Italien

[467] Italien, diese schöne Halbinsel im südl. Europa, wird im N. und NW. von den Alpen, auf allen übrigen Seiten aber vom mittelländ. Meere und dessen großen Buchten begrenzt; der südlichste Theil reicht bis in die Nähe Afrikas. Die größte Länge des Festlandes beträgt von N. nach S. etwa 156, die Breite im N. von W. nach O. 56–60 deutsche Meilen, sonst überall nur 25 Meilen. Die Oberfläche berechnet man ohne die Inseln auf 4610, mit denselben auf 5850 ! M. Von den Alpen, welche Italien von dem übrigen Europa abschneiden, gehören zu I. die penninischen, grajischen, cottischen und Seealpen, und sie haben nach I. einen viel steilern Abfall, als in Deutschland, der Schweiz und Frankreich. Vom Tanaroflusse im N. bis zur äußersten Südspitze wird die Halbinsel von den Apenninen durchzogen, welche gleichsam die Gräte des Landes bilden und sich in demselben mannichfach verzweigen und die Wasserscheide zwischen dem mittelländ. und adriatischen Meere machen. Ihre Gipfel, unter denen der Gran Sasso d'Italia sich zu nahe an 9000 F. erhebt, erreichen nicht die Höhe der höchsten Alpenspitzen, sind aber zum Theil bis oben hinauf mit Waldungen bedeckt, in den mittlern Regionen mit süßen Kastanien und noch tiefer mit Oliven und Weinreben. Die Thäler und Schluchten bilden die herrlichsten Landschaften. Auch an schönen und fruchtbaren Ebenen fehlt es nicht; die Lombardei ist eine der reichsten und ergiebigsten auf Erden; ebenso die campanische Ebene in Neapel, oder die hochberühmte, üppige Umgegend von Capua, doch ist die ganze Westseite I.'s einer Landplage ausgesetzt, der bösen Luft nämlich oder aria cattiva, welche aus den Marschen oder Maremmen aufsteigt. Berüchtigt sind in dieser Hinsicht die pontinischen Sümpfe; in der heißen Jahreszeit ist der Aufenthalt in ihnen lebensgefährlich. Die röm. Campagna, die im Alterthume mit Dörfern und Landhäusern besäet war, liegt jetzt öde, und die Umgegend der vormaligen Hauptstadt der Welt ist durch schlechte Cultur fast zu einer Wüstenei geworden. Unter den Strömen I.'s hat der Po (lat. Padus) den längsten Lauf. Er entspringt in Piemont auf dem Monte Viso (Mons Vesulus) in den cottischen Alpen, wird bei Turin schiffbar, nimmt von N. die Flüsse Tessino (Ticinus), Adda (Addua), Oglio (Ollius) und Mincio, von S. die Flüsse Trebbia (Trebia) und Reno (der bononische Rhenus) auf und fällt nach einem etwa 85 M. langen Laufe mit mehren Mündungen ins adriatische Meer. In dieses fallen weiter nördl. kleinere Alpenströme, wie die Piave und der Tagliamento; ferner die aus Deutschland kommende Etsch (Athesis); südlicher, von den Apenninen her, im Kirchenstaate der Metauro, in Neapel die Pescara und der Ofanto (Aufidus); ins ionische Meer münden der Bradano und auf Sicilien die Giaretta. Ins mittelländ. Meer fallen in Neapel der Garigliano (Liris); im Kirchenstaate die Tiber (Tiber, Tiberis), in Toscana der Arno und der Serchio. Die am Fuße der Alpen in Norditalien liegenden Seen zeichnen sich durch ihr klares Wasser und die herrlichen Ufer aus und werden von vielen Reisenden besucht. Die größten sind der acht M. lange Gardasee (Benacus), der von Iseo (der sebinische See) und Como (der larische See) und der Lago maggiore (der verbanische See). Im Kirchenstaate finden wir die Seen von Perugia (der trasimenische See) und Bracciano, in Neapel den von Celano. Das Klima ist schon seit den ältesten Zeiten seiner Milde wegen hochberühmt und zerfällt naturgemäß in vier Abstufungen. Die erste begreift den Landstrich zwischen den Alpen und Apenninen, wo die Kälte im Winter zuweilen bis zu 10° steigt; Oliven und Citronen wachsen hier nur an geschützten Stellen. In der zweiten, welche südlicher liegt, gedeihen diese Bäume schon überall im Freien und noch besser und kräftiger im dritten; diese beiden begreifen Mittelitalien. Im südl. Theile fällt der Thermometer im Winter nicht bis unter den Gefrierpunkt, und hier gedeihen in den Ebenen sämmtliche Südfrüchte, auch Palmen und Aloe; doch sind in diesen Gegenden die Südwinde, besonders der SOwind oder Sirocco, welcher auf Menschen, Thiere und Pflanzen einen nachtheiligen Einfluß ausübt, sehr lästig. Die ganze Gegend, welche der Po durchströmt, ist ein ununterbrochener Garten; es wachsen Mais, Reis, Korn und Wein in Fülle, auf die Viehzucht wird große Sorgfalt verwendet, und die Ausfuhr von Butter und Käse (Parmesan, der aus der Umgegend von Lodi kommt) ist beträchtlich; in Mittelitalien sind Weinbau und Viehzucht Hauptnahrungszweige; im S. ist der Ölbau, Baumwollen- und Zuckerbau von Bedeutung; auch ist die Seidenzucht überall von großer Erheblichkeit. Die Seide, welche der Norden liefert, ist besser als die aus dem Süden. Außer den Südfrüchten gedeihen alle andern Obstarten, auch der herrliche Granatapfel; ferner werden Hirse, Durrha, Hanf und Flachs gebaut. Die Pferdezucht ist nur im Neapolitanischen von Bedeutung; die Maulesel sind häufig; die Esel werden in I. größer und stärker als im Norden; Schafe werden überall, besonders in Neapel, gezogen; das beste Rindvieh ist in der Lombardei, Büffel findet man im Kirchenstaate; die Schweine werden fast ausschließlich mit Kastanien gemästet. In den Gebirgen leben Luchse, wilde Ziegen, Lemminge, in den Apenninen viele Stachelschweine; die Meere sind reich an Thunfischen, Sardellen u.s.w.; die Vipern, Nattern, Taranteln und Scorpione sind besonders im Süden eine Plage. An edeln Metallen ist I. arm; es wird aber viel Eisen zu Tage gefördert, besonders auf der Insel Elba; die vulkanischen Gegenden liefern viel Schwefel, Alaun und Vitriol; Salz ist häufig und der Marmor von Carrara weltberühmt. Es lassen sich in I. zwei vulkanische Züge nachweisen; der eine läuft am Ostabhange der Apenninen von Ferrara bis in die Abruzzen, der zweite auf der Westseite und durch Sicilien. Am Golf von Neapel ist Alles vulkanisch, auch die campanische Ebene ist es, und wo jetzt die Seen von Averno, Agnano und Lucrino sind, da waren einst Krater. In dieser Gegend, am Golf von Neapel, liegt auch der Vesuv, der seit dem Anbeginn unserer Zeitrechnung mehr als 80 Ausbrüche gehabt hat. Er erhebt sich einsam in der Ebene bis zu 3800 F. über den Meeresspiegel; seine Abhänge sind fruchtbar und gut bebaut. Die Volksmenge wohnt so dicht, daß 7000 Seelen auf die Quadratmeile kommen. Auch von den Inseln sind mehre vulkanisch, z.B. Sicilien, mit dem höchsten Punkte I.'s, dem Ätna, 10,200 F, und die liparischen Inseln. Die übrigen Eilande, welche geographisch [467] zu I. gehören, sind: Elba, Capraja und Pianosa vor der Küste von Toscana; Corsica, das den Franzosen gehört; Sardinien, die Ponza-Inseln; Ischia, Capri und andere im Golf von Neapel; Pantellaria zwischen Afrika und Sicilien; Malta, Comino und Gozzo, die engl. sind, und die Tremiten im adriat. Meere.

In politischer Hinsicht zerfällt I., Corsica und Malta abgerechnet, in folgende zehn Staaten: 1) Das lombardisch-venetian. Königreich, das einen Theil des östr. Kaiserstaats bildet; 2) das Königreich Sardinien; 3) das Fürstenthum Monaco; 4) das Herzogthum Parma; 5) das Herzogthum Modena mit Massa; 6) das Herzogthum Lucca. Diese liegen sämmtlich in Oberitalien. In Mittelitalien: 7) das Großherzogthum Toscana; 8) der Kirchenstaat; 9) die Republik San-Marino. 10) Das Königreich beider Sicilien begreift Süditalien. Den vorletzten Staat ausgenommen ist in allen übrigen die Regierungsform eine unumschränkt monarchische. Die Bevölkerung dieser Staaten wird auf 22 Millionen Seelen geschätzt, die fast sämmtlich die ital. Sprache reden, jene liebliche, weichklingende Tochter des Lateinischen, die in vielen Dialekten gesprochen wird, unter denen der toscanische der reinste ist. Die Savoyarden aber reden französisch. In Neapel leben viele albanesische Ansiedler, in den Handelsstädten, besonders im Süden, Griechen, auf Sardinien viele Catalonier und in mehren Alpenthälern Deutsche. Die herrschende Kirche ist die katholische, und sie hat einen bedeutenden Einfluß auf die Bildung des Volkscharakters ausgeübt und äußert ihn noch. Die Italiener sind meist von mittlerm Wuchse und häufig klein, von dunkler Hautfarbe, haben lebhafte schwarze Augen, dunkles Haar, ein kluges, oft schlaues oder verschmitztes Gesicht, sind mäßig und gewandt, aber im Allgemeinen etwas träge, im Süden sogar faul. Von andern Völkern werden ihnen als herrschende Fehler besonders Geiz und Unreinlichkeit vorgeworfen, auch sklavischer Sinn und Rachsucht, zwei Eigenschaften, die den alten Italienern fremd waren und die eine Folge der Fremdherrschaft und des Drucks sind. Allein noch immer herrscht Liebe zu Kunst und Wissenschaften, wenngleich den letztern die freie Forschung fehlt. Am thätigsten und fleißigsten sind die Italiener in der Lombardei und Toscana, weil hier eine regelmäßige, geordnete Verwaltung vorhanden ist. Diese Länder sind reich und vortrefflich bebaut, und besonders hier finden wir eine Menge von Kanälen, die jedoch mehr der Bewässerung des Landes als der Schiffahrt wegen angelegt worden sind; auch gibt es deren im Kirchenstaate, in Piemont und Modena. Während der letzten 50 Jahre und besonders durch Napoleon, hat I., das wegen des Gebirgswalles an seiner Nordgrenze mit dem übrigen Europa nur schwer und mühsam verkehren konnte, Gelegenheit erhalten, seine Verbindung mit dem Auslande zu beleben, besonders seitdem die berühmten Straßen über den Mont Cenis, das stilsser Joch und den Simplon vollendet worden sind; auch sind die größern Städte durch gute Wege miteinander verbunden. Was Manufacturen betrifft, so sind die Italiener, welche noch im Mittelalter alle übrigen Europäer in diesen Gewerbszweigen übertrafen, in neuern Zeiten im Allgemeinen weit hinter Engländern, Deutschen, Franzosen und Schweizern zurückgeblieben; doch zeichnen sich einzelne Gegenden und zwar wieder die Lombardei, durch ihre Gewerbsamkeit aus. Berühmt sind die Seidenwaaren von Turin, Genua, Florenz und Palermo, der Sammet und die Blonden von Genua, der Krepp von Bologna, die künstlichen Blumen, Strohgeflechte und Liqueure von Florenz, das Papier von Lucca und Turin, das Porzellan und die aus gebrannter Erde verfertigten Waaren von Florenz, die Alabaster-, Marmor- und Korallenarbeiten, die Darmsaiten aus dem Kirchenstaate und viele andere Artikel. Wiewol die Zölle dem Handel hinderlich sind, so ist derselbe dennoch sehr beträchtlich, weil das Land stark bevölkert ist und großen Productenreichthum hat. Allein der alte Glanz. in welchem I. im Mittelalter strahlte, als es Beherrscherin der Meere war und den Verkehr des Abendlandes mit dem Morgenlande vermittelte, ist längst geschwunden und Genua wie Venedig haben kaum einen schwachen Schatten von ihrer alten Macht und Größe bewahrt. Der Activhandel zur See beschränkt sich fast ausschließlich auf die Häfen des mittelländ. Meeres; in allen herrscht die engl. Flagge vor und die Briten führen besonders Colonialwaaren, gesalzene Fische, Baumwollen- und Seidenstoffe, Eisen und fremde Weine ein; zur Ausfuhr liefert Italien Seide, Öl, Getreide, Reis, Südfrüchte, Liqueure, Seife, Wolle, Gold- und Silberbrokate, Gemälde und andere Kunstgegenstände.

Die Berühmtheit der röm. Geschichte, in welche I. mit den Namen seiner Gegenden und Ortschaften auf das innigste verflochten ist, macht es nöthig, daß man auch die alten lat. Namen seiner Berge, Flüsse und Seen kennt, sowie einen allgemeinen Begriff von der Eintheilung des Landes und von den berühmten Städten in denselben sich aneigne. Die lat. Namen der Flüsse u.s.w. sind in dem Vorhergehenden zu den gegenwärtig gebräuchlichen in Klammern hinzugefügt worden, und während die Anführung der Ortschaften des jetzigen I.'s den einzelnen Staaten vorbehalten wird, ist hier der Ort, das alte I. übersichtlich nach seiner politischen Eintheilung darzustellen.

Der Name I. soll griech. Ursprungs sein, in Folge der schönen Viehheerden, welche griech. Seefahrer hier fanden, denn italos bezeichnete ein Rind. Indeß nannten bis zu Alexander dem Großen die Griechen nur den untern Theil der Halbinsel Italia, während sie das ganze Land Tyrrhenia oder Hesperia nannten. Zu den Zeiten des Augustus hieß Oberitalien Gallia cisalpina (das diesseit der Alpen liegende Gallien) oder Gallia togata (das togabekleidete Gallien) zum Unterschiede von Gallia braccata (das hosenbekleidete – das jetzige Frankreich). Der Padus theilte dieses Land in Gallia transpadana, die nördl. Hälfte, und cispadana, die südl. Hälfte. In jenem, welches von Alters her von nomadischen Völkerschaften bewohnt wurde, legten die Römer viele Colonien an. Hier waren die berühmten Städte Augusta Turinorum (jetzt Turin), Segusia, Vercellae, Ticinum, Mediolanum (jetzt Mailand), Comum, wo Plinius d. I. geboren, Cremona, Mantua, Verona, Adria (von dem das adriat. Meer den Namen hat), Patavium (jetzt Padua), Tergeste (jetzt Triest) und Aquileja. In Gallia cispadana war Genua schon im Alterthume eine wichtige Handelsstadt und außer ihr sind Nicäa, Placentia, Parma, Bononia (jetzt Bologna), das unabhängige Mutina (jetzt Modena), Ravenna und Cäsena am Rubicon zu merken. Das mittlere I. hieß das eigentliche (propria) und reichte von den Flüssen Macra und Rubicon im N. bis zu den Flüssen Silarus und Fronto im S. Oberhalb der Tiber [468] lag das einst hochberühmte Hetrurien (s.d.) und in ihm die berühmten Städte Clusium, Falerii, Tarquinii, Fescennia, Caere, Veji und andere. Östlich von Hetrurien am adriatischen Meere lag Umbrien, in welchem zu Ariminum (jetzt Rimini), Sena Gallica (jetzt Senigaglia) und andern die sennonischen Gallier und in Tifernum tiburinum, Spoletium und andern die Umbrer wohnten. Das Gebiet der Picenter, östl. von Umbrien, enthielt die Hauptstadt Ancona. Kleinere, schon früh von den Römern unterjochte Völkerschaften waren die Vestiner, Marruciner, Samniter, in deren Gebiet Bovianum (Bojano), Beneventum, Caudium, die Peligner mit Corfinium und Sulmo, Ovid's Vaterstadt, die Marser, die Sabiner und Aequer mit den alten Städten Cures, Fidena und verschiedenen andern. In der Provinz Latium lag die weltberühmte Roma (s. Rom), ferner Ostia, die erste röm. Colonie, Lavinium, die älteste Stadt Latiums, Alba longa, Roms Mutterstadt, Aricia, Lanuvium, Tusculum, Gabii, Tibur, Ardea, Hauptstadt der Rutuler, Suessa Pometia, Hauptstadt der Volsker, Arpinum, Cicero's und Marius Vaterstadt, Amyclä, Stadt der Ausoner und andere. Im schönsten Theile I.'s lag, an Latium grenzend, Campanien. Es war der Lieblingsaufenthalt der vornehmen Römer und enthielt unter andern die Städte Cumä, Misenum, am gleichnamigen Vorgebirge, Bajä, mit berühmten warmen Bädern, Puteoli, Neapolis (s. Neapel), Herculanum und Pompeji (s.d.), Nola, Capua, die Hauptstadt des Landes. Im Gebiete der Picentiner war Picentia Hauptstadt. Unteritalien führte von den vielen griech. Pflanzstädten, die hier gegründet worden waren, den Namen Großgriechenland, und in ihm lagen folgende Provinzen: Apulien, das in Apulia Daunia mit den Städten Luceria und Arpi, Apulia Peucetia, wo Horaz's Geburtsort Venusia lag, und Calabria zerfiel. In dem letzten lag die wichtigste Seestadt I.'s: Brundusium (Brindisi), von wo man nach Griechenland überfuhr; ferner Tarentum, Hydruntum und andere. In Lucanien lag das alte Velium oder Elea, berühmt durch die eleatische Philosophie, das durch seinen Luxus berüchtigte Sybaris, Metapontum und andere. Im Lande der Bruttier lagen Rhegium auf der Südspitze I.'s, welche einst mit Sicilien zusammengehangen haben soll, Croton, wo Pythagoras lebte, und andere.

Kein anderes Land hat eine so reiche und mannichfaltige Geschichte als I., und der Einfluß, den diese Halbinsel auf das Schicksal des gesammten Menschengeschlechts ausgeübt, ist ein ungeheurer. Schon früh lebten in Mittelitalien Völker, die sich zu einer eigenthümlichen Cultur emporgearbeitet hatten, unter denen die Etrusker (s. Hetrurien) die bedeutendsten waren. In Süditalien (Großgriechenland) ließen sich viele ausgewanderte Griechen nieder, brachten die Gesittung ihrer Heimat mit, gründeten eine Menge von Städten, die sich zu Macht, Reichthum und Bedeutung aufschwangen, trieben blühenden Handel, standen untereinander und mit dem Mutterlande in regem Verkehr und besetzten auch die Küsten Siciliens. Tarent, Syracus, Messina, Agrigent, Crotona und viele andere erhoben sich zu hoher Blüte. Im Norden, bis südl. vom Po, wohnten gallische Völkerschaften, die bis zur Zeit des Kaisers Augustus ihre Unabhängigkeit aufrecht zu erhalten wußten. In Mittelitalien ward um die Mitte des 8. Jahrh. v. Chr. Rom gegründet, das zuerst in Jahrhunderte dauernden Kämpfen seine Nachbarvölker, darauf I., zuletzt den größten Theil der damals bekannten Erde unterjochte und ein Weltreich gründete, wie es noch nicht da gewesen war. (S. Rom.) Nachdem Rom erst Königreich, dann Republik gewesen war, wurde es ein Kaiserreich, das nach einer beinahe 500jährigen Dauer, nachdem es längst schon geschwächt war. 476 n. Chr. eine völlige Beute der Deutschen ward. I. war schon früher mehrmals von barbarischen Völkern heimgesucht worden. Odoaker, ein Heruler und Befehlshaber der Leibwache des Kaisers, ernannte sich 476, nachdem er letztern abgesetzt hatte, zum Könige von I. Er war ein. tüchtiger Mann, regierte aber nicht lange, denn auf Antrieb der byzantinischen Kaiser kamen die Ostgothen nach I. und stürzten unter ihrem großen Könige Theodorich das Reich der Rugier 493. I. verdankt diesem gothischen Barbaren unendlich viel; seit zwei Jahrhunderten hatte im Lande nicht solche Ruhe und Sicherheit geherrscht und der Wohlstand hob sich; allein nach Theodorich's Tode sank die Macht der Könige und die Ostgothen wurden, ungeachtet des heldenmüthigen Widerstandes ihrer beiden letzten Könige Totilas und Tejas, von den byzantinischen Feldherren Belisarius und Narses bezwungen und 553 ging ihr Reich zu Ende. I. war nun eine Zeit lang wieder den Griechen unterworfen, bis 568 die Longobarden, ein Volk, das aus dem nördl. Deutschland stammte und seit längerer Zeit schon in Pannonien angesiedelt war, unter ihrem Könige Alboin über die Alpen gingen, ein Königreich gründeten, das ganz Nord- und den größten Theil von Mittelitalien umfaßte und bis 774 dauerte. Es ist ein großes Unglück für I. gewesen, daß es nicht ganz, sondern nur theilweise unter die Longobarden kam. Am adriat. Meere, an den Lagunen der Brenta hatten sich schon zu Attila's Zeiten Schiffer niedergelassen, die durch Fleiß und Regsamkeit sich zu Wohlstand erhoben und im Fortgange der Zeit immer mächtiger geworden waren. Sie bildeten eine selbständige Republik, Venedig, und wählten noch vor dem Ende des 7. Jahrh. einen Dogen, dem sie die vollziehende Gewalt anvertrauten. Ein Theil von Mittelitalien und die Küsten Unteritaliens blieben in den Händen der Griechen und machten das sogenannte Exarchat aus. Rom erkannte in weltlichen Dingen noch die Oberherrlichkeit der Kaiser zu Konstantinopel an, machte sich aber, als im byzantinischen Reiche die Bilderstürmerei beinahe zwei Jahrhunderte lang dauerte, immer unabhängiger; auch viele andere Städte vertrieben die kaiserl. Beamten und regierten sich selbst. Das waren die ersten Anfänge. zu dem späterhin so einflußreich sich zeigenden republikanischen Wesen. Die Longobarden, deren Hauptstadt Pavia war und nach welchen noch jetzt die schöne Ebene im Norden des Po den Namen Lombardei führt, geriethen in Streitigkeiten mit den Päpsten, welche die Unabhängigkeit Roms aufrecht erhalten wollten und sich deshalb um Hülfe an die Franken wendeten. Papst Stephan III. salbte, um sich dieselben geeigneter zu machen, den fränk. Major Domus Pipin zum Könige und ernannte ihn zum röm. Patricier. Diese Freundschaft zwischen den Päpsten und den Franken war die Ursache der Vernichtung des Longobardenreichs; denn als der Papst, von seinem Nachbar abermals bedrängt, Karl den Großen um Hülfe anrief, zog dieser mit einem Heere nach I., nahm den longobard. König Desiderius gefangen und vereinigte dessen [469] Reich mit dem fränkischen, bis auf das Herzogthum Benevent, das noch längere Zeit seine eignen longobard. Herzöge behielt; auch blieben die unterital. Republiken selbständig. Die Päpste hatten schon von Pipin 756 aus Dankbarkeit das Exarchat und mehre wichtige Städte, z.B. Ancona, Rimini und andere erhalten. So entstand der Kirchenstaat.

Kurz vor Karl's des Großen Tode erhielt I. einen eignen König, des Kaisers Enkel Bernhard nämlich, im I. 810. Da dieser aber nach Unabhängigkeit vom Frankenreiche strebte, so wurde er abgesetzt und bis 843 blieb I. mit dem letztern vereinigt. Es kam nun nebst Lothringen an Ludwig des Deutschen Sohn, Lothar I., darauf an Ludwig II., einen trefflichen Monarchen, der 875 starb. Nun ward I. der Schauplatz von Uneinigkeiten und bürgerlichen Kriegen. Die großen, noch aus den Zeiten der Longobarden vorhandenen Vasallen, namentlich die Herzoge Guido von Spoleto und Berengar von Friaul, machten einander den Thron I.'s streitig und 896 zog der deutsche König Arnulf über die Alpen, um Guido's Sohn, Lambert, der nach seines Vaters Tode König geworden war, zu bekämpfen. Nun wurde die Verwirrung noch ärger, weil auch die Könige von Burgund sich einmischten und Berengar I., der inzwischen König geworden war, vertreiben wollten, während die Ungarn und Sarazenen ihrerseits das Land verwüsteten. Berengar I. wurde 924 ermordet und nun überließ Rudolf II. von Burgund seine Ansprüche auf I. an den Grafen Hugo von der Provence, der auch die Regierung antrat, aber durch seine Bedrückungen den Haß der Vasallen in solchem Maße auf sich lud, daß sein eigner Neffe, Berengar von Ivrea, nach Deutschland entfloh, dort ein Heer sammelte, ihn 945 des Thrones beraubte und Lothar, Hugo's Sohn, auf denselben erhob. Dieser starb schon 950, wie es heißt, von Berengar vergiftet, der dessen Witwe Adelheid mit seinem Sohne Adelbert vermählen wollte. Sie aber flüchtete sich auf die Burg Canossa und rief König Otto I. von Deutschland um Hülfe an. Er kam nach I., eroberte Pavia, wurde 951 König der Franken und Longobarden und heirathete die Adelheid, während Berengar, nachdem er Friaul abgetreten hatte, bis 961 als Otto's Vasall regierte. In diesem Jahre aber wurde er gefangen nach Deutschland abgeführt, Otto setzte sich in Mailand die eiserne Krone der Longobarden aufs Haupt und vereinigte I. mit dem deutschen Reiche.

Mit dieser Zeit beginnt nun die lange Reihe von Zügen, welche die deutschen Kaiser nach I. unternommen haben und welche sowol für dieses als für Deutschland in vielfacher Beziehung höchst nachtheilig geworden sind. Die großen Lehen, welche offen wurden, kamen an deutsche Herren und in Norditalien erwarben die Städte viele Freiheiten, sodaß sie schon jetzt gewissermaßen als Republiken betrachtet werden konnten. Besonders erfreute sich Rom vieler Vorrechte. Hier war am päpstlichen Hofe eine solche Immoralität herrschend geworden, daß eine Zeit lang zwei unzüchtige Frauen, Theodora und Marozia, nach Gutdünken den Stuhl des h. Petrus besetzten und ihre Creaturen auf denselben erhoben. Der Skandal wurde zuletzt so arg, daß Kaiser Otto einschritt, einen Papst absetzte und einen andern einsetzte, den aber die Römer nicht anerkennen wollten, weshalb sie einen Gegenpapst wählten. In Sicilien hatten sich um diese Zeit schon Sarazenen festgesetzt, in Unteritalien bestanden mehre unabhängige Republiken, unter denen Amalfi Gaeta und Neapel die mächtigsten waren; in Benevent herrschte noch immer ein longobard. Herzog. Als die Araber sich auch auf den Küsten Apuliens festsetzten, nahmen die mit ihnen Krieg führenden Byzantiner gleichfalls Strecken von Unteritalien in Besitz und erhoben Bari zur Hauptstadt ihrer Provinz, die sie gegen Otto I. und dessen Mach, folger Otto II. behaupteten. In die Zeiten dieses Letztern fällt ein Aufstand der Römer, 980, welchen Crescentius leitete, ein muthiger Mann, der Rom wieder zu einer höhern Würde emporheben wollte, keine unsittlichen Päpste duldete, aber endlich der Macht Otto III. erlag und 998 enthauptet wurde. Doch die Römer erhoben sich trotz solcher Strenge stets gegen die Kaiser, sobald sich nur irgend eine günstige Gelegenheit darbot, und 1002, nach Otto's Tode, wählten die Italiener Harduin von Ivrea zum Könige; indessen erkannten sie nach dessen Tode, 1015, Heinrich II. von Deutschland an. Unter seinem Nachfolger Konrad II. wurden dann im Jahre 1037 auf einem Reichstage, welcher auf den roncalischen Gefilden bei Piacenza abgehalten wurde, die Lehen für erblich erklärt, und dieser Kaiser strebte überhaupt danach, in alle Verhältnisse mehr Festigkeit und Stetigkeit zu bringen. Aber die einzelnen Barone, sowie die Städte standen, besonders in Oberitalien, einander oft feindlich gegenüber, und in Rom machten endlich sogar drei Gegenpäpste den heil. Stuhl einander streitig. Diesen Wirren wollte Heinrich III., einer der kräftigsten Männer, die je auf Deutschlands Throne gesessen haben, ein Ende machen; er setzte alle drei Päpste ab und erhob einen würdigen Mann zum Statthalter Christi. Als aber nach seinem Tode, 1056, das Reich an seinen unmündigen Sohn, Heinrich IV., kam, sank das kaiserl. Ansehen in I.; das der Päpste, die sich von der Oberherrschaft der weltlichen Macht ganz frei zu machen strebten, dagegen stieg und erreichte endlich unter Hildebrand oder Gregor VII. eine bedeutende Höhe. Während so Kaiser und Papst einander gegenüberstanden, herrschte nie Ruhe in I.; die Fehden hörten nicht auf und die allgemeine Verwirrung ward von den Normannen benutzt, die schon im Anfange des 11. Jahrh. aus Frankreich nach I. gekommen waren und sich in Calabrien und Apulien festgesetzt hatten. Sie leisteten bald dieser, bald jener von den streitenden Parteien Beistand und wurden immer mächtiger. Die Päpste, welche ihnen anfangs feindlich gesinnt waren, sahen bald ein, wie nützlich ihnen die Normannen als Bundesgenossen werden könnten, und daher belehnte Nicolaus II. den Robert Guiscard 1059 mit allen Landen, welche derselbe in Unteritalien erobert hatte. Auch auf Sicilien machten die Normannen Eroberungen, während die Seestädte im Norden immer mächtiger wurden und namentlich die Pisaner die Insel Sardinien bezwangen.

Das kräftige Auftreten des Papstes gegen Heinrich IV. war der Herrschaft der Deutschen in I. verderblich, weil jener Allen, die gegen den Kaiser auftraten, Unterstützung angedeihen ließ und namentlich den Städten, deren natürlicher Bundesgenosse er war. Die Erbschaft der Gräfin Mathilde von Toscana, welche 1115 gestorben war und ihr Land dem päpstlichen Stuhle vermacht hatte, gab Veranlassung zu Streitigkeiten zwischen Papst und Kaiser, die volle zwei Jahrhunderte dauerten. Schon 1130 wurde das [470] bisherige Herzogthum der Normannen zu einem Königreiche erhoben, während die Städte, von denen immer mehre so große Privilegien erwarben, daß sie in der Wirklichkeit schon eigentliche Freistaaten waren, ihre Verfassung und Verwaltung besser und fester ordneten. Unter denselben waren besonders zwei sehr mächtig: Pavia, die alte Hauptstadt der Longobarden, und das frisch aufblühende Mailand, welches an der Spitze der den Kaisern feindlich gesinnten, aber vom Papste unterstützten guelfischen Partei stand, während Pavia zu der kaiserl. oder ghibellinischen hielt. Um diese zu unterstützen und sein kaiserl. Ansehen zu behaupten, mußte Kaiser Friedrich der Rothbart sechsmal über die Alpen ziehen, ließ sich in Pavia und Rom krönen und setzte über jede Stadt einen Vogt oder Podesta. Die Städte aber stifteten gegen Friedrich 1167 den lombard. Städtebund, bauten, dem Kaiser zum Trotz, eine Festung, die sie zu Ehren des Papstes Alexander, des Oberhaupts der Guelfen, Alessandria nannten, und erhoben Mailand zur Anführerin des Bundes. Der Kaiser wurde 1176 bei Legnano so geschlagen, daß er einen Waffenstillstand schließen mußte, auf welchen 1183 der kostnitzer Friede folgte, der in mancher Hinsicht für die Städte sehr vortheilhaft war. Bald nachher wurde die Aufmerksamkeit der hohenstaufischen Kaiser nach Sicilien gelenkt, und nun geriethen die lombard. Städte untereinander in Fehde; in ihren eignen Mauern bekämpften sich Guelfen und Ghibellinen, zum großen Nachtheile für die Freiheit, denn während dieser neuern Zwiste wurden einzelne Adelsgeschlechter immer mächtiger, namentlich die ghibellinische Familie Romano, welcher der berüchtigte Ezzelino angehörte, und das guelfische Haus Este. Die Ghibellinen wurden unter Friedrich II. immer mehr geschwächt, die Guelfen dagegen mächtig unterstützt von dem Bettelorden, welcher um diese Zeit gestiftet wurde und dem Papste wesentliche Dienste leistete. Fast in jeder Stadt riß eine Adelsfamilie die Herrschaft an sich, wie die della Scala in Mailand, nur die Seestädte und Florenz blieben frei.

Als die Macht der Hohenstaufen im Norden durch die Städte geschwächt wurde, ward sie im Süden durch Karl von Anjou gebrochen, der, vom Papste unterstützt, Unteritalien eroberte, den letzten Sprößling der erlauchten Familie, Konradin, schlug, ihn auf das Blutgerüst führen ließ und sich zum Könige der gesammten Halbinsel erheben wollte. Während in den Städten die Volkspartei sich den Übergriffen des Adels kräftig widersetzte, hatten die Hafenplätze im Norden längst eine Bahn des Ruhms und Glücks betreten und sich durch Handel, Schiffahrt und Gewerbe schon seit dem Beginn der Kreuzzüge außerordentlich bereichert. Beinahe der gesammte Verkehr des Abendlandes wie der Levante war in ihren Händen; im Anfange des 13. Jahrh. hatten die Venetianer in Gemeinschaft mit den Franzosen Konstantinopel erobert und mehre Inseln bezwungen; die Pisaner und Genueser, Venedigs Nebenbuhler, waren nicht minder mächtig. Im Anfange des 14. Jahrh. unternahm Kaiser Heinrich VII. einen Zug nach I. und führte die aus den Städten vertriebenen Tyrannen wieder in dieselben zurück, sodaß, mit Ausnahme von Florenz, die meisten bedeutendern Ortschaften in Nord- und Mittelitalien wieder Herren bekamen, Padua z.B. die Carrara, Mailand die Visconti, Mantua die Gonzaga, Ferrara die Este u.s.w. Schon seit 1334 wurden die della Scala der Unabhängigkeit der lombard. Städte und Herren gefährlich, und Roms Glanz unter dem talentvollen Tribun Cola Rienzi, der 1347 den alten Ruhm der erniedrigten Stadt wiederherstellen wollte, aber ein Opfer der Rache des Adels wurde, dauerte nur kurze Zeit. Im J. 1339 hatten schon die Genueser alle an der Spitze der rivalisirenden Parteien stehenden Patrizierfamilien vertrieben und sich in der Person Simon Boccanegra's einen Dogen gewählt. Die Schiffe Venedigs und Genuas bedeckten das mittelländ. Meer, und während I. fort und fort voller Fehden war, blühte doch das Gemeinwesen und es nahete die Zeit, in welcher die Wissenschaften und das Studium des classischen Alterthums, welche so lange geschlummert hatten, wieder erweckt wurden. Mit den Wissenschaften gingen, namentlich seit dem 15. Jahrh., die Künste Hand in Hand, und I. war reich an Malern und Musikern, Baumeistern und Bildhauern; es ward abermals Lehrerin und Vorbild des ganzen übrigen Europa. Den Wohlstand, zu welchem das vielbewegte Land sich emporgeschwungen hatte, vermochten weder die furchtbare Pest, welche als schwarzer Tod um die Mitte des 14. Jahrh. Europa verheerte und auch in I. schreckliche Verwüstungen an, richtete, noch die umherschwärmenden, von Condottieri angeführten Miethtruppen zu untergraben. Das gesunkene Ansehen der deutschen Kaiser ward einigermaßen durch Karl IV. wiederhergestellt, während die Visconti so mächtig wurden, daß sie selbst Genua bezwangen; aber Florenz, die Stütze der ital. Freiheit, leistete ihnen beharrlichen Widerstand. Schon 1395 wußte Joh. Galeazzo Visconti es dahin zu bringen, daß Kaiser Wenzel ihn mit Mailand, als einem Herzogthume, belehnte; er unterwarf auch einige Zeit Siena, Perugia und Bologna seiner Herrschaft. Neapel war inzwischen an das Haus Aragonien gekommen. Mailand erhielt die Sforza zu Herren und Florenz mußte sich endlich für den Verlust seiner Freiheit mit dem Glanze begnügen, den das Haus Medici verbreitete. Die Päpste hatten den Kirchenstaat allmälig zu vergrößern gesucht, und so war in der zweiten Hälfte des 15. Jahrh. in I. eine Art von Gleichgewicht der Macht entstanden, das erst 1494 durch König Karl VIII. von Frankreich gestört wurde. Dieser nämlich unternahm einen Zug nach I., um Neapel zu erobern. auf welches er Ansprüche machte. Das Unternehmen lief unglücklich ab; doch mischten sich seitdem die Franzosen in die ital. Angelegenheiten und Ludwig XII. unterwarf Mailand, während Cäsar Borgia's Bemühungen, sich zum Herrn von ganz I. zu machen, scheiterten. Im Anfange des 16. Jahrh. saß auf dem päpstlichen Stuhle Julius II., ein kriegerischer Mann, der I.'s Unabhängigkeit von den immer mächtiger werdenden Venetianern bedroht glaubte, und daher 1508 mit Kaiser Maximilian, Ferdinand dem Katholischen von Spanien und Ludwig XII. von Frankreich die Ligue von Cambray zur Demüthigung Venedigs schloß; diese aber zerfiel bald nach ihrem Entstehen, denn schon 1509 bildete Julius mit Venedig, den Schweizern und Spanien die h. Ligue, um die Franzosen aus I. zu vertreiben. Seit 1520, um welche Zeit Leo X. auf dem päpstlichen Stuhle saß, begannen dann die Kriege zwischen Franz von Frankreich und Kaiser Karl V. wegen Mailands, das nach der für die Franzosen unglücklichen Schlacht bei Pavia dem Kaiser blieb, der auch 1526 den Papst demüthigte und dessen Truppen 1527 Rom plünderten. Bisher hatte I. in hoher Blüte gestanden und der [471] Gemeingeist war höchst lebendig gewesen; mit dem Untergange der Freistaaten aber verlor sich auch allmälig die bisherige Regsamkeit des Lebens und I., ein ewiger Zankapfel und Spielball fremder Mächte, namentlich Deutschlands, Frankreichs und Spaniens, welche fortan die Geschichte des Landes vorzugsweise bestimmten, sank von seiner hohen Stufe herab. Im 16. Jahrh. entstanden mehre neue Staaten und Dynastien; Montserrat kam an die Gonzaga von Mantua, Parma und Piacenza wurden ein Herzogthum der Farnese, während die Verschwörung Fiesco's, welcher 1547 in Genua die Aristokraten zu stürzen unternahm, mislang. Piemont kam 1559 an Emanuel Philibert von Savoyen, Ferrara fiel an den Kirchenstaat. Übrigens erfreute sich I. in diesem Jahrh. einer lang entbehrten Ruhe und wurde erst 1627 durch den mantuanischen Erbfolgestreit mit in den dreißigjährigen Krieg verwickelt. 1631 erwarb der Kirchenstaat Urbino. Auch das 17. Jahrh. war für I. beiweitem nicht so bewegt, wie die frühern; dagegen wurde I. sogleich im Anfange des 18. Jahrh. Hauptschauplatz des span. Erbfolgekriegs. Östreich eroberte Mailand, Mantua und Montserrat, welche seit 1631 einem franz. Herzoge gehört hatten, gab Mantua an Savoyen, bekam im utrechter Frieden noch Sardinien und Neapel, tauschte aber für Sardinien von Savoyen die Insel Sicilien ein; Parma und Piacenza kamen 1731, als die Farnese ausstarben, an einen span. Infanten, der aber nachher beide an Östreich abtrat und dafür König von Neapel und Sicilien ward. 1737 starben auch die Medici aus und Florenz fiel an Franz Stephan, Herzog von Lothringen, der 1745 deutscher Kaiser ward und Toscana für eine Secundogenitur des östr.-lothring. Hauses erklärte.

Bis zu den Zeiten der franz. Revolution genoß I. abermals Ruhe; aber 1792 drangen die Franzosen ein. Sie befanden sich mit Östreich, Neapel und dem Könige von Sardinien im Kriege, der mit wechselndem Glücke geführt wurde, bis General Bonaparte auf dem Schauplatze erschien, Sardinien zum Frieden zwang, Nizza und Savoyen mit Frankreich vereinigte und den größten Theil der Lombardei eroberte. Als auch Neapel zum Frieden gezwungen war, errichteten die Franzosen 1797 die cisalpinische Republik aus Mailand, Mantua und Theilen von Parma und Modena, wozu bald noch Bologna, Ferrara und die Romagna hinzukamen, welche der Papst abtreten mußte, und da dieser mit den Feinden Frankreichs in freundlichem Verkehr blieb, wurde auch 1798 Rom zur Republik erklärt. In Genua hatte sich die Aristokratie überlebt; auch sie fiel, und Genua wurde zur ligurischen Republik erklärt. Die alte Nebenbuhlerin Genuas, Venedig, hatte ein schlimmeres Loos. Nachdem es erst eine demokratische Verfassung erhalten, ward es 1797 im Frieden von Campo Formio theils an Östreich abgetreten, theils mit der cisalpinischen Republik vereinigt. Da Neapel mit den Gegnern Frankreichs in Verbindung blieb, und namentlich mit Rußland und England ein Bündniß geschlossen hatte, so überzogen die Franzosen es mit Krieg, verjagten den König und stifteten 1799 die parthenopeische Republik. Als aber der General Bonaparte in Ägypten sich befand, wurden die Franzosen in I. geschlagen und verloren viel, bis Bonaparte zurückkam, als Consul mit frischen Truppen über die Alpen ging und durch den Sieg bei Marengo den Angelegenheiten wieder eine andere Wendung gab. Im Frieden von Luneville, 1801 wurde Parma mit Frankreich vereinigt, dessen bisheriger Herzog Toscana und den Titel König von Hetrurien erhielt. Lucca und Genua bekamen neue Verfassungen. 1802 ward die bisherige cisalpinische Republik zur ital. umgewandelt und Bonaparte erklärte sich zu ihrem Präsidenten. Piemont wurde mit Frankreich vereinigt und 1805, am 17. März, erklärte der Kaiser der Franzosen sich auch zum Könige von I., das eine Verfassung erhielt, die der von Frankreich nachgebildet war, während noch mehre Länder I.'s mit Frankreich vereinigt wurden. 1806 ernannte Napoleon seinen Bruder Joseph zum Könige von Neapel, dessen bisheriger Herrscher auf Sicilien, von den Engländern unterstützt, eine Zuflucht suchte; Hetrurien ward mit Frankreich vereinigt und Joseph vertauschte den neapolit. Thron, der an Joachim Murat kam, gegen den span. 1809 erklärte Napoleon, daß der Papst aufgehört habe, ein weltlicher Herrscher zu sein, und der Kirchenstaat wurde Frankreich einverleibt. I., das so lange Jahrhunderte in viele einzelne, nebenbuhlerische Staaten getrennt gewesen war, sah in Napoleon seinen Erlöser, und trug daher gern die großen Lasten, welche ihm aufgebürdet wurden. Noch nie war solche Sicherheit im Lande gewesen, als zur Zeit der franz. Herrschaft, und an die Stelle vieler veralteten Einrichtungen, die sich selbst überlebt hatten, traten bessere, die dem Geiste des Jahrhunderts angemessen waren, namentlich in Bezug auf die Rechtspflege.

Als Napoleon sein Heer in Rußland verloren hatte und 1813 bei Leipzig geschlagen worden war, mußten die Franzosen 1814 I. räumen und die meisten Staaten wurden ihren frühern Regenten zurückgegeben. Parma, Piacenza und Guastalla kamen an Napoleon's Gemahlin, Marie Luise; er selbst bekam Elba und Murat behielt Neapel. Als aber der entthronte Kaiser 1815 wieder in Frankreich erschien, griff auch Murat zu den Waffen, wurde aber von den Östreichern geschlagen und Ferdinand IV. erschien wieder in Neapel. Murat machte den Versuch, dasselbe wieder zu erobern, landete von Corsica aus in Calabrien, wurde aber gefangen und 1815 erschossen. Nun erfolgte in I. eine vollständige Restauration; der König von Sardinien ward in seinem Staate wieder eingesetzt und erhielt außerdem noch Genua; Östreich errichtete das lombardisch-venetian. Königreich; der Herzog von Modena bekam sein Land zurück; Toscana fiel als Großherzogthum an den Erzherzog Ferdinand und der Papst wurde wieder Herr des Kirchenstaats Diese sämmtlichen Staaten sind seitdem mehr oder weniger von Östreich abhängig.

Bei dieser Restauration aber waren die Wünsche und Bedürfnisse des Landes nicht überall berücksichtigt worden; es wurden viele veraltete Einrichtungen, zum großen Misvergnügen der denkenden Menschen und aller Gebildeten, wieder eingeführt, vieles Zweckmäßige wieder abgeschafft, der Geist gedrückt und eingezwängt und der geheimen Policei und den Jesuiten ein weiter Spielraum geöffnet. Diesem unglücklichen Verfahren ist es zuzuschreiben, daß I. seit dem Sturze Napoleon's sich in steter Gährung befunden hat und noch jetzt einem Vulkane gleicht, der jeden Augenblick auszubrechen droht. Da die Restauration in so unvolksthümlicher Weise verfuhr, so bildeten sich bald überall Geheimbünde mit der Tendenz und zu dem Zwecke, die Einheit I.'s vorzubereiten und bei günstigerer Gelegenheit ins Leben treten zu lassen. Eine dieser [472] volksthümlichen Gesellschaften, die berühmte Carbonaria, zählte schon 1810 hunderttausende von Mitgliedern und trat 1820, als in Spanien die Cortesverfassung proclamirt worden war, kräftig auf. In Neapel mußte der König Ferdinand versprechen, eine der span. ähnliche Constitution einzuführen; auch in Piemont mußte sich der König zur Nachgiebigkeit bequemen, bis Östreich einschritt, 1821 im März Neapel und im April Piemont militairisch besetzte und den alten Zustand der Dinge wiederherstellte, ohne darum, wie schon eine mehrjährige Occupation dieser Länder zeigte, den Geist, welcher zu jenen Bewegungen antrieb, vertilgen zu können. Je ärger der Druck in den. ital. Staaten ward, um desto weiter griffen die geheimen Gesellschaften, so groß die Zahl ihrer Mitbürger auch war, um sich und 1830, nach der franz. Juliusrevolution, zeigte sich, daß ganz I. mit einem großen Netze von Verschwörungen überspannt war. In Modena brach am 4. Febr. 1831 der Aufstand aus, dem noch an demselben Tage sich Bologna und in derselben Woche die ganze Romagna anschloß. Die Patrioten steckten die ital. Cocarde auf; der Herzog von Modena sah sich genöthigt, in der Festung Mantua eine Zuflucht zu suchen; überall wurden Bürgergarden und eine provisorische Regierung errichtet und diese führte gleich viele Verbesserungen ein. Ravenna, Rimini, Parma, das die Erzherzogin Marie Luise zu verlassen sich genöthigt sah, Ancona und viele andere Städte schlossen sich der Bewegung an. Die Italiener hofften, da keine der europ. Großmächte eingeschritten war, um den Aufstand in Belgien und Polen zu dämpfen, die Östreicher würden auch in I. keine Intervention unternehmen; allein hier, wo für den Kaiserstaat so Vieles auf dem Spiele stand, rückten dessen Truppen ein und der überlegenen Macht konnten die Patrioten nicht widerstehen; ihre Anführer mußten fliehen, der Herzog von Modena wurde wieder in seinen Staat zurückgeführt, während dem Papste von den europ. Großmächten der Rath ertheilt wurde, die Verwaltung des Kirchenstaats zweckmäßiger zu ordnen. Seitdem ist in I. keine Bewegung von wichtigem Belange ausgebrochen; der Einfall, welchen ital. und poln. Flüchtlinge späterhin von der Schweiz aus in Savoyen machten, ging spurlos vorüber. Nur zur Zeit der Cholera, welche auch in I. viele Menschen dahinraffte, entstanden hier und da Unruhen, und auf Sicilien ereigneten sich im J. 1837 Greuelscenen, die den deutlichsten Beweis lieferten, wie tief I. von der hohen Stufe der Gesittung, welche es im Alterthume und im Mittelalter erreicht hatte, herabgesunken ist. Sicilien, das bisher einen selbständigen Theil des Reichs Neapel bildete, ist vor Kurzem mit den übrigen Provinzen ohne Weiteres vereinigt worden und hat die wenigen Vorrechte, die es bisher noch besaß, verloren.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 467-473.
Lizenz:
Faksimiles:
467 | 468 | 469 | 470 | 471 | 472 | 473
Kategorien:

Buchempfehlung

Wieland, Christoph Martin

Musarion. Ein Gedicht in drei Buechern

Musarion. Ein Gedicht in drei Buechern

Nachdem Musarion sich mit ihrem Freund Phanias gestrittet hat, flüchtet sich dieser in sinnenfeindliche Meditation und hängt zwei radikalen philosophischen Lehrern an. Musarion provoziert eine Diskussion zwischen den Philosophen, die in einer Prügelei mündet und Phanias erkennen lässt, dass die beiden »nicht ganz so weise als ihr System sind.«

52 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.

432 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon