Südaustralien

[58] Südaustralien (engl. South Australia, spr. Saush Ahstrehlie), Britische Colonie (Provinz) auf der Südküste von Australien, erstreckt sich östlich von der Mündung des Glenelg (in die Discoverybai) bis westlich zum Cap des Adieux, also vom 132° bis zum 141° östl. L. von Greenwich, begreift das frühere Flindersland, nebst einem Theil des Nuyts- u. des Napoleonslandes u. grenzt im Osten an die Colonie Victoria, im Süden an den Stillen Ocean, im Westen an die Colonie Westaustralien u. wird nach Norden zu bis zum 26° s. Br. reichend angenommen. In dieser Ausdehnung hat es einen Flächeninhalt von 14,129,30 deutschen QM. Die 325 deutsche Meilen lange Küstenlinie, ist sehr unregelmäßig, namentlich unterbrochen durch die Meerbusen u. Vorgebirge: Spencer Golf mit der Hartwicke Bai, Port Lincoln u. Franklinhafen, Golf von St. Vincent mit der Holdfastbai u. Port Adelaide; zwischen ihnen die Yorkes Halbinsel mit dem Cap Spencer. Kleinere Buchten sind im Osten: die Encounter Bai, die Lacépède Bai am Cap Bernouilli, Guichen Bai am Cap Dombey, Rivoli Bai zwischen Cap Martin u. Cap Lannes; im Westen: die Sleaford Bai am Cap Katastrophe, die Coffin Bai am Cap Whidbey, Anxious Bai am Cap Radstock, Streaky Bai, Fowlers Bai u.a. Inseln: vor dem Vincentgolf die Känguruhinsel, welche mit Yorkes Halbinsel die Investigatorstraße, mit Hindmarsch die Backstairpassage bildet; die Gambierinseln u. Thistle- (Distel-) inseln am Eingange des Spencergolfs, die Investigatorinseln u. Nuytsarchipel. Gebirge u. Berge. Die Gegend vom Vincentgolf bis zum Murray ist von einem Hochlande durchzogen, mit den Bergen Mount Losty u. M. Barker (beide etwa 2300 Fuß hoch) im Süden, Razar Back u. Mount Bryant (beide etwa 3000 Fuß hoch) im Norden, Brown Berg am innersten Winkel des Vincentgebirgs. Es besteht fast ganz aus gutem Weidelande; in seinen Thälern enthält es den fruchtbarsten Boden und ist nur zum geringen Theil von Wäldern bedeckt. Im Osten u. Westen ist sein Rand von höheren Bergketten besetzt, u. diese fallen in Ebenen ab. Die östliche Ebene hat von Süden nach Norden eine Ausdehnung von etwa 25 Meilen, enthält die Hauptstadt Adelaide u. ist der bewohnteste Theil der Colonie. Sie hat sehr guten Boden, tauglich für Ackerbau u. Weide; zur Hälfte baumlos, das Holz sieht vereinzelt. Die östliche Ebene von Murray (Murray crup) hat armen Boden, ist fast graslos u. mit einer dichten mannigfaltigen, heideartigen Vegetation bedeckt, zu Niederlassungen durchaus unpassend. Nur im Süden ist sie fruchtbar u. leicht anzubauen. Gewässer: Der einzige bedeutende Fluß Murray, der in einem 1/41/2 Meilen breiten Thale, 900- 1200 Fuß breit u. durchschnittlich 1 Fuß tief, das Land etwa 60 Meilen lang Anfangs nach Westen, dann nach Süden durchfließt, jährlich seine Ufer überschwemmt, Versumpfungen, Nebenarme u. Wenden bildet u. in den Victoriasee (früher Alexandrina), von dem der Albertsee ein Nebenbecken ist u. der durch eine versandete, nicht schiffbare Öff-[58] nung mit der Encounterbai in Verbindung steht, mündet. Der Murray erhält auf der rechten Seite den kleinen Rhein. Andere Flüsse od. vielmehr Bäche: der Torrens, Light, Wakefield, alle in den Golf von Vincent mündend, u.a. Weiter nach Norden liegt der noch fast ganz unbekannte Torrenssee. Das Klima ist gemäßigt u. gesund, dem am Mittelmeere entsprechend. Der Winter (Regenzeit von April bis August) ist im Ganzen mild; in höheren Gegenden fällt zuweilen Schnee; an kalten Morgen zeigt sich wohl auch einmal Eis. Im Sommer (mit dem December beginnend) ist die Hitze zuweilen sehr groß; auch wechselt die Temperatur schnell. Die heißen Winde dauern nur 2–3 Tage u. ihnen folgen stets erfrischende Südwestwinde. Die Länder am Fuße des Gebirges u. die Bergthäler leiden von der Hitze nicht. Producte: bes. Kupfererz, welches 30–40 Procent Kupfer liefert; bedeutende Kupferminen sind: Burra-Burramine, nördlich von Adelaide, von der South-Australien-Minenassociation 1845 eröffnet; die Karkutto, Reedy-Bonak- u. die Kapundaminen. Auch auf Blei wird gebaut; Eisen ist wegen Mangels an Steinkohlen fast ganz werthlos; seit 1850 auch reiche Ausbeute an Gold in dem Boden u. den Alluvionen der Flüsse, bes. in der Grafschaft Adelaide. Die einheimische Pflanzenwelt ist arm u. einförmig. Die Wälder sind meist aus einer Gattung, gewöhnlich die Höhen einnehmend; das meiste Holz ist sehr hart, schwer, kaum zu bearbeiten, zu Bauholz nicht geeignet, mit Ausnahme des von Eucalyptus (Faserrindenbaum); einige Acacien schwitzen Gummi aus u. liefern auch Gerberrinde etc. Klima u. Boden eignen sich zum Anbau fast aller europäischen Getreidearten u. Früchte: Weizen, Gerste, Reis (in der Marschgegend des Murray), Orange, Olive, Mandel, Feige, Dattel, Pfirsich, Apricose, Banane, Apfel, Birne. Pflaume, Kirsche. In der Thierwelt dieselbe Einförmigkeit, fast alle Vierfüßer sind Beutelthiere: Känguru, Kängururatte, Springhase, Opossum, Wambat. Der wilde Hund (Dingo) ist allein der Heerde gefährlich, jetzt jedoch selten. Unter den Vögeln der Emu (australischer Strauß), Kakadus, Papageien, Reiher, schwarze Schwäne, Löffelgänse etc.; Fische, Austern u. Schlangen sind häufig, unter letztern auch viele giftige. Grashüpfer sind in den Ebenen zahlreich u. thun großen Schaden, Fliegen u. Moskitos sind häufig u. lästig, die europäischen Hausthiere gedeihen. Gesammtbevölkerung im Jahre 1861: 127,000 Ew., worunter ungefähr 18–20,000 Deutsche (s. w. unten). Die Eingeborenen (Black Fellows bei den Colonisten, deren man in den bewohnten Districten 1845: 1600, 1849: 3730 zählte), gehören zu den Australnegern od. Papuas (vgl. Australien I. B), sind häßlich, faul, unreinlich, eitel, dagegen gutmüthig u. ehrlich, stehen auf der niedrigsten Stufe der geistigen Entwickelung; die Versuche zu ihrer Civilisirung durch Schulen sind ohne Erfolg geblieben. Die Colonie wird eingetheilt in 11 Grafschaften (Counties): Stanley, Gawler, Light, Eyre, Sturt, Adelaide, Hindmarsh, Russel, Flinders, Robe u. Grey. Hauptstadt: Adelaide. Seit 1850 hat die Colonie S. mit den anderen englischen Colonien in Australien eine Verfassung: eine Repräsentativregierung mit einer Kammer, welche zum Theil von der Regierung, zum Theil von den Einwohnern ernannt wird. Der Bevollmächtigte der britischen Regierung ist der Generalcapitän u. Gouverneur en chef. Was die Cultur des Landes anlangt, so mag etwa H für den Ackerbau geeignet sein, 1/3 enthält werthvolle mineralische Producte u. fette Weide, 1/3 ist öd u. wüst. Der Weizen ist die Hauptfrucht; es gedeiht auch Gerste, Mais, weniger Hafer, Roggen gar nicht; die Kartoffel läßt Sommer- u. Winterernten zu, die gleich reichlich sind. Zum ersten Mal wurde 1849 Wein gewonnen, der Tabak- u. Olivenbau ist erst im Entstehen; Holz ist genug vorhanden. Der Viehstand (bes. Rindvieh, Schafe u. Pferde) nimmt rasch zu. Doch wird in dieser Hinsicht S. von den anderen australischen Colonien übertroffen. Das Land ist sehr reich an Mineralien s. oben. Die Industrie beschränkt sich zur Zeit noch vorzugsweise auf einfache Zweige: Bier, Leder, Leim, Schnupf- u. Rauchtabak, Hüte, Wagen, Ackerbaugeräthe etc.; großartig sind die Schmelzwerke der Burra-Burra. Das meiste Kupfererz wird nach Großbritannien ausgeführt. Für den sehr lebhaften Verkehr innerhalb des Landes, welcher bes. in dem Transporte des Erzes an die Küste besteht, geschieht sehr viel. Von Adelaide aus durchziehen schöne Straßen das Land, namentlich nach Norden u. nach Port Adelaide; ferner Eisenbahnen von Adelaide nach Port Adelaide u. von Goolwa am Murray. Mit Sidney ist Adelaide durch eine regelmäßige Dampfschifffahrt, sowie durch eine Überlandspost verbunden. In Port Adelaide liefen ein 1845: 114, 1849: 277 Schiffe. Der Handel, der seinen Sitz in Adelaide hat, ist jetzt schon sehr bedeutend u. noch fortwährend an Umfang zunehmend. Die Ausfuhr umfaßt hauptsächlich Weizen u. Mehl, Baumrinde, Gummi, Walfischthran, Kupfererz u. Wolle. Die Einfuhr ist größer als die Ausfuhr. Die Finanzen zeigen seit 1845 eine beinahe mit jedem Jahre steigende Mehreinnahme; die Einnahme betrug 1845: 36,182, 1847: 67,028, 1849: 108,301, 1850: 145,250, 1861: 669,700 Pfd. Sterl.; die Ausgabe betrug 1845: 32,099, 1847: 59,980, 1849: 82,638, 1850: 115,971, 1861: 620,700 Pfd. Sterl.

Im Jahr 1838 kamen Deutsche altlutherischer Confession aus Klemzig in der Neumark unter ihrem Pastor Klavel u. gründeten Klemzig u. Hahndorf unweit Adelaide; ihnen folgten Altlutheraner aus Schlesien, Posen u. Sachsen. Seit der Zeit ist die deutsche Einwanderung im Zunehmen u. betrug im Jahre 1849 allein mehr als 1600 Personen, so daß jetzt gegen 20,000 Deutsche dort leben, darunter auch Reformirte u. selbst Mitglieder der Freien Gemeinden. Die deutschen Niederlassungen, die meist unvermischt sind, liegen in größerer Entfernung von Adelaide, im Südosten od. Nordosten. Der Weg am rechten Ufer des Murray südlich vom Rhein heißt Neu-Schlesien. Der Mittelpunkt der deutschen Bevölkerung ist Tanunda; andere Orte sind: Klemzig, Hahndorf, Lobethal, Blumberg, Hoffnungsthal, Langmeil, Bethanien, Neu-Klausthal, Grünthal, Hope, Valley, Rolandsflat, Lights Paß, Buchsfelde; über 5000 Deutsche wohnen in Adelaide im sogenannten Deutschen Viertel. Die Deutschen trieben zuerst den Ackerbau ausgedehnt u. widmen sich zum größten Theile diesem Zweige od. dem Bergbau; die in der Stadt lebenden sind Handwerker. Von der Regierung werden die Deutschen nachgesetzt: nur Engländer können freie Emigranten sein; kein Beamter ist ein Deutscher;[59] die Gesetze erscheinen nur in Englischer Sprache. Vereine, wie der Deutsche Einwandererverein, der Deutsche Schulverein, die Deutsche Compagnie (seit 1850 zum Ankauf von Ländereien, die an Deutsche verpachtet werden sollen), finden nicht die allgemeine Anerkennung. Die erste Anregung zur Colonisirung S-s ging von Londoner Capitalisten aus; am 15. August 1834 erklärte das britische Parlament S. für eine britische Colonie, bestimmte die Grenze u. setzte u.a. fest, daß nie Verbrecher dahin deportirt werden sollten. Ende Juli 1836 kamen die ersten Colonisten, etwa 700, an; im December Capitän Hindmarsh, der erste Gouverneur. Die Vermessung der Hauptstadt Adelaide dauerte bis in den März 1837; die ersten ländlichen Sectionen wurden erst im März 1838 vermessen. Bis dahin mußten die Colonisten in der Stadt leben u. waren außer Stande die notwendigsten Lebensbedürfnisse selbst zu gewinnen. Die Preise der Lebensmittel u. Arbeitslöhne erreichten eine beispiellose Höhe; die meisten Colonisten gaben sich den übertriebensten Speculationen hin. 1838 wurde Oberst Gawler Gouverneur; dieser unternahm eine Menge öffentlicher Bauten, wodurch Lebensmittel u. Arbeitslöhne noch höher stiegen u. die Ausgaben in unnatürlichem Verhältnis zur Einnahme standen. Die Colonie war dem Verderben nahe, der öffentliche u. mit ihm der Privatcredit war untergraben, der Werth des Eigenthums fiel um die Hälfte, es erfolgten zahlreiche Bankerotte, für 16,000 Colonisten waren nur 2300 Acres Landes in Cultur. Unter Gawler kamen auch deutsche Colonisten nach S. (s. oben). 1841 wurde Gawler abberufen u. ihm folgte Capitän Gray. Dieser schränkte die Ausgaben u. die Bauten ein, setzte die Arbeitslöhne beim Straßenbau herab u. zwang so die Colonisten sich mit dem Ackerbau zu beschäftigen. Innerhalb zwei Jahren führte S. Getreide aus, u. jetzt erst zeigten sich die Vorzüge des Klimas u. des Bodens; dazu kam die Entdeckung des Metallreichthums, so daß S. seitdem in stetem Fortschreiten begriffen ist. 1841 u. 1842 bewilligte das Parlament den größten Theil ihrer Schuld (214,936 Pfd. Sterl.) u. verzichtete auf Zurückstattung. 1845 wurden alle Häfen Freihäfen u. die Eröffnung der Burra-Burramine trug viel zum allgemeinen Wohlstande bei. 1845 wurde Holt Robe, 1848 Sir Edward Henry Fox Young Gouverneur. Da unterdessen die Bevölkerung auf 50,000 Seelen gestiegen war, wurde 1850 im englischen Parlamente eine Bill zu einer Verfassung für S. nebst den anderen englischen Colonien in Australien angenommen u. die Verfassung (s. oben) votirt u. dann eingeführt. Während der Verfassungsberathungen im Mutterland, wurde in den Colonien, namentlich unter Leitung des Predigers Lang in Melbourne, eine Agitation für Abtrennung der fünf Colonien vom Mutterlande u. zur Vereinigung derselben zu einer Republik Australien gemacht. Doch wurde die Aufregung durch Verhaftung Längs unterdrückt. Epoche machte das Jahr 1850 bes. dadurch, daß in demselben die Ausbeute der dortigen Goldlager in großem Maßstabe ihren Anfang nahm, indem sich in Adelaide Gesellschaften bildeten, welche das Waschrecht in den dortigen Gegenden ankauften. Der dermalige Generalcapitän u. Gouverneur ist seit 1861 Sir Dominick Daly.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 58-60.
Lizenz:
Faksimiles:
58 | 59 | 60
Kategorien:

Buchempfehlung

Brachvogel, Albert Emil

Narziß. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen

Narziß. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen

Albert Brachvogel zeichnet in seinem Trauerspiel den Weg des schönen Sohnes des Flussgottes nach, der von beiden Geschlechtern umworben und begehrt wird, doch in seiner Selbstliebe allein seinem Spiegelbild verfällt.

68 Seiten, 8.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Spätromantik

Große Erzählungen der Spätromantik

Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.

430 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon