Ei [2]

[516] Ei, 1) der zum eigenen Leben vorgebildete thierisch-organische Theil od. Keim, der, in einem dafür bestimmten Organe eines mütterlichen Körpers (Eierstock) erzeugt, zu eigener Entwickelung angefacht, allmälig zu einem lebenden Individuum sich ausbildet. Man unterscheidet hierbei im Thierreiche mehrere Stufen. I. Im Allgemeinen: A) Keimbildung. Hier bildet sich im od. am thierischen Körper eine eigene Höhle, welche kleine Kügelchen enthält; diese sind Eier, welche in einer Haut Eiweiß (Albumen) enthalten, welches eine zweite, zarte Haut (Dotterhaut) umschließt, in welcher der feinkörnige, gefärbte Dotter (Vitellus) enthalten ist; in diesem liegt endlich ein sehr kleines, mit klarer Flüssigkeit gefülltes drittes Bläschen, das Keimbläschen, u. zwar dicht unter der Dotterhaut. Wesentliche Bedigung dieser Entwickelung des Eies od. Keimes ist, daß dasselbe von dem Orte, wo es sich befindet, an einen anderen Ort, meist außerhalb des Thieres, gebracht werden muß, um hier seine Verwandelung zu durchlaufen. Solche Keimsäcke (Ascidia, Sporaugia) finden sich bei den Polypen, Medusen, Strahlthieren u. Seescheiden; manche von ihnen werfen den ganzen Keimsack ab, sobald die Eier reif sind, andere entleeren ihn nur seines Inhaltes, ihn selbst bei sich behaltend; in jenem Falle sitzt er außen, in diesem im Leibe. B) Geschlechtliche Fortpflanzung. Diese höhere Stufe erfordert besondere drüsenartige Organe (Hoden), welche den Samen absondern, welcher erst die Eier befruchtet, d.h. zur Entwickelung fähig macht. Zu dieser Art der Fortpflanzung sind nothwendig: a) die weiblichen Organe, u. zwar: aa) der Eierstock (Ovarium), die Eier u. die Hülle in u. an welcher sie sich befinden; bb) der Eileiter (Oviductus), die Röhre, durch welche die vom Eierstock sich abgelöst habenden Eier hindurchgehen; cc) die Gebärmutter (Uterus), ein Raum, in dem diese Eier eine Zeitlang zur Entwickelung liegen bleiben, u. dd) die Scheide (Vagina), durch welche sie den Mutterkörper verlassen; b) die männlichen Organe, u. zwar: aa) die Hoden (T esticuli), welche den Samen (Sperma) absondern, u. bb) die Ruthe (Männliches Glied, Penis), der Theil, welcher, wenigstens bei vielen Arten, den Samen in die weibliche Scheide ergießt. Diese Fortpflanzungsorgane finden sich nun theils in einem u. demselben Individuum zugleich, welches dann Zwitter od. Hermaphrodit (s.d.) heißt, z.B. bei den Strahlthieren, manchen Muscheln, den meisten Schnecken u. vielen Würmern; theils in zwei verschiedenen Individuen, als getrennte Geschlechter, u. zwar das Eier bereitende als das weibliche, u. das Samen absondernde als das männliche, wie dies bei vielen Crustaceen, allen Arachniden, Insecten u. Wirbelthieren der Fall ist. Durch die Verbindung beider Geschlechter auf kurze Zeit (Begattung, Copulatio) wird hier das Ei zur Entwickelung befähigt, u. zwar außerhalb des weiblichen Körpers (nachdem also dasselbe gelegt ist), entweder durch Bebrüten, wie bei den Vögeln, od. durch Sonnenwärme, wie bei den kaltblütigen Wirbelthieren; od. innerhalb des weiblichen Körpers, so daß schon aus den vom Eierstock losgetrennten Eiern mehr od. weniger ausgebildete Junge hervorkommen, wie bei den Säugethieren u. einigen Amphibien. Bei Spinnen u. Insecten bestehen die Eier fast ganz aus Dotter u. der Keimling liegt mit dem Rücken auf dem Dotter. Bei den Weichthieren ist der ganze Dotter in die Masse des Embryos verwandelt, während bei den Wirbelthieren ein Theil davon für eine spätere Zeit aufbewahrt bleibt, um dem Embryo, der hier stets mit seiner Bauchseite gegen den Dotter gekehrt liegt, zur Nahrung zu dienen. Bei den Strahlenthieren bildet sich der Keim rund um den Dotter u. scheint diesen ganz einzuschließen. Schlangen, Eidechsen u. Krokodile haben mehr lederartige, Schildkröten schon mehr harte, kalkartige Eierschalen, Fische u. Frösche sehr viele, kleine, in Schleim gehüllte Eier, nur Rochen u. Haifische haben größere, viereckige, pergamentschalige Eier; Vögel haben wenige, hartschalige Eier.

II. Die Vogeleier insbesondere. A) In den Eiern der Vögel erscheinen die einzelnen Eitheile am deutlichsten. Sie sind mit einer aus kohlen[516] u. wenig phosphorsaurem Kalk, kohlensaurer Talkerde, Eisen u. Schwefel gebildeten porösen Schale (Eierschale) umzogen, die eine Ausdünstung des Eies u. ein Eindringen der Luft gestattet, u. mehr od. weniger langrund, aber meist mit einem stumpfen u. einem spitzigen Ende (von Eiform), selten (wie bei Eulen) fast ganz rund, meist weiß, auch marmorirt ist. Unter der Kalkschale, die jedoch bei den Eiern gezähmter Vögel, welche schnell nach einander legen, bes. bei Hühnereiern (in sogenannten Fließeiern) zuweilen fehlt, liegt eine aus 2 Blättern bestehende feste Haut (Eihaut); am stumpfen Ende findet sich zwischen beiden Blättern Luft, die von außen eindringt, so wie die Feuchtigkeit sich vermindert. Die innere Fläche ist mit noch einer dünnen Haut überzogen, welche das Eiweiß nach außen umgibt. Dieses enthält nach Bostock 85,0 Wasser, 12,0 Eiweißstoff, 2,7 ungerinnbare Substanz u. 0,3 Salze, als kohlensaures, schwefelsaures, salzsaures Natron, auch Spuren von Phosphor u. Schwefel, gerinnt bei etwa 75° zu einer weißen, undurchsichtigen, weichen Masse u. besteht selbst wieder aus 2 Abtheilungen, einer äußeren u. inneren (bes. in hartgesottenen Eiern erkennbar), die eine ähnliche dünne Haut scheidet. Beide Abtheilungen sind durch eine Art Band an die feste Haut des spitzen Endes des Eies befestigt. Nicht ganz in der Mitte des Eies liegt der Eidotter, aus etwa 25 Proc. gelben Öls, etwas Gallerte u. modificirtem Eiweiß bestehend, in der Dotterhaut (s. oben I. A) eingeschlossen, von runder Form; er ist leichter als das Eiweiß u. steigt daher, je nachdem man das Ei dreht, in die Höhe. Er ist mit dem Eiweiß durch 2 weißliche, schnurähnliche Körper (Hagel) verbunden; diese sitzen mit einem Ende an der Dotterhaut, mit dem andern im Eiweiß nach den beiden Eienden zu u. bestehen aus Röhren, die beim Brüten dem Dotter das Eiweiß zuführen. Nicht selten findet man in Eiern vom Hausgeflügel 2, ja 3 Dotter (zwei- u. dreidotterige Eier), jeder von seinem Eiweiß umzogen; dagegen fehlt er wohl auch in mißgebildeten Eiern (Hexen- od. Hahneneiern), die blos ein zähes, wurmartiges Eiweiß enthalten. In der Mitte der Dotterhaut liegt der Hahnentritt, ein weißlicher Fleck, von etwas stärkerer Consistenz des Eiweißes (bei Hühnereiern linsengroß), mit weißlichen Streifen umzogen, das Rudiment des künftigen Thieres, an dem man bei bebrüteten Vogeleiern jeden Tag die Entwickelung des Vogelembryos beobachten kann. Hausvögel (Hühner, Gänse, Enten, eingesperrte Stubenvögel) legen zuweilen auch Eier, die keinen Stoff zur Fortpflanzung haben (Windeier); doch ist auch in ihnen der Hahnentritt vorhanden, obgleich sie selbst minder belebt sind, leichter faulen u. weniger Eiweiß haben. Auch in einander eingeschlossene Eier, wovon aber immer wenigstens eines unvollkommen ausgebildet ist, mit den Spitzen verwachsene Eier, auch sonst mit Auswüchsen schwanzartiger od. anderer Form versehene, gekrümmte od. sehr verlängerte Eier kommen vor. Auch Steinchen od. andere fremde Körper findet man in ihnen, od. auch, auf Hühnereiern, Zeichnungen u. dergl. Die Entwickelung des durch den Hahnentritt im Vogelei befindlichen Lebensstoffes erfolgt, wenn die Begattung (das Treten der Henne durch den Hahn) vorausgegangen ist u. die Henne das Ei gelegt hat, durch das Brüten (s.d.). Eiersammlungen sind nothwendiges Zubehör zu Ornithologischen Sammlungen; die Eier werden ausgeblasen, u. am zweckmäßigsten mit den zu ihnen gehörenden Nestern, die, je nach der Lebensart jedes Vogels auf der Erde, zwischen Moos od. zwischen Ästen od. sonst naturgetreu befestigt sind, aufgestellt. Ist das ausgestopfte Exemplar des Männchens u. Weibchens in naturgetreuer Stellung zugleich dabei, so ist dies desto zweckmäßiger. Die Lehre von den Vogeleiern (Oologie) ist bes. in neuester Zeit von Thienemann behandelt worden; derselbe hat bes. folgende Punkte festgestellt: a) wirklich verschiedene Vögel legen auch zu unterscheidende Eier; wo die Eier gewisser Vögel nicht zu unterscheiden sind, findet auch kein wahrer, specieller Unterschied der Vögel Statt; b) die Eier gewisser Vögel stehen in so großer Verwandtschaft, daß man eine ununterbrochene Reihenfolge wahrnimmt, u. ist dies der Fall, so ist es mißlich, generische Sonderung vorzunehmen; c) bei scheinbar größter Variation der Eier derselben Species, ja desselben Individuums, ist es doch möglich, feste Merkmale zur Erkennung aufzufinden, u. zwar in dem Wesentlichsten derselben, in den Organisationsverhältnissen der Schale, Korn u. Poren genannt, zu deren genauer Erkennung aber eine mindestens 15fache (lineare) Vergrößerung nöthig ist. Man kann in letzterer Beziehung bei den Vögeln 3 Stufen annehmen: bei der untersten ist die Schalenmasse ganz roh, ohne deutliche Structur, wie z.B. bei Aptenodytes, Phoenicopterus, Pelecanus, Bucco, Buceros u. Crotophaga; bei der 2., wohin Alca u. Diomedea gehören, nähert sich die Structur der der Gesteine, sie wird krystallinisch; u. bei der 3., Stufe, vorzugsweise z.B. bei Casuarius, entfernt sie sich wieder von dieser krystallinischen u. wendet sich der animalischen zu. Von früheren Schriften über diesen Gegenstand sind die wichtigsten: Joseph Zinnani, Delle uove e dei nidi degli uccelli, Ven. 1737 (mit Abbildungen von 111 Eiern auf 22 Tafeln); I. Th. Klein, Ova avium plurimarum ad naturalem magnitudinem delineata et genuinis coloribus picta, 1766 (mit 145 Abbildungen auf 21 Tafeln); Sammlung von Nestern u. Eiern verschiedener Vögel aus dem Cabinet des geheimen Hofrath Schmiedel, gestochen von A. L. Wirsing, beschrieben von Günther, Piesch u. Leske, 101 Tafel, 1772; Nozemann, Nederlandsche Vogelen door Christ. Sepp; Schinz, Beschreibung u. Abbildung der künstlichen Nester u. Eier der Vögel, welche in der Schweiz, Deutschland u. den angrenzenden Ländern brüten, Zürich; Thienemann u. Brehm, Systematische Darstellung der Fortpflanzung der Vögel Europas, mit Abbildung der Eier, 1828–36, Heft 1–5; Thienemann, Die Fortpflanzungsgeschichte der gesammten Vögel, 1845 f., 10 Hefte mit 100 colorirten Tafeln; Bädeker, Die Eier der europäischen Vögel, Iserlohn 1857 ff.

B) Gebrauch der Vogeleier. Als Nahrungsmittel werden besonders die Eier von Hühnern, seltener von Gänsen, Enten, Truthühnern, od. auch Kiebitzen, benutzt. Frische Eier verdienen den Vorzug, da die Eier durch Verdunstung u. Entmischung ihrer Bestandtheile einer Verderbniß unterworfen sind, die sich durch eigenen, specifischen Geruch u. Geschmack (den der faulen Eier), andeutet, der auf Bildung von Schwefelwasserstoff beruht. Da die Hühner im Winter in der Kälte gar nicht, in warmen Räumen nur sparsam[517] Eier legen, so bewahrt man Eier für den Winter auf, am besten dadurch, daß man sie mit dem spitzigen Ende unterwärts in Kleien, Heckerling, trockenen Sand od. Hafer legt, oder sonst gegen den Zugang der Luft u. gegen den Frost bewahrt. In der Küche dienen Eier als Zuthat zu anderen Speisen, Suppen, Brühen, Breien etc. auf die vielfachste Weise, da sie nahrhaft, wohlschmeckend u. der Gesundheit zuträglich sind, in Suppen mit Eigelée etc. Eigene Zubereitungen sind, als die einfachsten: weiche Eier (wie überhaupt das flüssige Ei leicht verdaulich) u. hart gesottene Eier (schwerer ververdaulich), ausgeschlagene Eier (Eier auf Butter, Spiegeleier), etwas verdaulicher als die harten Eier; in Verbindung mit anderen Stoffen, gebackene, gedämpfte, gerührte, saure Eier u. m., bes. auch Eierkuchen (s. d) u. Omelette (s.d.). Auch zu Getränken kommen Eier u. werden dann auch diese darnach, Eierpunsch (s.u. Punsch), od. überhaupt Eiertrank (aus Thee [od. Wasser], rohen Eiern u. Zucker zusammengerührt) bezeichnet. Auch rohe Eier werden in Gelbsucht u. anderen Krankheiten (als Eiercur) verordnet. Bei den Römern bildeten Eier den ersten Gang bei Mahlzeiten; daher das Sprüchwort ab ovo usque ad mala (s.d.). An mehreren Orten ist es gewöhnlich, sich am grünen Donnerstag mit gefärbten, hart gesottenen Eiern (Ostereiern) Geschenke zu machen. Die Sitte hat vielleicht aus den Zeiten der Römer ihren Ursprung, wo man auch um diese Zeit Eierspiele u. Eierfeste hatte, an denen man, dem Castor u. Pollux zu Ehren (welche aus zwei, von der Leda gebornen Eiern, ausgebrütet waren), in einem eirunden Kreise nach Eiern um die Wette lief. Auch ist das Eiersuchen am Gründonnerstage od. Ostertage eine an manchen Gegenden beliebte Belustigung der Kinder. Ein ähnlicher Gebrauch ist das Eierwerfen od. Eierlaufen, wie solches in der Schweiz (bes. in Chur) u. in Frankreich (bes. in den kleinen Orten der Pyrenäen) üblich ist. Dies ist eine Art Wettkampf im Laufen, welcher darin besteht, daß von zwei jungen Burschen der eine eine gewisse Anzahl Eier, die in Entfernungen auf den Boden gelegt sind, früher in einen Behälter einzusammeln sucht, als der andere ein diesem gestecktes Ziel erreicht, u. von dort auf den Platz zurückkehrt. Auch die einzelnen Theile der Eier werden zu mancherlei benutzt, so die Eierschalen gepulvert statt der Krebsaugen verordnet, auch zu Gewinnung einer guten weißen Farbe für Fresco- u. Pastellmalerei. Das Eiweiß dient, weil es beim Gerinnen die in einer Flüssigkeit schwebenden Substanzen einhüllt u. mechanisch fällt, zum Klären trüber Flüssigkeiten; im frischen Zustand u. durch starkes Schlagen od. Schütteln in einen dichten weißen Schaum verwandelt, zum Zusatz zu manchen Präparaten, z.B. der Althäenpaste, so wie zu vielen Zuckerbäckereien, um dieselben locker zu erhalten. Sonst dient Eiweiß auch zu Firnissen, zum Kitten des Porzellans, zum leichten Vergolden. Das Eidotter dient, klein gewiegt, jungen Hühnern, Fasanen, Canarienvögeln u.a. zur Nahrung; in Apotheken wird es zu Salben, auch zur Verbindung harziger Stoffe, z.B. Jalappenharz, mit Wasser benutzt; beim Backen befördert es die Gährung.

III. Was beim Vogel das Brüten bewirkt, erfolgt beim befruchteten Ei der Säugethiere durch die innere Wärme des mütterlichen Körpers, Die Eier erscheinen hier noch vor der Befruchtung in den Eierstöcken als rundliche Bläschen (Bärsche, nach ihrem Entdecker genannt) u. bestehen ebenfalls aus Dotter, Keimbläschen u. Eihaut, im Eierstocke in der Eikapsel (früher Graafsches Ei genannt) liegend, u. zwar von Flüssigkeit umgeben. Höchst wahrscheinlich werden sie bei der Begattung schon auf dem Eierstock befruchtet u. gelangen nur zu ihrer Entwickelung in die Gebärmutter, Auch hier erscheinen sie zuerst noch als kleine, in Schleim gehüllte Blasen; bald aber werden, wie auch im bebrüteten Vogelei, seine Blutstreifen bemerklich, aus denen sich zunächst Gefäße u. das Herz entwickeln. Von nun an nimmt die Entwickelung des Embryos ihren Fortgang, welcher, so lange er im mütterlichen Körper weilt, von den das Ei bildenden Häuten umschlossen ist, s.u. Embryo. Die Eihäute sind bei den Säugethieren, von der Mutter aus: a) das Chorion (Lederhaut), wodurch die unmittelbare Verbindung mit der Gebärmutter bewirkt wird. Es ist nach innen glatt, ohne Blutgefäße, nach außen mit einem gefäßreichen, galligen Zellgewebe, das sich mit der Hunterschen Membran der Gebärmutter innig verbindet, umgeben. Diese beiden Theile werden auch als glattes (eigentliches) u. als schwammiges Chorion unterschieden; b) das Amnion (Schafhaut), mit dem darin enthaltenen Schafwasser, welches den Embryo zunächst umgibt; c) das Nabelbläschen (bei Menschen), die Erythroideische Haut (bei Thieren); d) bei mehreren Thieren (nicht aber bei Menschen) die Allantois, eine weiße, sehr dünne, zarte Membran, eine Fortsetzung der Blasenschnur. Sie bildet einen trichterförmigen Sack, der sich in 2 lange darmähnliche Blindschläuche theilt, die zwischen der Leder- u. Schafhaut eingeschlossen, sich in die beiden Hörner des Fruchthällers festsetzen, wie diese von ungleicher Ausdehnung sind u. mit dem zunehmenden Wachsthum der Frucht auch größer werden. Man kann ihn als eine, außer dem Leibe des Fötus liegende Harnblase betrachten, die dazu dient, den Urin aus der Blasenschnur aufzunehmen u. zu sammeln; e) die Nabelschnur (s.d.). Indem der Embryo bei der Geburt seine Eihäute sprengt u. von der Nabelschnur gelöst wird, tritt er eben so aus seinem Ei hervor, wie der Vogel unter Durchbrechung der Eischale nach geendigter Brütezeit, u. die Eihäute gehen dann als Nachgeburt ab.

2) Pflanzenei od. Samenknosp (Ovulum, Gemmula), ist das Organ der Blüthe, welches, im Fruchtknoten sich entwickelnd od. auch frei in der Blüthe liegend, sich später zum Samen ausbildet. Die Eierchen der Pflanzen sitzen entweder unmittelbar od. durch eine Art Stiel (Eiträger, Samenträger, Funiculus, Podospermum) auf einer Erhöhung, der Samenleiste (Knospenpolster, Samenkuchen, Placenta), die gewöhnlich an der Fruchtknotenwand befestigt, od. in der Mitte des Fruchtknotens sich kegelig od. säulenförmig erhebt. Jedes Eichen erscheint Anfangs als eine kleine, warzenförmige Hervorragung u. besteht im Innern aus Parenchym, äußerlich aus einer Schicht (Epithelium) tafelförmiger Zellen. Bei der weiteren Entwickelung zur wirklichen Samenknospe zeigen sich noch folgende Veränderungen: Selten bleibt das Ei ohne alle Hüllen, wie z.B. beim Mistel, u. dann wird es zu einem sogenannten[518] nackten Samen; häufiger bildet sich aber, wie beim Taxus, eine einfache Knospenhülle, indem sich unterhalb des Eikerns im ganzen Umfange eine Kreisfalte erhebt, die den Kern allmälig überzieht u. von oben bis auf eine kleine Öffnung, die man Eimund (Knospenmund, Micropyle) genannthat, schließt, während die Stelle, wo Hülle u. Kern zusammenfließen, der Eigrund od. Knospengrund heißt. Oft erhebt sich aber auch unterhalb der ersten noch eine zweite Kreisfalte, die allmälig jene u. das ganze Ei überhaupt bis auf eine kleine Öffnung umschließt. Dann heißt die erstere die innere Eihülle (Tegmen), die zweite die äußere (Testa). Die Stelle, wo die äußeren Hüllen mit dem Grunde des Eikerns zusammenhängen, nennt man Hagelfleck (Chalaza), u. ist eine stielartige Verlängerung daran, so heißt diese Eiträger (s. oben). Das Ei enthält nie Gefäße, besteht vielmehr nur aus Parenchym; bald aber dehnt sich in dem Eikerne eine einzelne Zelle sehr aus, indeß das herumliegende Parenchym verdrängt, verflüssigt u. aufgesogen wird u. eine mit einer einfachen Haut ausgekleidete Hülle im Innern des Eikerns entsteht. Diese Höhle heißt der Keim od. Embryosack (Quintine, Sacculus embryonalis), der sehr verschieden geformt ist u. Gummi, Zucker u. Schleim enthält. Die Veränderungen, welche das Ei während seiner Entwickelung erhält, sind folgende: a) das Ei ist an der Achse od. Nebenachse (der Samenleiste) so befestigt, daß der Eimund dem Anheftungspunkte in gerader Linie gegenüber liegt, das Ei heißt dann orthotrop (geradläusig); b) wird der Eiträger sehr lang, so biegt sich der Knospenmund nach unten u. verwächst mit der ihm zugekehrten Eiseite so, daß der Eimund dicht am Anheftungspunkte u. dem Eigrunde in gerader Linie gegenüber liegt, anatrop (umgekehrt od. rückläufig); c) entwickeln sich die beiden Eiseiten ungleich, indem die eine zurückbleibt, die andere am fertigen Eie fast den ganzen Umkreis desselben beschreibt, so daß Anheftungspunkt u. Eigrund zusammenfallen u. der Eimund neben ersteren zu liegen kommt, so heißt das Ei campylotrop (krummläufig). Nach der Befruchtung durch den Blüthenstaub (s. Narbe, Staubgefäß, Same), treten im Keimsacke Zellkerne auf, u. zwar gewöhnlich drei, die zur Bildung von eben so vielen Zellen Veranlassung geben, die man Keimbläschen nennt, u. von denen gewöhnlich nur eine sich verlängert, am Ende keulenförmig anschwillt u. endlich sich in neue Zellen zertheilt, die allmälig den Keim od. Embryo (s.d.) zusammensetzen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 5. Altenburg 1858, S. 516-519.
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