1. Alle Speise schmeckt einem Hungrigen wohl.
Bei Tunnicius (340): Alle spysen smaken dem hungergen. (Omnia ieiunae sunt quam dulcissima fauci.)
2. As de Spyse minnert, so mehret de Hungere. – Körte, 5626.
3. Aufgewärmte Speise, Aerzte, die nicht weise, und die bösen Weiber sind Gesundheitsräuber. – Bücking, 282; Broma, 20.
Lat.: A cibs bis cocto, a medico indocto, a mala muliere libera nos domine.
4. Aufgewärmte Speise wird leicht zuwider. (S. ⇒ Gericht 1.) – Gaal, 1432; Simrock, 9689.
Lat.: Crambe repetita mors est. – Sumere non opto bucellam ex jure recocto. (Gaal, 1432.)
5. Dass man die Speisen nicht trinken kann, sagte Durst, ist ein Fehler im Schöpfungsplan.
6. Dem seine Speise stürzt, kann sie nicht alle aufraffen. – Simrock, 9687.
7. Die beste Speise kommt oft als letztes Gericht.
8. Die Speise ist gut, sie kommt von willigem Muth.
9. Die Speise muss nicht nur gut schmecken, sie muss auch gut aussehen.
10. Die Speiss dem Bauch vnd der Bauch der Speiss, aber der Leib dem Herrn vnd der Herr dem Leib. – Petri, II, 144; Henisch, 208, 64.
11. Die Speiss ist gut, wenn sie wolschmeckt. – Petri, II, 144.
Bei Tunnicius (657): Spyse sint gût als se wol smaken. (Fercula laudantur, quando sunt dulcia fauci.)
12. Ein Speiss, die Rauchselt, ist nicht angenehm. – Lehmann, 21, 8.
13. Eine diebische Speiss macht diebisch geblüt vnd Gemüth. – Petri, II, 125; Henisch, 690, 45; Graf, 306, 175.
14. Eine gute Speise schmeckt auch, wenn sie allein gegessen wird.
Die Perser behaupten das Gegentheil, indem sie sagen: Es ist Schade um die Speise, welche allein gegessen wird. Und in Italien geht man noch weiter; es heisst dort: Wer allein isst, stirbt allein (verlassen).
15. Eine Speise, die gut zugedeckt ist, verliert den Geschmack nicht bald. – Parömiakon, 3138.
16. Eine Speise, die man hat bereiten sehen, schmeckt selten wohl.
Holl.: De spijs, die men heeft zien bereiden, walgt dikwijls. (Harrebomée, II, 289a.)
17. Eine Speise, die zu lange kocht, verdirbt.
Holl.: De spijs, die te veel kookt, verliest haren smaak. (Harrebomée II, 286a.)
18. Eine Speise verdirbt die andere.
19. Eine Speise, wohl gekaut, ist halb verdaut.
Holl.: Spijs, wel geknouwd, is haast verdouwd. (Harrebomée, II, 189b.)
20. Einerlei Speise jeglichen Tag, selbst nicht des Königs Beichtvater mag. – Körte, 5624.
Engl.: Always the same dish, is tiresome.
Frz.: Changement de corbillon fait appétit de pain bénit. (Masson, 296.) – Changement de viande met en appétit. (Kritzinger, 31b.) – Diversité, c'est ma devise.
Lat.: I modo venare leporem, nunc Item tenes. (Faselius, 110; Wiegand, 733.) – Plus valet in manibus passer quam sub dubio grus. (Mone, Anzeiger, VII, 504.)
Schwed.: Ett och ett blijr snart leedt. – Hwar dasz maat giör ringa lust. – Opwärmd maat blijr man snart ledze wed. (Grubb, 648.)
21. Es ist eine übel zubereitete Speise um einen Hasen im Busche.
Frz.: C'est viande mal prête que le lievre en buisson. (Kritzinger, 712a.)
22. Es ist eine wunderliche Speise um ein Amt, das bald fett macht. – Parömiakon, 1999.
23. Es ist viel Speise in den Furchen der Armen. – Spr. Sal. 13, 23; Sailer, 88; Schulze, 62; Simrock, 507.
Der Arbeit des Armen folgt Segen; auch in Bezug auf die Genügsamkeit derselben.
24. Frische Speise und alter Satz sind ein guter Schatz.
»Alte Satzungen und frische Speisen haben grossen Nutzen.« (Wirth, II, 29.)
[682] 25. Gemeine (geringe) Speise die gesundeste. – Henisch, 1582, 53; Petri, II, 333.
26. Geringe Speise ist übel zu weiter Reise.
27. Gestohlene Speise ist immer am süssesten.
Holl.: Gestolen spijs is allewege zoetest. (Harrebomée, II, 289a.)
Lat.: Furtivus semper victus dulcedine praestat. (Tunn., 563.)
28. Grobe Speisen machen einen starken Körper.
It.: Carne tirante fa buon fante.
29. Ist schon viel speise zubereit, ohn ⇒ Brot (s.d. 205) ist doch ein böss malzeit. – Loci comm., 26.
Lat.: Quando deest panis, tunc est cibus omnis inanis. (Loci comm., 16.)
30. Je weniger Speiss, je mehr Hunger. – Petri, II, 396; Simrock, 9885; Körte, 5625; Braun, I, 4162.
31. Lass Speise und Trank dir geben nicht zum Schwelgen, nur zum Leben.
Holl.: Laat u drank en eten geven niet uit lust, maar om te leven. (Harrebomée, I, 152.)
32. Leichte Speisen wählen die Weisen.
Holl.: Ligte spijze is voor den wijze. (Harrebomée, II, 289b.)
33. Man hat die beste speiss zum letzten gericht behalten. – Lehmann, 816, 3.
34. Man kan nicht alle speiss auss einer büchsen würtzen. – Henisch, 577, 22; Petri, II, 456.
35. Mancher ist der Sawrn speiss gewohnt vnd gilt jhm gleich, ob mans süss oder sawer anricht. – Lehmann, 829, 4.
36. Neue Speise macht neuen Appetit.
Holl.: Nieuwe spijze maakt nieuwe appetit. (Harrebomée, II, 289b.)
37. Nicht jede Speise verträgt jeden Wein und nicht jeder Wein schmeckt auf jede Speise (jeden Wein). – Gutzkow, Hohenschwangau, I, 13.
38. Ohne speiss ist böss fische fahen. – Henisch, 464, 48; Petri, II, 504.
Bei Tunicius (137): Sunder spyse ist quât vische vangen. (Absque cibis durum pisces cepisse natantes.)
39. Scharfe Speisen machen grossen Durst.
40. Schlechte Speise und Trank machen einem das Jahr lang. – Blum, 604; Simrock, 9684; Körte, 5628; Eiselein, 572; Braun, I, 4161.
Klage schlecht gehaltener Dienstboten.
41. So du dein Speiss nicht bei dir hast, geh nicht zu armer Bursch zu gast. – Henisch, 1436, 22; Simrock, 3050.
Lat.: Regula bursalis fit omni tempore talis prandia per tecum si vis comedere mecum. (Sutor, 607.)
42. Speise ging vom Fresser und Süssigkeit vom Starken.
Frz.: La viande est sortie de celuy qui la mengeoit et la force est yssue du fort.
Lat.: De comedente exiuit cibus et de forti egressa est dulcedo. (Bovill, I, 197.)
43. Speiss, die hat ein kittel an, ein artzt, der ist ein vngelert man, ein bärtig weib steht auch wol dran, die müssen eygen kirchoff han. – Franck, I, 76a; Lehmann, II, 570, 101; Zinkgref, IV, 363.
Lat.: Ex gallo capo fit, fierent sic saepe capones Galli, non esset Gallica in orbe lues. (Chaos, 542.)
44. Speiss vnd Artzney haben jhre Zeit; wer sie verseumt, selten gedeit. – Petri, II, 539.
45. Spîse sünder Drank, dat wêt ick de Drummel Dank, had de Kerl segt. – Bueren, 1008; Hoefer, 603.
Dän.: At give mad uden drikke er liden tak vaerd. (Prov. dan., 120.)
46. Süsse Speise ist oft nicht ohne Gift.
Dän.: Under den sødeste spise findes tidt verste forgift. (Prov. dan., 526.)
47. Süsse Speise will scharfe Sauce.
Holl.: Zoete kost eischt zure saus. (Harrebomée, II, 442b.)
48. Ungewohnte Speise verdirbt den Magen.
Holl.: Vreemde spijze deert de maag. (Harrebomée, II, 289b.)
49. Ungewohnte Speisen machen den Magen hungrig.
50. Verbotten Speiss ist die beste vnd süssest. – Lehmann, 265, 14.
Holl.: Eene verborgene spijs smaakt ook goed. (Harrebomée, II, 289a.)
Schwed.: Stulen maat smakar bäst. (Grubb, 769.)
[683] 51. Viel Speis und Trank macht matt und krank. – Chaos, 102.
Lat.: Pettatos pustus, carnales deprime fustus. (Chaos, 383.)
52. Was dem einen zur Speise dient, ist dem andern Gift.
Engl.: That that's no man's meat is another man's poison.
53. Was die Speise für den Leib, ist Wissen für den Geist.
Dän.: Det maden er for legemet er lærdom for sindet. (Prov. dan., 265, 14.)
54. Welcher einmal die Speise verschütt, derselb wirdts rein aufflesen nit. – Petri, II, 704; Henisch, 846, 7; Lehmann, II, 841, 265.
Lat.: Effundens escas, raro bene colligit ipsas. (Loci comm., 25.)
55. Wem man die Speise immer mit dem Löffel reicht, der lernt nie allein essen.
56. Wenig vnd gesunde Speise die besten. – Henisch, 1582, 54; Petri, II, 628.
57. Wenn die Speise mindert, so mehrt der Hunger. – Simrock, 9686.
Holl.: Als de spijze mindert, zoo meerdert de honger. (Harrebomée, II, 289a.)
Lat.: Decrescente fames victu ieiuna resurgit. (Tunn., 38.)
58. Wer derbe Speise nicht vertragen kann, muss sich an leichte Kost halten.
Holl.: Die geene grove spijs verdragen kan, moet zich met slappe behelpen. (Harrebomée, II, 289a.)
59. Wer fette Speisen, sich bestellt, muss auf dem Boden sich verstecken; wer sich mit Kraut zufrieden stellt, kann frei sich auf dem Markte strecken. – Ehrmann, 87.
Der Verschwender kommt in Schulden und darf den Leuten nicht unter die Augen gehen.
60. Wer gestohlene Speisen isst, kann sich leicht verrathen, wenn er den Mund nicht wischt.
Von denen, die das Gewerbe eines Schelmen treiben, ohne die dazu erforderliche Schlauheit zu besitzen.
61. Wer lange gute Speisen gegessen, sehnt sich nach schwarzem Brot.
Frz.: Changement de corbillon, appetit de pain bénit. (Cahier, 114.)
62. Wer nur einerlei Speise isst, hat keines Arztes vonnöthen. – Winckler, XII, 64.
63. Wer seine Speise zurichten sieht, ist schon halb satt.
Frz.: Qui voit sa viande habiller, Souvent est sou sans la goûter. (Kritzinger, 712a.)
64. Wer sich mit Speiss vnd Trank recht halt, mag wol in Gesundheit werden alt. – Petri, II, 761.
Lat.: Vix erit intercus tibi, si vis mandere parcus. (Loci comm., 1.)
65. Wie die Speise abnimmt, so nimmt der Hunger zu. (Niederl.)
66. Wie die Speise, so das Maul. – Simrock, 9690; Körte, 5627.
67. Wie die Speise, so die Sauce.
Holl.: Naar dat de spijs is, moet men de saus maken. (Harrebomée, II, 289a.)
68. Wie einer Speiss braucht, also lebt er auch. – Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 93.
In dem Sinne: Wie der Mensch isst, so ist er.
69. Wo nicht ist Speis, da sind auch nicht Mäus; und wer todt ist, empfind't keine Läus. – Fischart, Gesch.
70. Wo vil Speiss und kein Trank, davor ist wenig oder gar kein Dank.
Lat.: Non bene prandebit, potu, quicunque carebit. (Sutor, 150.)
71. Zu einer süssen Speise kommt oft eine sauere Brühe.
*72. A neue Speis lass weida gehn. (Oberösterreich.) – Baumgarten, Progr., 21.
So sagt man, den Nebenmann sanft am Ohre zupfend, wenn eine neue Speise, besonders im Frühjahr die erste Grünspeise, auf den Tisch kommt. Nach bairischem Recht wurden nicht blos Kinder, sondern die erwachsenen Zeugen selbst, z.B. bei Legung eines Grundsteins, gezupft. Bei Grenzberichtigungen bekamen die anwesenden Kinder auch wol an einzelnen Orten als Denkzettel eine Ohrfeige. (Vgl. Graf, 87.) (S. ⇒ Nachbar 126.)
*73. Alle Speisen schmecken ihm.
Er ist kein Kostverächter.
Frz.: C'est un cadet de bon, de haut appétit.
[684] *74. Die Speiss reucht nach dem Fewr. – Petri, II, 144; Henisch, 1087, 39.
Um zu sagen, dass sie heiss ist. Der Ton ruht auf die.
*75. Er kann alle Speisen essen, nur keinen Stockfisch.
Lat.: Simile non agit in simile. (Chaos, 407.)
*76. Es ist eine verdeckte Speise.
Etwas Verhohlenes, eine Sache, die nicht klar ist oder nicht zu allgemeiner Kenntniss kommen soll.
Frz.: Servir un homme à plats couverts. (Kritzinger, 186b.)
Lat.: Asianae mensae. – Siculae mensae. (Seybold, 40 u. 559.)
*77. Heb di a warme Spîse. – Sutermeister, 24.
Als Drohung. Nimm dich in Acht, ich habe eine warme Speise, z.B. Prügelsuppe, Ohrfeigen u. dgl.
*78. Mir ekelt vor der Speise.
Die Sache ist mir sehr widerwärtig.
Frz.: J'ai un degoût de cette viande. (Kritzinger, 712a.)
*79. Sie haben keine andere Speis als Manglkern (Manglmuss und Mangldorten). – Chaos, 746.
80. Bei vielerlei Speisen wächst der Appetit.
It.: Il variar vivande accresce l' appetito. (Giani, 1781.)
81. Eine Speise, die man täglich hat, wird man überdrüssig.
82. Ist nur Speise da, so sage nicht: was ist es. – Merx, 249.
83. Speise geht aus von dem Fresser, sagte Klaus, als ein Geizhals gestorben war. – Harssdörffer, 1547.
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