Siebenbürgen

[430] Siebenbürgen (magyar. Erdély, »Waldland«, rumän. Ardealu, lat. Transsilvania), das Gebiet des ehemaligen Großfürstentums S., das Land »jenseit des Königsteiges« (Királyhágó, s. d.), das seit 1867 vollständig mit Ungarn vereinigt (s. Karte »Ungarn«) ist und die östlich von den Komitaten Krassó-Szörény, Arad, Bihar und Szilágy sowie südlich von Szatmár und der Máramaros liegenden 15 ungarischen Komitate (s. unten) umfaßt, grenzt im O. an die Bukowina, im O. und Süden an Rumänien und hat einen Flächenraum von 57,244 qkm (1039,6 QM.). S. ist ein zu dem Gebirgssystem der Karpathen gehöriges Hochland, das von Randgebirgen in beinahe quadratischer Form wallförmig umgeben ist (s. Karpathen). Der höchste Gipfel Siebenbürgens ist der Negoi (2536 m). Nach innen entsenden die Randgebirge zahlreiche und vielverzweigte Bergreihen mit meist engen und kurzen Tälern, und nur die Täler der Hauptflüsse erweitern sich stellenweise beckenartig; so im obern und mittlern Lauf der Maros, wie z. B. bei Maros-Vásárhely und das schöne Hátszeger Tal (500 m ü. M.), die fruchtbaren Ebenen bei Hermannstadt, des Alt bei Csikszereda, Kronstadt und von Reps bis zum Rotenturmpaß, das prächtige Burzenland (s. d.) und das Szamostal bei Bistritz und Deés. Die tiefsten Punkte (im westlichen Marostal) haben noch immer eine Seehöhe von über 160 m. Charakteristisch sind die ungeheuern Spalten, welche die Berge mitunter senkrecht teilen (Tordaer Spalte). Fast völlig in der Mitte des Landes liegt die Mezöség (Siebenbürgische Heide, rumän. Kimpia), ein etwa 6000 qkm großes, fruchtbares Hügelland von 90 km Lange und 75 km Breite. Hauptfluß ist die das Land in einem Bogen durchströmende Maros mit dem Großen und Kleinen Arany os, dem Großen und Kleinen Kokel (Küküllö) und dem Strel; ferner die Szamos mit dem Lápos und der Bistritz und die Aluta. Im W. entspringt auch die Körös, an der Ostseite die Goldene Bistritz, die in den Sereth fließt, und im Süden der Schyl (Jiulu) und der Vodza, die nach Rumänien[430] enteilen. S. besitzt in den Karpathen etwa 90 kleine Seen (Meeraugen) und ist besonders reich an Mineral- und Heilquellen (Algyógy, Baasen, Borszék, Elöpatak, Homoród, Kovászna, Málnás, Rodna, Szováta, Tusnád, Zaizón etc.). Die beträchtliche Meereshöhe und die hohen Randgebirge bewirken, daß das Klima trotz der südlichen Lage ziemlich rauh ist. Kronstadt hat 7,7°, Klausenburg 9° und Hermannstadt 8,7° mittlere Jahreswärme. Trotz schneller Temperaturwechsel ist das Klima im ganzen gesund.

In bezug auf Nationalität und Religion zeigt das siebenbürgische Gebiet Ungarns die größte Mannigfaltigkeit (s. die »Ethnographische Karte von Österreich-Ungarn«). Von der 1901 ermittelten Bevölkerung von 2,456,838 (mit Militär: 2,476,998) Einw. entfallen 1,397,282 (56 Proz.) auf Rumänen, 814,994 (33 Proz.) auf Magyaren und 233,019 (9,4 Proz.) auf Deutsche (meist Sachsen, s. unten: Geschichte). Der Religion nach waren 748,928 (30 Proz.) Griechisch Orientalische, 691,896 (27,9 Proz.) Griechisch-Katholische, 364,704 (14,7 Proz.) Reformierte, 331,199 (13,4 Proz.) Römisch-Katholische, 222,346 (9 Proz.) Evangelische, 64,494 (2,6 Proz.) Unitarier und 53,065 (2,2 Proz.) Israeliten. Auf 1 qkm entfallen im Durchschnitt 43 Einw.; die dünnste Bevölkerung weist das Komitat Csik auf (26 auf 1 qkm). Die Rumänen sind im ganzen Land verbreitet, am meisten aber im W. und Süden, wogegen die Magyaren meist im W. und O. zu finden sind. Die magyarischen Bewohner der östlichen gebirgigen Landesteile werden Székler (s. d.) genannt. Die Sachsen bedienen sich des Hochdeutschen als Schriftsprache, während sich die bei ihnen herrschenden Mundarten den mittel- und niederrheinischen Dialekten mit niederdeutschen Einflüssen nähern (vgl. Deutsche Sprache, S. 746; volkskundliche Literatur s. unten). Landwirtschaft, Viehzucht und Bergbau sind die wichtigsten Nahrungszweige der Einwohner. Dem Ackerbau und der Viehzucht widmen sich hauptsächlich die Magyaren und Székler, die Sachsen außerdem noch dem Weinbau. Die Rumänen treiben meist Viehzucht und pflanzen Mais. S. ist trotz seines Gebirgscharakters mit Ausnahme der höchsten kahlen Bergrücken sehr fruchtbar. Vom Areal entfallen 22,6 Proz. auf Ackerland, 0,5 auf Weinland, 16,5 auf Wiesen und Gärten, 9,5 auf Weiden, 37,3 auf Wald, und 13,5 Proz. sind unproduktiv. Der Weinstock gedeiht am besten an den Ufern der Maros und der beiden Kokel. Obst liefert S. in großer Menge, ebenso auch allerlei Farbhölzer, Alpen- und gewürzreiche Kräuter. Die ausgedehnten Grenzwaldungen bestehen aus Tannen und Buchen, im Innern meist aus Eichen und bieten besonders den Rumänen und Széklern Arbeit und Verdienst.

Das Tierreich zeigt ebenfalls eine große Mannigfaltigkeit. Das Hornvieh ist an Güte dem ungarischen gleich, Büffel werden meist nur als Zug- und Lasttiere benutzt; geschätzt ist die Milch der Büffelkühe. Die Pferdeausfuhr ist bei der starken Zucht sehr beträchtlich. Die Schafzucht wird lebhaft betrieben, und zwar besonders im südlichen Teil des Landes. Schweine werden in Menge gemästet. Von wilden Tieren gibt es Bären, Wölfe, Füchse, Wildschweine, Gemsen. Auch Seidenraupen werden, zumeist von den Sachsen, gezogen; die Bienenzucht ist sehr entwickelt, die Honig- und Wachsproduktion sowie die Ausfuhr beträchtlich. Der Mineralreichtum Siebenbürgens ist unerschöpflich. In bezug auf Gold ist es nach Rußland das reichste Land Europas. Das meiste Gold, das sich oft auch in Tellur (in Offenbánya) findet, wird hauptsächlich in den berühmten Bergwerken zu Nagyág (Szekeremb), Zalatna und Vöröspatak gewonnen. Außerdem wird auch von Zigeunern und Rumänen Gold aus dem Gerölle mehrerer Flüsse und Bäche gewaschen, so aus dem Aranyos, der Maros etc. Im ganzen beträgt der jährliche Gewinn über 2250 kg. Ferner findet sich Silber (über 2570 kg), Kupfer, Quecksilber, Eisen, Blei, Spießglanz, Schwefel, Arsenik, Vitriol, Alaun, Marmor, Edel- und Halbedelsteine, Kreide, Graphit und Porzellanerde. Die Steinkohlenlager sind außer dem von Petrozseny und jenen im Schyltal fast noch unbenutzt. Wichtig sind endlich noch die Salzlager des Landes, die zu dem großen von Rumänien bis Wieliczka und Bochnia in Galizien reichenden Salzstock gehören. Man zählt an 30 Salzspuren, d. h. solche Orte, wo der Salzstock zutage ausstreicht. Die ergiebigsten Gruben sind die zu Maros-Ujvár, Torda, Parajd, Vizakna (Salzburg), Deés-Akna (Gesamtproduktion 1905: 996,364 metr. Ztr.). Außerdem gibt es über 700 Salzquellen. Höchst merkwürdig sind die aus reinem Steinsalz bestehenden, mitunter gleich Basaltkegeln sich erhebenden Berge zwischen Szováta und Parajd. Die Industrie ist im Aufschwung begriffen. Die Fabrikindustrie liefert hauptsächlich Bier, Spiritus, Zucker, Glas, Kerzen, Mehl, Leder, Papier, Tuch, Ziegel, Marmor-, Ton- und Zündwaren etc. Gewöhnliche Haus-, vorzüglich Hanfleinwand wird in allen Dörfern des Landes, aber meist nur zum eignen Bedarf, erzeugt; Tücher und buntverzierte Handarbeiten werden besonders in Hermannstadt, Kronstadt, Heltau, Kalotaszeg und im Széklerland verfertigt. Bemerkenswert sind die Wasserkrüge aus seinem grauen Ton und die blasigen Trinkgefäße aus Alaunton. Der innere Verkehr ist ziemlich lebhaft. Der Handel mit Vieh, Butter, Käse etc. ist meist in den Händen rumänischer Gebirgsbewohner. Bauholz, Bretter, Schindeln etc. verführen besonders die Székler aus den Csiker und Háromszéker Gebirgen. Das Eisenbahn- und Telegraphennetz hat sich in jüngster Zeit sehr erweitert und erstreckt sich auch auf das Széklerland. Über den Paß Ghimes, dann bei Predeal und durch den Rotenturmpaß führen Bahnen nach der Moldau und Rumänien. Für den Unterricht wirken die Klausenburger Universität, mehrere reformierte und lutherische Kollegien, ferner 32 Gymnasien, 6 Realschulen, 9 theologische Anstalten und 13 Präparandien. 70 Proz. der schulpflichtigen Kinder besuchen die Schule. Die größte Anzahl von Analphabeten (79 Proz.) weist das Szolnok-Dobokaer Komitat auf.

Seit 1876 ist das siebenbürgische Gebiet Ungarns, das 27 Städte, 227 Märkte (Großgemeinden) und 2118 Dörfer (Kleingemeinden) mit zusammen 523,663 Wohnhäusern zahlt, in folgende 15 Komitate eingeteilt: Bistritz-Naszód, Csik, Fogaras, Großkokelburg, Háromszék, Hermannstadt, Hunyad, Klausenburg, Kleinkokelburg, Kronstadt, Maros-Torda, Szolnok-Doboka, Torda-Aranyos, Udvarhely, Unterweißenburg (Areal und Bevölkerung s. die Tabelle im Artikel »Ungarn«).

Wappen von Siebenbürgen.
Wappen von Siebenbürgen.

Das Wappen Siebenbürgens zeigt obenstehende Abbildung (Beschreibung[431] s. Textblatt zur Tafel »Österreichisch-ungarische Länderwappen«, S. II). Weiteres in den Artikeln »Ungarn« und »Székler«. Vgl. Mildenberg, Statistik und Geographie des Großfürstentums S. (Hermannst. 1837, 3 Bde.); Lenk v. Treuenfeld, Siebenbürgens geographisch-, topographisch-statistisches Lexikon (Wien 1839, 4 Bde.); Bielz, Handbuch der Landeskunde Siebenbürgens (Hermannst. 1856); Boner, S., Land und Leute (Leipz. 1868); Reißenberger, Das Großfürstentum S. (Wien 1881); Hauern u. Stache, Geologie Siebenbürgens (neue Ausg., das. 1885); »Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild«, Bd. 20 (das. 1901); Fronius, Bilder aus dem sächsischen Bauernleben in S. (2. Aufl., das. 1883); Haltrich, Zur Volkskunde der Siebenbürger Sachsen (das. 1885); H. Schubert, S. Drei Vorträge über die siebenbürg. Sachsen (Tübing. 1900); Sigerus, Siebenbürgisch-sächsische Burgen und Kirchenkastelle. 50 Tafeln mit Text (3. Aufl., Hermannst. 1901); Bielz, Reisehandbuch für S. (3. Aufl. von Sigerus, das. 1903); Hankó, Die Bäder und Mineralwässer der siebenbürgischen Landesteile Ungarns (Wien 1900).

[Geschichte.] Als die ältesten Bewohner nennt Herodot die Agathyrsen; später entstand das Reich der Daker, auf dessen Trümmern Kaiser Trajan 101–107 n. Chr. die römische Provinz Dacien (s. d. u. Decebalus) gründete. Schon 275 geriet Dacien in die Hand der Goten, dann der Hunnen, 452 in jene der Gepiden und schließlich in die der Avaren. Als die Magyaren eindrangen, war das dünnbevölkerte Land herrenlos. Die Árpádenkönige besetzten und kolonisierten es in längern Zwischenräumen, zuerst Stephan I., dann Ladislaus I., der die Székler an den Ostmarken des Landes als »Grenzwächter« ansiedelte. Aber erst die von Géza II. (1141–61) berufenen deutschen Kolonisten (»Sachsen« und »Flandrer«) besetzten den nordöstlichen Winkel, die Täler der beiden Kokel und die südlichen Gegenden, wo Hermannstadt und später Kronstadt aufblühten. Die Sachsen, deren Privilegien auch von Andreas II. (im Andreanum) bestätigt wurden, bildeten unter ihrem Comes (Sachsengraf) mit den Magyaren und Széklern die drei Nationen; über jene gebot als Stellvertreter des Königs der Woiwode (vajda), über letztere der Gespan (ispán). Die unter Andreas II. einwandernden Rumänen verblieben dagegen im Stande der rechtlosen Leibeigenen. Im J. 1427, dann 1459 schlossen die drei Nationen zum Schutz ihrer Freiheiten ein Schutz- und Trutzbündnis. Inzwischen begannen die Einfälle der Türken, die aber vom Woiwoden Johannes Hunyadi (1440–42) und den Feldherren des Matthias Corvinus (1479) tapfer abgewehrt wurden. Nach der Schlacht von Mohács huldigte S. seinem Woiwoden Joh. Zápolya als Fürsten, der unter der Oberhoheit Sultans Suleiman II. S. von Ungarn lostrennte. Nach Johanns Tode (1540) wurde der auf die Wiedervereinigung der beiden Länder hinzielende Vertrag von Großwardein (1538) hinfällig; erst jetzt organisierte der Vormund des minderjährigen Johann Siegmund, Martinuzzi (s. d.), S. unter Mitwirkung der Stände auf den Reichstagen von Torda (1542 und 1544) als nationales Fürstentum. Im J. 1551 übergab Martinuzzi, durch den Eigennutz der Türken bewogen, das Land Ferdinand I. von Ungarn, der ihn aber bald darauf ermorden ließ, worauf die Stände 1556 Johann Siegmund samt seiner Mutter Isabella aus Polen zurückriefen. Unter seiner Regierung (1556–1571) wurden das evangelische, reformierte und unitarische Bekenntnis rezipiert und einander gleichgestellt. Sabbatianer und Anabaptisten dagegen nicht geduldet. Von religiösen Verfolgungen blieb jedoch das Land vorläufig verschont. Der Pforte mußte S. jährlich 10,000 Goldgulden Schutzgeld bezahlen. Von 1571 bis 1576 regierte Stephan Báthori, der dann zum König von Polen erwählt wurde. Ihm folgte sein Bruder Christoph und 1581 Sigismund Báthori (s. d.), unter dem »die Türken- und Jesuitenzeit« hereinbrach. Trotz Ausrottung der ständischen Opposition war der Anschluß an den Kaiser und König Rudolf nicht von Erfolg begleitet, hatte vielmehr Rachezüge der Türken und Tataren und interimistisch die Gewaltherrschaft der walachischen Woiwoden Michael und Radul zur Folge. Nach der vierten und endgültigen Abdankung Sigismunds gelangte S. abermals in die Gewalt des kaiserlichen Generals Basta, dessen Schreckensherrschaft Steph. Bocskai 1604 ein Ende bereitete. Zum Fürsten von S. erwählt, nötigte Bocskai Kaiser Rudolf zum Wiener Frieden (1606), der ihm außer S. die sogen. »Teile« (Partes) und drei oberungarische Komitate sicherte. Ihm folgten Siegmund Rákóczi und Gabriel Báthori (1608–13). Nach dessen Ermordung erlebte S. unter Gabriel Bethlen (1613–29) und Georg Rákóczi I. (1629–48) seine Glanzzeit. Beide Fürsten erschütterten im Bunde mit den deutschen protestantischen Fürsten, mit Frankreich und Schweden während des Dreißigjährigen Krieges vom Osten aus die Machtstellung des Hauses Habsburg und vergrößerten einerseits im Frieden von Nikolsburg (1621) und Linz (1645) durch Erwerbung von sieben oberungarischen Komitaten ihre eigne Macht; anderseits sicherten sie auch Ungarn seine Verfassung und Religionsfreiheit. Mit Georg Rákóczi II. (1648–60) kamen wieder trübe Zeiten über S. Die an Stelle des vom Sultan entthronten Georg ernannten oder erwählten Fürsten (Rhédei, Barcsai, Kemény) vermochten nicht Fuß zu fassen, und unter Michael Apafi (1661–90) ging es mit S. zur Neige. Infolge der Wiedereroberung Ofens und Befreiung Ungarns vom Türkenjoch verlor das Fürstentum S. seinen Stützpunkt und Halt (s. Teleki 1). Auf Grund des Vertrags von Blasendorf (1687) wurde es von kaiserlichen Truppen besetzt. Der (vorübergehende) Erfolg des von den Ständen zum Fürsten von S. erwählten Thököly bewog aber Leopold I., die Verfassung und Freiheiten der drei Nationen im Diploma Leopoldinum (1691) anzuerkennen. S. wurde aber nicht wieder Ungarn einverleibt, sondern als selbständiges Kronland der Leitung des Guberniums (später der siebenbürgischen Hofkanzlei in Wien) anvertraut. Der Sohn Apasis, Michael II., mußte schon 1697 seiner Schattenwürde entsagen. 1703 huldigte auch S. zum Teil Franz Rákóczi II., wurde aber schon 1708 durch General Rabutin wieder zum Gehorsam gebracht. Maria Theresia erhob S. 1765 zum Rang eines Großfürstentums. Joseph II. hob die Sonderrechte der drei Nationen auf und verursachte durch seine überhasteten Reformen den Aufstand der walachischen Hörigen unter Hora und Kloska (1784), dem mehrere tausend Adlige zum Opfer fielen. Leopold II. stellte die alte Ordnung wieder her. Unter Franz I. und Ferdinand V. forderten auch hier die Stände liberale Reformen; die Magyaren und Székler unter Nik. Wesselényi (s. d.) wünschten auch die Union mit Ungarn, während die Sachsen dagegen waren. Nach Beginn der 1848er Bewegung beschloß der Klausenburger Landtag 30. Mai die Union, die dann in den von Ferdinand V. am 11. April sanktionierten ungarischen [432] Grundgesetzen ausgesprochen wurde. Als die Bischof Schaguna folgenden Rumänen ihre Anerkennung als vierte Nation nicht durchsetzen konnten und der Kommandierende von S., General Puchner, auf Grund des kaiserlichen Reskripts vom 3. Okt. 1848 dem ungarischen Ministerium Batthyány den Gehorsam aufkündigte, entbrannte der Rassenkrieg. Die Walachen ergriffen unter Anführung des Advokaten Jan kn die Waffen zur Unterstützung der Kaiserlichen und Vernichtung der Magyaren (Blutbad von Zalatna), und schon gegen Ende 1848 war fast ganz S. durch Puchner und den Korpsführer Urban der österreichischen Gewalt wieder unterworfen. Aber Bem gelang es, den größten Teil des Landes für die Ungarn zurückzuerobern. Als jedoch im Februar 1849 russische Hilfstruppen unter Lüders ein rückten, mußte Bem zuletzt vor der Übermacht nach dem Banat entweichen. Durch die kaiserliche Reichsverfassung vom 4. März 1849 wurde zwar S. von Ungarn wieder getrennt und in die Reihe der andern Kronländer eingereiht, verlor aber durch die Ende 1849 verfügte Aufhebung der Verfassung die historische Autonomie der drei Nationen. Die siebenbürgische Militärgrenze wurde 1851 aufgelöst und ihre Regimentsbezirke der Zivilverwaltung überwiesen. Mit dem Patent vom 20. Okt. 1860 brach auch für S. eine neue Ära an; zunächst wurde die alte Verfassung Siebenbürgens und die siebenbürgische Hofkanzlei erneuert. 1863 trat der nach einem neuen Gesetz gewählte Landtag in Hermannstadt zusammen und beschloß, die Februarverfassung anzuerkennen und den österreichischen Reichsrat zu beschicken. Jedoch schon unter Belcredi wurde 1865 das alte Wahlgesetz wieder hergestellt, welches das Übergewicht in Ungarn den Magyaren und Széklern in die Hände spielte, die nun die Union mit Ungarn beschlossen. Diese wurde durch königliches Reskript vom 17. Febr. 1867 tatsächlich vollzogen, die siebenbürgische Hofkanzlei aufgehoben und im In ni der Sonderlandtag aufgelöst. S. wurde dem Mutterland einverleibt und ist seither durch 75 Abgeordnete im ungarischen Reichstag vertreten. Zugleich wurde die Verwaltung neu organisiert. Am 1. Jan. 1868 wurde der oberste Gerichtshof in Klausenburg aufgehoben und das Land in 15 Komitate eingeteilt, wobei auch die Autonomie des sächsischen Königsbodens beseitigt wurde und 40,000 Rumänen zu Miteigentümern an dem sächsischen Nationalvermögen gemocht wurden. Seitdem sind die Magyaren bemüht, das Land durch Einführung der magyarischen Sprache in Amt und Schule zu magyarisieren; namentlich ward das den Sachsen staatsrechtlich gewährleistete Partikularrecht Schritt für Schritt aufgehoben. In jüngster Zeit suchten sich die Rumänen der Magyarisierung energisch zu erwehren, was die ungarische Regierung seit dem Rücktritt Bánffys zu einer mildern Haltung gegen die Sachsen bewog. Die Kabinette Széll und Khuen-Héderváry fanden die Sachsen auf den Bänken der Regierungspartei. Vom Kampf des Parlaments gegen Fejérváry hielten sie sich abseits; nach Ernennung des Ministeriums Wekerle (im April 1906) traten sie in die zur Regierung haltenden Verfassungspartei ein, in der sie auch trotz Mißbilligung des die Autonomie ihrer Schulen bedrohenden neuen Volksschulgesetzes verblieben. Letztere Vorlage wurde insbes. von den Rumänen bekämpft, die 1906 zum erstenmal ihr Wahlrecht ausübten. Ihre Bedeutung wächst durch steigende Kopfzahl und materielles Fortschreiten. Am schlechtesten ist es um die Székler bestellt, was ihre starke Auswanderung nach Rumänien zur Folge hat.

[Geschichtsliteratur.] Quellen: Teutsch und Firnhaber, Urkundenbuch zur Geschichte Siebenbürgens (Wien 1857); Zimmermann und Werner, Urkundenbuch zur Geschichte der Deutschen in S. (bis jetzt 3 Bde., Hermannst. 1892–1902); Jos. Kemény, Deutsche Fundgruben aus S. (Klausenburg 1839, 2 Bde.); Alex. Szilágyi, Siebenbürgische Reichstagsdenkmäler 1526–1690. Mit Einleitungen und Kommentaren der Gesetze (magyarisch; Budap., 21 Bde.); »Approbatae Constitutiones Regni Transylvaniae et Partium Hungariae eidem annexarum« (1653 u. ö.); das »Diplomatarium 1684–1688« von Peter Alvinczy (s. d. 1). – Handbücher: Alex. Szilágyi, Erdélyország töriénete (»Geschichte Siebenbürgens«, 1866, 2 Bde.); Teutsch, Geschichte der Siebenbürger Sachsen (3. Aufl., Hermannst. 1899); Bedeus von Scharberg, Die Verfassung des Großfürstentums S. (Wien 1844); Schuler-Libloy, Siebenbürgische Rechtsgeschichte (2. Aufl., Hermannst. 1868, 3 Bde.); Trausch, Schriftsteller-Lexikon der Siebenbürger Deutschen (Bd. 1–3, das. 1868–71; Bd. 4 von Schuller, 1902). – Von Einzelschriften vgl. die Arbeiten von K. Szabó und L. Szádeczky; Maurer, Die Besitzergreifung Siebenbürgens etc. (Landau 1875); V. Werner, Ursprung und Wesen des Erbgrafentums bei den Siebenbürger Sachsen (Gotha 1902); die Literatur zu den Artikeln: Székler, Martinuzzi, Bocskay, Bethlen und G. Rákóczi; Schuler-Libloy, Aus der Türken- und Jesuitenzeit (Berl. 1877); S. Barabás, Korrespondenz Mich. Telekis (Budap. 1905, Bd. 1 u. 2); Csaki und Teutsch, Sam. von Brukenthal (Hermannst. 1903); F. v. Zieglauer, Die politische Reformbewegung in S. zur Zeit Josephs II. und Leopolds II. (2. Aufl., Wien 1885); E. v. Friedenfels, Jos. Bedeus von Scharberg (das. 1876, 2 Bde.); Teutsch, Über die Ereignisse 1790–1791 in S. (Hermannst. 1892); Roth, Geschichte der deutschen Baukunst in S. (Straßb. 1905). Zeitschriften: »Erdélyi Muzeum« (Klausenburg, bis jetzt 23 Bde.); »Archiv« und »Korrespondenzblatt des Vereins für siebenbürgische Landeskunde« (Hermannstadt, seit 1843 u. 1877); »Forschungen zur Volkskunde der Deutschen in S.« (hrsg. von Schullerus, das. 1906 ff.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 430-433.
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