Capland [2]

[661] Capland (Gesch.). Daß schon in ältester Zeit das Südcap von Afrika von historischen Völkern gekannt u. umfahren worden sei, sind theils blose Vermuthungen, theils Sagen. So glaubte Kant nach 1. Buch der Könige, Cap. 22, daß schon zu des jüdischen Königs Josaphat Zeiten die Seereisen vom Arabischen Meerbusen aus um das C. nach Spanien etwas Gewöhnliches gewesen wären, u. Herodot erzählt, daß Carthager von dem ägyptischen Könige Necho gesendet, um 610 v. Chr. denselben Weg um das Cap zurückgelegt hätten, bezweifelt aber selbst die Thatsache, u. es ist auch kaum denkbar, daß eine solche Thatsache so ganz vergessen worden wäre, daß sie den Späteren, welche die Möglichkeit einer Umschiffung Afrikas untersuchten, wie Strabo, Mela, Plinius, unbekannt war. Übrigens galt schon ein weiteres Vordringen auf der Westküste für eine Umschiffung Afrika's, wie die Fahrt des Carthagers Hanno um 500 v. Chr., welcher doch höchstens bis an die Küste von Guinea kam. Daß später der Kyzikener Eudoxos von Gades aus eine Seereise um das Cap in den Arabischen Meerbusen gemacht habe, ist eine Erdichtung. Bis gegen Ende des 15. Jahrh. war von Norden aus Niemand an u. um das Cap gekommen. König Johann II. von Portugal, welcher den Sitz des sagenhaften Priesters Johann nach erhaltenen Nachrichten in Ostafrika glaubte, wollte denselben zu Wasser u. zu Lande aufsuchen lassen u. sendete deshalb 1486 ein kleines Geschwader unter Bartholomäus Diaz aus. Dieser umsegelte auch wirklich 1487 das Cap, aber weiter vorzudringen hinderte ihn eine, unter seinem [661] Schiffsvolk ausgebrochene Meuterei, welches auf dem unbekannten Meere Hungers zu sterben fürchtete. Wegen der schrecklichen Stürme, welche Diaz an dem Cap bei der Umsegelung ausgestanden hatte, nannte er dasselbe Cabo tormentoso (Stürmisches Vorgebirg), aber der König Johann, welcher nach Diaz' Mittheilungen nicht zweifelte, daß der Weg nach Indien gefunden sei, gab ihm den Namen Vorgebirg der guten Hoffnung. Doch erst Johanns Nachfolger, König Emanuel, ließ den aufgefundenen Weg weiter verfolgen. Eine Flotte von 4 Schiffen unter Vasco de Gama ging am 9. Juli 1497 unter Segel, u. obgleich wegen der Passatwinde die Zeit ungünstig gewählt war u. die Expedition mit heftigen Stürmen, der Führer auch mit einer Meuterei der Leute zu kämpfen hatte, überwand Vasco doch durch seine Ruhe die Gefahr u. erreichte am 20. Nov. 1497 das Cap wiederum, worauf er die östliche Fahrt fortsetzte. Doch war den Portugiesen nur um den Weg nach Indien zu thun; um das Land, welches das Cap endigte, bekümmerten sie sich nicht.

Erst die Holländer od. vielmehr die Holländisch-Ostindische Compagnie besetzte das C. 1600 durch den Schiffscapitän Van Kisbeck mit einer Colonie, die aber nur so viel produciren sollte, als die anlandenden Schiffe bedürfen würden. 1652 wurde die neue Capstadt durch Festungswerke u. eine Besatzung gesichert. Die Colonisten (Boers) lebten Anfangs in fortwährendem Krieg mit den Hottentotten, die sich jedoch unterwarfen od. in öde Gegenden zurückzogen. Die Boers drangen bald bis an die Grenzen der Kaffern vor; die Handwerker von C. waren großentheils Deutsche. Die Colonie gedieh, so daß, als Ludwig XIV. Holland zu vernichten drohte, die reichsten Holländer hierher u. nach Batavia auswandern wollten, um ein unabhängiges Holland auch jenseit des Meeres fortzusetzen. Später ließen sie manche Mißbräuche einreißen. 1782 im NAmerikanischen Kriege mißlang ein Angriff der Briten zur See auf das C. (s. Nordamerikanischer Freiheitskrieg). Im Französischen Revolutionskriege eroberten die Briten unter Admiral Elphistone u. General Clarke am 16. Sept. 1795 das C. (s. Französischer Revolutionskrieg), u. eine den Holländern zu Hülfe kommende Flotte, unter Admiral Lucas, mußte sich ergeben. Zwar erhielt Holland das C. durch den Frieden von Amiens 1803 zurück, aber schon 1806 ward es von den Briten abermals eingenommen, die es nun als Eigenthum behandelten u. staatlich zu organisiren suchten. Im Pariser Frieden 1814 wurde das C. förmlich an Großbritannien abgetreten. Auf die Entwickelung des C-s unter britischer Herrschaft wirkte die Beschränkung der alten Vorrechte der Boers in den größeren Besitzungen, bes. die Aufhebung des Sklavenhandels, der Verkehr mit Ostindien u. die Vereinigung mit England günstig ein; 1820 siedelten sich 4000 Briten dort an. 1827 nöthigten große Unordnungen in der Verwaltung den Gouverneur Lord Somerset seine Stelle niederzulegen, worauf Lord Cole Gouverneur wurde; 1829 erhielten die Hottentotten, von denen Sir Andr. Stockenstrom eine Colonie am Katriver gründete, u. freien Farbigen auf dem Cap gleiche Rechte mit den Weißen. Die von den Boers meist veranlaßten verwüstenden Einfälle der Kaffern an den NGrenzen schadeten dem C. sehr. Zwar trieb 1835 Oberstlieutenant Somerset dieselben zurück, doch hatten sie fast alle nach ihrem Gebiet handelnden Krämer ermordet. 20,000 Kaffern unter dem Häuptling Makomo versuchten später einen neuen Einfall, wurden jedoch durch Oberstlieutenant Somerset u. Oberst Smith in Schranken gehalten. Einer der wichtigsten Häuptlinge der Kaffern, Hinza, blieb bei diesen Kämpfen, als er eben im Begriff war, den von ihm geschlossenen Frieden zu erfüllen u. einen Theil des zum Ersatz weggenommenen Viehes wieder zu erstatten. Überhaupt nahm der Krieg mit den Kaffern ganz den Charakter eines Ausrottungskrieges an. Es wurde um 1835 ein großer Strich Landes an der NWGrenze des C-s, jenseit des Oranjeflusses, erobert, ihm der Name Adelaide gegeben u. durch eine Reihe Forts u. Blockhäuser gegen Angriffe gedeckt. Nach u. nach unterwarfen sich die Kaffern, denen (72,000 Mann stark) Wohnsitze innerhalb des britischen Gebietes angewiesen wurden. 1837 sollte der Befehl des Colonialministers wegen der Emancipation der Hottentotten (s. oben; 1839 auch der Neger) in Ausführung gebracht werden; die holländischen Colonisten fühlten sich aber dadurch (bes. da sie nur des Schadens, den sie durch Freilassung der Sklaven erlitten, vergütet bekamen) verletzt. 10,000 wollten auswandern u. sich jenseit der NGrenze ansiedeln, u. 5000 Mann unter Pieter Retief zogen auch, nachdem sie ihren Grundbesitz verkauft hatten, fort u. siedelten sich in den Gebieten des Zulufürsten Dingaan u. bei Port Natal, einem Hafen südlich vom portugiesischen Gebiet, an, doch wurde Retief 1838 mit 3000 Mann erschlagen, da er die Emigranten in Lager von 3–400 Mann vertheilt u. daher Einzelanfällen der Kaffern ausgesetzt hatte. Ungeachtet fortwährender Kämpfe mit den Zulu u. obschon sie unter die Hälfte zusammengeschmolzen waren, kehrten die Ausgewanderten doch nicht zurück, ihre Zahl mehrte sich vielmehr durch nachrückende neue Auswanderer auf 4000 Individuen, u. am 11. Nov. 1839 erklärten sie sich unabhängig von England, indem sie die Republik Port Natal (s.d.) gründeten. Es gelang den Gouverneur Napier nicht, die Abtrünnigen zur Rückkehr unter englische Botmäßigkeit zu bringen, zumal die Kaffern ihn unausgesetzt beschäftigten. Erneute Raubzüge derselben in C. veranlaßten ihn im Jahre 1840 die Verträge mit ihnen wieder zu befestigen u. durch Zusätze den bedrohten Colonisten größere Sicherheit zu gewähren.

Doch währte der neue Frieden nur kurze Zeit. An Napiers Stelle trat 1844 Sir Peregrine Maitland als Gouverneur ein. Am 2. Febr. d.i. wurde der Hafen der Capstadt zum Freihafen erklärt. Schon im 2. Jahre der Amtsführung Maitlands brach wieder ein furchtbarer Kaffernkrieg aus, zunächst veranlaßt durch mehrere von den Kaffern begangene blutige Gewaltthätigkeiten, namentlich durch die Ermordung des deutschen Missionärs Schul; Im März 1846 zog deshalb Oberst Somerset mit 1500 Mann Militär u. 150 Mann Bürgerwehr gegen das Kaffernland aus. Ein blutiges dreitägiges Gefecht eröffnete den Feldzug. Unterdessen waren andere Kaffernhaufen in die Colonie eingefallen; überall gab es blutige Einzelnkämpfe; eine stärkere Abtheilung belagerte sogar Ende Mai das Fort Peddie, zog sich aber endlich zurück. Erst im August geleng es den Engländern, mehrere Stämme zu unterjochen. Dieser[662] Erfolg bewog einige Häuptlinge, Friedensanträge zu machen. Indeß schon Anfang December brach der Krieg mit neuer Heftigkeit aus u. blieb für die englischen Waffen ohne entscheidendes Resultat. In Albany stiegen Viehraub u. Mord wieder zu entsetzlicher Höhe. 1847 ward an Maitlands Stelle Sir Henry Pottinger Gouverneur u. Generallieutenant Berkeley Oberbefehlshaber der Grenzarmee, Beide griffen zu energischen Maßregeln, um die Grenzdistricte zu beruhigen. Der Handelsverkehr zwischen Colonisten u. Kaffern wurde für Hochverrath erklärt (für Letztere, zumal hinsichtlich der Kriegsbedürfnisse u. des Tabaks, ein höchst empfindlicher Schlag), ein Angriff des Feindes zur See vorbereitet u. die unzufriedene Landwehr aufgelöst. Unterdessen sandten die Häuptlinge Friedensbotschaften, wahrend die Räubereien u. Grausamkeiten gegen einzelne Kolonisten u. Soldaten, die in ihre Hände sielen, fortdauerten. In Folge einer solchen kam es endlich mit dem mächtigen Gaikahäuptling Sandilli zum offenen Bruche. Die britische Armee rückte am 17. Septbr. 1847 unter Berkeley gegen das Amatolagebirge, den Sitz der Gaika, vor, fand die Kraale derselben verlassen u. niedergebrannt, machte reiche Beute u. zwang Sandilli am 19. Octbr. sich zu ergeben. Hierauf gelang es auch dein Oberst Somerset, den Häuptling Pato zur Unterwerfung zu zwingen. Unterdessen war der Gouverneur Pottinger abberufen u. an seine Stelle Generalmajor Sir Harry Smith Anfang December 1847 eingesetzt. Des Kafferncharakters aus seiner früheren Wirksamkeit kundig, wußte er sofort den Häuptlingen dermaßen zu imponiren, daß sie sich gänzlich unterwarfen. Durch Proclamation vom 17. Decbr. 1847 bestimmte er zunächst die neuen Grenzen der Colonie (s. ob.) u. nahm hierauf durch weitere Proclamation das Kaffernland zwischen Keiskamma u. Kei als Britisches Kaffraria im Namen seiner Königin in Besitz, nachdem die vor ihn geladenen Häuptlinge sich in einer feierlichen Versammlung als dänische Lehnsleute erklärt hatten. Am 24. Decbr. erfolgte die förmliche Friedensproclamation, u. in einer neuen, an wohlberechneten Feierlichkeiten reichen Versammlung am 7. Jan. 1848 zu King Williamstown mußten die Häuptlinge außer ihrer Unterthanentreue u. a, auch beschwören Verabscheuung der Nothzucht, des Mordes, des Raubes, des Weiberkaufens, Aufmerksamkeit gegen die Lehren der Missionäre u. Sendung der Kinder in die Missionärschulen. Seit dieser Zeit gaben sich die Häuptlinge zufrieden, zumal sie ihre Würde, freilich in der Eigenschaft britischer Beamten, aufrecht erhalten sahen; auch Sandilli wurde britischer Friedensrichter über sein Volk. Kaffraria wurde hiernach in 7 Grafschaften getheilt u. reichlich mit Forts versehen, durch Heerstraßen zugänglicher gemacht, ein Commandant, Civilbeamte u. Residenten ernannt. Nach Regulirung der Verhältnisse in Kaffraria reiste der Gouverneur nach der zwischen dem Oranje-, Vaalflusse u. Deakenberge gelegenen Boersansiedelung u. brachte mit denselben einen Vertrag zu Stande. Anfang 1848 proclamirte er hiernach die britische Souveränetät auch über alles Land zwischen dem Oranjeflusse, dem Vaalflusse u. dem Deakenberge. Britische Gesetze wurden eingeführt u. Abgaben angeordnet. Die Boers in dem Lande jenseit des Oranjeflusses machten unter Anführung des Prätorius u. unterstützt von mehreren Kaffernhäuptlingen einen Aufstand gegen die Briten, doch schlug Smitt, die Aufständischen bei Bloem Plaats am 29. Aug. u. legte bei Bloem Fountain ein starkes Fort an. Die Boers waren nun ruhig, bis in der am 31. Oct. eröffneten Assembly die Frage aufgeworfen wurde, ob nicht die Colonisten geneigt wären, Sträflinge aus England als Diener u. bei gutem Benehmen als Mitbürger aufzunehmen. Obgleich der Gouverneur den Plan befürwortete, so protestirten die Colonisten doch energisch dagegen, u. da die englische Regierung gleichwohl bei ihrem Vorsatz blieb, so traten bedenkliche Symptome in der Colonie hervor, die Beamten traten ab u. keine neuen ein, es wurden dem Gouverneur Mißtrauensadressen votirt u. Steuerverweigerung beschlossen. Als das Schiff Neptune den 19. Sept. 1849 wirklich mit 280 Sträflingen in der St. Simonsbucht eintraf, stieg die Aufregung fast zur Empörung. Der sonst so populäre Gouverneur mußte, hart gedrängt, wenigstens erklären, daß das Schiff vor Ankunft neuer Verhaltungsbefehle aus London nicht landen sollte. Unterdessen waren die neuen, der Regierungsmaßregel geneigten Räthe des Gouverneurs öffentlich gemißhandelt worden, u. der Widerstand ward so weit getrieben, daß die Bevölkerung an die Truppen, die Schiffsmannschaften u. überhaupt alle Regierungsanstalten keinen Mundvorrath mehr verabreichte, worauf wieder das hierdurch brodlos gewordene niedere Volk, Kulis u. Neger, zu groben Excessen gegen die renitente Partei veranlaßt ward. Zwischen Truppen u. Colonisten herrschte die gereizteste Stimmung. Endlich, nach einer Ungewißheit von mehreren Monaten, gab die englische Regierung nach; Lord John Russel erklärte am 8. Febr. 1850 im Unterhause, daß den Colonien die Sträflinge nicht aufgedrängt u. die im Neptune Deportirten nach Vandiemensland dirigirt werden sollten. Damit war den Anforderungen der Colonisten jedoch nur zum Theil Genüge geschehen. Sie verlangten außerdem: Entschädigung der Grenzbewohner für die Verluste in Folge des Krieges, Theilung der Colonie in eine östliche u. westliche u. Verlegung des Regierungssitzes ins Centrum des Landes, Eröffnung großer Verkehrslinien, vor Allem aber eine volksthümliche, nicht blos der Krone verantwortliche Gesetzgebung.

Im October 1850 machten die Kaffernstämme von Neuem Einfälle in die Colonie, denen schon geraume Zeit früher besorgliche Reibungen vorhergegangen waren. Hierauf zog Sir H. Smith Anfang December mit einigen Truppen nach der Grenze ab, hatte am 19. Decbr. im Fort Cox mit den Gaikahäuptlingen u. ungefähr 3000 Kaffern eine Zusammenkunft, um deren Beschwerden zu vernehmen, u. empfing dabei die beruhigendsten Versicherungen über ihre friedlichen Gesinnungen. Auffallend war nur die Abwesenheit der einflußreichen Häuptlinge Sandilli u. Anta, die einer Kriegserklärung gleich zu achten war. Der Gouverneur erklärte deshalb Sandilli für abgesetzt u. sandte Oberst Mac Kinnon mit 600 M. in das Keiskammathal zu dessen Gefangennahme aus. Dieser jedoch wurde am 24. von Sandilli überfallen u. mit großem Verlust zurückgeschlagen, worauf der aufrührerische Häuptling durch die übrigen Gaikastämme unter den Häuptlingen Stock, Botmann u. Tola,[663] die eben noch die Versicherung des Friedens abgegeben hatten, in den Aufstand fortriß. Schon den 25. Decbr. fielen die Kaffern nun in die militärischen Districte ein, mordeten über 70 Menschen u. machten die Ortschaften Woburn, Auckland u. Joanasburg dem Boden gleich. Mordend, brennend u. plündernd zogen sie weiter; zwar gelang es ihnen nicht, die Stadt Alice zu stürmen, auch wurden sie vom Fort White zurückgeworfen, schlugen dafür aber am 29. Decbr. Oberst Somerset, der vom Fort Hare gegen sie ausgerückt war, mit großem Verluste in die Flucht. Sir H. Smith gelangte am 30. Dec. nur mit Mühe in Begleitung von 250 berittenen Schützen aus Fort Cox nach Williamstown. So waren bereits am Schlusse des Jahres 1850 die Kaffern auf allen Punkten siegreich, während die Engländer bei dem Mangel an Truppen, die seit 2 Jahren auf dem Cap vermindert waren, sich auf die Defensive beschränken mußten. Aus den Grenzdistricten floh Alles in die Städte, selbst ohne die Ernte einzubringen. Der Gouverneur erklärte den Ostbezirk in Belagerungszustand u. rief, bis die Truppenverstärkungen aus England ankämen, aus den Colonisten jeden wehrbaren Mann vom 18. bis 55. Lebensjahre zu den Waffen, sah dieser Aufforderung jedoch, bes. Seitens der holländischen Einwohner, nur sehr unvollständig entsprochen. Monate vergingen, ohne daß die Engländer etwas Anderes unternehmen konnten, als den Feind in einzelnen Scharmützeln zu bekämpfen u. die geringen hierdurch errungenen Vortheile standen in keinem Vergleich zu dem Schaden, welchen die Verheerungen der Kaffern der Provinz in der Grafschaft Somerset u. am Kaga u. Mancanaza zufügten. Alle Verbindung zwischen den einzelnen festen Punkten der Engländer war unterbrochen. Sir H. Smith befand sich noch fortwährend in Williamstown. Der Aufstand griff inzwischen immer mehr um sich; so gingen die Anfangs treu od. wenigstens theilnahmlos gebliebenen Häuptlinge, Krel schon im April, Kuli, Palo, Umhata u. Moshesch mit ihren meist zahlreichen Stämmen zu den Aufständischen über. Außerdem erhoben sich jetzt auch die Hottentotten, bes. in der seit lange vernachlässigten Missionsstation Theopolis, u. begannen kaum 6 deutsche Meilen südlich von Grahamstown zu plündern u. zu morden, wie überhaupt unter den Hottentotten der Gedanke sich geltend zu machen anfing, eine hottentottensche Republik im Westen des Keiskamma zu gründen, das jenseitige Land den Kaffern zu überlassen, die Holländer zu schonen, die Engländer dagegen zu vertreiben od. auszurotten. Die also dem Aufstande durch die ihm neu zugeführten Kräfte gewordene Verstärkung war auch sehr bald bemerkbar. Die Kaffern concentrirten sich immer mehr, u. bereits im Juli ergossen sich Kaffern u. Hottentotten immer weiter über die englischen Ansiedelungen; Niederbrennung von Häusern, Vernichtung der Felder, Raubanfälle u. Ermordungen waren an der Tagesordnung. Binnen 6 Wochen wurden allein im Districte Somerset über 20,000 Schafe, 3000 Rinder, 300 Pferde weggeschleppt u. an 200 Pächterhäuser an der nördlichen Grenze niedergebrannt; die Gefangenen wurden von den Kaffern geröstet. Nach u. nach kamen allerdings Truppen von St. Helena an, reichten aber kaum zu, den in den zahlreichen unter den Obersten Somerset, Mac Kinnon u. Eyre gelieferten Scharmützeln erlittenen Verlust an Mannschaft zu ersetzen. Das Aufgebot der Eingeborenen aber wurde immer schwächer u. unzuverlässiger, bes. aus Furcht vor der furchtbaren Rache der Feinde. Ebenso war im Allgemeinen bei den weißen Colonisten eine große Gleichgültigkeit zu bemerken, meist weil sie wenig Anhänglichkeit an die Interessen des Mutterlandes fühlten, da ihnen dieses die seit Jahren erbetene Verfassung verweigerte. Unter diesen Umständen traf man in England endlich ernste Maßregeln, um die Truppenmacht zu verstärken, zumal die Niederlage, welche die Engländer am 6. Novbr. an der Waterkloof-Schlucht von den Kaffern erlitten, die Regierung aufstachelte, das Ansehen der englischen Macht wieder zu Ehren zu bringen. Außer den vom Parlament bewilligten Geldmitteln (300,000 Pfd. St.), wurde ein Truppencorps unter dem Befehl des Generals Cathcart, welcher den Gouverneur H. Smith zu ersetzen bestimmt war, nach dem Cap eingeschifft. Noch ehe dieses an seinem Bestimmungsort anlangte, gelang es dem General Somerset, den Kaffern mit einer Heeresabtheilung von 5000 M. am Flusse Kei in den Rücken zu fallen u. große Viehherden mit sich fortzuführen. Eine Folge dieses Sieges war, daß die Fingoes, welche mit den Krelis in Feindschaft lebten, sich den Engländern unterwarfen, ihre Wohnsitze verließen u. sich in der Colonie selbst niederließen. Indeß hatte weder diese noch eine Ende Januar 1852 gegen die Amatolos unternommene Expedition einen irgendwie entscheidenden Erfolg. Cathcart eröffnete den Antritt seines Amtes mit einer Proclamation an die Colonisten, worin er seine Absicht kundgab, die Kaffern über den Kei zurückzutreiben, u. die Ansiedler zur Stellung von Milizen u. zu Geldbeiträgen aufforderte. Dieser Aufforderung wurde von vielen Seiten entsprochen, aber die Raubzüge der Kaffern u. Hottentotten dauerten fort, u. wenn an der einen Seite das Gebiet von Feinden gesäubert war, fielen an einer anderen neue räuberische Horden verwüstend u. plündernd in das Land. Im Decbr. griff Cathcart den Häuptling der Basutas, Moshesch, an u. zwang ihn nach mehreren Gefechten am Bernagebirge u. am Flusse Rietspruit, am 23. Decbr. sich zu unterwerfen. Die Energie, mit welcher der General den Krieg führte, bestimmte auch die Häuptlinge Macomo, Nundille u. Dinder Gaikas u. Krelis, um Frieden zu bitten, u. am 9. März 1853 wurden die ihnen vorgeschriebenen Bedingungen ohne Rückhalt angenommen. Nach diesem Friedensschluß wurde als Grenze der Fluß Kei angenommen u. alle Kaffern jenseits desselben verwiesen.

Zugleich suchte der Gouverneur sich mit den Boers im Oranjeflußgebiete in ein besseres Einvernehmen zu setzen, da es der vereinigten Kräfte der weißen Bevölkerung bedurfte, um einen etwaigen neuen Ausbruch der Feindseligkeiten von Seiten der Eingeborenen schnell unterdrücken zu können. Sir G. Clerk begab sich, nachdem schon im Frühjahr Unterhandlungen wegen völliger Lostrennung des Gebietes von der englischen Colonie angeknüpft waren, im Sept. nach Bloemfontein u. schloß am 23. Febr. 1854 einen Vertrag mit den Boers, worin England die Oranje-Fluß-Souveränetät als unabhängigen Freistaat anerkannte. Dieser Vertrag wurde am 10. April in London ratificirt. Einen großen Zuwachs an Ansiedlern erhielt der neue Freistaat im Laufe des Jahres 1854 in Folge der an mehreren Stellen des Landes[664] entdeckten Goldlager. Inzwischen hatten auch die Forderungen der Capcolonisten beim Mutterlande Gehör gefunden, da die Regierung wohl erkannt hatte, wie viel vortheilhafter u. zweckmäßiger als ein kostspieliges Heer es sei, den guten Willen u. Eifer der Ansiedler selbst zur Vertheidigung des Landes aufzubieten. Das erste Parlament im Ober- u. Unterhaus (Legislative council u. Assembly-house) bildend, wurde am 1. Juli 1854 vom Generalgouverneur eröffnet. Die Ruhe dauerte, kleine Streifereien der wilden Völkerstämme abgerechnet, bis zum Herbst. Mochten nun einzelne Viehdiebstähle von Seiten der Kaffern od. Übergriffe der Colonisten auf das jenen zugestandene Gebiet die Veranlassung zu neuen Reibungen gewesen sein, der Kampf um Hab u. Gut in den Grenzdistricten begann von Neuem. Der tiefere Grund dieser Erneuerung des Krieges lag in dem Zusammendrängen der verschiedenen Stämme, wodurch einentheils ihre Verbindung zu gemeinsamen Operationen gegen die Colonie erleichtert, anderntheils aber ein Nothstand unter ihnen herbeigeführt wurde, der sie nöthigte, aus Mangel an Lebensunterhalt, wieder zu Raub u. Diebstahl ihre Zuflucht zu nehmen. Es blieb indeß bei kleinen Streifzügen u. Scharmützeln, u. der seit 1855 eingesetzte Generalgouverneur, Sir George Grey, bereiste im Januar die Grenzdistricte, um für etwaige Überfälle die nöthigen Vorkehrungen zu treffen. Im Laufe des Jahres trat er mit einzelnen Kaffernhäuptlingen, so mit Peto u. Delime, welche um Erleichterungen des Handelsverkehrs für ihre Stämme nachsuchten, in Unterhandlung u. suchte auf friedlichem Wege zu gewinnen, was sein Vorgänger durch Gewalt u. Rücksichtslosigkeit erstrebt hatte. Indessen durfte man nach wie vor kein allzugroßes Vertrauen auf die Friedensverträge mit den Kaffern setzen, u. die englische Regierung glaubte in der militärischen Besiedelung der Grenzdistricte das beste Mittel zu finden, mit Umgehung der ungeheueren kosten, welche ein besoldetes Truppencorps erforderte, die Colonie gegen fernere Verwüstungen u. Angriffe von Seiten der wilden Nomadenstämme zu sichern. Zu diesem Ende wurde von der, während des orientalischen Krieges gebildeten deutschen Legion der Theil, welcher das Angebot der Regierung, in Geld u. Ländereien bestehend, annahm, nach dem Cap eingeschifft. Die ersten Legionäre gingen im November 1856 unter Segel u. wurden im Frühjahr 1857 an den verschiedenen Stationen, welche den Grenzcordon bildeten, vertheilt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 661-665.
Lizenz:
Faksimiles:
661 | 662 | 663 | 664 | 665
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika

Buchempfehlung

Lohenstein, Daniel Casper von

Epicharis. Trauer-Spiel

Epicharis. Trauer-Spiel

Epicharis ist eine freigelassene Sklavin, die von den Attentatsplänen auf Kaiser Nero wusste. Sie wird gefasst und soll unter der Folter die Namen der Täter nennen. Sie widersteht und tötet sich selbst. Nach Agrippina das zweite Nero-Drama des Autors.

162 Seiten, 8.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.

432 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon