man keinen (oder: erhält man selten) Dank.

Mhd.: Singen, sagen und seitenclanc üebent ir ampt gar âne danc. (Renner.) (Zingerle, 139.)


21. Heut' derft ma singa gehn, reima thuet's sich sö selba. (Oberösterreich.) – Baumgarten, 43.


22. Ich muss singen Entes verquentes, die Bawren sind vns gram, wir kündens auch wol machen, da ist kein zwiuel an.Wicelius, Dialogorum.


23. Jeder singt sein Lied.Petri, II, 202.


24. Jeder singt wie ihm der Schnabel gewachsen ist.

Port.: Cada hum canta como tem graça, e cada como tem ventura. (Bohn I, 270.)


25. Jedermann singt das Liedlein dem Loch unter der Nase zu lieb.Eiselein, 429.


26. Kannst du nicht singen, so musst du pfeifen.


27. Lustig singt, wen's Glück umringt.


28. Ma singt, ma soat, an Dr. faast a.Gomolcke, 757.

29. Man kann nicht zugleich singen und das Kreuz tragen.Eiselein, 395.

Wer bei Processionen der Katholiken das Kreuz trägt, der ist von der Pflicht des Singens befreit.


30. Man kann nicht zugleich singen und schlingen.Eiselein, 568; Simrock, 9536.

Die Russen: Es kann einer nicht zugleich Pilot und Fuhrmann sein. (Altmann VI, 396.)


31. Man muss erst singen, wenn man aus Nishnij- Nowgorod zurück ist.

Nachdem man weiss, wie die Messe, die alljährlich im August dort stattfindet, ausgefallen ist.


32. Man muss vor dem Singen aus der Kirche gehen.

D.h. vor dem Schlussvers, um zu sagen, sich in seinem Genuss mässigen, nichts bis aufs Aeusserste treiben.


33. Man singt nicht alle Lieder zu Ende.


34. Man singt nicht gut mit leerem Magen.

Port.: Bem canta Martha, depois de farta. (Bohn I, 268.)


35. Man sol nicht singen: Gott gedankt, man hab denn erst den Sieg erlangt.Petri, II, 468.


36. Mancher singt, der weinen möchte.

Frz.: Tel chante qui n'est point joyeux. (Kritzinger, 122a.)

It.: Tal un canta alle volte che non è tropp' allegro. (Pazzaglia, 44, 4.)


37. Mit Singen und Springen (Beten und Arbeiten) kann man's vollbringen.


38. Mit Singen verräth der Specht seine Jungen.

»Wer sein Zung und Mund kan zwingen, dem thut gar manches wol gelingen, ein Specht sein Jungen verräth mit singen.« (Brant, Nsch., 19.)


39. No, dei singet, dat 'n de Melodie rûken (riechen) kann, segt Quante. (Hildesheim.) – Hoefer, 866; Schlingmann, 1177.


40. Schön singen zieht das Geld aus dem Beutel.

Frz.: Bien chanter tire argent de la bourse. (Leroux, II, 180.)


41. Sing' man so, sing' man so: schît ön e Strömp on bind' em to. (Tilsit.) – Frischbier2, 3504.

Zur Beruhigung gebraucht.


42. Sing', min Söhnke, sing', wenn öck nau de Stadt fahr', wer öck di ok e Sekerke (ein Süsses) mötbring'.Frischbier2, 3505.


43. Sing', nur nicht zu lang, denn müde macht der beste Sang.

Frz.: Bians chanter anuit sovent. (Leroux, II, 180.)


44. Sing, so lernstu singen.Gruter, I, 65; Petri, II, 526; Schottel, 1122a; Sailer, 185; Körte, 5557; Simrock, 9535; Braun, I, 4105.


[566] 45. Singen kann man im Verein, aber sprechen nur allein.


46. Singen kannst du? sing'! Springen? spring'! Treib', was du kannst, das ist ein fein Ding!Simrock, 9545.


47. Singen, Schlingen und Spielen gefällt gar vielen.

Die Finnen: Gesungen sind die Worte zärtlicher, gespielt die Lieder hübscher. (Bertram, 71.)


48. Singen un fîdeln kann jedwêd, säd' de Fohrmann, aberst floiten, dat is 'ne Kunst, da schullen sîn Pîer stallen. (Hamburg.) – Hoefer, 376; Peik, 125.

49. Singen und Blasen macht einen dürren Hals.Tappert, 6.


50. Singen und Sagen und Kalbeshäut nähren gar viel dummer Leut'.


51. Singen und Tanzen hindern nicht vorwärts zu kommen.

Frz. Schweiz: Bîn tsantâ et bin danhii ne grâvon pas d'avanhii. (Schweiz, II, 242, 43.)


52. Singen und wenig schlingen macht dürren Hals.Simrock, 9538.


53. Singen vertreibt Hunger und Sorgen, aber nur auf kurze Zeit.

It.: Chi canta i suoi mali spaventa. (Bohn I, 78.)

Span.: Quien canta sus males espanta. (Bohn I, 247.)


54. Singen vnd fechten, bulen vnd rechten, trincken auss vollem Geschirr macht manchen Weisen irr.Henisch, 1030, 25; Petri, II, 526.


55. Singen wil im glass springen.Franck, II, 66b; Henisch, 1627, 27; Lehmann, II, 569, 87; Simrock, 9537.


56. So lang mer singt, ist d' Kirch net aus.Michel, 277; Nefflen, 466.

So lange die Sache noch nicht entschieden ist, lässt sich Gewisses nicht darüber sagen; so lange noch darüber unter- oder verhandelt wird, darf man die Hoffnung nicht aufgeben.


57. Süss gesungen hat Schlangen bezwungen.


58. Vêl singe, wenig schlinge makt e hungrige Bûk.Hochdeutsch bei Frischbier2, 3506.

Viel singen und wenig schlingen macht einen hungrigen Bauch.


59. Viel singen, wenig denken. (Lübeck.)

Die Finnen: Das Singen ist leichter, aber das Lesen für die Seele besser. (Bertram, 71.)


60. Vîl Singen und wink Schlingen macht an (einen) dirren Hols. (Schles.) – Gomolcke, 1051; Frommann, III, 408, 327.

»Mit einem Worte, ich sag, dass ich mich mit'm besolbt hatte, denn seine Lusung woar: viel singen, wing schlingen macht an dirren Hals.« (Keller, 161a.)


61. Von Singen und von Sagen kann man nichts zu Tische tragen.Eiselein, 568; Simrock, 9540; Braun, I, 4103.


62. Was man durch Singen gewonnen, ist bald durch die Kehle verronnen.

Frz.: Ce qu'on gagne par le gosier s'en va par le gosier. (Cahier, 816.)


63. Was man sich selber singt, gefällt am besten.

Dän.: Den glæder sig meest, som selv quæder. (Bohn I, 354; Prov. dan., 241.)


64. Wenn man singt: Uns ist ein Kindlein geboren, hat die Gans (Rübe) den Geschmack verloren.Boebel, 68.


65. Wenn mi singt vom hilligen Gêst, so gelt de Wêt dat allermêst. (Insel Fehmarn.) – Blum, 257.

Der Weizen gilt zu Pfingsten am meisten, weil noch kein neuer da ist.


66. Wenn se senge: Komm helleger Gêss, dann ess de Nuth am allermêss. (Bedburg.)


67. Wenn wir singet: Kum hillige Geist, kostet de Gairst1 am allermeist. (Köln.) – Boebel, 63.

1) An andern Orten der Roggen.


68. Wer bass singt und trinkt und wirbt, den lehrt die Erfahrung, selbst der grimmste Kater stirbt doch am sauern Harung.

Inschrift am Weinkeller des neuen berliner Rathhauses.


69. Wer einmal falsch gesungen, muss vor dem andern mal sich hüten.

Span.: Cantar mal y porfiar. (Bohn I, 208.)


[567] 70. Wer einmal singt, muss lebenslang weinen.

Aus der Spitzbubensprache entlehnt, weil vor Angst singen in derselben so viel heisst, als auf die Folter kommen und bekennen.


71. Wer fröhlich singt, sein Leid bezwingt.


72. Wer früh sang, dem wurde der Tag zu lang. Schles. Provinzialbl., 1873, S. 273.


73. Wer im Singen zu hoch anfängt, kommt nicht aus.Simrock, 9543; Körte, 5558; Braun, I, 4104.


74. Wer immer singt und immer tanzt, treibt ein Handwerk, das ihn wenig vorwärts bringt.


75. Wer nicht singen kann, der rede.Luther's Ms., 12.


76. Wer nicht singen kann, mag pfeifen (oder: muss trillern).Eiselein, 568; Simrock, 9542; Braun, I, 4106.


77. Wer nicht tief singen kann, taugt nicht in den Himmel.Parömiakon, 2621.

Gegen Dünkel, Anmassung, Stolz. Der Ton liegt auf: tief.


78. Wer nur singt den alten Ton, bekommt nur alten Lohn.Simrock, 10401.

»Wer sich eigensinnig gegen verbessernde Neuerungen auflehnt; wer nach dem alten Schlendrian fortarbeitet, sich keine Mühe geben will, sich mit den Fortschritten der neuern Zeit bekannt zu machen; wer sich nicht in die Zeit schicken will, der muss sich auch die Folgen dieses Eigensinns und dieser Thorheit gefallen lassen.« (Wagner.)


79. Wer schlecht singt, singt viel.Tappert, 6.


80. Wer singen kann, der singe; wer springen kann, der springe.Petri, II, 765.


81. Wer singen soll, bekommt leicht Halsschmerzen.

Poln.: Boli gardło, spiéwać darmo. (Lompa, 6.)


82. Wer singen vnnd lachen kan, der erschreckt sein vnglück.Lehmann, 211, 46.


83. Wer singen will und nicht kann, dem soll man Dreck ins Maul werfen.


84. Wer singt cras, cras als wie ein Rab', der bleibt ein Narr bis an sein Grab.Hertz, 66.


85. Wer singt cras, cras, der richtet nimmer was.


86. Wer sol singen, dann ders kan.Franck, II, 114b; Petri, II, 767; Egenolff, 107a; Suringar, CLVII, 8; Eiselein, 568.

Lat.: Oportet remum ducere qui didicit. (Egeria, 107a; Seybold, 417.) – Remum ducat qui didicit. (Seybold, 527.)


87. Wer wil singen Ehr, Zucht vnd Lob, der bitte vmb ein züchtig Weib, sonst muss er singen wie offt er auch gerewet hat.Petri, II, 781.


88. Wo man singt, da lass dich fröhlich nieder, segt de Bûrjung, un set in Immenschwarm. (Selmsdorf in Mecklenburg-Strelitz.)

Kalisch (Volkskalender des Kladderadatsch, 1850, S. 19) hat parodirt: »Wo man raucht, da kannst du ruhig harren, böse Menschen haben nie Cigarren.« Man hat auch gesagt: »Wo man lacht, kannst Rast du machen, Bösewichter wagen nicht zu lachen.« Die Stelle, aus der der Spruch entlehnt ist, lautet in der Zeitung für die elegante Welt, 1804, Nr. 23, des unter dem Titel: »Die Gesänge« zuerst erschienenen Gedichts von Seume: »Wo man singet, lass dich ruhig nieder, ohne Furcht, was man im Lande glaubt; wo man singet, wird kein Mensch beraubt; Bösewichte haben keine Lieder«, vgl. Büchmann, 8. Aufl., S. 4.


89. Wo man singt, da lass dich ruhig nieder, säd de Düwel, un satt't sik mit 'n Ors in 'n Immenschwarm.Hoefer, 1067; Raabe, 103; Schlingmann, 392; Mecklenb. Kalender (Rostock 1864); Palleske, Kuddelmuddel (Stralsund 1863), S. 1.


90. Wo man singt ein heitres Lied, nichts Böses geschieht.


91. Wun em säinjt vum helige Gîsst, dâ gält de Kiren det allermîsst. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 23.


92. Wun em säinjt vum helige Gîsst, det Kire verkîfen uch nüsst mi hîsst. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 24.


93. Zween können zusammen singen, aber nicht reden.Heuseler, 325; Petri, II, 829; Einfälle, 286; Sailer, 337.

Einer muss reden, der andere hören. Luther pflegte so zu sagen, wenn ihm jemand in die Rede fiel.


*94. Alles, wat nich singe, nich bede kann, kömmt to ons.Frischbier2, 3501.

Wenn der Bauer oder die Knechte mit einem neuangekommenen Mitknechte nicht zufrieden sind.


*95. Aus dem Singen ins Pfeifen kommen.

Auf etwas, das nicht zur Sache gehört.


*96. De kann singen un fläut't datô. (Pommern.)

Sehr geschickt, er kann sogar das Unmögliche.


[568] *97. Der kann nach Schwije-Awige singen. Tendlau, 637.

Von einem der Freiheit beraubten, wie von jedem, der Veranlassung hat ein Jammerlied anzustimmen. Die Ausdrücke: Schebijah anijah sind aus den Klageliedern am Gedächtnisstage der Zerstörung Jerusalems.


*98. Do hätet om levste sengen: Nun Isaak iss geschlacht't. (Bedburg.)


*99. Du singest jmmer ein gsang wie der Guckuck.Wolf, Zeitschrift, III, 291; Henisch, 1773, 47.


*100. E sangt, dat sich de Gîs (Geissen) froä (frei, los) reissen. (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 325, 261.

Also wol nicht erquicklich.


*101. Er cha singe wie der Wetzstein schwimme. (Luzern.)


*102. Er cha singe wie e Chue pfîfe.Sutermeister, 89.


*103. Er cha singe wie en Heerevogel.Sutermeister, 89.


*104. Er cha singe wie 's Felix a Spuelrad.Sutermeister, 89.


*105. Er hat das Ite missa est gesungen.

Er ist mit seinem Vermögen fertig.


*106. Er hat zu früh anfangen zu singen; er wird sich bald versungen haben.Sailer, 309.


*107. Er hot gehört singen, en künn nit nuch klingen. (Jüd.-deutsch. Warschau.)


*108. Er hot gehört singen ün weiss nit in welchem Walde. (Jüd.-deutsch. Warschau.)

Von jemand, der in einer Sache nur oberflächlich unterrichtet ist.


*109. Er kann singen, wie der Canarienvogel, der Muh schreit. (Stockerau.)


*110. Er kann singen wie ein Cantor.


*111. Er kann weder singen noch pfeifen.Eiselein, 568; Simrock, 9541.


*112. Er mag singen oder springen.Pauli, Postilla, II, 58b.

Wohl oder übel dazu sehen.


*113. Er sang noch zu der Trommel.Burckhardt, 322.

Wird gesagt, wenn Glück oder Unglück noch einen Zuwachs bekommt.


*114. Er singet alles eynen sang wie de guckguck.Wicelius, Vertedigsrede.

Frz.: Il ne chante qu'une chanson, il n'aura qu'un denier. (Leroux, II, 234.)


*115. Er singt angenehm, wie wenn man durchs Kühhorn bläst.

Ein böhmisches Sprichwort sagt: Du singst schön, wenn du nur Gehör hättest. Dobrĕ zpíváš, kdybys jen notu mĕl. (Skola, IV, 74.)


*116. Er singt das breslauer Lied (s.d. 34).


*117. Er singt, dass sich die Frösche im Sumpfe freuen.

»Das Singen, das den Frosch im Sumpf entzückt, das Singen muss ein Quaken sein.« (Lessing.)


*118. Er singt den alten Kukuksgesang.


*119. Er singt die trunken Metten mit den langen Noten, dass alle Hund und Säue laufen, sich des Gesangs zu freuen.


*120. Er singt einige Töne über die Noten.

Holl.: Hij zingt een' toon boven de noot. (Harrebomée, II, 339b.)


*121. Er singt erbärmlich schön.

Nämlich so, dass man Mitleiden mit ihm haben muss.

Frz.: Il chante à faire pitié. (Kritzinger, 538b.)


*122. Er singt nicht seines Vaters Lied(lein).Eiselein, 615.

Wer aus des Vaters Art schlägt.

Lat.: Haud canit paternas cantiones. (Eiselein, 615.)


*123. Er singt so tüchtig, aber nicht so richtig wie der Vogel auf dem Ast.


*124. Er singt und sagt von nichts als Treu, doch ist es lauter Gleissnerei.Parömiakon, 3066.


*125. Er singt vms brot.Franck, II, 51b.

Er redet so, wie man reden muss, wenn man damit etwas verdienen will. Er predigt Schinken in die Küche und spricht für ein Band im Knopfloch.


*126. Er singt von Wohlleben bei einer Wassersuppe.


*127. Er singt wie d' Vögel im Hampfsame.Tobler, 255.

Er befindet sich sehr wohl.


[569] *128. Er singt wie der Vogel, der Borsten trägt.

Engl.: Thou singest like a bird called a swine. (Bohn II, 177.)


*129. Er singt, wie der Wolf heult.


*130. Er singt wie die Katze, wenn man ihr auf den Schwanz tritt.

Frz.: Il a vne belle voix pour jouer à la paalme. (Moscherosch, 429.)


*131. Er singt, wie ein altes Pferd hustet.

Holl.: Hij zingt als een ond paard. (Harrebomée, II, 165a.)

*132. Er singt wie ein Esel (oder: wie eine arkadische Nachtigall).

Sehr schlecht.


*133. Er singt wie eine Grille.

Holl.: Hij zingt als een krekel. (Harrebomée, I, 449a.)


*134. Er singt wie ihm der Schnabel gewachsen ist.

Lat.: Cantat avis quaevis, sicut rostrum sibi crevit. (Symmict., III, 40.)


*135. Er singt wie Johann Dünnhaupt's gedrückter (erquickter) Jakob.

Der gedrückte und erquickte Jakob ist ein Schauspiel, welches der Conrector M.J. Dünnhaupt in Quedlinburg 1703 durch Studirende des dortigen Gymnasii öffentlich darstellen liess. Eine darin auftretende Person singt: »Ich habe den geschlagnen Tag noch nicht gehört den Glockenschlag


*136. Er singt wie nach Noten.


*137. Er singt wol von gutem leben ob eim tillsamen.Franck, I, 49a; Körte, 3731b.


*138. Er singt zwar hässlich, pfeift aber garstig.

Scherzhaft für: Er taugt nach keiner Seite was.

*139. Es hilft kein Singen und Sagen.

Diese Redensart hat ihren Ursprung von den Spottliedern der alten Deutschen, welche sie als das letzte Mittel gebrauchten, jemand zu etwas zu bereden. »Ist nit zu singen noch zu sagen.« (Waldis, III, 93, 244.) »Soll ich ye nymmer singen, so will ich aber sagen.« (Hätzlerin, I, 43.) »Ich singe unt sage in immer ne.« (H. von Meissen, Leiche, 194, 1.)


*140. Es ist gesungen darum. (Schles.)

Soviel wie geschehen, die Sache ist hin, verloren. »Wenn ich nich zu gudem Glücke derzu kummen wär, so wer's umb se gesungen gewest.« (Vgl. Palm, 105.)


*141. Es lässt sich weder singen noch sagen.Eiselein, 568; Braun, I, 4102.


*142. He kann nich singe, nich bede.Frischbier2, 3502.


*143. He kann singen as 'n Nachtigall.Kern, 790.


*144. He singt as 'n Hêmke.Kern, 633.


*145. He singt as 'n Knütitje1.Kern, 692.

1) Auch Karnütje, eine Finkenart.


*146. He singt as 'n Rubintje (Zeisig).Kern, 826.


*147. Hei singt, als wenn de Bûr önt Botterfatt schött. (Insterburg.) – Frischbier2, 3503.


*148. Hei singt wie e Nachtgall, dei dem Bûre dat Schâp opfrett.Frischbier2, 2707.

In Schlesien: Gegend am Zobtenberge: Du singst wie die burkersdorfer Nachtigall, die den Leuten auf den Kühen herumritt (oder, die den Leuten die Kühe erbiss). Nämlich wie ein Stier oder ein Wolf.


*149. Hier kann jeder singen, was er will.Wagenseil, 139.


*150. Kann er nicht (mehr) singen, so kann er doch (noch) gut schlingen.

Von ausgesungenen Sängern, die zwar nicht mehr singen, aber um so besser schlingen können, sagt man in Warschau jüdisch-deutsch: Dus Kol (die Stimme) hot er verloren, nor der Hals is ihm geblieben.


*151. 'S singt und pfeuft nit.Frommann, VI, 324, 359.

Damit ist nichts ausgerichtet.


*152. Se singk we an Wimgetstâtsch (Grasmücke). (Köln.) – Firmenich, I, 476, 256.


*153. Sie singen das trunken Elend mit den langen Noten.Eiselein, 605.


*154. Sie singt ein ganzes Jahr, wie die Katze, nur im März.Parömiakon, 2717.

Von verbuhlten Frauenzimmern.


*155. Sie singt wie eine Heidelerche.Klix, 26.


*156. Sing, Vogel, oder stirb!


*157. Singa wiera Nachtigal. (Oberösterreich.) – Baumgarten, 97.


*158. Singen und pfeifen wie die Vögel im Hanfsamen.


[570] *159. Singen wie die Nachtigall im Busch.Gutzkow, Ritter vom Geiste, I, 144.


*160. Singen wie ein rostiger Brunnenschwengel.Gutzkow, Hohenschwangau, II, 55.


*161. Sjong üüs an Liir. (Amrum.) – Haupt, VIII, 357, 97.

Singen wie ein Löwe.


*162. So sengen sei nit, wenn se no Kevele1 gönn. (Deutz.)

1) Bekannter Wallfahrtsort. – Um zu sagen: Daraus wird nichts, das kann nicht geschehen.


*163. Trefflich schön singt unser Küster. (Ostpreuss.)

Redensart beim Kartenspiel, wenn eine gewagte Karte doch gestochen wird.


*164. Wat de singt on bêt't, öss geloge.Frischbier2, 2484.


*165. Wenn er nicht soll singen, braucht man ihm nur ein Weib zu bringen (geben). (Serb.)


*166. Wenn man singt (pfeifft, Lauten schlägt); das ist solche Arbeit, wenn der Klang auss ist, so sihet vnd weiss niemand, was man hat gearbeitet.Lehmann, 37, 9.


[Zusätze und Ergänzungen]

167. Es gibt kein schöneres Singen, als rechtes Mass in allen Dingen.

Lat.: Rebus modus concentus est suavissimus. (Sailer, Sprüche, 46.)


[1731] 168. Lasset uns singen: Gelobt sei Gott, der alles zum Besten lenkt, sagte der Pastor, als er den Tod des Schulzen der Gemeinde mitgetheilt hatte.

169. Man kann freilich nicht singen, wenn man ein Kreuz trägt, aber wenn die Mutter ihr Kind wiegt, findet sie immer einen Ton in der Kehle.Heyse.


170. Singen, dantzen vnd springen, mit schönen Jungfrawen ringen, das ist der Weltkinder Orden, denn sie sind alle Münche worden.Dietrich, I, 208.


171. Singt, doch singt nicht gar zu schön, sonst bleibt der Mond am Himmel stehn.

Lat.: Carmina vel coelo poterunt deducere lunam. (Virgil.) (Philippi, I, 74.)


172. Wer nicht singt vnd nicht predig hört, nicht bettet, oder lisst von Gotteswort, ist besser, er geh zur kirch hinauss, dan dass ers brauch für ein schandhauss.Loci comm., 193.

Lat.: Templo sacrato si quis sedet, atque moratur: ni legat, aut cantet, aut audiat, egrediatur. (Loci comm., 193.)


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876.
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Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.

456 Seiten, 16.80 Euro

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