Geheimbünde

[458] Geheimbünde (geheime Gesellschaften), Vereinigungen und Bündnisse von Personen, die ihre Zwecke, Gebräuche und meist auch die Mitgliederlisten mehr oder minder geheim halten, sind ein Gemeingut fast der ganzen Menschheit; sie finden sich bei allen Naturvölkern der Gegenwart und haben im Leben der Kulturvölker zu allen Zeiten eine Rolle gespielt. Nach H. Schurtz sind diese Vereinigungen das letzte Glied einer sozialen Entwickelungsreihe, deren vorhergehende Stufen in den Altersklassen, den Männerhäusern (s.d.) und den Klubs (s.d.) deutlich zu verfolgen sind. Der Grundzug der Zusammensetzung ist dabei die stets auftretende Beschränkung auf das eigne Geschlecht, und zwar mit der Maßgabe, daß den zahlreichen, fast überall auftretenden, straff organisierten Vereinigungen der Männer minder zahlreiche und schlaffer organisierte Verbände der Frauen (s. Frauenbünde) gegenüberstehen. Zur Bildung von Geheimbünden, der äußersten Stufe in der Gruppe derartiger eingeschlechtlicher Gesellschaftsformen. kommt es übrigens nicht in jedem Falle, sondern anscheinend nur dann, wenn die sonstige staatliche oder gesellschaftliche Organisation nicht zur Aufrechterhaltung der Ordnung ausreicht. Sie dienen dann in erster Linie zur Ausübung einer heimlichen Rechtspflege ganz analog der deutschen Feme, wie der Egboeorden oder Efik in Westafrika; andre Zwecke sind die Aufrechterhaltung der Oberherrschaft des männlichen Prinzips über das durch Frauen und Kinder vertretene Familienwesen und die Niederhaltung der untersten Volksschichten, der Kriegsgefangenen und Sklaven durch die Freien. Die Mittel zur Erreichung aller dieser Zwecke sind die Einhüllung der Bünde mit ihrem ganzen Tun und Treiben in tiefes Geheimnis, dessen Durchbrechung[458] in jedem Falle mit harten Strafen geahndet wird, die öffentliche, eine Einschüchterung aller Nichtmitglieder bezweckende Ausführung von Maskentänzen und-Umzügen, Ausübung bestimmter Kulte (Ahnen- und Totenkult), Bestrafung von Verbrechern etc.

In spätern Zeiten und auf höherer Kulturstufe flüchtete sich bald die Religion, bald die ihr feindliche Philosophie (Aufklärung), bald die Politik einer aufdämmernden neuen Epoche vor der Verfolgung in den Schoß geheimer Gesellschaften; bald waren diese eine abgeschlossene Zunft vornehmerer und höher strebender Geister; bald gaben sie dem Volksrecht eine Zuflucht, wie bei der Feme, oder bewahrten Zunftgeheimnisse und vermeintliche Geheimwissenschaften (Bauhütten); bald auch gedachten sie die Reste der vergangenen alten in die neue Zeit zu retten. So dienten die einen dem Fortschritt, die andern dem Rückschritt; die einen wollten die Aufklärung und Veredelung der Menschheit fördern, die andern verfolgten unlautere Zwecke; manche pflegten hinter dem Schleier des Geheimnisses nur die Eitelkeit, zu den Auserwählten zu gehören und die Freude an stolz dahinrauschenden, aber inhaltleeren Phrasen, Symbolen und Zeremonien. Die politischen G. gediehen am besten in despotisch regierten Ländern, haben aber oft mehr Unheil als Nutzen gestiftet. Von den ältesten geheimen Gesellschaften zivilisierter Völker, den ägyptischen und indischen Priesterorden, den jüdischen Essäern, den Druiden der Kelten, wissen wir wenig Sicheres, nicht viel mehr von den Pythagoreern, den Orphikern und den verschiedenen Mysterien Griechenlands, unter denen die in Eleusis gefeierten den Eingeweihten tröstliche Blicke in das Leben nach dem Tod eröffnet zu haben scheinen. Das Nämliche gilt von den geheimen Orden und Sekten des christlichen und mohammedanischen Mittelalters. Die Tempelherren wurden von der Kirche ketzerischer Lehren und wüster Ausschweifungen beschuldigt. Die Katharer (s.d.) und Waldenser waren Vorläufer der Reformation. Einige Derwischorden huldigten neuplatonischen oder pantheistischen Vorstellungen. Bei den Drusen leben Seelenwanderungs- und Messias-Ideen noch heute weiter. Die Assassinen (s.d.) scheinen durch narkotische Träume ihre Jenseits-Vorstellungen gefördert zu haben. Auch in der Neuzeit schlossen sich zahlreiche sogen. Muckergemeinden, z. B. in Ostpreußen, Rußland und namentlich in Nordamerika, mehr oder weniger streng von der Öffentlichkeit ab. Die politischen und sozialen G. der Chinesen und ihrer hinterindischen Kolonien scheinen auf ein höheres Alter zurückzublicken.

In großer Anzahl entstanden G. im 18. Jahrh., nachdem schon im 17. die neuen Rosenkreuzer als Goldmacher, Geisterbanner und Besitzer des Steines der Weisen von sich reden gemacht hatten. Durch das ganze sogen. Jahrhundert der Aufklärung geht ein scheinbar diesem Geiste widersprechender Zug zur Geheimbündelei, der sich dadurch erklärt, daß einer freiern Weltanschauung im damaligen Staatswesen Luft und Boden zur Entfaltung mangelten. Knebelung der persönlichen Freiheit und der öffentlichen Meinung sind zu allen Zeiten das Treibhaus gewesen, in dem die Geheimbündelei wucherte. Als im 19. Jahrh. sich ein Staatsleben mit Selbstregierung, Vereins- und Preßfreiheit entwickelte, hörten die G. auf, Anziehungskraft zu üben, und sanken zuletzt, soweit sie sich noch hielten, zu bloßen geschlossenen Gesellschaften herab. Die bessern derselben fühlten sich in ihrer Entstehungszeit als eine Notwendigkeit, als Ferment des gesamten politischen, sozialen und religiösen Lebens, das durch ihre Arbeit geläutert und verbessert werden sollte. Freilich benutzten auch Phantasten und Betrüger die Neigung der Zeit zu Mysterien, um durch Gründung oder Umbildung solcher Genossenschaften ihre Zwecke zu fördern. Namentlich im letzten Viertel des 18. Jahrh. drangen häufig unreine Elemente in sie ein, namentlich Jünger des 1773 aufgehobenen Jesuitenordens. Diese schlechten Elemente überwucherten rasch die guten, so daß gerade die scheinbare Blütezeit der G. in Deutschland, nämlich die 1880er Jahre, in Wirklichkeit ihren tiefsten Verfall sahen. Den Anstoß zu diesen Bildungen gab die aus den alten Bauhütten entstandene Freimaurerei, ein Bund, der, anfangs Bauzwecken dienend, sich später zum Träger des Deismus umgestaltete und mit dieser Tendenz sich rasch über ganz Europa ausbreitete, dann aber in verschiedene Systeme zerfiel, die mit wenigen Ausnahmen dem ursprünglichen Wesen dieses Bundes fremde Zwecke und Lehren verfolgten. Die empfindsame Schwärmerei, die als Reaktion gegen die in Deutschland eingedrungene Frivolität der französischen Enzyklopädisten, gegen die öde Nüchternheit der Berliner Aufklärer und gegen die oberflächliche Schönrednerei Wielands und seiner Schule in Norddeutschland entstanden war und allmählich auch in Süddeutschland die Gemüter ergriff, trug dazu bei, die Logen weiter zu verwirren. Die Rosenkreuzer gewannen Einfluß; Abenteurer und Wundertäter, wie Schrepfer und Cagliostro- (mit seiner ägyptischen Maurerei), wußten sich einzudrängen, und Geisterbeschwörungen traten an die Stelle humanistischer Bestrebungen. Der Baron v. Hund stellte das System der Logen von der strikten Observanz auf, unter Einführung eines militärischen Gehorsamkeitsverhältnisses, mit dem es auf die höhern Stände abgesehen war. Die sogen. Kölner Urkunde, angeblich 1535 verfaßt, führte zum Entstehen der Templer, die der Maurerei ein romantisch-ritterliches Element zuführten und sie als sogen. schottische Logen mit unabsehbaren Graden in einen vielgegliederten Orden verwandeln sollten, der nebelhaften Zwecken zu dienen bestimmt war. Erst spät trat eine Reaktion gegen diese Entwickelung ein, die einen Teil des in Logen angesammelten Humbugs wegfegte und ihnen die ursprüngliche einfachere Gestalt wiedergab. In neuerer Zeit haben sich in Frankreich wieder Sekten gebildet, die größtenteils in einer Verquickung buddhistischer und spiritistischer Lehren das Heil der Menschheit erhoffen, wie die theosophisch-buddhistische Gesellschaft der Baronin Blavatzky, die »esoterische Gesellschaft«, die »Symbolisten« und Neuen Rosenkreuzer, die aber sämtlich die strenge Abgeschlossenheit der ältern G. aufgegeben haben. Gegen Ende des 19. Jahrh. gelang es den Jesuiten, einen Geheimbund auf breitester Basis zu gründen, die Bruderschaft der nächtlichen Anbetung, auch die Ritterschaft der Nachtwache. Sie besteht in allen katholischen Ländern, hat sich aber besonders in Spanien sehr stark entwickelt. Die Zentralstelle besteht in Rom.

Den Übergang von den wenigstens nach ihrem Aushängeschilde humanitären Geheimbünden zu den politischen zeigt uns der Orden der Illuminaten, der, dem Jesuitismus feindlich, einen großen Anklang fand und freilich oft in unklarer Weise auf Verwirklichung neuer, z. T. durch die französische Revolution ins Leben gerufener Ideen hinarbeitete. Erst unter Napoleon begann die Bildung eigentlicher politischer G. mit den namentlich in der französischen [459] Armee vertretenen demokratischen Philadelphen. In Deutschland folgte der nur z. T. geheime Tugendbund, und in Italien erstanden die Carbonari, die sich auch über Frankreich verbreiteten. Neben letztern tauchte 1815–48 in Italien noch eine große Anzahl G. auf, die meisten, um bald wieder zu verschwinden. So in Kalabrien und den Abruzzen die Weißen Pilger und die Decisi, in Neapel die Hemdenlosen und die Gespenster in der Gruft, in der Romagna das Apostolat Dantes, im nördlichen Italien die Guelfen, die Delphischen Priester und die Amerikanischen Jäger, zu denen Joseph Bonaparte und Lord Byron gehört haben sollen, und die auf eine Rückkehr Napoleons hofften, der mit Hilfe Amerikas dem Liberalismus zum Sieg verhelfen sollte. Ähnliche Tendenzen verfolgten in Italien die Söhne des Mars, der Verein der Schwarzen Nadel und die Sonnenritter, in Frankreich die neuen Illuminaten. Schließlich sollte auch die Sache des Papstes und der Reaktion durch G. gefördert werden, von denen hier nur die Calderari (1816 vom Fürsten Canosa gegründet), die Sanfedisten des Kardinals Consalvi und die Consistoriali genannt seien, die Vergrößerung des Kirchenstaats und ein strenges theokratisches Regiment mit Erhaltung der feudalen Rechte anstrebten. Die in neuerer Zeit aufgetauchten G. der Camorra (s.d.) und der Mafia (s.d.) in Sizilien sind nichts als organisierte Räuberbanden.

Die demokratischen G. Frankreichs verschmolzen in der Restaurationszeit mit der französischen Charbonnerie (s. Carbonari), deren Haupt Lafayette war. Nach der Julirevolution bildeten die republikanisch Gesinnten die Gesellschaft der Menschenrechte, deren höchster Grad auf eine neue Revolution lossteuerte, und die sich auch über Spanien ausbreitete. Ebenfalls im Gegensatz zu den französischen Carbonari entstand unter Mazzinis Leitung das Junge Italien, dem sich das Junge Deutschland, Junge Polen, Junge Spanien und eine Junge Schweiz anschlossen, Vereine, die indes nur wenig Erfolg und Verbreitung fanden. In Spanien verfolgten die Freimaurer und die Comuneros, die Hohen Templer und die Isabellinos mehr oder minder radikale Ziele; dem Karlismus huldigten die Sonnenritter, einem gemäßigten Liberalismus die Iovellanisten. Die in Portugal entstandenen G. mit politischer Tendenz, wie die Miguelisten, die Chartisten und die Septembristen drückten ihr Ziel meist in ihrem Namen aus. Griechenland besaß in der 1814 in Wien gegründeten und in Rumänien verzweigten Hetärie einen Geheimbund, der für die Befreiung von der Türkenherrschaft wirkte. Sehr groß war die Zahl der G. unter den Polen, um die revolutionären Kräfte zum Aufstand gegen Rußland zu organisieren und die Republik zu errichten. Kurz nach 1815 entstanden die Wahren Polen; 1818 erhob sich die besonders auf die Gewinnung von Offizieren und Beamten bedachte Nationale Freimaurerei; 1821 bildete sich der Bund der Sensenträger, der bald nachher den Namen der Patriotischen Gesellschaft annahm und sich dann mit dem masovischen Orden der Neuen Tempelritter verband; dieser fügte zu den drei untersten Graden der Freimaurerei noch einen vierten, in dem die Einzureihenden schwören mußten, alles, was in ihrer Macht stehe, zu tun, um das Land von den Fremden zu befreien. Diese G. haben den Ausbruch der Revolution von 1830 gefördert. Die nach ihrem Mißglücken auswandernden Polen setzten teilweise die alten G. fort oder schlossen sich an die französischen Carbonari, bis 1834 das Junge Polen entstand, das sich durch Emissäre von der Schweiz nach Russisch-Polen, der Provinz Posen und Galizien verbreitete und unter dem Adel und dessen Anhang zahlreiche Mitglieder warb. Ein hervorragender Chef dieses Geheimbundes war Simon Konarski, der auch in Litauen eine Anzahl Klubs stiftete, aber 1838 von der russischen Polizei entdeckt und 1839 zu Wilna hingerichtet wurde. Die fortdauernden Verschwörungen führten wiederholt zu Aufständen, z. B. zu dem erfolglosen und unheilvollen von 1862. Noch 1872 wurde in Krakau und Lemberg fleißig konspiriert. In Rußland drangen nach Beendigung der Napoleonischen Feldzüge die politischen Ideen Westeuropas namentlich in die Kreise der Offiziere ein, und es entstanden G., die den Umsturz des bisherigen Regierungssystems anstrebten, aber nur in den höhern Ständen Anhänger fanden. 1822 verbot die Regierung alle G. mit Einschluß der Freimaurerei. Dieses Verbot hielt Alexander Murawjew nicht ab, den der Maurerei nachgebildeten Sicherheitsverein zu gründen. Bald nachher entstand der Orden der Russischen Ritter, der eine liberale Verfassung anstrebte und dann mit der Murawjewschen Gesellschaft zur Union für das öffentliche Wohl zusammenwuchs. Als Streitigkeiten die Auflösung herbeiführten, trat an seine Stelle die Union der Bojaren, deren Programm zuerst auf Beschränkung der kaiserlichen Gewalt und Auflösung der Reichseinheit in eine Anzahl föderierter Kleinstaaten, zuletzt aber auf Ermordung des Zaren und Ausrufung der Republik hinauslief. Nachdem auch dieser Geheimbund durch Uneinigkeit zerfallen war, stiftete Pestel 1824 die Gesellschaft Der Norden, die sich zum Zweck der Errichtung einer russischen und einer polnischen Republik mit der Patriotischen Gesellschaft zu Warschau verband. Daneben bestand, von dem Artillerieleutnant Borisow gegründet, der Bund der Vereinigten Slawen, mit dem Ziel einer Konföderation aller slawischen Völker. Der durch diese G. beim Tode des Kaisers Alexander (1825) in Petersburg hervorgerufene Militäraufstand wurde rasch unterdrückt und mit Hinrichtung der Haupträdelsführer und Verbannung der übrigen bestraft. Trotzdem kam es noch wiederholt zu Verschwörungen ähnlicher Art, und 1838 wurde in Moskau eine Fortsetzung der 1825 aufgehobenen G. entdeckt. In neuerer Zeit ist durch Bakunins Lehren in gewissen Schichten Rußlands ein Radikalismus in Aufnahme gekommen, der bei der absoluten Negation aller Humanität angelangt ist. Aus ihm ging die Geheimsekte der Nihilisten hervor, deren Programm sich kurz als Revolution um der Revolution willen und Verwirklichung des universellen Kommunismus bezeichnen läßt. Vorwiegend religiöse Geheimsekten sind die Skopzen (s.d.), die Duchoborzen und die seit den 1870er Jahren in Südrußland ausgetretenen Stundisten (s.d.), von denen wenigstens die letztern nur religiöse Reformationsziele verfolgen.

Die G. der Liberalen, Radikalen und Unitarier in Deutschland haben früher keine große Bedeutung gehabt. Die innern Kränzchen der Burschenschaft, der in und bei Frankfurt bestehende, meist aus Handwerkern zusammengesetzte Männerbund, das Junge Deutschland, zuletzt eine kommunistische Verschwörung, die den Anfang der spätern Internationale bildete, machten eine Zeitlang der Polizei zu schaffen und träumten sich allerlei; Erfolge aber erzielten sie nicht. Erst die mit Dolch und Dynamit[460] arbeitenden Nihilisten haben auch hier die Wachsamkeit aufgerüttelt. In Frankreich entstanden seit Mitte der 1830er Jahre zahlreiche G. mit sozialistischer und kommunistischer Tendenz, die Gesellschaft der Jahreszeiten z. B., die Égalitaires und der Verein der Familien, in neuerer Zeit die Anarchisten, die aber ihre Absichten und Versammlungen kaum nach geheimhalten. In England gab es in neuerer Zeit keine politischen G., mit Ausnahme der durch die Reibungen mit Irland hervorgerufenen Orangistenlogen. Das von England lange geknebelte und ausgesogene, von Rom fanatisierte Irland dagegen ist seit länger als hundert Jahren ein Brutnest geheimer politischer Sekten und Verschwörungen gewesen. Ältere Verbindungen zum Zweck der Rache an den Bedrückern waren: die White Boys oder Levellers, die Right Boys, die 1772 entstandenen Hearts of Steel, die Defenders, die Corders in Westmeath, die Shanavests und Caravats in Tipperary, Cork und Limerick, die aus katholischen Bauern bestanden, die sich vorzüglich gegen die Härte der englischen Grundherren, die Zehnten, die man den englischen Pfarrern zu zahlen hatte, und andre Unbilligkeiten auflehnten. Auch unter den Protestanten Irlands entstanden G., wie die Oak Boys und die Threshers, die gegen die Fronen und Steuern ankämpften, 1781 entstand der Bund der United Irishmen, dem auch viele Gebildete angehörten, und rief 1798 eine große Empörung hervor, die von England in Strömen von Blut erstickt wurde, da die von Frankreich gehoffte Hilfe ausblieb. Die Vorliebe für politische G. erlosch damit nicht, die Ribbon Men und die St. Patrick Boys setzten ihr oft unheilvolles Treiben fort. Das letzte Erzeugnis der Sucht der Iren, ihrer Abneigung gegen die Verbindung mit England durch Gewalttaten Ausdruck zu geben, bilden die Fenier, deren Bund in Amerika von O'Mahoney und Michael Doheny gegründet wurde, aber sich dort wie in Irland durch den Eigennutz seiner Führer sowie durch heimtückische Handstreiche der sogen. Mondscheinbanden verächtlich machte. Auch die Amerikaner haben es zu einer Menge von politischen und unpolitischen Geheimbünden gebracht. Von den erstern seien nur die Cincinnati, eine Militärverbindung mit aristokratischer Tendenz, die im Revolutionskrieg des 18. Jahrh. auftrat, die demokratischen Sons of Liberty, die Tammany Hall in New York, der Orden des Einsamen Sterns, der Cuba durch Freischaren erobern wollte, und die Kuklux-Clans genannt, die in den Jahren nach 1864 in den Südstaaten die frei gewordenen Neger und deren Freunde verfolgten. Nicht politische G. der Vereinigten Staaten sind außer den Freimaurern die in England um 1780 entstandenen und hier ebenfalls Hunderttausende von Mitgliedern zählenden Odd Fellows, die jetzt auch in Deutschland Logen gegründet haben, die Foresters und die Gardeners, endlich die Druiden, ehrsame Versicherungsanstalten oder Institute zu gegenseitiger Hilfe in Krankheitsfällen, die bei ihren Versammlungen einige dem freimaurerischen Ritual nachgebildete Zeremonien beobachten. Die Geschichte verschiedener G., vornehmlich Frankreichs, behandelten A. Blanc (Par. 1846–47, 5 Bde.), Zaccona (das. 1847, 5 Bde., u. 1868), Graf Le Couteulx de Canteleu (das. 1863) u. a. Vgl. Henne am Rhyn, Buch der Mysterien (3. Aufl., Leipz. 1890); Busch, Religiöse und politische G. (das. 1879); Sierke, Schwärmer und Schwindler zu Ende des 18. Jahrh. (das. 1874); Schuster, Die geheimen Gesellschaften, Verbindungen und Orden (das. 1903ff.); Heckethorn, The secret societies of all ages and countries (2. Aufl., Lond, 1897, 2 Bde., deutsch von Katscher, Leipz. 1900). Über die neuern religiösen Geheimsekten handeln die Bücher von W. H. Dixon (s.d.): »Seelenbräute«, »Neu-Ameria«, »Frei-Rußland«. Über die G. der Naturvölker vgl. Bastian, Die Rechtsverhältnisse bei verschiedenen Völkern (Berl. 1872) und Der Papua (das. 1885); Post, Afrikanische Jurisprudenz (Oldenb. 1887); Schurtz, Altersklassen und Männerbünde (Berl. 1902).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 458-461.
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