1. A Nudel känn män in a Sack nit behalten. (Jüd.-deutsch. Warschau.)
Auch russisch Snegirew, 464. Angeborene, auch wol anerzogene Fehler lassen sich auf die Dauer nicht verbergen; sie kommen immer zum Vorschein, wie die Nadel in einem Sack.
2. Die die Nadel weiss zu führen, kann sich nach Belieben zieren.
Holl.: Die de naald wel weet te roeren, kan haar rokje dubbel voeren. (Harrebomée, II, 113a.)
3. Die Nadel bahnt dem Faden den Weg. – Harms, 101.
4. Die Nadel ernährt den Schneider. – Eiselein, 485.
So klein sie ist; darum seine Achtung auch dem Unscheinbaren.
5. Die Nadel hat eine kleine Spitz', macht aber oft 'nen grossen Ritz.
6. Die Nadel1 ist ohne Tadel. – Boebel, 132.
1) Nämlich als Düngungsmittel. (S. ⇒ Laub 10-11 und ⇒ Stroh.)
7. Die Nadel kleidet die Leute und ist selber nackt.
Böhm.: Jehla so stříbrem a zlatem zachází, a přede vždy hola ostává. (Čelakovský, 35.)
8. Die Nadel zieht den Faden und der Faden die Nadel.
Wenn zwei einander in die Hände arbeiten oder auch unter einer Decke stecken.
9. Ein Nadel ist ein gering Ding, wer sich dran sticht, dem thuts weh. – Lehmann, 263, 34.
Böhm.: Malá jehlićka, a píchnutí bolí. (Čelakovský, 266.)
Dän.: Naalen er ringe, stikker den, da giør det ondt. (Prov. dan., 422.)
10. Eine Nadel macht keinen Strumpf.
11. Eine Nadel macht mehr als Ein Kleid.
12. Eine Nadel ohne Spitz' ist nicht viel nütz.
13. Eine Nadel ohne Spitze sticht nicht.
Das stumpfe Epigramm, die matte, witzlose Satire.
14. Es ist schwer, eine Nadel in einem Heuschober zu finden. – Winckler, VIII, 89.
15. Es ist um die Nadel geschehen, wenn sie dem Bauer pflügen hilft. – Sprichwörtergarten, 71.
16. Für die Nadel dankt man nicht, sondern für die Freundlichkeit. (Pommern.)
Jemand, der eine Nadel bedarf, und sie von einem andern bekommen hat, pflegt, wenn er bei der Zurückgabe gewohnheitsmässig gesagt hat: »Ich danke schön«, hinzuzufügen: »nicht für die Nadel, sondern für die Freundlichkeit«. Wenn man sich für eine Nadel bedankt, so zersticht sie die Freundschaft. Man soll auch kein Messer schenken, das zerschneidet sie.
17. Hast du die Nadel, ich habe den Faden (Zwirn).
Holl.: Weet gij eene naald, ik weet eenen draad. (Harrebomée, II, 113a.)
18. Hat die Nadel eine goldene Spitz', so ist sie voller Witz.
Die Russen: Auf eine goldene Nadel, wenn sie auch dünn ist, vermag der Reiche zehn dicke Narren aufzuspiessen. (Altmann VI, 437.)
19. Jede Nadel will ihren (eigenen) Faden haben.
Holl.: Voor elke naald eenen draad. (Harrebomée, II, 113a.)
20. Lege der Nadel vnd Ael nicht zu viel auff. – Petri, II, 434.
Miss deine Ausgaben nach deinem Erwerb ab.
21. Nach einer Nadel ist leicht bücken, man kann damit sein Hemde flicken.
Frz.: Qui voit une épingle et ne la prend, vient un temps qu'il s'en repent. (Bohn I, 54.)
22. Nadeln und Faden (Zwirn) sind das halbe Kleid.
Holl.: De naald en draad is't halve kleed. (Harrebomée, II, 113.)
Span.: Hilo y aguja, media vestidura. (Bohn I, 224.)
23. Nadeln und Flöhe machen beide oft Wehe.
Holl.: Vlooijen en naalden steken beide. (Harrebomée, II, 113a.)
24. Nadle i der Täsche, Wasser i der Fläsche; im Winter e'n Schatthuet ist e grosse Armueth. – Sutermeister, 126.
[856] 25. Von der Nadel kommt man an das Ei, vom Ei an den Ochsen, vom Ochsen an den Galgen.
Vom Kleinen zum Grossen, im Stehlen, wie in jedem andern Verbrechen.
26. Was die Nadel beging, das ist Gerade. – Graf, 184, 11.
D.i. weibliches Erbe. Da die Nadel aber sehr viel begeht, so sind der Dinge, die dazu gehören, auch mancherlei (s. ⇒ Gerade 2). Die Frauen begnügten sich aber sehr häufig gar nicht einmal an der durch die Mitwirkung der Nadel hervorgerufenen Fahrhabe, sie begriffen auch solche Dinge unter Gerade, wobei die Nadel gar nichts zu thun gehabt hatte (s. ⇒ Gerade 5). Ueber die Vererbung der Gerade s. ⇒ Gerade 1 (wo, nebenbei bemerkt, statt kölnisch »kölmisch Recht« zu lesen ist). »Gerade is, wat die Nadel begaen.« (Niesert, 49, 12.)
27. Was jetzt die Nadeln schlecht sind, sagte der Schneider, da er in die Schenke gehen wollte.
28. Wenn die Nadel den Weg verfehlt, so ist der Stich umsonst.
Holl.: Draait uw naalde, eer gij naait, anders is de steek bekaaid. (Harrebomée, II, 113a.)
29. Wenn eine Nadel die andere sticht, so nähen sie nicht.
Holl.: Twee naalden, die op elkander steken, hechten niet. (Harrebomée, II, 112a.)
30. Wer eine Nadel im Scheunthor stecken sieht, strauchelt leicht über einen Besen vor den Füssen. (S. ⇒ Nähnadel 1.) – Graf, S. VI.
31. Wer eine Nadel stiehlt, wird auch bald Rock und Mantel stehlen.
Böhm.: S jehličky na grešličku, s grešličky na truhličku, s truhličky na kravičku, s kravičky na šibeničku. (Čelakovský, 146.)
Engl.: He that will steal an egg, will steal an ox. – He that will steal a pint, will steal a better thing. (Gaal, 1458.)
Poln.: Od guzika do noźyka, od noźyka do konika, a potém no szubienicę. (Čelakovský, 146.)
Ung.: Ki egy tűt lop, ökröt is próbál. (Gaal, 1458.)
32. Wer sich nicht um die Nadel bücken will, muss sich zehnmal bücken um den Schuh.
Engl.: He that will not stop for a pin, shall never be worth a point. (Bohn II, 124.)
33. Wo die Nadel durchgeht, muss der Faden nachkommen (oder: geht auch der Faden durch).
34. Wohin die Nadel geht, muss der Faden folgen.
Die Frau muss dem Manne folgen, und ihre Heimat ist da, wo er seinen Wohnsitz hat.
Böhm.: Kudy jehlička, tudy i nitka. (Čelakovský, 347 u. 410.)
*35. Auf nadlen gehen (sitzen). – Luther's Ms., 14; Eiselein, 484.
Dän.: At gaae paa naale. (Prov. dan., 243.)
*36. Aus einer Nadel einen Wagen voll spalten. (Lit.)
Aufschneiden, übertreiben.
*37. Eine Nadel daran wagen, um einen Nagel zu gewinnen. – Winckler, XX, 24.
*38. Eine Nadel in einem Haufen Heu (Bund Stroh oder im Finstern) suchen.
Von vergeblichem Suchen.
Frz.: C'est chercher une aiguille dans un botte de foin. (Leroux, I, 48; Lendroy, 26.)
Holl.: Eene naald in een voeder hooi zoeken. (Harrebomée, II, 113a.) – Het is kwaad bij duister eene speld to vinden. (Bohn I, 324.)
*39. Er hat bei mir noch etwas auf der Nadel. – Körte, 4417a; Braun, I, 2888.
Er hat etwas gethan, für das er mir noch büssen muss, wie jemand, der einen Schneider wegen gelieferter Arbeit noch nicht bezahlt hat. In Oesterreich: Du hast etwas auf der Nadl. (Zaupser, Idiot., Nachlese.)
Lat.: Poenam crimini debet. (Chaos, 981.)
*40. Er hat die Nadel in Speck gestochen.
Um sie vor Rost zu schützen. Diese Redensart wird in Holland von Beamten angewandt, die in den Ruhestand treten. Auf Maler angewandt, sagt man statt Nadeln Pinsel.
Holl.: Hij heeft de naald in't spek gestoken. – Hij steek het penseel in het spek. (Harrebomée, II, 113a.)
*41. Er hat schon sehr viel auf der Nadel. – Klein, II, 26.
Auf Rechnung stehen, ist nicht gut angeschrieben.
*42. Er hat's auf der Nadel. (Ulm.)
So viel wie: er hat's auf dem Zuge.
*43. Er ist wie eine Nadel, welche die Leute kleidet und selbst nackt ist. – Burckhardt, 563.
Von denen, die sich mit Hintansetzung ihres eigenen Wohls für andere aufopfern.
[857] *44. Er sücht a Nudel in a Wugen (Wagen) Heu. (Jüd.-deutsch. Brody.)
*45. Es ist als wenn man mit Nadeln gestochen würde.
Holl.: Het is, als of er met spelden en naalden ingesprikt wordt. (Harrebomée, II, 113a.)
*46. Es ist mit der heissen Nadel genäht. – Eiselein, 484; Körte, 4417b; Braun, I, 2887.
Flüchtig. Von einer Naht, die schnell trennt. In Ostfriesland: Mit'r heten Natel neihen. (Eichwald, 1400).
Holl.: Dat is heet van de naald. – Dat is med de hoete naald gemaakt. (Harrebomée, II, 119a.)
*47. Etwas mit der Nadel treffen.
*48. Hätten wir eine Nadel gesucht, wir hätten sie gefunden. – Eiselein, 484.
So sorgfältig, scharf haben wir gesucht.
*49. Jeder Nadel einen Faden einfädeln. – Braun, I, 2889; Körte, 4417.
*50. Keine Nadel zwischen Meer und Himmel stecken können.
*51. Macht ok furt, 's îs ja, als wenn ma uf Nadeln schtinde. (Schles.) – Frommann, III, 245, 112; Gomolcke, 836.
*52. Man würde eher eine Nadel finden.
Von etwas schwer zu Erforschendem.
*53. Mit einer Nadel graben.
Engl.: Dig a well with a needle.
*54. Sie suchen Nadeln. – Eiselein, 484.
Lat.: Bulbos quaerunt. – Obstipo capite defigunt lumina terrae. (Eiselein, 484; Henisch, 449, 7.)
*55. Wenn ich en könde mit Nulden aussgroaben, ich thät's. – Robinson, 518; Gomolcke, 1101; Frommann, III, 249, 296.
*56. Wie auf Nadeln sitzen.
Die Russen: Wie auf einer Nadelspitze sitzen. (Altmann VI, 517.)
Frz.: Il a des oeufs de fourmis sous les pieds. (Lendroy, 781.) – Il est sur des épines. (Leroux, I, 44.)
57. Mit der Nadel gräbt man keinen Brunnen. – Merx, 298.
58. Wer heute eine Nadel stiehlt, der stiehlt morgen einen Gänserich. – Schuller, 26.
*59. Die Nadel der Kleopatra.
Die Bohemia vom 21. Januar 1877 schreibt: »Der kolossale Monolith, den der Vicekönig von Aegypten der englischen Regierung geschenkt hat, bekannt unter dem Namen ›Die Nadel der Kleopatra,‹ soll nach langem Aufschub nun doch seine Verwendung finden. Bisher wurde seine Ueberführung nach England als Unmöglichkeit bezeichnet. Vor kurzem berichtete ein londoner Blatt, dass ein Mittel zur Bewerkstelligung des Transports entdeckt worden sei, und nun ist dasselbe wirklich zur Ausführung gekommen. Die Nadel – ein Obelisk aus dem 16. Jahrhundert v. Chr. – wird derart in Breter und andere leichte, schwimmfähige Umhüllung verpackt, dass sie flössbar wird.«
*60. Eine Nadel um ein Brecheisen geben.
Ein vortheilhafter Tausch, wie der ihn macht, der ein Ei für eine Henne gibt.
It.: Dar un ago, per aver un palo. (Giani, 1824.)
Adelung-1793: Radier-Nadel, die · Probier-Nadel, die · Nadel, die
Brockhaus-1911: Kalte-Nadel-Arbeit
Lueger-1904: Reißhaken, -maß, -model, -nadel und -stock · Räumnadel, Räum(nadel)maschine · Nadel
Meyers-1905: Elektrische Nadel
Pierer-1857: Weiße Nadel · Hansteensche Nadel · Nadel · Spielende Nadel
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