Arabien

[652] Arabien, die große Halbinsel des südwestlichen Asien, zwischen 12°40´ und etwa 34° nördl. Br., zwischen 32°30´ und 59°48´ östl. L., hat mit Sinai einen Flächenraum von 3,094,700 qkm (die einzelnen Gebiete s. unten, S. 654). Die Ostgrenze bilden der Persische Golf und das Euphratland; den Südrand bespült der Indische Ozean (Arabisches Meer), den Westrand das Rote Meer, während im NW. die Landenge von Suez A. mit Afrika verbindet. Gegen N. ist die Grenze weder natürlich noch politisch bestimmbar. A. gehört zu den unbekanntesten Ländern (s. Asien [Entdeckungsgesch.]). A. ist nach Lage und Naturbeschaffenheit das Übergangs- und Bindeglied zwischen Asien und Afrika. Als Hochplateau mit wüstenartigem Innern und meist steil abfallenden Randgebirgen teilt es am Ufersaum und im O. die trockne Wüstennatur Afrikas, während das nördliche Innere sich mehr dem Charakter der westasiatischen Hochebenen zu nähern scheint. Diese Beschaffenheit, verbunden mit der Umgebung von Wüsten und gefahrvollen Meeren, verlieh A. von jeher die größte Abgeschlossenheit. Es lag dem kriegerischen und friedlichen Verkehr fern und blieb vor aller Vermischung mit Fremden (abgesehen von Negern im W.) und vor deren Herrschaft bewahrt. Trotz seiner Lage zwischen den ältesten Kulturvölkern in Ägypten, Syrien, Mesopotamien, Persien und Indien verhielt es sich stets ab weisend gegen jeden von dorther kommenden Einfluß. Auch die Herrschaft der Römer hat sich nicht weit über das Peträische A. hinaus erstreckt. Dagegen ist A. die Wiege wandernder und erobernder Völker gewesen, die nach allen Weltgegenden ihre Herrschaft ausbreiteten. Aber auch sie haben nirgends ihre Nationalität. Sprache und Religion aufgegeben, sondern dem Fremden überall sich ebenso unzugänglich gezeigt wie ihre Wüstenheimat, wo sich die alte Geteiltheit in kleine Gebiete und das patriarchalische Hirten leben bis auf die Gegenwart erhalten haben.

[Bodengestaltung, Geologie.] A. ist eine im W., S. und O. von Randgebirgen umsäumte Scholle, die sich nach O. zur Sandwüste Roba el Chali, nach N. zur Syrischen Wüste senkt. Die höchsten Erhebungen mit durchschnittlich 2600 m Kammhöhe befinden sich daher an der Südküste und an der Westseite, ferner im O., wo in Omân der Dschebel Achdar zu etwa 3000 m Höhe aufsteigt. Das Hochland Nedschd in der nördlichen Hälfte Arabiens mag gleichfalls 1000 m Höhe oder mehr erreichen. Im geologischen Bau schließt sich A. eng an Ägypten an, von dem es erst in nachtertiärer Zeit durch den tiefen Grabeneinbruch des Roten Meeres getrennt worden ist. Wie in Ägypten, so tritt auch in A. das kristallinische Grundgebirge aus Gneisen und Schiefern mehrfach zu Tage, an vielen Orten sind alte Eruptivgesteine, Granit, Diorit und Porphyr, emporgequollen, so an der nördlichen Küste des Roten Meeres, ferner nordöstlich von Mekka und Medina und in der Wüste Nefud, an der Südküste und in Omân, wo zum Granit und Diorit sich noch grüne gabbroartige Gesteine gesellen. Das Grundgebirge wird bedeckt von einer dem nubischen Sandstein vergleichbaren Sandsteinbildung, die sich im N. von der Sinaihalbinsel bis zum Persischen Golf und im SW. bis zu den Churian-Murian-Inseln erstreckt, ferner im N. und O. sowie im S. von Kreide schichten und alttertiärem, an der Südküste und in Omân vorzüglich entwickeltem Nummulitenkalk. Nur auf der Sinaihalbinsel sind unter dem nubischen Sandstein noch karbonische Kalksteine und Sandsteine nachgewiesen; sonst ruhen stets Kreideschichten und jüngere Sedimente, nahezu horizontal gelagert, unmittelbar auf dem Grundgebirge. Jungvulkanische Gesteine (Basalte, Andesite, Trachyte) kennt man in größerer Verbreitung im N. als Ausläufer des vulkanischen Haurangebirges, dann zwischen Akaba, Medina und Mekka und zwischen Perim und Aden. Abgesehen von Midian, das im Altertum im Ruf eines reichen Goldlandes stand, ist A. arm an nutzbaren Mineralien; bemerkenswert ist nur das Vorkommen von Achat, Jaspis und Karneol sowie das von Türkis im Porphyr der Sinaihalbinsel. Die Bewässerung ist äußerst dürftig; kein Land in Asien, Ost-Iran aus genommen, ist so trocken wie A. Eigentliche Flüsse und Landseen scheinen gänzlich zu fehlen; man kennt bloß tief eingeschnittene Talrinnen (Wadis, Fuldsch), die, monatelang trocken liegend, nur zur Regenzeit Wasser führen. Die Küstenebene (Tehama) sowie der größte Teil des Innern sind wasserlos, afrikanisch dürr und einförmig.

[Klima, Pflanzen- und Tierwelt.] Das Klima Arabiens ist, ähnlich dem der Sahara, ausgezeichnet durch große Trockenheit und starke Hitze. Der unbewölkte Himmel verbreitet brennende Glut, die acht Monate hindurch alles verbrennt und selbst im Schatten[652] 45° erreicht. Freundlicher ist die Nacht mit ihrem die spärliche Vegetation labenden Tau. Wegen der starken nächtlichen Wärmeausstrahlung ist auf der Hochebene Reifbildung nicht selten. Während im äußersten Norden bereits spärliche Winterregen vorkommen, haben die Gebirgsgegenden im äußersten Südwesten reichliche tropische Sommerregen in Begleitung fast täglicher Gewittererscheinungen, so daß sich hier das Klima dem des Sudân nähert. Charakteristisch ist die Tatsache, daß überall nördlich vom 16. Breitengrad »Regengebete« gebräuchlich sind, dagegen südlich davon gänzlich fehlen. Im ganzen ist das Klima Arabiens gleich allen Trockenräumen gesund. Der gefährliche Glutwind Samum ist auf die Monate Juni bis September beschränkt. Bei solcher Beschaffenheit der Natur und des Bodens kann A. nur auf einzelnen günstigen Strichen (besonders in den Stufengeländen) eine üppige Vegetation erzeugen und keine reiche Tierwelt und dichte Bevölkerung ernähren.

Pflanzengeographisch bildet der größte Teil Arabiens die Fortsetzung der Sahara, charakterisiert durch eine artenarme Steppen- und Wüstenflora. Wo genügende Bewässerung vorhanden, erheben sich Gebüsche und selbst kleine Wäldchen aus Mimosen, Tamarisken und Ginstergestrüpp (Alhagi Camelorum), während Salsoleen, Kapparideen, Rubiazeen u. Zygophylleen auch über die wasserarmen Gegenden verteilt sind und auf dem nackten Felsboden die eßbare Mannaflechte (Lecanora esculenta) ein bescheidenes Dasein fristet. Nur durch die Meerenge von Aden vom afrikanischen Sudân getrennt, zeigt die Südwestecke des Küstensaumes ein jenem entsprechendes Pflanzenbild. Hier wächst der Kathstrauch (Catha edulis), und der Kaffeebau erreicht in Jemen eine hohe Blüte. Die Wälder bestehen ebenfalls aus Akazien und weisen außerdem an afrikanischen Typen Sykomoren, Dornsträucher und die blattlose Asklepiadee Leptadenia auf. Die Sukkulenten vertritt die Aloe und eine Euphorbie (Euphorbia Schimperi). Auf dem Gebirge von Jemen finden sich Gehölze eines baumartigen Wacholders, die Küste von Hadramaut zieren mächtige Drachenbäume. Eine der merkwürdigsten Pflanzen des tropischen Ä. ist Adenium obesum. Das östliche Gebiet von Maskat zeigt eine Mischung afrikanischer und ostindischer Typen, Balsamsträucher, Myrrha (Balsamodendron Myrrha). Weihrauchbaum (Boswellia serrata), dazu blattarme Strauchgewächse (dornige Solanazeen), Sukkulenten, Dracänen und Aloearten. Die Dattelpalme ist der Charakterbaum der Oasen.

Die Tierwelt gehört zwei Regionen an: der Norden der mediterranen Subregion der paläarktischen Region, der Süden der äthiopischen Region. Charakteristisch für erstern ist der wilde Maulesel; in den Wüsten des Innern finden sich Löwe, Hyäne, Schakal, Springmaus und Strauß. In Südarabien lebt der Mantelpavian. Unter den Haustieren nimmt die erste Stelle das Pferd, dann das Dromedar ein; außerdem werden Rinder, Ziegen und Schafe gehalten. Die Vogelfauna setzt sich aus mediterranen und äthiopischen Formen zusammen. A. ist reich an Giftschlangen, z. B. Hornviper und Kleopatraotter. Heuschrecken sind oft Landplage. Skorpione und Spinnen finden sich häufig. Am Persischen Meerbusen wird Perlenfischerei getrieben.

[Bevölkerung.] Obwohl über viermal größer als Deutschland, hat A. nur 3,5 Mill. Einw. Am stärksten ist die Volksdichte in Omân, El Hasa und Jemen, also auf der Ost- und Westküste, unverhältnismäßig dünner in Nedschd und auf der Sinaihalbinsel, während die Wüsten des Innern ganz unbewohnt sind und nur in den fruchtbaren Tallandschaften feste Kulturstellen haben. Daher besteht die arabische Bevölkerung der Mehrzahl und dem Kerne nach aus Beduinen (s. Tafel »Asiatische Völker II«, Fig. 10, und Tafel »Afrikanische Völker I«, 3 u. 4), die nomadisch von Viehzucht leben und in zahlreiche zerstreute Stämme zerfallen; der kleinere Teil sind Hadesi (Ansässige), die als Ackerbauer oder Händler in Städten und Landgemeinden wohnen. Die Bewohner des Südens und Ostens sind in Abstammung wie Sprache von denen des Nordens verschieden, wenn auch beide dem großen semitischen Stamm angehören. Erstere sind die Joktaniden (die Sabäer oder Himjariten des Altertums, von deren Sprache ein altertümlicher Rest im heutigen Echkili erhalten ist), während die Bewohner des Nordens die Ismaeliten sind, deren Sprache sich zum Koran-Arabisch entwickelte. Wie Arabiens Boden gleichartig und stetig ist, so gleicht auch der heutige Araber dem aus Hiobs Zeit. Er ist von mittlerm, hagerm, aber muskulösem und ebenmäßigem Körperbau. Sein Bedürfnis an Speise und Trank ist gering; um so mehr ist er befähigt, große Strapazen, Hunger und Durst zu ertragen. Habsüchtig und betrügerisch, aber tapfer und freigebig, voll Stolz, Mut und Freiheitsliebe, dankbar und gastfrei, beredt und voll dichterischer Phantasie, ein warmer Verteidiger seiner Ehre, hat der heutige Beduine noch alle die Vorzüge und Mängel des Charakters seiner Urahnen. Seine Wohnung ist das Zelt; sein Gerät Kamelsattel und Wasserschlauch; seine Kleidung wollenes Hemd und Mantel; seine Waffen Speer und Schwert; seine Speise Milch, ungesäuertes Brot, Butter, Datteln; sein Reichtum das Kamel und das Pferd. Industrie ist kaum entwickelt, bedeutender der Handel. Vor Jahrtausenden schon liefen die ägyptischen und persischen Handelsschiffe in die Häfen von Katif (Gerrha), Aden (Adana) und Mocha (Muza) ein; Dschidda war und ist jetzt noch der Landungsplatz der nach Mekka bestimmten Handels- und Pilgerkarawanen. Südarabien (Jemen) liefert jährlich zwischen 50,000 und 100,000 Zentner Kaffee (Mokkakaffee), außerdem Pferde, Datteln, Gummi, Räucherwerk, Häute; es bezieht Stoffe, Gewürze und Zucker aus Indien und Persien, Sklaven, Gummi, Weihrauch aus Afrika, Metallwaren aus Amerika und Luxusartikel aus Europa. Einen einzigen Staat hat A. nie gebildet; es bestand zu allen Zeiten wie noch jetzt aus einer Anzahl einzelner Staaten. Bei den Nomadenstämmen finden wir noch die patriarchalische Regierungsform der biblischen Welt. An der Spitze eines Stammes steht gewöhnlich ein Fürst, der Imam (Oberpriester), Scherif (Edler), Emir (Befehlshaber), Sultan (König) oder Scheich (Ältester) heißt, aber keineswegs mit orientalischem Despotismus herrscht, vielmehr in der Ausübung seiner Macht durch den Koran, mehr noch durch Sitte und Herkommen beschränkt ist. Religion ist der Islam, der in A. entstand und von hier aus im Verein mit seiner Sprache über drei Weltteile sich ausbreitete. Der größte Teil der Einwohner gehört zu den Sunniten (s. d.); an der Ostküste gibt es viele Schiiten (s. d.). Das Wahhabitentum (ein reformierter Islam) in Nedschd ist unlängst zu Grunde gegangen. Der Mann darf vier Frauen haben, hat aber gewöhnlich nur eine; die Heirat ist ein Kauf. In manchen Gegenden, z. B. in Omân und im östlichen Nedschd, betreiben die Weiber allein die Wirtschaft. Lesen und Schreiben ist unter den Beduinen eine seltene Kunst. Allgemein aber ist die Neigung und Fähigkeit[653] zum Dichten; viele Gesänge pflanzen sich von Mund zu Mund fort, und Erzählen von Märchen und Geschichten bildet die liebste Unterhaltung.

Geld- und Maßwesen. Die Araber rechnen gewöhnlich nach spanischen Piastern (Krusch oder Mogrebi) zu 40 Diwani = 4,351 Mark oder nach Mariatheresientalern (Fransi) = 4,21 Mk. Silber, gegen welche die türkischen und sonstigen fremden Münzen, auch altholländische Dukaten und venezianische Zechinen Kurs haben. Rechnungsmünze in Mocha ist ein Silberpiaster (Talaro) = 3,523 Mk. Silber mit Einteilung in 80 Kabir zu 5 Kommassih, einer Kupfermünze; 102 Kabir bilden ein Haraff, und 100 Real oder Theresientaler werden = 121,5 Mochataler gesetzt. Als Längenmaß dienen in Jemen der Cobido von rund 48 und der Göß von 63,5 cm. Edelmetallgewicht ist das Bihk zu 10 Miskal von 24 Kirat = 46,54 g, 2 Bihk = 3 Wakeia; die Handelsgewichte sind ungleich. 1 Rattel von Dschidda hat 15 Wakeia oder 144 Derhem = 415,23 g.

Die einzelnen Gebiete Arabiens.

Die alten Geographen unterschieden das Wüste A. (Arabia deserta), das die Sandstriche südlich von Palmyra und Thapsakos umfaßte, und das Glückliche A. (Arabia felix), d.h. das ganze übrige A., das sie irrtümlich für ein durchweg reiches und fruchtbares Land hielten; vorzüglich aber verstand man unter letzterm Namen die Küstenländer am Arabischen Meerbusen. Seit Ptolemäos unterschied man das Glückliche, Wüste und Peträische A. (Arabia Petraea); letzteres, nach der Stadt Petra im Edomiterland benannt, umfaßte die Sinaihalbinsel und das Gebirge im O. des Wadi el Araba. Heute zerlegt man A. in die einzelnen Küstenlandschaften: Hidschaz, Jemen, Hadramaut, Omân (Maskat), El Hasa und die innere Plateaulandschaft Nedschd. Die Türkei beansprucht zwar die Oberherrschaft über A., übt sie aber nur auf einem beschränkten Gebiete tatsächlich aus.

Das türkische Gebiet (abgesehen vom Sandschak El Hasa am Persischen Meerbusen) zerfällt in die Wilajets Hidschaz, Asîr, Hodeidah, Sana und Ta'is und erstreckt sich längs des Roten Meeres (s. Karte »Ägypten« und die Geschichtskarte »Türkisches Reich«), etwa 200–300 km breit. Binnenwärts sind die Grenzen unbestimmt und wechselnd. Man schätzt das Areal auf 441,000 qkm, seine Bevölkerung auf 1,050,000 Einw. Die nördliche Hälfte, die Landschaft Hidschaz, umfaßt in wechselnder Breite die Westküste vom Meerbusen von Akaba bis südlich von e'-Lîd. Hinter dem 25–40 km breiten sandigen und dürren Uferland (Tehama) erheben sich bis 2000 m hohe Gebirge: Dschebel e'-Schafah, Dschebel Radhwâ, Ejjûb u.a., östlich von ihnen dehnen sich weite Lavafelder (Harras) aus, zwischen denen die Pilgerstraße nach Medina u. Mekka zieht. Nur in den Wadis findet sich Pflanzenwuchs.

Der südliche Teil der arabischen Westküste, von 20° nördl. Br. bis zur Meerenge Bab el Mandeb, ist die Landschaft Jemen oder das Glückliche A., mit reichlichern Niederschlägen und demzufolge auch üppigerer Vegetation als der Norden. Über einem flachen, sandigen Küstensaum, der nur an einigen bewässerten Stellen fruchtbar ist und vorzüglich Durrahirse und Palmen hervorbringt, erhebt sich das Bergland bis zu 2800 m. Prächtige, im nördlichen Ä. unbekannte Waldungen mit hohen Bäumen (darunter ausgezeichnete Feigenarten) bedecken die Berghänge, während die Gipfel meist nackt hervortreten und auf den terrassenförmigen Abhängen bis hoch hinauf die Kultur des Kaffeebaums betrieben wird, der hier (namentlich in der Umgegend von Mocha) und in Südabessinien (Kassa) seine Heimat hat. Im engsten Sinne wird unter Jemen nur der südliche Teil der Westküste, das Gebiet von Sana, verstanden, wo der tropische Charakter des Landes am entschiedensten ausgeprägt ist.

Hadramaut umfaßt die Südküste von Aden bis zum Ras Madrak unter 19° nördl. Br. Auf ebenes Küstenland folgt mittleres Bergland, dann Hochebenen oder Hochgebirge, die sich zu einem Tiefland absenken, das als Anfang der großen Binnenebene gilt. Politisch zerfällt das Land in viele kleine Staaten mit den Städten Makalla und Mirbat an der Küste, Schi bam, Terim, Koreïn im Innern.

Die weit in den Persischen Golf vorspringende Halbinsel bildet das selbständige Reich Omân (s. d.), ein weites Gebirgsland. Fast unmittelbar vom Meer an erheben sich Bergreihen hinter Bergreihen, die im Dschebel Achdar eine Höhe von über 3000 m erreichen. Urkalk bildet den Kern der hohen Gebirgskette; an ihr lagern in den Vorbergen und am Fuße der niedern Höhenzüge Glimmer- und Tonschiefer, oft von Porphyrmassen durchbrochen. Im W. wird die Gebirgslandschaft von der großen Sandwüste begrenzt. Die größte Breite des bewohnten Landes beträgt im Durchschnitt 200, die ganze Länge 550 km. Omân hat an den Küsten afrikanische Hitze, auf dem Achdar sind während des Winters Schnee und Eis nicht selten. Die Nordostmonsune bringen Steigungsregen, die Regenzeit währt vom Oktober bis zum März, der jährliche Niederschlag beträgt in Maskat 156 mm. Gleichwohl sind die Berghöhen meist kahl, die Bergströme trocknen im Sommer ein, und die Kultur kann sich daher nur auf einzelne Oasen erstrecken, wo Datteln, Klee, Mais, Indigo, tropische Früchte und Gemüse gedeihen. Die vorhandenen Erze (Kupfer, Eisen, Blei) werden nicht ausgebeutet. Berühmt sind die Dromedare von Omân. Das Meer ist außerordentlich reich an Fischen, die ausgeführt und selbst zum Düngen verwendet werden.

Längs des Persischen Meerbusens erstreckt sich endlich die Landschaft El Hasa (Ahsa), eine überaus heiße Tehama, ebenfalls durch eine Bergkette vom Innern getrennt. Sie zeichnet sich infolge zahlreicher, meist heißer Quellen durch Fruchtbarkeit und mannigfache Erzeugnisse, namentlich vortreffliche Datteln, aus. Hauptorte sind Katif und Hofhuf. Politisch fleht Hasa ebenso wie die nördlich gelegene kleine Republik Kueit unter türkischer Botmäßigkeit und bildet ein Sandschak des Wilajets Basra (mit 150,000 Einw. auf 80,600 qkm). Der Küste von Hasa gegenüber liegt die durch Perlenfischerei berühmte, unter britischem Schutze stehende Inselgruppe Bahrein (s. d.).

Im Innern ist jetzt der mächtigste Staat das Emirat Haïl, nachdem Mohammed ibn Raschid 1891 die vereinigten Stämme des Nedschd geschlagen hatte; doch beginnt es nach seinem Tode 1897 unter seinem Neffen Abd ul Asis zu zerbröckeln. Das einst mächtige Riad ist (mit kurzer Unterbrechung Anfang 1902) Hall tributär. Nach S. gegen Hadramaut und Omân sowie nordwärts gegen den Euphrat hin dehnen sich große Wüsten aus. Die Hammada nördlich von Nedschd ist die Heimat der besten arabischen Vollblutpferde. Nedschd, von nordwestlich streichenden Gebirgen durchzogen, liegt um mehrere 100 m höher als die angrenzenden Länder und ist dadurch gesünder und anbaufähiger als diese. Die bedeutendern Städte sind: Hall, Riâd, Houtah, Oneise, Schakra, Bereide. Chárfa, Sadik, Seddus, Mskakeh, Dschof. Von der nördlichen Wüste ist der östliche Teil nach am bekanntesten,[654] weil die Karawanen von Bagdad nach Basra sie durchschreiten. In der Nähe des Euphrat ist das Land gut bewässert, fruchtbar und verliert allmählich den Charakter der Wüste.

Geschichte Arabiens.

Die ältere Geschichte Arabiens ist noch ziemlich dunkel. Es scheint der Ursitz der Semiten gewesen zu sein und wiederholt seine Menschenmassen über Vorderasien und nach Afrika ergossen zu haben. In der ältesten historischen Zeit bestand seine Bevölkerung aus zwei Hauptgruppen, den nördlich wohnenden Ismaeliten und den südlichen Joktaniden (Kahtaniden), die beide als Nachkommen Sems gelten. Den nordwestlichen Teil, Arabia Peträa (nach der Stadt Peira), bewohnten die Idumäer (Edomiter), Nabatäer und Midianiter; das Wüste A. die eigentlichen Ismaeliten; in Südarabien bestanden die Reiche der Minäer und Sabäer; das letztere, mit der glänzenden Hauptstadt Mariaba, wurde durch das der Homeriten (Himjariten) mit den Hauptstädten Taphar, später Ssan'a, abgelöst. An der Südküste saßen die Chatramotiten mit der Hauptstadt Sabota, endlich an der Südostküste die Maken und am Persischen Meerbusen die Gerrhäer. Auch in den südlichen Teilen Syriens, Mesopotamiens und Babyloniens finden wir schon früh arabische Stämme. Während die Raubzüge der Araber zeitweise die Nachbargebiete gefährdeten, wurden sie selbst von den Eroberungszügen der babylonischen und assyrischen, ägyptischen und persischen Herrscher nur vorübergehend und meist nur im Norden ihres Landes berührt. Alexander d. Gr. rüstete sich zu einem Zuge gegen sie, ward aber durch seinen Tod an dessen Ausführung verhindert. Eine hervorragende Stellung nahm im letzten Jahrhundert v. Chr. das durch den Karawanenhandel reich gewordene nabatäische Petra an der Grenze der Sinaihalbinsel ein. Im Süden beherrschten seit Jahrhunderten die Sabäer die Handelswege, die hier von Indien über Südarabien nach dem Nordwesten führten. Augustus faßte den Plan, ihnen diese Stellung zu entreißen; aber der Zug des Prokurators von Ägypten, Älius Gallus, in das Innere von Südarabien (25 v. Chr.) mißglückte gänzlich. Das Reich der Nabatäer ward 105 n. Chr. durch Trajan eingezogen. Seit dieser Zeit verscholl das verwüstete Petra, und an seiner Stelle ward Bostra Hauptsitz des Handels für diese Bezirke. Einige nördliche Stämme blieben in einer gewissen Abhängigkeit von den römischen Kaisern, und ihre Fürsten wurden als deren Statthalter angesehen, die das Reich nach Osten hin zu decken hatten. Inzwischen war es den Römern gelungen, den indischen Handel auf dem Seeweg an A. vorbeizuleiten; dadurch wurde die bisherige Blüte Südarabiens gebrochen. Das Land verödete, die Bewohner wurden genötigt, z. T. nach dem Norden auszuwandern, und sanken fast überall auf die Stufe des Nomadentums zurück. Dazu kamen immer gefährlichere Übergriffe der äthiopischen (abessinischen) Könige von Axum, die seit dem 4. Jahrh. n. Chr. mehrfach arabische Bezirke eroberten. Damit verwickelten sich innere Zwistigkeiten, da an einigen Stellen, namentlich durch den Einfluß der Abessinier, das Christentum eingedrungen war, dem andre, z. T. vom Judentum beeinflußte Kreise widerstrebten. Beide Religionen faßten auch an verschiedenen Stellen des nördlichen A. neben dem hier zum Fetischismus, dort zum Sterndienst neigenden Heidentum Wurzel. Um 570 entrissen die Perser den Abessiniern Südarabien. Überall aber blieben die arabischen Völker zerspalten und zerfleischten einander Jahrhunderte hindurch in innern Kämpfen, während der besonders das mittlere Hochland (Nedschd) der Schauplatz jener von den arabischen Dichtern vielfach besungenen Feh den war. Nur selten kam es zu vorübergehender Vereinigung größerer Stämme zu besondern Zwecken, wie im 5. und 6. Jahrh. in Zentralarabien unter der Vorherrschaft des Fürstenhauses der Kinditen. Dauernd bildete nur die Stadt Mekka mit dem alten Heiligtum der Kaaba (s. d.) den religiösen Mittelpunkt einer Art von Stammkonföderation, die den ungestörten Handelsbetrieb für das Hidschas (Nordwestarabien) zu sichern bestimmt war.

Die neue und große Ära der arabischen Geschichte beginnt mit der Stiftung und Verbreitung des islamischen Glaubens. Mohammed (s. d.), der Stifter desselben, schweißt die arabischen Stämme zum Staat zusammen, und so übernimmt dies Volk auf ein paar Jahrhunderte eine sehr bedeutungsvolle Mission in der Weltgeschichte (s. Kalifen). In den einzelnen Landschaften Arabiens selbst kamen während der Herrschaft der Kalifen, die das schwer zugängliche Land schon seit etwa 800 nicht mehr fest in der Hand hatten, eine ganze Anzahl kleiner Dynastien auf. Meist waren es Scherîfe, d.h. Nachkommen Alis (s. Ali 1); zu ihnen gehörten insbes. die in Mekka regierenden Haschimiten (1063–1200) und die Nachkommen des Katâda (1200 bis jetzt), die unter türkischer Oberhoheit, doch ziemlich selbständig sind. In Jemen herrschten nach- oder nebeneinander seit dem 9. Jahrh. besonders die Dynastien der Sijaditen, Nedschahiten und Soleihnen, bis 1173 die Ejjubiden Südarabien eroberten. Auf sie folgten die Resuliden (1231) und dann die Tahiriten, die sich bis auf die osmanische Eroberung (1517) hielten. Während sich im Norden Arabiens die türkische Macht immer weiter ausbreitete, behaupteten sich die kleinen alidischen Imâme (Fürsten) aus dem Geschlechte der Seiditen in den Gebirgen Jemens; um sie sammelten sich die mit der türkischen Herrschaft Unzufriedenen. Nach zahlreichen kleinern Aufständen brach 1567 eine allgemeine Empörung aus. Ein türkisches Heer unterwarf zwar 1570 Jemen wieder; aber mit dem 1574 erfolgten Tode Sultan Selims II. begann die Kraft der osmanischen Dynastie zu erlahmen, und die Türken mußten Jemen 1633 gänzlich den seiditischen Kleinfürsten überlassen. Um 1740 erhob sich im Innern Arabiens die Sekte der Wahhabiten (s. d.). Mit großer Raschheit verbreitete sich die Bewegung über ganz Zentralarabien; 1803 nahmen die Wahhabiten sogar Mekka ein, und bald erstreckte sich ihr Einfluß im Süden bis Omân, während sie im Norden in die Provinz Bagdad einfallen und einen Angriff auf Syrien planen konnten. Die Türken mußten Mehemed Ali (s. d.), dem Vizekönig von Ägypten, den Krieg gegen die Wahhabiten übertragen. In der Tat wurden bis 1819 die Empörer in das Innere zurückgedrängt. im Namen des Sultans gebot Mehemed Ali über Nordwestarabien, von wo aus er seine Macht nach Jemen ausdehnte. Als aber sein Versuch, sich von den Türken selbständig zu machen, durch die Intervention der europäischen Mächte gescheitert war, mußte er 1811 auch die arabischen Gebiete an die Pforte wieder ausliefern. Ein türkischer Pascha residiert wieder neben dem Scherîf in Mekka, ein andrer in Sana in Jemen; doch ist letztere Provinz auch jetzt ein sehr unsicherer Besitz, wie fortwährende Alarmnachrichten aus Südarabien beweisen. In Zentralarabien herrschen die Nachkommen der Wahhabiten, die Anfang 1902 sogar Riad auf kurze Zeit zurückeroberten; in Omân (Maskat) sitzt schon seit Jahrhunderten eine[655] alidische Dynastie (Imâme), die Stämme des übrigen Südarabien (Hadramaut etc.) stehen frei unter ihren Häuptlingen; nur Aden halten die Engländer besetzt. Vgl. auch Asien (Entdeckungsgeschichte).

[Literatur.] Vgl. Niebuhr, Beschreibung von A. (Kopenh. 1772), und dessen »Reisebeschreibung nach A.« (das. 1774–78, 2 Bde.); die Berichte von Burckhardt (deutsch, Weim. 1830), Laborde (Par. 1830), Wellsted (deutsch, Halle 1842), Tamisier (Par. 1839, 2 Bde.), R. Burton (Lond. 1855 u. ö.), Maltzan (»Meine Wallfahrt nach Mekka«, Leipz. 1865, 2 Bde.; »Reise nach Südarabien«, Braunschw. 1873), W. G. Palgrave (deutsch, Leipz. 1867–68, 2 Bde.), Sadlier (Bombay 1866); v. Wrede, Reise in Hadramaut (Braunschw. 1873); Vandenberg, Le Hadramout (Batavia 1886); Manzoni, El Yemen (Rom 1885); Anne Blunt, A pilgrimage to Nejd (Lond. 1881, 2 Bde.); Doughty, Travels in Arabia Deserta (Cambridge 1888, 2 Bde.); Charles Huber, Journal d'un voyageen Arabie (Par. 1891); v. Nolde, Reise nach Innerarabien etc. (Braunschw. 1895); Euting, Tagebuch einer Reise in Innerarabien (Leiden 1896, Bd. 1); L. Hirsch, Reisen in Südarabien etc. (das. 1897); Bent, Southern Arabia (Lond. 1900); Zwemer, Arabia, the cradle of Islam (Chicago 1900); Hull, Geology and geography of Arabia Petraea, etc. (Lond. 1886); Zehme, A. und die Araber seit 100 Jahren (Halle 1875). – Die vorislamische Geschichte Arabiens bearbeiteten Caussin de Perceval, Essai für l'histoire des Arabes (Par. 1847–48, 3 Bde.); Nöldeke, Geschichte der Perser und Araber zur Zeit der Sasaniden (Leiden 1879); Derselbe, Die ghassânischen Fürsten (Berl. 1887); Rothstein, Die Dynastie der Lachmiden (das. 1899); Winckler im 3. Bande von Helmolts »Weltgeschichte« (Leipz. 1899). Beiträge zu einer kritischen Verarbeitung des Materials finden sich bei Forster, Historical geography of Arabia (Lond. 1844, 2 Bde.); Sprenger, Alte Geographie Arabiens (Bern 1875). In den Bearbeitungen der südarabischen Inschriften durch D. H. Müller, J. H. Mordtmann, Ed. Glaser, H. Winckler und Fr. Hommel sind die betreffenden historischen Verhältnisse vielfach berücksichtigt, und Glaser hat eine Bearbeitung des Ganzen begonnen (»Skizze der Geschichte und Geographie Arabiens«, bisher nur Bd. 2, Berl. 1890). Für die nachislamische Zeit s. Kalifen und Wahhabiten; außerdem Snouck Hurgronje, Mekka, Bd. 1 (Haag 1888); Wüstenfeld, Jemen im 11. (17.) Jahrhundert (Götting. 1884).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 652-656.
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