Feste [2]

[462] Feste (v. lat. festum, dies festus), Tage, die zur Ehre einer Gottheit oder Person oder zum Gedächtnis wichtiger Begebenheiten unter Einstellung der alltäglichen Geschäfte mit gewissen Feierlichkeiten begangen werden. Die ersten religiösen F. galten den Göttern als den in der Natur waltenden Mächten, von denen Wechsel der Jahreszeiten und Witterungen, alles Gedeihen oder Mißraten, kurz alle wohltätigen oder nachteiligen Naturereignisse herrührten. Dazu kamen dann F., die ihnen als Urhebern und Beschützern gesellschaftlicher und sittlicher Ordnungen und Einrichtungen galten. Je nach dem Anlaß, der oft in dem Mythus der Gottheiten gegeben war, ergaben sich Freuden- oder Dankfeste und Buß- oder Versöhnungsfeste. Nicht immer hatten diese das Gepräge der Trauer. Zwar suchte man durch Fasten, Kasteiungen u. dgl. den Zorn der Gottheit zu beschwichtigen, meinte aber auch durch allerlei Lustbarkeit und Tanz sie heitrer und günstiger zu stimmen. Selbst bei entschieden traurigen Gedächtnisfesten mischten sich in Leid und Wehklage zuweilen Freude und Mutwille. Bei Griechen und Romern waren F., die ihren Anlaß im Privat- oder öffentlichen Leben hatten, gewöhnlich auch mit gottesdienstlichen Handlungen verbunden. Von den eigentlich religiösen Festen wurden die größern, abgesehen von Opfern und Mahlzeiten, vielfach mit Prozessionen und Schauspielen, Gesang, Musik und Tanz begangen. Bei den lokalen Verschiedenheiten der Kulte gab es unter den Griechen nur wenig allgemeine F., und auch diese wurden vielfach in verschiedener Weise gefeiert. Durch Zahl und Glanz der F., wenigstens in der Blütezeit, war Athen berühmt, von dessen Festen wir auch die meiste Kunde haben. Über die F. der Römer (s. Ferien), die im Verlauf der Zeit stetig an Zahl und Pracht zugenommen[462] haben, geben genaue Kenntnis die aus verschiedenen Zeiten erhaltenen Kalendarien (s. Fasti). Vgl. Samter, Familienfeste der Griechen und Römer (Berl. 1901); A. Mommsen, F. der Stadt Athen (Leipz. 1898); Fowler, The roman festivals of the republic (Lond. 1899).

Über die F. der heidnischen Germanen geben fast nur die nordischen Quellen, und auch diese nur spärlichen Aufschluß. Das höchste darunter war das große Winterfest, im Norden Julfest (s.d.) genannt, das in Süddeutschland Ende Dezember, in Norddeutschland und Skandinavien Anfang Januar gefeiert ward (s. Zwölften); es war ursprünglich wohl dem Gedächtnis der Verstorbenen geweiht, deren Seelen um diese Zeit im Wintersturm durch die Lüfte jagten, und deren Umzug man durch allerlei Mummereien symbolisch darstellte. Im Februar ward sodann das Fest der wiederkehrenden Sonne durch Entzündung heiliger Feuer oder Verbrennung eines mit Stroh umwickelten Rades (eines Symbols der Sonne) feierlich begangen. Die Sommerfeste (im Frühling und Herbst) fielen mit den ungebotenen Volksversammlungen zusammen, die mit feierlichem Opfer eröffnet wurden; bei dem Frühlingsopfer galt es wohl, für Feldfrüchte und Vieh den Segen der Götter zu erflehen und den schädlichen Einfluß böser Dämonen abzuwehren, beim Herbstopfer, für die gespendete Ernte zu danken. Nach der Einführung des Christentums suchte die Geistlichkeit mit kluger Berechnung den Festkultus den heidnischen Anschauungen und den Sitten der hergebrachten F. möglichst anzupassen, so daß nicht nur christliche F. unmittelbar auf altheidnische verlegt wurden (wie z. B. Weihnachten auf das große Winterfest), sondern auch altherkömmliche Gebräuche sich als Bestandteile der kirchlichen F. in großer Zahl erhielten.

Die jüdischen F. (3. Mos. 23,4, »F. des Herrn« genannt) sind vom mosaischen Gesetz bestimmte Zeiten der religiösen Erhebung, welche die von Gott geforderte Heiligung der Israeliten durch körperliche Ruhe und geistiges Leben, durch Versammlung und Gottesdienst in den Synagogen bewirken sollen. Der Festzyklus bewegt sich mit geringen Abweichungen nach der symbolischen Zahl »Sieben« vom Tage durch Woche, Monat, Jahr bis zur Epoche. So bestimmt der Pentateuch den 7. Wochentag als Ruhetag, siebentägige F., setzt 7 Wochen nach dem Frühlingsfest ein Erntefest an, legt die wichtigsten F. in den 7. Monat des Jahres und verordnet die Beobachtung des 7. Jahres als Brach- oder Sabbatjahr, nach 7 x 7 Jahren die Feier des 50. als Jobeljahr. – Der Bedeutung nach zerfallen die jüdischen F. in drei Klassen: 1) in solche, die nur der Pflege der Ruhe und Heiligkeit gelten, als Sabbat, Sabbatjahr und Jobeljahr; 2) in solche, die neben diesem Zweck auch den der sittlich-religiösen Wiedergeburt enthalten: Neujahrsfest und Versöhnungstag, und 3) in solche, deren Bedeutung aus der Natur und Geschichte hervorgegangen ist: die drei durch die frühern Wallfahrten aus Palästina nach Jerusalem ausgezeichneten Wallfahrtsfeste (Schalosch r'galim: Passah, Schabuoth, Szukkoth). Das Festjahr der Juden beginnt im Frühling, im Monat Nissan, wogegen die bürgerliche Zeitrechnung im Herbst, mit dem Monat Tischri anhebt. Nach den sechs Wochentagen beginnt, wie alle jüdischen Festtage mit dem Vorabend beginnen, der Sabbat (s.d.) oder Ruhetag am Freitag Abend ungefähr eine Stunde vor Nachtbeginn und soll bis Sonnabend Abend durch körperliche Ruhe und geistige Weihe in Familie und Gotteshaus gefeiert werden. Das Sabbatjahr (s.d.) und Jobeljahr (s. Jubeljahr) beruhten vorwiegend auf den sozialen Interessen des jüdischen Volkes zur Zeit seiner nationalen Selbständigkeit und werden von den jetzigen Juden nicht mehr beobachtet. Die fünf im Pentateuch gebotenen F. sind ihrer Zeitfolge nach: 1) Passah (s.d.), am 14. Nissan abends beginnend, das Frühlingsfest, das gleichzeitig an den um diese Zeit erfolgten Auszug aus Ägypten erinnert (auch das »Fest der ungesäuerten Brote« genannt); 2) das Wochenfest (s.d.), hebr. Schabuoth (3. Mos. 23,15), am 6. und 7. Siwan gefeiert, einst in Palästina das Fest der Getreideernte, von der Erstlingsgaben (daher auch »Tag der Erstlinge« genannt) im Tempel dargebracht wurden, jetzt der Erinnerung an die Gesetzgebung auf Sinai geweiht; 3) das Neujahrsfest, hebr. Roschhaschana (3. Mos. 23,24), am 1. und 2. Tischri gefeiert, der Tag des Gedenkens (Jom hassikkaron), des Gottes- und Selbstgerichts (Jom haddin), der zur Prüfung und Besserung des Lebenswandels als Tag des Posaunenblasens (Jom terua) mahnen soll; 4) der Versöhnungstag (s.d.), hebr. Jom hakkippurim, am 10. Tischri gefeiert, der heiligste und strengste Ruhetag, mit dem Neujahrsfest durch Bußtage verbunden; 5) das Hütten- oder Laubhüttenfest (s.d.), hebr. Szukkoth, vom 15.–23. Tischri gefeiert, das Dankfest für den göttlichen Schutz während der Wüstenwanderung der Israeliten, zugleich Herbst-Erntedankfest. Diesen Hauptfesten schließen sich noch zwei Halbfeste an: das achttägige Weihe- oder Lichterfest (Chanukka), am 25. Kislev, zum Andenken an den Sieg der Makkabäer über die Syrer und die Wiedereinweihung des entweihten Tempels (164 v. Chr.) gefeiert, und das Losfest (Purim), am 14. Adar (in einem Schaltjahr im eingeschalteten 13. Monat, Adar II), zur Erinnerung an die im Buch Esther erzählte Rettung der Juden von dem ihnen durch Haman gedrohten Untergang. Im Gottesdienst werden noch die Neumondstage, dann der 18. Ijar, 15. Ab und 15. Sch'wat besonders ausgezeichnet; von den Fasttagen des Jahres ist neben dem Versöhnungstag der Tag der Zerstörung Jerusalems (9. Ab) der wichtigste, der auch von der Mehrzahl der Juden als Trauertag festlich begangen wird. Vgl. Green, Die F. der Hebräer (deutsch von Becher, Gütersl. 1894).

Die christlichen Feste.

Die ältesten christlichen Gemeinden kannten keine besondern Festtage; sie zu halten, galt als verkehrte jüdische Gesetzlichkeit; im Sinne des Paulus (Röm. 14,5; Gal. 4,10; Kol. 2,16) und der Väter der alten Kirche sollte vielmehr jeder Tag ein gottgeweihter sein und in diesem Sinne begangen werden. Dennoch setzte man schon früh einen Tag fest, der vor andern ein Tag gemeinsamen Gottesdienstes sein sollte, und wählte dazu den Sonntag (s.d.) als den Tag der Auferstehung des Herrn. Von hier aus lag es nahe, ihn am Osterfest alljährlich besonders zu feiern, zumal dadurch zugleich, was namentlich für die Judenchristen ins Gewicht fiel, das jüdische Passah christlichen Inhalt erhielt (s. Ostern.). In ähnlicher Weise trat wohl schon im 2. Jahrh. Pfingsten (s.d.) an die Stelle des jüdischen Wochenfestes (s. oben). Dagegen ist die Entstehung des Weihnachtsfestes, das vor 354 nicht nachweisbar ist, bis heute nicht aufgeklärt (s. Weihnachten). Diese drei Hauptfeste bilden die Grundlage des Kirchenjahres; um sie gruppieren sich drei Festzyklen, die zusammen die festliche Hälfte des Kirchenjahres (Semestre domini) ausmachen, der die festlose Hälfte gegenübersteht. Der Weihnachtszyklus beginnt mit der Adventszeit, die das Weihnachtsfest vorbereitet;[463] dem Feste folgen die Gedächtnistage des Märtyrers Stephanus (26., griech. 27. Dez.), des Evangelisten Johannes und der unschuldigen Kindlein, sodann das Fest der Beschneidung Jesu am 1. Jan., und 6. Jan. das Fest der Erscheinung Christi (Epiphaniasfest), nach dem bis zur Grenze des Osterzyklus die Sonntage gezählt werden (s. Epiphania.). Den Osterzyklus eröffnen die Zeit der Vorfasten (die Sonntage Septuagesimä, Sexagesimä und Quinquagesimä oder Estomihi) und die eigentliche dem Gedächtnis an Christi Leiden gewidmete Fasten- oder Passionszeit, die Sonntage Invokavit, Reminiszere, Okuli, Lätare und Judika (nach den Anfängen der an ihnen einst üblichen Introitus [s.d.] genannt) und die mit dem Sonntag Palmarum beginnende Karwoche (hebdomas magna) umschließend, in welcher der Gründonnerstag (dies viridium) und der Karfreitag (pascha staurasimon, Kreuzespassah) hervortreten; nach dem Osterfest (pascha anastasimon) beginnt die sogen. Freudenzeit, welche die 50 Tage bis zum Pfingstfest umfaßt, und von der die 40 Tage bis zum Himmelfahrtsfest mit den Sonntagen: Quasimodogeniti (der sogen. weiße Sonntag. dominica in albis), Misericordias Domini, Jubilate, Kantate, Rogate noch dem Osterzyklus angehören. Die übrigen zehn Tage mit dem Sonntag Exaudi bereiten das Pfingstfest vor und bilden mit diesem zusammen den Pfingstzyklus. Am Sonntag nach Pfingsten schließt in der evangelischen Kirche das Fest der Dreieinigkeit (trinitatis) die festliche Zeit ab; die römische Kirche feiert am Donnerstag darauf noch das Fronleichnamsfest (festum corporis Christi). Über die Sonntage der festlosen Zeit s. Post Trinitatis.

Neben den mit genannten Zyklen in Verbindung stehenden bildeten sich im Laufe der Jahrhunderte noch viele vereinzelte F., deren Zahl am Ende des Mittelalters bis ins Maßlose angewachsen war. Schon an sich waren sie ein sozialer Mißstand, besonders aber dadurch, daß bei ihrer Feier die weltliche Seite mehr und mehr die kirchliche überwog. So war eine Vereinfachung zuletzt unabweisbar, und von der Reformationszeit an läßt sie sich beobachten. Auch schon in der katholischen Kirche. Infolge der Beschwerden der deutschen Nation auf dem Reichstage zu Nürnberg (1522) bewirkte bereits der Kardinal Lorenzo Campeggi (1524) einige Minderung der Festtage. Weitere Reduktionen wurden für die ganze Kirche namentlich von Urban VIII. (1642), für einzelne Diözesen von Benedikt XIV. (1742ff.) und noch mehr von Clemens XIV. (1773) genehmigt. Verhandlungen einzelner Regierungen, besonders deutscher, mit der Kurie führten noch günstigere Resultate herbei. Heute feiert man an Einzelfesten in der katholischen Kirche namentlich die Marienfeste (s.d.), die Johannistage (Empfängnis 24. Sept., Geburt 24. Juni, Enthauptung 29. Aug., von denen die griechische Kirche den letzten als Hauptfesttag feiert), die Apostelfeste (s.d.), das Fest des Erzengels Michael (29. Sept., griechisch 9. Nov.), die Kreuzesfeste (Kreuzeserfindung, Kreuzeserhöhung und, jedoch nur bei den Griechen, Kreuzholzentstehung, 1. Aug.), die Märtyrertage (z. B. der Makkabäer, 1. Aug.), das Fest Allerheiligen (1. Nov., griechisch am Sonntag nach Pfingsten) und das Fest Allerseelen (2. Nov., griechisch an drei Sonnabenden des Jahres).

Viel weiter ist die evangelische Kirche gegangen. Anfangs behielt sie zwar, mit Ausnahme der dem Prinzip des Protestantismus widersprechenden, die meisten der bis dahin üblichen F. bei, und zwar ging die lutherische Partei mit Abschaffung des Altherkömmlichen weit langsamer zu Werke als die reformierte, deren Stifter, eigentlich die Idee des Kirchenjahres aufgebend, nur den Sonntag und für die Hauptfeste einen Frühgottesdienst beibehalten wissen wollten. In Brandenburg suchte schon eine Verordnung vom 30. Mai 1598 die Zahl der Marien-, Apostel- und Heiligenfeste zu mindern; doch wurde sie erst 1608 teilweise und dann 1696 noch weiter in Vollzug gesetzt. Weitere Einschränkungen erfolgten durch die Verordnungen vom 28. Jan. 1752 und vom 12. März 1754, wonach in den beiden in Preußen anerkannten evangelischen Landeskirchen nur noch die drei großen F., jedes mit dreitägiger Feier, der Gründonnerstag, Karfreitag, Himmelfahrt und Neujahr fortbestehen sollten. Am 28. Jan. 1773 verfügte Friedrich II. auch noch die Abschaffung der dritten Feiertage bei den großen Festen, des Gründonnerstags und des Himmelfahrtsfestes; das letztere stellte indes Friedrich Wilhelm II. 1789 wieder her. Gleiche Beschränkungen traten seit der Mitte des 18. Jahrh. in andern deutschen Territorien ein; namentlich wurden die kleinen F., insbes. die Apostel- und Marienfeste, falls sie in die Woche fallen, auf den nächstliegenden Sonntag verlegt. Doch entstanden bei den Evangelischen auch neue F., so das Reformationsfest (s.d.), das Totenfest (am letzten Sonntage des Kirchenjahres anstatt des katholischen Festes Allerseelen) und namentlich die Bußtage, die anfangs alle Vierteljahre gefeiert, allmählich reduziert wurden, so daß jetzt die meisten Landeskirchen nur einen feiern, die Mehrzahl den seit 1852 von der Eisenacher Konferenz geforderten gemeinsamen Bußtag am Mittwoch vor dem Totensonntag (s. Bußtage). Vielfach werden Bibelfeste, Missionsfeste und F. des Gustav-Adolf-Vereins oder ähnlicher Vereine veranstaltet, und auch politische Anlässe rufen kirchliche F. hervor, so in Preußen das Krönungsfest (18. Jan.). Lange hat man auch den Jahrestag der Leipziger Schlacht (18. Okt.) und der Schlacht von Sedan (2. Sept.) zum Gedächtnis der Freiheitskriege, bez. des Krieges mit Frankreich 1870/71 als Nationalfeste kirchlich begangen; ersterer wird jetzt gar nicht mehr, letzterer nur noch vereinzelt gefeiert.

Eingeteilt werden die F. in wöchentliche (hebdo madarii), z. B. die Sonntage, und alljährliche (anniversarii); letztere wieder in Rücksicht auf ihre Bedeutung in große oder hohe (majores), z. B. Ostern, Pfingsten, Weihnachten, und kleine (minores); in Rücksicht auf ihre Wiederkehr in bewegliche (mobiles, feriae conceptivae), die alljährlich zwar an bestimmten Wochen-, aber nicht an bestimmten Monatstagen begangen werden, also Ostern und die F., die sich nach Ostern richten, und unbewegliche (immobiles, feriae stativae), die alljährlich auf dieselben Monatstage fallen, z. B. Weihnachten; ferner in Rücksicht auf ihre Dauer in ganze (integri), die mit ordentlichem Vor- und Nachmittagsgottesdienst, und halbe (intercisi), die nur mit einem Gottesdienst begangen werden, z. B. Gründonnerstag. Auch teilt man die F. in ordentliche (feriae statutae), die nach der allgemeinen Vorschrift jährlich zu bestimmter Zeit wiederkehren, und in außerordentliche (f. indictae), die durch besondere Umstände veranlaßt und besonders angesagt werden. Doppelfeste (duplicia) im Gegensatz zu den einfachen sind diejenigen, die auf zwei religiösen Tatsachen beruhen, was namentlich[464] durch die Verlegung eines Festtages auf den nächstliegenden Sonntag eintritt, oder dem Andenken von zwei Personen dediziert sind, wie die Tage Simonis und Judä, Petri und Pauli. In der katholischen Kirchensprache heißen besonders die Festa duplicia, bei denen die beim Hochamt üblichen Gesänge (Responsorien und Antiphonien) verdoppelt von zwei Kantoren wiederholt abgesungen werden, zum Unterschied von den Festen, bei denen nur teilweise oder gar keine Wiederholungen stattfinden (Festa simplicia). Eine nicht unwichtige Einteilung der F. ist endlich noch die in Festa chori et fori, F., die dem Volke bloß angezeigt und nur von der Geistlichkeit begangen, und F., die allgemein begangen werden, oder in Feriae mere ecclesiasticae, F. mit rein kirchlichem Charakter, und Feriae publicae, weltliche F. ohne eigentlich kirchlichen Charakter.

Das Recht, Bestimmungen über F. zu erlassen, gehört zur Kirchengewalt und wird in der katholischen Kirche entweder vom Papst, wenn nämlich das zu feiernde Fest die ganze Kirche berührt, oder von dem Diözesanbischof, wenn es sich nur auf ein bestimmtes Bistum bezieht, in den evangelischen Landeskirchen dagegen vom Landesherrn geübt. Soll ein Fest zugleich auf das bürgerliche Leben Einfluß haben, z. B. insofern zu dessen Begehung öffentliche Ruhe nötig erscheint, so muß die Genehmigung der Staatsbehörde eingeholt werden. Andre Konfessionsverwandte dürfen zwar zur Mitfeier irgendeines von den Kirchenobern angeordneten Festes nicht gezwungen, wohl aber zur Aussetzung jeder Anstoß erregenden Arbeit angehalten werden. Als das Christentum Staatsreligion wurde, wurde bald darauf gedrungen, daß der gewöhnliche weltliche Verkehr, insbes. die Rechtspflege, an den Festen ruhe, öffentliche störende Arbeiten unterbleiben, Herren- und Zwangsdienste nicht gefordert werden sollten. Daran wird auch heute noch festgehalten. Die evangelische Kirche will die F. dabei als eine der guten Zucht wegen gemachte menschliche Einrichtung betrachtet wissen, sieht aber nicht in ihrer Feier, wie die katholische, ein besondere Gnade von Gott erwirkendes Mittel. Bei vielen reformierten Gemeinschaften Englands und Nordamerikas, namentlich in der anglikanischen und schottischen Kirche, herrscht noch alttestamentliche Strenge in der Feier des Sonntags. In der alten Kirche begannen die F. mit der Vesper des vorhergehenden Tages, seit dem 12. Jahrh. befolgte man indes die astronomische Berechnung von Mitternacht zu Mitternacht. Spuren des alten Gebrauches sind noch das Einläuten der F. am vorhergehenden Abend, die Feier der Vigilien, der Anfang der Fasten u. dgl. Vgl. Augusti, Die F. der alten Christen (Leipz. 1817–20, 3 Bde.); Derselbe, Handbuch der christlichen Archäologie, Bd. 1 (das. 1836); Nickel, Die heiligen Zeiten und F. in der katholischen Kirche (Mainz 1836–38, 3 Tle.); Böhmer, Christlich-kirchliche Altertumswissenschaft (Bresl. 1836–39, 2 Bde.); Piper, Kirchenrechnung (Berl. 1841); Krüll, Christliche Altertumskunde (Regensb. 1856, 2 Bde.); Binterim, Die vorzüglichsten Denkwürdigkeiten der christkatholischen Kirche, Bd. 5 (Mainz 1829); Kellner, Heortologie oder das Kirchenjahr und die Heiligenfeste in ihrer geschichtlichen Entwickelung (Freiburg 1901); Pröhle, Kirchliche Sitten (Berl. 1858); v. Reinsberg, Das festliche Jahr (Leipz. 1863); Lippert, Deutsche Festbräuche (Prag 1884).

Die islamischen F. sind: 1) 'Idal-fitr (d. h. Fest des Fastenbrechens), auch Ramadanfest ('īd Ramadhân) oder »das kleine Fest« (al-'īd-as-saghîr) genannt, wird am ersten Tage des Monats Schawwāl, d. h. unmittelbar nach Ablauf des Fastenmonats Ramadan, gefeiert; die Türken nennen dieses Fest Bairam (s.d.), speziell (zum Unterschied von Kurban Bairam) Schecker Bairam, »Zucker-Bairam«, weil man sich an diesem Tage mit Zuckerwerk und andern Geschenken beschenkt. 2) 'Idal-adhā, d. h. das Opferfest, türk. Kurban Bairam (d. h. Opfer-Bairam), auch wohl zum Unterschied von dem erstgenannten Fest al-'īd al-kebîr, »das große Fest«, genannt. Es wird am 10. Tage des Monats Dsu'lhiddsche (des Monats der Wallfahrt) durch Schlachtung eines Opfertieres, gewöhnlich eines Schafes, gefeiert und bildet einen Teil des von den Pilgern in Mekka zu befolgenden Rituals. Dieses Opferfest wurde von Mohammed, nach dem Vorbilde des jüdischen Versöhnungsfestes, das er die Juden in Medina am 10. Tage des Monats Tischri feiern sah, eingeführt (vgl. Koran, Sure 22,33–38). Obgleich im Koran dieses Fest in keinen Zusammenhang mit der Geschichte Ismaels gebracht wird, so glauben doch die Mohammedaner, daß es zur Erinnerung an Abrahams Opfer eingesetzt sei; sie behaupten nämlich, daß der Sohn, den Abraham zu opfern bereit war, nicht Isaak, sondern Ismael, und daß der Berg Mina bei Mekka die Opferstätte gewesen sei. Außer diesen beiden größten Festen, die je drei Tage dauern, werden von den Mohammedanern noch folgende F. gefeiert: 3) Lailatal-Berâat (»die Nacht der Urkunde«) am 15. Tage des Monats Schabân, die Nacht, in der nach Mohammed (vgl. Koran, Sure 44,2) Gott alle Handlungen der Menschen, die in einem Jahre zu vollführen sind, registriert und alle in diesem Jahre zur Geburt oder zum Tode bestimmten Menschenkinder aufschreibt; 4) Lailatalkadr (»die Nacht der Macht«; vgl. Koran, Sure 97), die Nacht, in der geheimnisvolle Dinge geschehen, in der alle Tiere der Schöpfung sich vor Gott in Anbetung neigen; 5) Lailat ar-raghâib (»die Nacht der höchsten Güter«) am 1. Freitag des Monats Radschab, ein Fest, das aber nicht von allen orthodoxen Sunniten anerkannt ist; 6) Maulûd (türk. Mewlût) oder Maulidu 'n-nabī, der Geburtstag des Propheten, der 12. Tag des Monats Rabī'-ul-awwal; 7) Naurôz, das Neujahrsfest der Perser, das nicht im Islam begründet ist; es wird von den Persern am Tage des Frühlingsäquinoktiums gefeiert, der im alten persischen Kalender Neujahrstag war. – Hinsichtlich der F. andrer Kulturvölker, wie der Hindu, der Perser etc., verweisen wir auf die ihnen gewidmeten Artikel; über Volksfeste s.d.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 462-465.
Lizenz:
Faksimiles:
462 | 463 | 464 | 465
Kategorien:

Buchempfehlung

Jean Paul

Des Luftschiffers Giannozzo Seebuch

Des Luftschiffers Giannozzo Seebuch

Als »Komischer Anhang« 1801 seinem Roman »Titan« beigegeben, beschreibt Jean Paul die vierzehn Fahrten seines Luftschiffers Giannozzos, die er mit folgenden Worten einleitet: »Trefft ihr einen Schwarzkopf in grünem Mantel einmal auf der Erde, und zwar so, daß er den Hals gebrochen: so tragt ihn in eure Kirchenbücher unter dem Namen Giannozzo ein; und gebt dieses Luft-Schiffs-Journal von ihm unter dem Titel ›Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten‹ heraus.«

72 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon