1. Allzu grosse Freiheit ist eine Mutter der Bosheit.
Mhd.: Grôz frîheit oft boes ende nimt. (Renner.) (Zingerle, 38.)
2. Bei der höchsten Freiheit wohnt die niedrigste Sklaverei. – Eiselein, 183.
Lat.: Spartae qui liber est maxime est liber, et servus maxime servus. (Eiselein, 183.)
3. Bei Freiheit und ausgebacknem Brot leidet niemand Noth.
4. Bei Freiheit und Schwarzbrot lacht man über Noth.
5. Bei Freiheit und Schwarzbrot schlägt man den Teufel todt.
Frz.: Liberté et pain cuit. (Cahier, 941.)
6. Besser in der Freiheit sterben, als in der Knechtschaft leben.
Dän.: Bedre fri-folk engang at døe, end stedse fanger at leve. (Prov. dan., 898.)
7. Da sind Freyheit vnd Privilegia nicht ein Mückendreck werth, da ein Herr darff thun, was jhm gelüst. – Lehmann, 204, 44.
Gilt auch wol von Verfassungen, die keinen Schutz gegen Willkür und Gewalt bieten.
8. Der muss nicht von Freiheit reden, dem Hände und Füsse gebunden sind. – Scheidemünze, II, 66.
9. Die Freiheit, in Religionssachen ist der Stände höchstes Regal. – Pistor., V, 2.
10. Die Freiheit spinnt sich das Garn zu ihrem Zelte selbst.
11. Die freiheyt ist vber silber vnd gold. – Franck, II, 124a.
»Freiheit ist die ewige Seligkeit der Völker auf Erden.« (Welt und Zeit, Germanien 1818, III, 78, 13.)
Mhd.: Vrîheit ist der êren hort, sie überkroenet werk und wort. (Boner.) (Zingerle, 37.)
12. Die freyheit hat ein armer Mann, das man jhn doch lässt betteln gahn. – Henisch, 1206.
Unsere jetzigen Polizeigesetze denken darüber anders.
13. Die Freyheit mit Schaden ist köstlicher als die Knechtschafft mit Nutzen vnnd Wollust. – Lehmann, II, 172, 18.
[1154] 14. Die Freyheit steht darinn, dass jeder thu, was er soll. – Lehmann, 202, 24.
Dän.: Det er den rette frihed som tiener gud og loven. (Prov. dan., 199.)
Lat.: Vera est libertas quae servit Deo et legibus. (Lehmann, 202, 25.)
15. Die grösste Freiheit ist, keines Lasters Knecht zu sein.
16. Die, so Freiheit verkünden und Wahrheit geigen, bringt man bald zum Schweigen.
17. Freiheit drückt den Hut frisch in die Augen und wandelt aufrecht. – Simrock, 2652; Eiselein, 182.
18. Freiheit geht über allen Reichthum. – Graf, 40, 108.
Lat.: Libertas res inestimabilis. (Philippi, I, 225.)
19. Freiheit geht über alles.
»Sklaverei und Leibeigenschaft sind der politische Melthau, in welchem alles verdorrt und durch den nur die moralischen Fliegenschwämme wachsen.« (Seume.)
20. Freiheit geht über alles Gut. – Graf, 40, 107; Der holländische Sachsenspiegel (Frankfurt 1763), 22, 17.
Hier die volle persönliche und bürgerrechtliche Freiheit.
Mhd.: Ichn gaebe mînen frîen muot umbe deheiner slahte guot. (Freidank.) (Zingerle, 37.) – Swelch man verkouft sîn vrîen muot, der nimt nit gelîchez guot. (Wälscher Gast.) (Zingerle, 38.)
Dän..: Frihed er uskateerlig. (Prov. dan., 199.)
21. Freiheit ist die wahre Lauterkeit.
22. Freiheit ist ein köstlich ding. – Henisch, 1206.
23. Freiheit ist lieber als Aug' und Leben. – Simrock, 2651; Sailer, 141; Graf, 41, 110.
Aber sie ist nur, wenn Schiller recht hat, »in dem Reich der Träume«. (Büchmann, 20.)
24. Freiheit ist nicht auf dem Markte feil.
Sie ist im Gegentheil der Preis des Muthes und der Kraft; in feiger Hingebung und Faulheit ist sie noch nicht gewonnen worden.
25. Freiheit ist so lieb als das Leben. – Sailer, 141.
Denn ohne sie hat dies keinen Werth.
Lat.: Omnes profecto liberi libentius sumus, quam servimus. (Plautus.) (Philippi, II, 67.)
26. Freiheit ist so lieb als ein Aug'.
»Man greift einem ins Auge, wenn man in die Freiheit greift, darum ist niemand gern um Präceptor, Richter und Aerzte.«
27. Freiheit ist (gehet) über silber und gold. – Egenolff, 136b; Eyering, I, 681; Henisch, 1206; Sutor, 669; Petri, II, 313; Steiger, 428; Eiselein, 182; Simrock, 2648; Graf, 40, 109.
Dän.: Frihed gaaer øver guld. – Selv vold bedre end guld. (Prov. dan., 199.)
It.: Libertà, e sanità vale più d'una città. – Non v'è oro al mondo con cui pagar si possa la libertà. (Pazzaglia, 196, 5 u. 7.)
Lat.: Non bene pro fulvo libertas venditur auro, hoc coeleste bonum superat orbis opes. (Gaal, 496; Sutor, 224; Binder I, 1152; II, 2134; Philippi, II, 32; Seybold, 363; Eiselein, 182.)
28. Freiheit ist von Gott, Freiheiten vom Teufel. – Simrock, 2663; Körte, 1511.
»Die Freiheiten zerstören die Freiheit, die Gerechtigkeiten die Gerechtigkeit. Jedes Privilegium ist der erste Schritt zur Sklaverei, sowie es die erste öffentliche Ungerechtigkeit ist.« (Seume.)
29. Freiheit kann nicht mit Gold aufgewogen werden.
»Freiheit ist nicht ein so seltenes Gut, sie liegt in der Hand jedes Starken und in dem Beutel jedes Reichen.« (Hans Nogar von Charles Nodier. Frei ins Deutsche übertragen von A. von Hogguer.)
Dän.: Den frihed og sundhed, som vi have, den konst man har lærd, og den dyd man øver, er ei for penge fal. (Prov. dan., 199.)
Engl.: Liberty is better, than gold.
Ung.: Nincs drágább kincs a szabadságnál.
30. Freiheit über alles ist das Günstigste in allen Rechten. – Graf, 40, 106.
Bezeichnet hier die »Möglichkeit, nach eigener Willensbestimmung an allen Anstalten des Gemeinwesens theilzunehmen und alle Befugnisse zu erwerben, die mit dem Bestande des Gemeinwesens vereinbar sind«.
Fries.: Dyo fryheed buppa alle tingem dat anstichste is ney alle riuchten. (Jurisprudentia frisica, Leeuwarden 1834, XIII, 13.)
31. Freiheit und Gleichheit (oder: Freiheit und gleich, heut!).
Lat.: Libera Corcyra, caca ubi libet.
32. Freiheit und Schwarzbrot. – Eiselein, 182; Mayer, I, 120.
[1155] 33. Freiheit und Suppe wird durch viel Köche versalzen.
34. Freiheit verloren, alles verloren. – Kirchhofer, 149.
35. Freiheit vnd aigner Herd sind gross Geltes werth. – Henisch, 1206; Petri, II, 313; Lehmann, II, 172, 14; Simrock, 2650; Graf, 41, 112.
36. Freiheit, wie gering, ist's doch ein thewer ding. – Henisch, 1206; Simrock, 2655; Graf, 41, 111.
Aber sie ist der Kosten werth; denn Handel, Kunst und Wohlstand folgen ihr als ihr Schatten.
Holl.: Vrijheid is goud waard. (Harrebomée, II, 416.)
37. Freiheyt gibt vrlaub zu bossheit. – Franck, I, 124b; Simrock, 2661; Körte, 1513.
J.J. Rosseau sagt: »Die Freiheit ist ein herrliches Gericht, aber schwer zu verdauen; es gehört ein guter Magen dazu, um dasselbe zu vertragen.« Aber warum ist unser Freiheitsmagen so schwach?
Lat.: Deteriores omnes sumus licentia. (Schonheim, D, 6.)
38. Freiheyt ist über all reichthum. – Franck, I, 29b; Körte, 1512 u. 1881.
Mhd.: Allen freyen freyheit, denn senfter tuot ir freyer muot, dan dem keyser alles sein guot. (Zingerle, 38.)
39. Freyheit das best man achten thut vnd ist doch auch nit allzeit gut. – Eyering, II, 621.
40. Freyheit dienet niemand. – Lehmann, II, 172, 21.
41. Freyheit geht vor Gelt, sagt der Vogel vnnd flog ins Holtz. – Lehmann, 201, 3; Lehmann II, 172, 13; Simrock, 2649; Sailer, 127.
42. Freyheit gibt alles wieder. – Henisch, 1206; Lehmann, II, 172, 12; Sutor, 224.
Lat.: Libertas perdulce bonum, bona caetera reddit. (Sutor, 224.)
43. Freyheit ist mit gelt nicht zu bezahlen. – Henisch, 1206; Petri, II, 313.
44. Freyheit ist nicht jedermann nütz. – Lehmann, 202, 23.
Das rechte Mass wol jedermann; nur ist z.B. für Kinder, Betrunkene, Wahnsinnige u. dgl. ein anderes Mass erforderlich, als für Personen, die ihrer Vernunft mächtig sind.
Dän.: Frihed er ikke hvermand tienlig. (Prov. dan., 200.)
45. Freyheit ist nit allweg gut. – Franck, I, 125a; Egenolff, 369a; Henisch, 1206; Gruter, I, 41; Petri, II, 313.
46. Freyheit kan nicht verlohren werden, man nehme einem denn das Leben. – Lehmann, II, 172, 15.
47. Freyheit muss man nach gelegenheit einziehen vnnd erweitern. – Lehmann, 203, 35.
48. Freyheit wird vom hoff gejagt. – Lehmann, II, 172, 16.
49. Freyheit zu Morgen bringt zu Abend sorgen. – Lehmann, II, 176, 30.
50. Frîheit geit vôr golt, säd' de Wachtel un flôch in't Holt. – Hagen, 97, 1; Hoefer, 1102; Raabe, 82; Deecke, 7; Körte, 1515; Körte2, 1882.
Anders wie die Wachtel dachten die Kappadocier. Als ihnen die Römer die Freiheit geben wollten, schickten sie einen eigenen Abgesandten mit dem Auftrage nach Rom: die Freiheit sei ihnen unerträglich, sie bäten um einen König, worüber die Römer sich nicht wenig wunderten. (Welt und Zeit, Germanien 1818, IV, 199.)
Frz.: Il vaut mieux être oiseau de campagne, que de cage. (Lendroy, 261.) – Mieux vaut être oiselet de bois en bocage, que grand oiseau de cage.
It.: È meglio, esser uccello di bosco che di gabbia.
Ung.: Kalitkában bár kedvére lakjék a madár, mégis szomorkodik.
51. Geschenkte Freiheit ist des Aufhebens nicht werth.
52. Je mehr freiheit, je grösser muthwill. – Henisch, 1206; Petri, II, 394; Körte, 1514; Körte2, 1884; Raabe, 82; Simrock, 2662.
53. Jeder hat freyheit, dass er Kraut mit Löffeln isset. – Lehmann, 202, 13.
54. Man kann die Freiheit nicht zu theuer bezahlen.
Holl.: Geen vrijheid is zoo duur gekocht, of zij heeft wis meer uitgebrogt (of: zij is meer waard). (Harrebomée, II, 416.)
55. Man kann die Freiheit wol ausläuten, sie aber nicht begraben.
Bezieht sich auf die Vorfälle, die dem Unabhängigkeitskriege der nordamerikanischen Freistaaten vorangingen. Als am 1. Nov. 1765 die Stempelacte dort eingeführt werden sollte, wurden in mehrern Städten [1156] die Glocken wie bei einem Leichenbegängniss geläutet. Zu Portsmouth folgte darauf ein förmlicher Leichenzug durch die Strassen, mit zwei gedämpften Trommeln voraus, denen ein Sarg folgte, auf dem mit grossen Buchstaben geschrieben stand: »Freiheit.« Am Begräbnissorte wurde der Verstorbenen eine Leichenrede gehalten; doch kaum war dies geschehen, so hob man die Leiche in die Höhe, weil man noch einige Spuren von Leben an ihr wahrzunehmen glaubte. Sogleich ward die Inschrift in die Worte verändert: »Die wiederaufgelebte Freiheit!« L. Börne sagt in seinem zweiten pariser Briefe: »Die Freiheit lebt auch im Grabe fort und wächst, bis sie den Sarg sprengt. Das sollten sich die Todtengräber merken.«
56. Niemand hat mehr Freyheit als ein Muck, die setzt sich auf eines jeden Stirn. – Lehmann, 203, 31.
Dän.: Hvo haver større frihed end fluen, der sætter sig paa enhvers pande. (Prov. dan., 199.)
57. Schöffenbare Freiheit adelt keinen schnöden Mann. – Graf, 34, 85.
Das Heerschild bezeichnet den lehnrechtlichen Rang. Im fünften Heerschild befanden sich die den niedern Adel bildenden Schöffenbarfreien, aber kein schnöder Mann, es waren vielmehr die vollberechtigten Glieder der alten Volksgemeinden.
58. Schöffenbare Freiheit ist die genügendste Freiheit. – Graf, 41, 130.
Die volle Freiheit duldet keine Verbindlichkeit in Ansehung der Person oder des Guts, keine Beschränkung in der Ortswahl zu häuslicher Niederlassung oder Vorschriften in Bezug auf die Ehe. Diese volle Freiheit vertrug sich aber sehr gut mit gewissen Diensten, die der niedere Adel zu leisten hatte und die sich nur auf Aussenverhältnisse bezogen.
59. Vbermässige Freyheit ist der Tugend ärgster Feind. – Lehmann, II, 172, 17.
60. Wenn freyheit nicht hat eygenen schutz, so ist sie in noth wenig nutz. – Lehmann, 202, 10.
61. Wenn keine Freiheit wäre, so könntest du vor mir nicht klagen.
62. Wenn sich die Freiheit anmeldet, muss sie keinen Sklaven schicken.
63. Wer die Freiheit nicht ehrt, ist ihrer nicht werth.
Dän.: Misbruged frihed er værd at mistes. (Prov. dan., 199.)
64. Wer die Freiheit verkauft, muss sie theuer anschlagen. – Scheidemünze, II, 192.
65. Wer die Freiheit verloren hat, der hat nichts mehr zu verlieren.
It.: Chi di libertad' è privo ha in odio d'esser vivo. (Pazzaglia, 196, 3.)
66. Wer die Freiheit will, muss die Hände rühren, sagte der Kyffhäuser, und schlief wieder ein.
Findet seine Erklärung in der Volkssage vom Kaiser Friedrich I., der in der Burgruine Kyffhausen tief unter der Erde an einem steinernen Tische seiner Erlösung harrt.
67. Wer die Freiheit zur Amme gehabt hat, der stirbt in Gräberluft.
68. Wer für die Freiheit streitet, hat zwanzig Hände und noch so viel Herzen. – Simrock, 2656; Sailer, 162.
Unüberwindlich stark ist der Kämpfer für Freiheit und Vaterland.
Lat.: Fortem facit vicina libertas senem. (Philippi, I, 159.)
69. Wer sein Freyheit nit werth helt, ist sein eygen feind. – Lehmann, 203, 40.
Dän.: Hvo som agter sin frihed ringe, agter sig selv ringe. (Prov. dan., 199.)
70. Wer seine Freiheit nicht bewahren kann, wird andern füglich unterthan.
Dän.: Den skal være en andens, som ei kand være sin egen. (Prov. dan., 28.)
*71. Er liebt die Freiheit, wie der Teufel das Weihwasser.
72. Die Freyheit ist eine Decke, die man den klagenden Unterthanen gibt, sie zu beruhigen; wenn sie aber wieder schweigen, so nimbt man sie ihnen wieder ab, ehe sie es merken. – Wirth, II, 91.
73. Freiheit im Rechte, Einheit im Fürsten und Kraft in der Arbeit.
Wahlspruch eines politischen Vereins.
74. Freiheit und Knechtschaft, sind wol zwei, doch oft im Grunde einerlei.
75. Freiheit und Schwarzbrot geht über alles. – Simrock, 12304b.
76. Freiheit und Zufriedenheit spinnen sich das Garn zu ihrem Gezelt selber.
77. In der Freiheit sein gesessen vnd in Ruh sein Brot gegessen, ist besser als im Dienste stehen vnd in gülden Stricke gehen. – Pers. Rosenthal, 69.
78. Wenn man hat Freiheit vbergeben, sol man darnach nicht widerstreben. – Petri, II, 667.
*79. Der Freiheit eine Gasse machen.
Das Wort wird Arnold von Winkelried zugeschrieben; er soll sich in der Schlacht bei Sempach damit in die Speere der Feinde gestürzt haben, was indess nicht nachzuweisen ist. In dem Sempachliede eines Mitkämpfers heisst es: »Hiemit da tett er fassen ein Arm voll Spiess behend; den Sinnen (Seinen) macht er eine [1274] Gasse, sîn Leben hat ein End.« Th. Körner hat das Wort zuerst in seinem Aufruf (Frisch auf, mein Volk u.s.w.) angewandt. (Büchmann, 10. Aufl., S. 69.)
*80. Die Freiheit zum Deckel der Bosheit machen.
Entlehnt aus 1 Petri 2, 16.
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